IMMO
VIEL
IEN
GEMEINWOHL GEMEINSAM GESTALTEN
DOKUMENTATION
DES KONVENTS VOM
3. / 4. NOVEMBER 2016,
LEIPZIG
INHALT
Rückblick
AUFTAKT GEGLÜCKT S.03
Zum Schnelllesen: Nächste Schritte
PINNWAND ‒ ERGEBNISSE S.08
FORDERN UND DEBATTIEREN S.10
1. PANEL … Finanzierung verbessern, Investitionen erleichtern
GUTES GELD! & ANDERE FÖRDERUNG! S.11
2. PANEL ... für gemeinwohlorientierte Immobilienentwicklung
MEHR BODEN! S.14
3. PANEL ... in der Zusammenarbeit von öffentlicher Hand und Immovielien
MEHR AUGENHÖHE! & PASSENDES RECHT! S.17
LERNEN UND PLANEN S.20
Kooperative Kultur für Immovielien
LESSONS LEARNED S.21
S. 22 München // S. 24 Leipzig // S. 27 Hamburg // S. 29 Schwerte
Rahmenbedingungen verändern
MEILENSTEINE S.31
S. 32 Förderung // S. 36 Kooperative Kommunale Kultur und Beratungsnetzwerke //
S. 39 Boden // S. 42 Finanzierung // S. 44 Recht und Steuer
Ausblick
WEITERMACHEN S.46
IMPRESSUM S.48
RÜCKBLICK
AUFTAKT GEGLÜCKT, ABER EINMAL IST KEINMAL:
IMPULSE FÜR EIN BÜNDNIS FÜR IMMOVIELIEN
Ein Jahr Arbeit haben das Konventteam der Montag Stiftung
Urbane Räume und die Beiratsmitglieder des Konvents investiert. Alle Beteiligten wissen, dass auch nach dem Konvent einiges zu tun bleibt. Wenn die Arbeit weiter so viel Freude
macht wie bisher, sind das gute Aussichten.
Die Freude hatten dabei glücklicherweise nicht nur wir, sondern auch alle Anwesenden der Veranstaltung im November
2016 in der Konsumzentrale in Leipzig. Anwesend waren ausschließlich Expertinnen und Experten aus der Immovielienszene. Sei es, weil sie als Aktivisten oder alternative Investoren
selber Projekte realisiert haben, sei es, weil sie die Rahmenbedingungen für Immovielien als Finanzierer oder Regelentwickler maßgeblich verbessern können.
Einleitend zu der Dokumentation dieser beiden intensiven und
kooperativen Tage möchten wir die Gründe für diese Produktivität festhalten und sie dem weiteren Prozess mit auf den Weg
geben.
Alle Mitwirkenden, ganz besonders auch die Referenten des
ersten Tages, haben sich getraut, die Dinge pointiert darzustellen. Denn natürlich droht das Thema „Immobilien für viele“
genau so wie das Thema Stadtentwicklung immer wieder in
den Untiefen der Komplexität zu versinken. Da tut es gut, wenn
ein Bankvorstand sagt, dass Immobilien ohne Nutzung nichts
wert sind, ein ehemaliger Wohnungsunternehmer formuliert,
dass wir unseren Verfassungen in der Bodenfrage mehr Aufmerksamkeit widmen sollten und eine Künstlerin als Investorin
auftritt und Lösungen präsentiert, die „der Markt“ so nicht gefunden hat.
Alle Mitwirkenden haben die Vielfalt des Wissens, der Talente
und auch der Haltungen, die versammelt waren, konstruktiv
für sich genutzt. Die Debatten waren intensiv und immer fair,
die Begegnungen zwischen den Themen und Ebenen wurden
von vielen für die eigene Ideenentwicklung genutzt. Die Projektmacher und Praktiker konnten sehen, dass das, was sie tun
auch für die Menschen aus Parteien, Ministerien oder Kommunen von großer Relevanz ist, und umgekehrt konnten die Ver-
treterinnen und Vertreter der öffentlichen Hand erleben, wie
viele engagierte und vor allem extrem kenntnisreiche zivilgesellschaftliche Partner sich im Moment für ihre Fragen einsetzen.
Ganz besonders am zweiten Tag sind sie alle gemeinsam produktiv geworden, haben Gelerntes und Wissenswertes zusammengetragen und Meilensteine für die nähere Zukunft formuliert. Dabei ist deutlich geworden, dass jede Stadt und jeder
Landstrich seine ganz eigenen Wege gefunden hat und finden
muss, Immovielien in die Entwicklung einzubetten. Die Fragen,
die anstehen, löst Hamburg anders als München, Schwerte anders als Leipzig. Allen kommunalen Workshops war auf jeden
Fall gemeinsam, dass die Möglichkeiten, die Immovielienmacherinnen und -macher ihrer Stadt eröffnen – und dies ausdrücklich nicht in der gebauten Masse, sondern in der inhaltlichen Qualität – kaum zu überschätzen sind. Die Rolle der Kommune als Ermöglicherin und Partnerin dieser Projekte aber
eben auch nicht.
