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Volume Nr. 66., 15. November 1806

Full text: Berlin oder der preußische Hausfreund (Public Domain) Issue1.1806 (Public Domain)

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genehm seyn, tu erfahren, waS in ben vergangenen 
Jahren geschehen ist, und deshalb mag hier eine kurze 
Aufzählung der größten Sachen folgen, die hier auf 
geführt wurden, und deren Nennung den Thcilnehincrn 
dieser Gesellschaft eine wohlthätige, wenn gleich jetzt 
schmerzhafte Erinnerung gewähren wird. 
( Zorksttziing folgt. ) 
Berlin, den iz. ^ctl-r. 
Am vergangnen Sonntag wurden die sämmtlichen 
hier befindlichen Landes- und Stadtbehördcn, und die 
Deputirken der Bürgerschaft, von dem General Gou 
verneur der eroberten Preußischen Provinzen diesseits 
der Elbe, dem General Clarke, Französischer Sens 
feierlich in Psticht genommen. Ihr Lid ging bloß darauf 
hinaus: „die ihnen von dem Kaiser Napoleon überlas 
sene Gewalt mit Redlichkeit zu verwalten; sich der 
selben lzur Erhaltung der öffentlichen Ruhe zu bedie 
nen, nach Vermögen zur Ausführung der zum Dienst 
der Französischen Armee vorgcschricdncn Maasregclii 
beizutragen, und kein Verstäiidnisi mit den Feinden 
derselben zu pstegen." Diese Verpflichtung enthalt gar 
nichts Ungewöhnliches; denn zu allen den genannten 
Punkten ist ja jeder Beamte, ja jeder Einwohner ei 
ner Stadt »der eines Landes, das sich dein Sieger cr- 
gicbt, schon an sich verbunden, und der Ucbcrtrcler 
derselben würde von jedem Eroberer, ohne Umstände 
zur Strafe gezogen werden, wenn er sich auch durch 
keine besondere eidliche Zusage zu jenen Bedingungen 
anheischig gemacht haben sollte. Ohnehin ist nach dem 
neuern gemäßigten, und dein Geiste der zivilifirtcn 
Nationen angcmcßncn, KricgSrcchtc, Sicherheit der 
Personen und des Eigenthnins, von der einen, und 
ruhige Unterwerfung von der andern Seite, ein still 
schweigender Vertrag zwischen dem Sieger und dem 
Besiegten. 
Kaiser Napoleon hat allen Preußischen Kollegien 
und Beamten aufgegeben, ihre Verrichtungen unge 
stört, und nach der alten Einrichtung und Verfassung 
fortzusetzen. Nur den Finanz. Behörden werden Fran 
zösische Obrraufschcr zugesellt, weil die Einkünfte ei 
nes eroberten Landes nun einmal als Erbthcil des 
Sieger» anzusehen sind, woraus seine Sorgfalt für die 
richtige Verwaltung derselben sich von selbst erkläre. 
UcdrigcnS kann man den kaiserlichen Befehl an die 
EtaatSdiener, ihre Geschäfte nicht zu unterbrechen, 
auch als ein Unterpfand ansehen, daß der gerechte Mo 
narch ihnen ihre Besoldung nicht entziehen werde. 
Denn wenn diese gleich ;»m Theil auS den Königl. 
Kassen erhoben wird, so geschicktes doch n»r der 
Uebersicht und größeren Ordnung wegen, und dicSSa- 
lair der Beamten ist von den reinen König!. Einnah 
men, die der Eroberer sich vorbehält, durchaus ver 
schieden. Was sollten auch die braven unglücklichen 
Männer, von denen wohl nur die wenigsten eignes 
HI. Pr. Hausse. ^Novbr.) 
Vermögen besitzen, und von denen unter,hundert viel 
leicht nicht Einer, einen Theil seiner geringen AmtSein- 
nahme hat zurücklegen können, bei Einziehung diese« 
ihres einzigen UnterbalötzwcigeS jetzt anfangen ? Zu 
den Lasten die der Krieg über daSLand bringt, müssen 
sic gleich jedem ihrer Mitbürger, und oft über Verhält 
niß, beitragen, und ihnen stehen, auS vielen Gründen, 
nicht alle die Hülfsmittel zu Gebote, deren diese im 
Nothfall sich bedienen können. 
Wie schmerzhaft auch einem Preußischen Patrioten 
die Ausleerung der Königlichen Zeughäuser und Maga 
zine fällt, so läßt sich doch nicht leugnen, daß sic im 
gegenwärtigen Augenblick einer bedeutenden Menschcn- 
Klasse wohlthätig werde: nämlich unsern armen brodlo- 
fcn Arbeitern, die bei dieser Gelegenheit doch einige 
Groschen Tagclvhn verdienen, worauf sie sonst bei der 
jetzigen allgemeinen Noth nicht rechnen. Ungeachtet der 
obrigkeitlichen AuSsodcrung haben doch manche Fabri 
kanten ihre Leute entlassen, weil ihr ganzes Gewerbe 
stockt. Können sie sich selbst kaum erhalteik, so darf 
man diese Einschränkung nicht tadeln; solche Fabrik- 
Herren aber, die durch den sauren und gemeiniglich nur 
ärmlich bezahlten Fleiss ihrer Arbeiter wohlhabend oder 
gar reich geworden sind, würden sich einer großen 
Härte, vielleicht zu ihrem eignen künftigen großen 
Schaden, schuldig machen, wenn sie jene unglücklichen 
Werkzeuge ihres GlücksstandeS nun sogleich dem Elend 
zum Raube überließen. Ein allgemein und dringend 
wichtiger Punkt bleibt es immer, der zahlreichen und 
bedrängten Armuth in Berlin, und zwar bald, Beschäf 
tigung und Unterhalt, zumal für den Winter zu ver 
schaffen. Schon in gewöhnliche» Zeiten konnten sic 
ohne Unterstützung nicht bestehen, wie die vcrschiebncn 
noch in neuern Zeiten «richteten öffentliche» und Pri 
vat- HülsSanstalten beweisen; wie sollten sic sich jetzt, 
und ohne Verdienst aufrecht erhallen können! 
Unter diesen Umständen eesodert es die Vorsicht, 
daß sämmtlichen Gewerbe treibenden Einwohnern die 
Verordnung, auf ihre Hausgenossen und Untergebene» 
ein wachsames Auge zu haben, und sie von aller Stö 
rung der öffentlichen Ruhe abzuhalten, wieder in Er 
innerung gebracht wurde. 
Auch die Französischen Oberbcbördcn haben einen 
bedeutenden Schritt zur Erleichterung der Stadt ge 
than, und ave zur Armee gehörigen MilitoirS,und 
Ossicianten angewiesen, sich mit der gewöhnlickcn Mahl 
zeit ihrer Wirkhe zu begnügen. Die Veranlassung dazu 
giebt der General «Kommandant von Berlin, G- Hulin 
selbst in der Tagesordnung vom 8tcn d. mir den nach 
drücklichen Worten an: „daß manche durch Drobun- 
gen, und sogar durch Thätlichkeiten mehr von ihren 
Wirthen gefodcrt, als dies« ihnen ,n geben vcrmogten, 
daß durch dieses unbescheidene Betragen schon jetzt 
Mangel bei den Einwohnern sich zeige, und fast zu 
fürchten sey, den hier besiudliche» Truppen werde 
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