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Volume Nr. 70., 29. November 1806

Full text: Berlin oder der preußische Hausfreund (Public Domain) Issue1.1806 (Public Domain)

Handiungcn; aber nicht für ehrlos oder entchrevdwlrd 
e« dagegen von dem großen Haufen des Aielsian-eS, 
gehauen, dose Schulden z» machen, den fleißigen Hand 
werker für seine treu und gut gelieferten Arbeitn, ent 
weder gar nicht, oder unter harten Schimpfworten, 
»der er- nach Jahr und Tag zu bezahle», das Lffcnt- 
ttchr Vergnügen, besonder« «m Schauspiel, Lurch ein 
geräuschvolles und kindisches LSctragcn muthwiüig zu 
stören, gute dramatische Arbeiten durch Labale von 
»er Bühne zu verdrängen, anständige Frauenzimmer 
auf der Straß« zu insultircn,chie öffentliche Meinung 
durch ein gemeine« Possenspicl (man erinnere sich der 
Schlittenfahrt, zur Ehre Luthers) zu bekriegen, und 
die heilige Stille der Nacht durch Saufgelage und Her- 
umschwnrmen in den Straßen zu entweihen.') Mit 
welchem Herzen kann der Bürger den Schutz und die 
Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung 
solchen Händen und solchen Geißern anvertraut sehen, 
und welche« Vertrauen kann ihm eine.solche Vorübung 
zu den «rosten, die höchst« Arizlrengung und Scelcu- 
flärke erfordernden Kriegesunternehmungen und Kric- 
gcSthaten einflöße«? 
Geht r« «icht au« diesen Thatsachen, die sich so 
leicht vermehren ließen, deutlich genug hervor, daß die 
wahr« Ehre keineSwegcS ein ausschließliches Eigemhum 
des Adels, vielmehr gerade da an, allerwenigsten zu 
ffiden sey, wo das Dorurthcil mit der ersten Nahrung 
«.«gesogen ist, daß schon die Abstammung von hohen 
») Non solchem Adel <nn»irst «in Geistliger im I. 1604. 
«in« feit treue Schilderung, ,u der man vieSriginale auch wohl 
„och,n unfern Zeiten „ich, mühsam wird aussuchen dürfen, unter 
andern sagt er von ihm: „das sind solche Eoicuräer, welche sich 
l*iT«n dtdünken, daN die alleine UN» bjllich sollen und müssen für 
rechte Ldelleur« gehalten «erden, welche da tonnen Fresse», Sau, 
sen, Markern, LLüde», Fluchen, Unzucht treiben,-sich unflärhig 
„nd garstig stellen, Gott und seine Diener lästern, b>e Predigten 
versäumen, di« Sakramente verachten, ehrbare Matronen und 
Jungfrauen schenden, jedermann viel nachreden, «ur allein von 
sich und den seinen etwas halten, viel geloben und wenig hal 
te», groß sprechen und nichts dahindc», anders rede» mit dem 
Mund, denn als man es im Hertzen meint, item, die da pran 
gen mlt stattlichen Pferden, -mit »leien Hunden und gottlose» 
übergebenen Dienern, m,e «rächeiger närrischer Kleidung, item, 
di« da viel ausborgen «nd wrnig t-uaßlen, ia noch wohl »aju 
schnarche» und -rochen, und niemand gut wahrt gebe», «dee »«< 
Maul,gönne«, wenn sie gemahnt werden, sondern nur sauer 
«»»sehen, die «äsen rümpffcn, »le Stirn« kraiiß machen, daß 
Maul aoswriffen, daß Messer störten und dir Augen lueten, 
Katen «ine» guten dumm asten Muth, daß tammetiie 
-Hüt.rin mir der gülrncn Schnur und gülden Ecken muß auch 
verdrießlich freien, und die Han» aus der «ehr« in der seile», 
»vollen viel besser seyn als andere Leute, wüseu die Schenkel aus, 
ttffchlenkern wie die Friesischen Hengste, und ist »ffimalt sol»«« 
gesellen und junckern ohn« geldi «in« gross, drrtk« -gassk »» eng« 
u. s. w.. b, H. 
und durch Verdienste glanzenden Personen vollkommen 
hinreichend sey, um Ansprüche aus Ehre -und Auszeich 
nung zu machen, und daß er dazu der eigenen Ver 
dienste und guten Eigenschaften wicht bedürfe? Daß 
böse Beispiel, welches eine so lange und mit Recht so 
gepriesene Regierung, wie die -unseres großen Fried- 
richs, in dieser Hinsicht Zegeben hat, .konnte keine an 
dere, als sehr nachthciligc Wirkungen auf die folgen 
den Regierungen heroorbringrn, besonders da die war 
nenden Lehren, welche die Revolution in Frankreich 
gab, und die Wahrheiten, welche sic (freilich durch sehr 
abschreckende Mittel) in älmlauf brachte, bei unS so 
wenig beherzigt wurden. 
Wollten wir auch nur bei der militärischen Bra 
vour stehen bleiben, die freilich im Ganzen ihren letz 
ten Grund immer in der Ruhmbegierde und in dem 
leidenschaftlichen Ehrgefühle hat (die ächte und wahr 
haft edle Tapferkeit dürste sich vielleicht nur in den 
alten Schweitzcrkriegen, in dem Nordamerikanischcir 
Kampf für bürgerliche Selbsißäodigkcit, und in dein 
der alten Niederländer gezeigt haben): so mögte auch 
diese wohl schwerlich mit einigem Grunde dem Adel 
als ausschließliches Eigenthum und als Mitgabe der 
Geburt zugeschrieben werden können. WcnigsienS leh 
ren die oben angeführten Kriege, so wie die Helden 
thaten aller alten Völker, die neuern Fraiizostschen 
Kriege, die Armeen einiger deutschen Provinzen, na 
mentlich die Hannöver'schc, und da§ Betragen unserer, 
fast durchaus bürgerlichen Artillerie in allen Preußi 
schen Feldzügen offenbar daS Gegentheil. Auch ist eS 
ganz ungcgründet, daß Bürgerliche einen durch feiges 
Betragen oder durch Gewissenlosigkeit entehrten Offi- 
cier unbedenklich in ihre Mitte aufnehmen, und daß 
nur unter Üblichen dieser Fall ohne Bcisvicl sey. „Ist 
ja ein Ossicicr (sagt GstlluS in seiner Geschichte der 
Mark Brandenburg) und noch dazu rin Obergeneral 
von Adel mit Schande bedeckt worden, so ist dieß dem 
Brittischen Lord Sa ckville wegen seines unwürdigen 
Betragens in der Schlacht bet Minden 1759 widerfah 
re«. Don der ganzen Englischen Nation mir Verwün 
schungen überhäuft, von einem förmlichen Kriegsge 
richte entchrt, unter Georg lk. ffür unfähig zu allen 
Kriegsdiensten erklärt, wurde rr dennoch von Georg 
UI. zum Kriegsminister erhoben, und hier zeigte er sich 
seiner würdig, indem er durch seine Entwürfe Veran 
lassung gab, daß Großbrittannien seine Nocdamcrika- 
nischen
	        
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