Und da lag es nicht fern, dass am Ende der Veranstaltung sehr
konkrete Meilensteine zusammengetragen wurden, die wir uns
alle – die Stiftung, die Beiratsmitglieder, die Mitdenker – gemeinsam ins Stammbuch schreiben sollten. Dabei kann auch
das vorab produzierte grüne Immovielienbuch mit seinen Forderungen und Beispielen eine wichtige Rolle spielen.
Nehmen Sie es mit in Ihre Debatten, Parlamente,
Ausschüsse und Verbände und zeigen Sie, dass
man das Denken über Gemeinwohlorientierung in
der Immobilienentwicklung auf vielen Erfahrungen aus den 80er Jahren und nun auch auf der
Immovieliendebatte der 2010er Jahre aufsatteln
kann! Denn wir brauchen eine Immovielien-Lobby für die anstehenden Entscheidungen auf bundes- und landespolitischen Ebenen. Wir hoffen,
dass wir mit dem Konvent einen Grundstein dafür gelegt haben.
Ihr Konvent-Team der Montag Stiftung Urbane Räume
3
„Bei der Planung von Immobilien für
das Gemeinwohl sehen sich zivile
Akteure einem Ablaufdschungel
voller Regeln, Anträgen, Zuständigkeiten und bei Nichtbeachtung
Bußgeldern und sogar Strafen gegenüber. Das muss viel einfacher werden!“
Rolf Novy-Huy, Stiftung trias
4
„Der Druck auf dem Immobilienmarkt gefährdet die
Vielfalt und den Zusammenhalt in unseren Städten. Die
Immovielien können ein
Scharnier und Impulsgeber
im Stadtteil für soziales
Miteinander sein. Der Konvent zeigt die Potenziale der
Projekte.“
Julia Gerometta, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
5
„Wir brauchen ein Umdenken in der Grundstückspolitik der Kommunen und des Bundes. Die Sicherung langfristiger Ziele ist viel besser
als die Realisierung kurzfristiger Gewinne. Dies schafft man durch
Vergabeverfahren, bei denen Konzepte und Qualitäten im Vordergrund stehen.“ Christian Stupka, Genossenschaftliche Immobilienagentur München eG [GIMA]
6
„Die aktuelle
Vergabepraxis
bei Grundstücken
und Immobilien
muss komplett vom
Kopf auf die Füße
gestellt werden.
Der Gemeinwohlgedanke muss vor
dem Profitgedanken
kommen.“
Caren Lay, MdB, DIE LINKE
7
NÄCHSTE
SCHRITTE
FÜR BESSERE RAHMENBEDINGUNGEN
Angebot konkreter Folgeprojekte im Jahr 2017
► NACHBEREITUNG
DES KONVENTS:
NETZWERKTREFFEN IMMOVIELIEN IM FEBRUAR 2017
S. 34
Montag Stiftung Urbane Räume, Jörn Luft und Oliver Brügge
► WORKSHOP
„INITIATIVE ERGREIFEN – BÜRGER
MACHEN STADT“ IM JUNI 2017
S. 34
startklar.projekt.kommunikation, Joachim Boll
► PRÜFUNG
DER MÖGLICHKEITEN FÜR EIN EXWOSTFORSCHUNGSVORHABEN „IMMOVIELIEN“
S. 34
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), Mathias Metzmacher
► TRANSPARENZ
DES IMMOVIELIEN-NETZWERKES MIT
EINER BUNDESWEITEN ONLINE-DATENBANK
S. 35
Utopiastadt, Christian Hampe
8
NÄCHSTE SCHRITTE
► STEUERUNG
DER THEMENKOMMUNIKATION
IM NETZWERK
S. 34
NRW.Bank, Melanie Kloth / Montag Stiftung Urbane Räume, Jörn Luft
► DURCHFÜHRUNG
EINER ERSTEN REGIONALKONFERENZ
„IMMOVIELIEN“ IN SACHSEN-ANHALT IM JAHR 2017
S. 35
Stadt Halle (Saale), Christiane Lütgert
► AUFGRIFF
EINZELNER FRAGEN UND FRDERUNGEN DURCH
DAS UMWELTBUNDESAMT IM PROJEKT „UMWELTPOLITISCHE
UNTERSTÜTZUNGS- UND FÖRDERSTRATEGIEN ZUR
STÄRKUNG SOZIAL-ÖKOLOGISCHER FORMEN VON
ZUSAMMENLEBEN UND GEMEINWOHLORIENTIERUNG“
Umweltbundesamt (UBA), Dorothee Arenhövel
► HANDBUCH
IMMOVIELIEN
S. 35
S. 37
Montag Stiftung Urbane Räume, Jörn Luft
► BODENTAGUNG
„EINE ANDERE BODENPOLITIK IST
MÖGLICH – AUF DER SUCHE NACH DEN MÖGLICHKEITEN
EINES ZIVILGESELLSCHAFTLICHEN BODENFONDS“ IM
MÄRZ 2017
S. 40
Stiftung trias, Rolf Novy-Huy
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TAG 1
FORDERN
UND
DEBATTIEREN
Key Notes. Forderungen. Politische Diskussion.
