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Volume Nr. 40., 16. August 1806

Full text: Berlin oder der preußische Hausfreund (Public Domain) Issue1.1806 (Public Domain)

2.10 
Tochter. In ihrem i/tfcn Jahre machte sie auch schon 
mir ihr eine Reiic »ach Paris, um sie dort der Poli 
tik aufzuopfern. 
A. er der bessere Genius des Hannoverschen und Preu 
ßisch BraUdenburgifchcu Hauses verhütete dieses Un 
glück, und hielt den Mvrdfiahl des grausam drohen 
den Schicksals von dem unschuldigen Opfer einer an 
gebeteten Prinzessinn zurück. 
( Wir» fortgebt. ) 
Eigenthümlichkeiten des Preuß. Staats» 
c Beschluß. ) 
„Kein Mensch," sagte der weise Solon, „ist selig zu 
preisen vor seinem Ende." Ich sage: auch kein Pro- 
dlikr des Menschen ift es vor seiner Beendigung. Dies 
hat dieser Aufsatz erfahren. Der Herr Baron Haller 
«on Hallersicin hat in Nr. ist. l55- 156. des Frei 
müthigen') einige Worte gegen diese Eigenthümlich 
keiten gesprochen, erstens alS sie vieles Eigenthümli 
che übergangen, und dann vieles nicht Eigenthümliche 
aufgeführt. Ich beantworte den ersten Anklagevunkt. 
Er meint, ick hätte die von der Akademie veranstalte 
ten Kunstausstellungen, die Einrichtung derselben für 
das Studium nach dem Nackten zu zeichnen, die Bau 
akademie, die Eisengießerei erwähnen müssen. Konnte 
aber der Herr Baron wissen, ob ich nicht dies allcs 
und noch weit mehr vielleicht späterhin berühren würde, 
wo ich von Len BilbungSanstalten des Preuß. Staats 
zu sprechen hatte? Und so ist es in der That. Ich komme 
zum zweiten Theile der Anklage. Es sey mir hier ver« 
ginnt, den Herrn Baron mit seinen eigenen Waffen 
anzugreifen. Nach seinem Begriffe von Eigenthüm 
lichkeit sind ia auch weder jene Kunstausstellungen, 
noch das Zeichnen nach dem Nackten, noch die Bau, 
«kademie, noch endlich die Eisengießerei eigenthümlich. 
Die ersten hat auch Dresden, Weimar u. s. w., das 
zweite war in Griechenland gleichsam zu Hause, die 
tzrilte ist in Dresden nicht minder, und die vierte ist 
zu Mückcberg in Sachsen zu sehr großer Vollkommen 
heit gelangt. So lange wir uns in Einzelheiten her 
umtreiben, wird uns das Eigenthümliche nimmer er 
scheinen. Der Herr Vers, verlangt eine Dcfiniziott. 
Im ersten Stücke dieser Abhandlung steht, was ich 
meine: „was des Menschen Wille vermag, zeigst du 
im lebenden Bilde." Daß Anstalten, welche in andern 
Staaten langsam sich empor arbeite», schnell hier ge 
deihen; daß andere, welche dort mangelhaft waren, 
hier höher hinauf steige«; kurz, daß die Blüte» der 
verschiedensten Zeitalter und der verschiedensten G«-- 
•) Tine nicke uninteressante Dochcnschrist, die seit mehrere» 
3at)v<n in Berti» erscheint, c, H. 
griiden hier auf einem kleinen nnfruchtbaren Ramne 
sich entfalten,— dies iü'S, wa« dem Preußischen Staate 
eigenthümlich ist, erzeugt durch „die weise Gesetzgc, 
düng, «in Vorbild der Staaten." Doch ich will mit 
dem Herr» Vers, selbst zu den Einzelheiten hinabstei 
gen. Nr. i. Herr» Mcndelsohns Werke kenne ich eben 
falls ans Autopsie, und weiß, daß noch kein Verviel- 
fachungekreis von andern Künstlern des Preuß. Staa 
tes vorher gemacht worden ist. Nr 2. Hier wieder 
hole ich nur des Herrn Vers, eigene Worte: „die 
Globen, welche bisher aus fünf verschiedenen Orten 
geholt werden mußten, werden nun auch in Berlin 
verfertigt-" Nr. z. Die Nachrichten über Polyauto- 
graphie hat der Herr Verfasser nicht recht verstanden. 
Herr Reuter erhielt nicht Auftrag zu ihrer Ausübung, 
sondern nur zu einer Zeichnung auf Kalk. Dieses ist 
aber eben so verschieden, als wenn ich saqen wollte: 
der Herr Baron ist Kupferdrucker statt Kupferstecher. 
Herr Reuter hat jene Ausübung erst durch eigene Kraft 
erkämpft, und wer Len unschätzbaren Vorzug von Ori 
ginalen vor Kopien kennt, wird seine Ersindung rich 
tig würdigen. Noch tadelt mich der Herr Vers, mit 
einer Art von Freude über seine Sprachkunde, daß ich 
statt Kalksteinxlattcn Kalkplatren gesagt habe. Doch 
Schade, daß seine Freude zu Wasser wird- ES ist ja 
bekannt genug, daß die Kalkerdc in der Natur stets 
mit Säuren verbunden vorkommt, z. B. mit Kohlen 
saure, Schwefelsäure, Flußsäure, PhoSphorsäure, Arse 
niksäure. Kalkstein heißt aber mineralogisch bloß koh 
lensaurer Kalk. ES taugt ja aber nicht bloß dieser, 
sondern auch Gips, Flußspat, Apatit, Pharmakolith 
zur Polyautographie; folglich ist der Ausdruck Kalk- 
steinvlattcn zu eng, und der allgemeine Begriff Kalk- 
platten ganz richtig. Nr. 4. Ich sagte, die Holzschnei 
dekunst sey bekanntlich in Nürnberg von Holbein er- 
ftindcn worden. Oer Angriff gegen mich ist hier dop 
pelt; einmal meint der Vers., sey jene Kunst lange 
vor Holbein gewesen, dann habe sie Holdem gar nicht 
ausgeübt. Ich sage: mag immer die erste Spur da 
von in den Spielkarten Karls VI. von Frankreich (oder 
nach den meisten Geschichtschreibern sogar Karls V.) 
vorkommen, um HolbeinS Zeit wurde st« doch in Deutsch 
land vcrvollkommt. Dann: mag daS H t unter dem 
berühmten Todtentanze immer Hans Litzclmann 
bedeuten statt Holbein, so wird dock) sehr allgemein 
Holbein als Erfinder aufgeführt, und dieses bezeichnete 
ich durch „bekanntlich." Da der Herr Baron den 
Herrn Prof. Gubitz dabei herabsetzt, und meint, dag 
«die alt« wirklich kunstmäßige, aber auch schwerere 
Manier eines Albrecht Dürers ganz vernachläßigr wer 
de," — so frage ich: worin besteht denn jene ge 
rühmte Manier? etwa in Umrissen? Diese liefert auch
	        
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