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genehm seyn, tu erfahren, waS in ben vergangenen
Jahren geschehen ist, und deshalb mag hier eine kurze
Aufzählung der größten Sachen folgen, die hier auf
geführt wurden, und deren Nennung den Thcilnehincrn
dieser Gesellschaft eine wohlthätige, wenn gleich jetzt
schmerzhafte Erinnerung gewähren wird.
( Zorksttziing folgt. )
Berlin, den iz. ^ctl-r.
Am vergangnen Sonntag wurden die sämmtlichen
hier befindlichen Landes- und Stadtbehördcn, und die
Deputirken der Bürgerschaft, von dem General Gou
verneur der eroberten Preußischen Provinzen diesseits
der Elbe, dem General Clarke, Französischer Sens
feierlich in Psticht genommen. Ihr Lid ging bloß darauf
hinaus: „die ihnen von dem Kaiser Napoleon überlas
sene Gewalt mit Redlichkeit zu verwalten; sich der
selben lzur Erhaltung der öffentlichen Ruhe zu bedie
nen, nach Vermögen zur Ausführung der zum Dienst
der Französischen Armee vorgcschricdncn Maasregclii
beizutragen, und kein Verstäiidnisi mit den Feinden
derselben zu pstegen." Diese Verpflichtung enthalt gar
nichts Ungewöhnliches; denn zu allen den genannten
Punkten ist ja jeder Beamte, ja jeder Einwohner ei
ner Stadt »der eines Landes, das sich dein Sieger cr-
gicbt, schon an sich verbunden, und der Ucbcrtrcler
derselben würde von jedem Eroberer, ohne Umstände
zur Strafe gezogen werden, wenn er sich auch durch
keine besondere eidliche Zusage zu jenen Bedingungen
anheischig gemacht haben sollte. Ohnehin ist nach dem
neuern gemäßigten, und dein Geiste der zivilifirtcn
Nationen angcmcßncn, KricgSrcchtc, Sicherheit der
Personen und des Eigenthnins, von der einen, und
ruhige Unterwerfung von der andern Seite, ein still
schweigender Vertrag zwischen dem Sieger und dem
Besiegten.
Kaiser Napoleon hat allen Preußischen Kollegien
und Beamten aufgegeben, ihre Verrichtungen unge
stört, und nach der alten Einrichtung und Verfassung
fortzusetzen. Nur den Finanz. Behörden werden Fran
zösische Obrraufschcr zugesellt, weil die Einkünfte ei
nes eroberten Landes nun einmal als Erbthcil des
Sieger» anzusehen sind, woraus seine Sorgfalt für die
richtige Verwaltung derselben sich von selbst erkläre.
UcdrigcnS kann man den kaiserlichen Befehl an die
EtaatSdiener, ihre Geschäfte nicht zu unterbrechen,
auch als ein Unterpfand ansehen, daß der gerechte Mo
narch ihnen ihre Besoldung nicht entziehen werde.
Denn wenn diese gleich ;»m Theil auS den Königl.
Kassen erhoben wird, so geschicktes doch n»r der
Uebersicht und größeren Ordnung wegen, und dicSSa-
lair der Beamten ist von den reinen König!. Einnah
men, die der Eroberer sich vorbehält, durchaus ver
schieden. Was sollten auch die braven unglücklichen
Männer, von denen wohl nur die wenigsten eignes
HI. Pr. Hausse. ^Novbr.)
Vermögen besitzen, und von denen unter,hundert viel
leicht nicht Einer, einen Theil seiner geringen AmtSein-
nahme hat zurücklegen können, bei Einziehung diese«
ihres einzigen UnterbalötzwcigeS jetzt anfangen ? Zu
den Lasten die der Krieg über daSLand bringt, müssen
sic gleich jedem ihrer Mitbürger, und oft über Verhält
niß, beitragen, und ihnen stehen, auS vielen Gründen,
nicht alle die Hülfsmittel zu Gebote, deren diese im
Nothfall sich bedienen können.
Wie schmerzhaft auch einem Preußischen Patrioten
die Ausleerung der Königlichen Zeughäuser und Maga
zine fällt, so läßt sich doch nicht leugnen, daß sic im
gegenwärtigen Augenblick einer bedeutenden Menschcn-
Klasse wohlthätig werde: nämlich unsern armen brodlo-
fcn Arbeitern, die bei dieser Gelegenheit doch einige
Groschen Tagclvhn verdienen, worauf sie sonst bei der
jetzigen allgemeinen Noth nicht rechnen. Ungeachtet der
obrigkeitlichen AuSsodcrung haben doch manche Fabri
kanten ihre Leute entlassen, weil ihr ganzes Gewerbe
stockt. Können sie sich selbst kaum erhalteik, so darf
man diese Einschränkung nicht tadeln; solche Fabrik-
Herren aber, die durch den sauren und gemeiniglich nur
ärmlich bezahlten Fleiss ihrer Arbeiter wohlhabend oder
gar reich geworden sind, würden sich einer großen
Härte, vielleicht zu ihrem eignen künftigen großen
Schaden, schuldig machen, wenn sie jene unglücklichen
Werkzeuge ihres GlücksstandeS nun sogleich dem Elend
zum Raube überließen. Ein allgemein und dringend
wichtiger Punkt bleibt es immer, der zahlreichen und
bedrängten Armuth in Berlin, und zwar bald, Beschäf
tigung und Unterhalt, zumal für den Winter zu ver
schaffen. Schon in gewöhnliche» Zeiten konnten sic
ohne Unterstützung nicht bestehen, wie die vcrschiebncn
noch in neuern Zeiten «richteten öffentliche» und Pri
vat- HülsSanstalten beweisen; wie sollten sic sich jetzt,
und ohne Verdienst aufrecht erhallen können!
Unter diesen Umständen eesodert es die Vorsicht,
daß sämmtlichen Gewerbe treibenden Einwohnern die
Verordnung, auf ihre Hausgenossen und Untergebene»
ein wachsames Auge zu haben, und sie von aller Stö
rung der öffentlichen Ruhe abzuhalten, wieder in Er
innerung gebracht wurde.
Auch die Französischen Oberbcbördcn haben einen
bedeutenden Schritt zur Erleichterung der Stadt ge
than, und ave zur Armee gehörigen MilitoirS,und
Ossicianten angewiesen, sich mit der gewöhnlickcn Mahl
zeit ihrer Wirkhe zu begnügen. Die Veranlassung dazu
giebt der General «Kommandant von Berlin, G- Hulin
selbst in der Tagesordnung vom 8tcn d. mir den nach
drücklichen Worten an: „daß manche durch Drobun-
gen, und sogar durch Thätlichkeiten mehr von ihren
Wirthen gefodcrt, als dies« ihnen ,n geben vcrmogten,
daß durch dieses unbescheidene Betragen schon jetzt
Mangel bei den Einwohnern sich zeige, und fast zu
fürchten sey, den hier besiudliche» Truppen werde
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