1. PLENUM GUTES GELD! & ANDERE FÖRDERUNG! //
2. PLENUM MEHR BODEN! // 3. PLENUM MEHR AUGENHÖHE! & PASSENDES RECHT!
Donnerstag, 3. November 2016, 15.30h. Der Konvent beginnt.
Oliver Brügge und Frauke Burgdorff begrüßen Mitwirkende,
Referenten und Bundespolitiker. In gut vier Stunden werden
nun endlich die Forderungen des Konvents „Immobilien – Gemeinwohl gemeinsam gestalten“ einer breiten Fachöffentlichkeit vor- und vor allem zur Diskussion gestellt.
Ein Jahr lang hatte die Montag Stiftung Urbane Räume mit ihren Partnern und Mitdenkern über Rahmenbedingungen für eine gemeinwohlorientierte Immobilienentwicklung nachgedacht und Forderungen erarbeitet. Von deutlich mehr als 100
Anliegen und Ideen wurden 15 konkrete Ansätze und Instrumente identifiziert und auf fünf Forderungen reduziert. Mehr
Boden! Gutes Geld! Andere Förderung! Passendes Recht! Mehr
Augenhöhe!
Das Ziel des ersten Konventtages war, der Politik in drei Panels
zu erläutern, welche Rahmenbedingungen wie verändert werden müssen, damit gemeinwohlorientierte Projekte in der Im-
mobilienentwicklung mehr und wirksamer werden können.
Ebenso sollten die unterschiedlichen Mitgestalter und Partner
der Immovielien zusammengeholt, miteinander ins Gespräch
gebracht und zu einem Bündnis verbunden werden.
Der Ablauf der drei Panels war immer der gleiche: Key Note zur
Einführung, Präsentation der Forderungen durch Partner, Diskussion der Forderungen. Um gemeinsam „unten im Plenum“
und nicht wie oft „oben auf dem Podium“ zu diskutieren, war
eine besondere Sitzordnung gewählt worden, die irgendwo
zwischen Fishbowl und englischem Parlament lag.
Der Atmosphäre und der Diskussion tat die außergewöhnliche
Aufstellung offenbar gut. Politik und Mitwirkende sprachen
sich in der Sache vielleicht nicht immer einvernehmlich, jedoch letztlich mit dem gleichen Ziel dafür aus, die Rahmenbedingungen für eine gemeinwohlorientierte Immobilienentwicklung verbessern zu wollen.
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TAG 1 FORDERN UND DEBATTIEREN
1.
PLENUM: GUTES GELD!
& ANDERE FÖRDERUNG!
KURZFASSUNG GUTES GELD!
Kooperative Finanzierung handhabbar machen
Bürgschaftsschirm oder Bürgschaftsbank für Immovielien
Überprüfung und Anpassung des Kleinanlegerschutzgesetzes und
der Wohnimmobilienkreditrichtlinie
KURZFASSUNG ANDERE FÖRDERUNG!
Förderung von Vorarbeiten
Förderung von Beratung
Von guten Förderprogrammen lernen
EINFÜHRUNG IN DAS THEMA DURCH
Thomas Jorberg (GLS Gemeinschaftsbank eG)
PRÄSENTATION DER FORDERUNGEN DURCH DIE PARTNER DES KONVENTS
Rolf Novy-Huy (Stiftung trias) und Joachim Boll (startklar.projekt.kommunikation)
DISKUSSION VON FORDERUNGEN UND UMSETZBARKEIT MIT
Marta Doehler-Behzadi (Internationale Bauausstellung IBA Thüringen GmbH), Julia Gerometta
(Referentin für Bauen, Wohnen und Stadtentwicklung BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Jochen Lang
(Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Berlin), Caren Lay (MdB DIE LINKE),
Arnold Vaatz (MdB CDU)
11
TAG 1 FORDERN UND DEBATTIEREN
GEMEINWOHL HAT VORRANG!
