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Volume Nr. 69., 25. November 1806

Full text: Berlin oder der preußische Hausfreund (Public Domain) Issue1.1806 (Public Domain)

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Jetzt tritt freilich ein« ganz andre Vewaudniß der 
Dinge ein; um so eher aber können treue Anhänger 
$« Preußischen Regierung sich dabei beruhigen, wenn« 
wie leicht vorauszusehen, viele dieser ihrer Halbbrü 
der v»n dem Anerbieten dcS Prinzen von Isenburg 
Gebrauch machen, und Len Fahnen dcS Siegers folgen 
sollt«». Die fleißigen Arbeiter unter diesen Auslän 
dern, «erde» unstreitig am liebsten, so fern ts ihrem 
freien Willen überlassen bleibt- wieder Arbeit suchen; 
entweder in threr Heimath, wenn sie etwa nur durch 
jugendlichen Leichtzinn, durch einen Unfall, vielleicht 
gar durch Ueberlistung, derselben entführt wurden; »der 
in ihrem zweiten iVaterlande, wen« sie es lieb gewon 
nen, durch anhaltenden Fleiß ein ehrlicher Auskommen 
Hann fanden, sich auch wohl durch häusliche Bande 
unzertrennlich an dasselbe anschlössen. Blieben aber die 
Fremdlinge im Preußischen Heere bloß Waffenträ 
ger, im sirengsien Sinne des Works; hatten sic viel-. 
Deicht in vieler'Herren Diensten, in und außerhalb des 
weiland h. Mimischen Reichs ihr Heil schon versucht, 
fesselt sie nichts als die Löhnung an uns: nun, bei 
Gott, f» mögen wir uns Glück wünschen, so wohlfei 
len Kauft ihner entledigt zu werden. 
Glück wünschen ? — warum bas? Weil unser Va 
terland durch diese Auskunft, wo nicht ganz, doch gro 
ßen Theils, sich der Gefahr überhoben siebt, ein Tum 
melplatz verheerender Raubhorden zn werden. Un 
sre deutsciscn Landsleute in Baicrn, Schwaben, und 
den ehemaligen Rheinischen Kreisen haben «ine theure 
Erfahrung davon gemacht. Sie hatten anderthalb 
Jahrzchcndc viel, sehr viel, vom Kriege gelitten; aber 
fast verderblicher als das Schwerst des Feindes, gele 
gentlich auch der Arm der Bundesgenossen, ward ih 
nen der Dolch und die Hand der Räuber; diese er 
preßten nicht selten, was jene noch verschont halten, 
und paarten mir unersättlicher Habsucht, oft den rohe 
sten Muthwillen und unmenschliche Grausamkeit. Un 
ser den Staaten und ihren Beherrschern war schon 
seit Jahren der Friede geschlossen; aber jenes Raub 
gesindel setzt den fürchterlichen Krieg im Innern nie 
ermüdend und erbarmungslos fort. Wohlhabende,flei 
ßige und redliche Familien zu tausenden wurden da 
durch in daß schrecklichste Elend gestürzt; kräftige, 
Jahre lang anhaltende Maßregeln mehrerer, zu gleichem 
Zweck vereinigten Regierungen waren erfoderlich, um 
gll dem Gräuel jener Art ein Ziel zu sehen. 
Wo fanden sich aber die Pflanzschulen dieser Raub- 
Horden? Dorzüglrch im Vaterlands- Herrn- und brot 
losem Militair. Der aller überwältigend« Hunger trieb 
die umherschweifenden Flüchtlinge zu den äußersten 
NNd gewaltsamsten Ausschweifungen. Sollen, können 
und wollen nun die von den Preußischen Fahnen jetzt 
emsgeschloßnen Fremdlinge nicht auf «in« rechtlich« 
Weife durch bürgerliche Gewerbe ihren Unterhalt ver 
dienen: so ist «S wahrlich Abwendung einer allgemei 
nen Landplage, ist es allgemeine Wohlthat, daß sie 
wieder eine geordnete Bestimmung, und ihren noth- 
dürftige» Unterhalt bekommen; ja baß st« durch mili- 
tairifche Zucht, an deren strengern Zwang sie nun ein 