Was ist „gutes Geld“ und was meint „gut“ im Umgang mit Immobilien und deren Finanzierung? Häufig wird der Wert einer
Immobilie sehr einseitig nach monetären Maßstäben bemessen; tatsächlich liegt ihr eigentlicher Wert im konkreten Nutzen, den sie ermöglicht bzw. der mit ihr verbunden ist. Da dieser Nutzen und damit der Wert der Immobilie sehr stark mit
den lokalen Bedingungen und den dort relevanten sozialen
Fragen (Bildung, Ernährung, Kultur, Zusammenleben etc.) zusammenhängt, spielt für eine gemeinwohlorientierte Immobilienentwicklung der unmittelbare sozialräumliche Kontext eine
ungleich größere Rolle als im Falle von ausschließlich renditeorientierten Investments und deren Finanzierungsmodellen.
Bei der Entwicklung und Finanzierung „alternativer“ oder gemeinwohlorientierter Immobilienprojekte sollten daher bevorzugt Prinzipien, Instrumente und Verfahren zur Anwendung
kommen, die diese sozialräumliche Einbettung unterstützen.
Dazu zählen beispielsweise die Projektträgerschaft durch lokal
verankerte Genossenschaften oder die Teil-Finanzierung mittels lokalem bzw. regionalem Crowdfunding.
Bund, Land und Kommunen sollten in der Förderung und Unterstützung gemeinwohlorientierter Projekte stärker als Vorbild agieren. Das betrifft nicht nur die Entwicklung von Förderprogrammen für Dritte, sondern auch das eigene Handeln.
Beim Verkauf öffentlicher Liegenschaften sollte beispielsweise
nicht der höchstmögliche Erlös, sondern grundsätzlich der
bestmögliche Nutzen für das Gemeinwohl im Vordergrund stehen, auch wenn das Primat der Haushaltskonsolidierung einem
solchen Prinzip auf den ersten Blick entgegenzustehen scheint.
Um einen derartigen Grundsatz „Gemeinwohl hat Vorrang!“ in
der Verwaltungspraxis besser verankern zu können, muss der
Gemeinwohl-Begriff gegebenenfalls stärker mit Kriterien und
Qualitätsmerkmalen untermauert werden. Kommunen würden
auf diese Weise mehr Rechtssicherheit im Umgang mit Konzeptvergaben oder ähnlichen Verfahren – anstelle von Höchstpreisverfahren – erlangen.
Die vorhandene Förderlandschaft bietet nicht wenige Möglichkeiten zur Unterstützung gemeinwohlorientierter Immobilienprojekte in der Stadtentwicklung. In vielerlei Hinsicht beispielhaft ist das Landesprogramm „Initiative ergreifen – Bürger machen Stadt“ in Nordrhein-Westfalen, das in abgewandelter
Form auch in anderen Bundesländern möglich sein sollte. Die
wichtige Frage, ob ein gänzlich neues Förderprogramm zur Unterstützung von Immovielien notwendig ist, oder ob die bereits
vorhandenen Programme in Zukunft nur aktiver und kreativer
genutzt werden müssten, ist bislang noch offen geblieben. In
jedem Fall benötigen viele Initiativen und vor allem kleinere
12
TAG 1 FORDERN UND DEBATTIEREN
Verwaltungen sehr viel mehr Unterstützung und Beratung,
wenn sie das vorhandene, häufig komplizierte und selten widerspruchsfreie Instrumentarium an Fördermöglichkeiten für
das jeweilige Projekt bestmöglich nutzbar machen möchten.
Bessere Rahmenbedingungen zur Finanzierung, und damit zur
Mobilisierung von mehr „gutem Geld“ können unter anderem
mit Veränderungen beim Kleinanlegerschutzgesetz und neuer
Bürgschaftsmodelle geschaffen werden. „Gutes Geld“ kann –
das sollte nicht vergessen werden – in vielen Fällen auch geschenktes Geld sein. Wenn sich Menschen mit finanziellen Mitteln für das Gemeinwohl einsetzen, tun sie das nicht unbedingt
mit der Erwartung, dass daraus monetäre Gewinne entstehen.
Sie setzen ihr gutes Geld für ein gutes, solidarisches Miteinander ein.
13
TAG 1 FORDERN UND DEBATTIEREN
2.
PLENUM:
MEHR BODEN!
KURZFASSUNG MEHR BODEN!
Bodenbevorratung und Vorkaufsrecht der öffentlichen Hand stärken
Boden mit Konzept vergeben
Förderung des Bodenerwerbs für gemeinwohlorientierte Investitionen
Einrichtung von zivilgesellschaftlichen Bodenfonds
EINFÜHRUNG IN DAS THEMA DURCH
Christian Stupka (Genossenschaftliche Immobilienagentur München eG [GIMA])
PRÄSENTATION DER FORDERUNGEN DURCH DIE PARTNER DES KONVENTS
Enrico Schönberg (Mietshäuser Syndikat GmbH) und Birgit Schmidt (wohnbund e.V.)
DISKUSSION VON FORDERUNGEN UND UMSETZBARKEIT MIT
Julia Gerometta (Referentin für Bauen, Wohnen und Stadtentwicklung BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN),
Caren Lay (MdB DIE LINKE), Arnold Vaatz (MdB CDU), Martin zur Nedden (Deutsches Institut
für Urbanistik gGmbH)
14
TAG 1 FORDERN UND DEBATTIEREN
ANDERE LIEGENSCHAFTSPOLITIK!
Der Bedarf nach neuen Ansätzen der Immobilienentwicklung
ist gegenwärtig vor allem in der Wohnungsbaupolitik besonders groß. Städte wie München und Hamburg erproben verschiedenste Instrumente: Konzeptvergabeverfahren, Erbbaurechtsmodelle, das Widmen von Grundstücken für bestimmte
Gruppen (zum Beispiel für Genossenschaften) oder der Verkauf
von Grundstücken unterhalb des Marktpreises, jedoch mit Bindungen hinsichtlich der Belegungsrechte und des Mietpreises.
Die rasante Bodenpreisentwicklung mit ihren weitreichenden
Folgen für das soziale Gefüge einer Stadt wirft mehr denn je
die Frage auf, wie Kommunen eine aktive Bodenbevorratung
betreiben und mehr Boden für eine gemeinwohlorientierte
Entwicklung bereitstellen können. Die bayerische Landesverfassung zum Beispiel verweist explizit auf die Möglichkeit,
„Steigerungen des Bodenwerts, die ohne besonderen Arbeitsoder Kapitalaufwand des Eigentümers entstehen, [sind] für die
Allgemeinheit nutzbar zu machen“ (Artikel 161 (2)) – eine Haltung, die vor allem in den 1960er und 1970er Jahren schon einmal intensiv diskutiert wurde, aber in dieser Form nicht zu einer entsprechenden Praxis geführt hat.
Eine aktive Bodenbevorratung scheitert gegenwärtig in vielen
Kommunen daran, dass sie ohne Fördermittel finanziell nicht
in der Lage sind, ein etwaiges kommunales Vorkaufsrecht von
Grundstücken auszuüben, unabhängig von bestehenden
Rechtsunsicherheiten. Weil Vorkaufsrechte ohnehin nur zur
Anwendung kommen, wenn ein Verkaufsfall vorliegt, sind sie
nur sehr bedingt in der Lage, in größerem Umfang mehr Boden
für Immovielien zu mobilisieren. Umso wichtiger erscheint es,
den noch vorhandenen kommunalen Grundbesitz zu halten
und dessen Nutzung und Entwicklung beispielsweise mit Ins
trumenten wie Erbbaurecht oder Widmung für definierte gemeinwohlorientierte Zwecke zu steuern. Auch sollte geprüft
werden, inwieweit Städtebaufördermittel für den gemeinwohlorientierten Bodenerwerb eingesetzt werden können. Dies
dürfte sowohl im Interesse der Fördergeber als auch der Fördernehmer sein, wenn Zweckbindung und Tragfähigkeit der
Nutzung gegeben sind. In jedem Fall sollten die Möglichkeiten
zur Vereinfachung in den verschiedenen Förderprogrammen
geprüft werden.
15
TAG 1 FORDERN UND DEBATTIEREN
Wiederholt kritisiert wird die gegenwärtige Praxis der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA), wenn sie bundeseigene Liegenschaften grundsätzlich und unabhängig von der geplanten Nutzung der Grundstücke bzw. Immobilien in Höchstpreisverfahren – und nicht mittels Konzeptvergaben – veräußert. Konzeptvergabeverfahren sind jedoch ein wichtiges Instrument, um bezogen auf konkrete Orte bzw. Quartiere qualitative Aspekte bei der Veräußerung und Entwicklung von Immobilien berücksichtigen zu können. Demgegenüber dienen
Höchstpreisverfahren in erster Linie der generellen Konsolidierung öffentlicher Haushalte. Damit Kommunen das Instrument
der Konzeptvergabe künftig häufiger und gezielter anwenden
können, sollten sie nicht durch die Kommunalaufsicht der Län-
der gezwungen sein, ihre Grundstücke ausschließlich nach
Höchstpreis zu vergeben. Gegenüber den Aufsichtsbehörden
muss deutlich herausgestellt werden, dass kurzfristige Mehr
einnahmen, wie sie unter Umständen bei einem Höchstpreisverfahren erzielt werden, nicht selten durch langfristige Mehrausgaben in anderen Bereichen öffentlicher Haushalte übertroffen werden, wenn die qualitativen und die das örtliche Gemeinwohl stärkenden Aspekte bei Grundstücksvergaben nicht
ausreichend berücksichtigt werden. Der Bund sollte mit gutem
Beispiel vorangehen und Liegenschaften nicht ausschließlich
nach Höchstpreis vergeben. Allzu oft erweist sich die bisherige
Praxis nämlich als wirksame Bremse einer gemeinwohlorientierten Quartiersentwicklung.