mal gewohnt sind, »«».Zügel gehalten werde». 
SnntagSfeier in Berlin. 
(. Beschluß. ) 
ES ertöne« die Glocken von den zahlreichen ge» 
spitzten und ungcspitzke» Thürme» dtt Königsstaer, 
u»d siel, die sonst alles in träge Unthätigkeik versenk 
ten, rufen jetzt das zahlreiche! Publikum der Aufgeklär 
ten zur Aroeitz Wehr mehr wie zu den Zeiten uns 
rer vlödstchtigen Vorfahren, stehen die Werkstätte öde 
und leer; nein, wacter akkvmpagniren Schmiede und 
Schlösser mit necvigter Faust das Geläute der Glok» 
ken, es raffeln harmonisch die schiverbeladeiirn Wagen 
der Brauer und Schiawter; die g meinnutzigcn Ret- 
tungS-Institute der allezeit Hungiigen und Durstigen 
werden reichlich versorgt, und damit dem Mangel nach- 
drückiichst avgeholfen werde, der von allen Seiten ans 
das VoU einzudringen droht, durchkarren menschen 
freundliche Hoker die Sttaßcn, und bieten mit lau 
tem Geschrei Obst und Kartoffeln rar. Doch traurig 
sehen sie sich hie und da durcy den Schall der Trom 
meln uberstimint, welcher mit dem kleinlautem Schalle 
der Loblieder in den Kirchen harmonisch zum Himmel 
emporsteigt, und die Feierlichkeit deS Gottesdienstes 
erhöht, indem er diesem gewährt, waS ihm der Man 
gel dieser Zeit auf inimer entrissen zu haben schien, 
die herzerhebende Musik. 
AberinalS erschallen die Glocken, um das kleine 
Häuflcin der Frommen in den Kirchen zu versammeln, 
und festlich begleitet den düstern Glockenschall die 
schmetternde Trompete. Zum Heil und Trost aller 
jener Unglückliche», welche, von langer Meile gcvlagt, 
mit inbrünstigem Gähnen die Stunde« des Ruhetages 
zählen, weil sie nur ausruhen vom ftchstägigen Mü 
ßiggang«, crjcheittt ein Befreier, und kündigt durch 
Trompetcnschall den Schaulustigen die Herrlichkeit an, 
welche er ihnen mit seinen Gesellen, kunstreitend und 
halsbrechend, in der Abendstunde bereite» wird. Der 
Glockenrus ist überhört, die Trompete ist in die schau 
lustigen Herzen gedrungen, und in dichten Echaarcn 
strömen die fleißigen Arbeiter, welche des Ruhetages 
Last und Hitze getragen haben, dem willkommenen 
Echaugerust zu, um die ermattete Seele durch reinen 
Kunstgenuß z» laben. 
Aber die hellest- Seite der sonntäglichen Thätig- 
keil, zeigt sich bei dem Blick in die Häuser der Wer- 
seil und Gelehrten, der Kunflvcrständig-ii und Kennt- 
nißreichen. Ucberall in diesen Hausern sind der Weis 
heit und der Wissenschaft Kapellen n.ud Altäre errich 
tet, in welchen für unvergängliches Gold und Silber 
die unvergängliche» Schätze der Wissenschaft allen Lehr- 
bcgierigen mitgetheilt werden, und das Evangelium 
von der Schreis- und Rechenkunst, das Geheimniß, die 
Muttersprache zu reden, dte Kunst, ans Erden schon, in 
dem Glauben a» seine eiacne Weisheit, ein seliges Le 
ben zu fuhren, sammt allen übriacn Künsten, Wissen 
schaften und Geheimnissen höchst liberal und sorgfältig 
verkündigt werden soll. 
Ist eS nicht ein schöne« nachahmungSwürdigeS 
Beispiel, welches die Hauptstadt dem ganzen Lande 
durch diese rastlose Thätigkeit giebt'.' O mSgte es doch- 
gleich ihren herrlichen Moden, und mit diesen, unwi 
derstehlich von Stadt zu Stadt, von Land z„ Land 
forkgcflänft, und überall mit der Bewunderung und 
Verehrung, die. dem, was aus der Hauptstadt kommt, 
geziemt und gebührt, blindSlingS und demuthövoll nach 
geahmt werden!
	        
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