16
TAG 1 FORDERN UND DEBATTIEREN
3.
PLENUM: MEHR AUGENHÖHE!
& PASSENDES RECHT!
KURZFASSUNG MEHR AUGENHÖHE!
Kompetenzaufbau »Kooperative Stadtentwicklung«
Beratungsstrukturen für Immovielien
Handbuch »Immobilien für viele«
KURZFASSUNG PASSENDES RECHT!
Besondere steuerliche Stellung für gemeinwohlorientierte Immobilienbewirtschaftung
Unternehmensform für wirtschaftliches, bürgerschaftliches Engagement
EINFÜHRUNG IN DAS THEMA DURCH Daniela Brahm (ExRotaprint gGmbH)
PRÄSENTATION DER FORDERUNGEN DURCH DIE PARTNER DES KONVENTS
Caroline Rosenthal (Mietshäuser Syndikat e.V.), Martin Linne (Stadt Krefeld | Deutscher Städtetag)
DISKUSSION VON FORDERUNGEN UND UMSETZBARKEIT MIT
Julia Gerometta (Referentin für Bauen, Wohnen und Stadtentwicklung BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN),
Caren Lay (MdB DIE LINKE), Stefan Raetz (Stadt Rheinbach | Deutscher Städte- und Gemeindebund),
Arnold Vaatz (MdB CDU)
17
TAG 1 FORDERN UND DEBATTIEREN
EINE LOBBY FÜR IMMOVIELIEN!
Gemeinwohlorientierte Immovielien sind häufig Modellprojekte für neue Formen von Stadtentwicklung und einen anderen
Umgang mit Stadt. Sie rütteln an den Routinen herkömmlicher
Immobilienentwicklung und mit ihnen entstehen neue Mischungen städtischer Funktionen und Milieus. Auch verändern
sie eingeübte Hierarchien in der Stadtentwicklung. Noch allerdings tun sich viele Kommunen schwer mit zivilgesellschaftlichen Initiativen als Partnern. Und auch Initiativen bringen noch
nicht immer die erforderliche „Augenhöhe“ mit, um sich auf
dem Feld der Immobilienentwicklung erfolgreich behaupten zu
können. Kommunen fürchten angesichts der abnehmenden
personellen und zeitlichen Kapazitäten in ihren Verwaltungen
einen höheren Beratungs- und Betreuungsaufwand bei der Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Initiativen. Initiativen
„ticken“ anders und arbeiten häufig anders als konventionelle
Akteure der Immobilienentwicklung. Auch die Angst, sich für
Projekte einzusetzen, deren Ziele nicht immer von Anfang klar
formuliert und entsprechend überprüfbar sind, und die womöglich scheitern könnten, ist nach wie vor vorhanden. Doch
die erfolgreichen Beispiele zivilgesellschaftlich getragener Immobilienentwicklung und die damit verbundenen positiven Erfahrungen von Kommunen werden von Jahr zu Jahr zahlreicher. Sie sollten daher auch entsprechend offensiv als gute
Beispiele kooperativer Stadtentwicklung kommuniziert werden.
Die erforderliche Augenhöhe lässt sich auf der Quartiers- oder
Bezirksebene in der Regel schneller und leichter herstellen. Alle Beteiligten kennen die konkreten Bedürfnisse vor Ort, aus
denen gemeinwohlorientierte Projekte entwickelt werden können. Auch lassen sich Merkmale und Kriterien für Gemeinwohl
auf lokaler Ebene konkreter benennen und überprüfen als auf
18
TAG 1 FORDERN UND DEBATTIEREN
übergeordneten Ebenen. Offensichtlich gibt es gerade im politischen Raum einen erheblichen Diskussions- und Klärungsbedarf darüber, was im Rahmen kommunalen Handelns unter
Gemeinwohl zu verstehen ist bzw. welche Parameter entwickelt werden sollten, die dann auch als förderrelevante Kriterien in die entsprechenden Programme auf Bundes- und Landesebene aufgenommen werden. Erste Ideen zu derartigen
Parametern existieren bereits („Ressourcen für soziale Arbeit“,
„Nutzungsbindungen in Erbbaurechtsverträgen“, „Rückfluss
von erwirtschafteten Gewinnen in revolvierende Fonds für weitere gemeinwohlorientierte Projekte“). Künftige Projekte, die
solche Parameter erfüllen würden, könnten mit entsprechend
höheren Förderungen ausgestattet werden.
Benötigen Immovielien eine organisierte Lobbyarbeit auf Bundes- und Landesebene? Zumindest der Zeitpunkt ist günstig
und die Aufmerksamkeit für zivilgesellschaftlich getragener
Stadtentwicklung höher als in der Vergangenheit. Das liegt einerseits an Unzulänglichkeiten und wachsenden Verwerfungen
des herkömmlichen Boden- und Immobilienmarktes, andererseits an den vielen gelungenen Projekten aus der jüngeren Vergangenheit. In 2017 findet die nächste Bundestagswahl statt
und alle Parteien entwickeln derzeit Wahlprogramme, in die
möglichst viele Anliegen kooperativer Stadtentwicklung eingebracht werden sollten.
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TAG 2
LERNEN
UND
PLANEN
Lessons learned und Meilensteine:
Ergebnisse der Städte- und Strategieworkshops
Freitag, 4. November 2016. Nach der Präsentation und Diskussion der Forderungen am Vortag stand am zweiten Tag
die Praxis im Fokus des Konvents. Welche Erfahrungen machen andere Städte mit neueren Ansätzen wie Erbbaurecht,
Konzeptvergabe und Crowdfunding? Wie läuft die Zusammenarbeit von Kommunen und Initiativen anderenorts?
Welche nächsten Schritte sind auf dem Weg zu ‚Mehr Boden‘, ‚Gutem Geld‘, ‚Anderer Förderung‘, ‚Passendem Recht‘
und ‚Mehr Augenhöhe‘ nötig und sinnvoll?
Am Vormittag stellten kommunale Akteure und Initiativen
aus Hamburg, München, Schwerte und Leipzig ihre Erfahrungen mit lokalen Ansätzen und Instrumenten einer gemeinwohlorientierten Stadt- und Immobilienentwicklung
vor und zur Diskussion. Das Ziel der vier Städteworkshops
bestand darin, voneinander zu lernen: Von präsentierten
Ansätzen, die einzigartig und innovativ sind, aber auch von
Instrumenten, die vielleicht nicht neu sind, aber in den betrachteten Städten besonders kreativ oder konsequent um-
gesetzt werden. Die LESSONS LEARNED wurden von den
Workshopteilnehmern dokumentiert und anschließend allen
Mitwirkenden vorgestellt. Welche das sind, erfahren Sie auf
den kommenden Seiten.
Am Nachmittag ging der Blick Richtung Zukunft. Welche
konkreten Folgeprojekte und -aktivitäten können unternommen werden, um der Umsetzung der Forderungen in die Immovielienpraxis einen oder gleich mehrere Schritte näher zu
kommen? In fünf Strategiegesprächen wurden die Forderungen priorisiert, ergänzt und zum Teil auch noch einmal
grundlegend diskutiert. Partner und Mitwirkende stellten
ihre konkreten Ideen und Angebote für Folgeprojekte vor,
die sie neu entwickeln oder im Sinne der Forderungen adaptieren würden (siehe Übersicht auf Seite 8). Alles wurde auf
MEILENSTEINEN dokumentiert und zum Abschluss des Konvents im großen Saal präsentiert.
20
TAG 2 LERNEN UND PLANEN
LESSONS
LEARNED
Kooperative Kultur für Immovielien
München // Hamburg // Leipzig // Schwerte
Immovielien brauchen nicht nur bessere Rahmenbedingungen,
sondern auch kooperative lokale Strukturen. Nur wenn beides
zusammenwirkt, entstehen stabile Partnerschaften und erzielen die jeweiligen Impulse Wirkung. Auf dem Konvent haben
sich vier Städte in die Karten schauen lassen und über die Arbeit an den Schnittstellen zwischen Verwaltung, Initiativen,
Politik und Unternehmen sowie die Anwendung innovativer Instrumente und Verfahren berichtet.
Wie sind Verwaltungen in Städten organisiert, in denen die Zusammenarbeit zwischen Kommune und Initiativen gut funktioniert? Woher kommt die ausgeprägte Immovielientradition in
Hamburg oder Leipzig? Wie gelingt es in München oder Hamburg Boden an gemeinwohlorientierte Immobilienentwickler
zu vergeben? Welche Institutionen müssen wie zusammenarbeiten? Wie wirkt das NRW-Förderprogramm "Initiative ergreifen - Bürger machen Stadt" in Schwerte?
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TAG 2 LERNEN UND PLANEN
LESSONS
LEARNED
MÜNCHEN
KURZGEFASST
► Mehr Boden: Das Vorkaufsrecht wird aktiv ausgeübt: Die soziale Bodennutzung
und der konzeptionelle Mietwohnungsbau sind wichtige Grundlagen für eine
aktive Liegenschaftspolitik.
► Gutes Geld: Konzeptvergaben sind der Normalfall, Höchstpreisvergaben
die Ausnahme.
► Andere Förderung: Konzeptioneller Mietwohnungsbau und Wohnen schaffen
eine solide Basis für die Förderung.
► Passendes Recht: Milieuschutzsatzungen werden aktiv in der
Stadtteilentwicklung eingesetzt und für Vorkaufsrecht genutzt.
► Mehr Augenhöhe: Es wird ein enger Dialog mit neuen Partnern gepflegt
("Münchener Ping-Pong"). Zudem werden Strukturen, nicht nur Projekte
gefördert (z. B. Mitbauzentrale) und Interventionisten mitaufgebaut (GIMA).
AKTEURE AUS MÜNCHEN
Walter Buser (Stadtdirektor München), Peter Schmidt (WOGENO München eG und Cohaus München GmbH),
Angela Bauer (hpkj e.V.), Heide Rieke (Rat der Stadt München), Natalie Schaller (Stattbau München GmbH)
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MÜNCHNER PING-PONG
Die Münchner Szene gemeinwohlorientierter Stadtentwicklung arbeitet seit Jahren eng und erfolgreich zusammen. Einige ihrer Akteure aus Politik, Verwaltung und Initiativen berichteten im Workshop über bisherige Erfahrungen und gegenwärtige Herausforderungen. Der Fokus in München liegt
bislang eindeutig im Bereich Wohnungsbau und Wohnungspolitik. Dazu wurden zahlreiche Ansätze und Instrumente
entwickelt, die grundsätzlich auch für gemischt genutzte Immovielien-Projekte angepasst werden könnten: Konzeptvergaben anstelle von Höchstpreisverfahren, die gezielte Bevorzugung von Genossenschaften bei Entwicklungsprojekten,
die Widmung bzw. Ausweisung von Flächen für Pilotvorhaben
(Modellprojekt „Konzeptioneller Mietwohnungsbau“) oder
die verbindliche Festlegung von sozialen Zielen oder Mindestquoten in städtebaulichen Verträgen und Bebauungsplänen.
Nach wie vor ist bezahlbares Wohnen das beherrschende
Thema. Dementsprechend finden sich noch zu wenige Akteure aus gewerblichen, kulturellen oder sozialen Bereichen in
den bisherigen Netzwerken, um nutzungsgemischte Immovielienprojekte in größerem Umfang realisieren zu können.
Zudem sollten einige Instrumente, die in anderen Städten bereits verfolgt werden, auch in München erprobt werden. Konkret benannt wurden unter anderem der Einsatz von Milieuschutzsatzungen oder die Praxis der Anhandgabeverfahren,
wie sie in Hamburg stattfindet.
Parallel dazu hat sich über die Jahre ein aktives Netzwerk gefestigt, das aus unterschiedlichen Blickwinkeln für das gemeinsame Ziel eines sozial gerechten Wohnungs- und Immobilienmarktes arbeitet. Wichtige Etappen bei der Etablierung
des Netzwerks waren der Aufbau von Genossenschaften für
Wohnbauprojekte seit den 1990er Jahren und die Gründung
der Genossenschaftlichen Immobilienagentur München (GIMA) in 2005. Die GIMA, hervorgegangen aus einem
ExWoSt-Modellvorhaben des Bundes, ist ein Zusammenschluss verschiedener Wohnungsunternehmen, die gute
Wohnstandards zu bezahlbaren Preisen bieten wollen. In jüngerer Zeit wurde von der Stattbau München die Mitbauzen
trale aufgebaut, die als zentrale Anlaufstelle für Interessenten, Initiativen und Akteure rund um gemeinschaftsorientierte Wohnprojekte fungiert. Finanziert aus städtischen Mitteln
leistet die Mitbauzentrale neben der allgemeinen Beratung
intensive Vernetzungsarbeit. Dieser kontinuierliche Austausch und das ständige Weiterentwickeln von Programmen,
Modellvorhaben und Förderinstrumenten haben in München
den Begriff vom „Münchner Ping-Pong“ entstehen lassen.
Trotz dieser vielen positiven Entwicklungen haben alternative
Projektansätze nicht per se eine gute Ausgangslage im Münchner Immobilienmarkt. Ein Projekt wie das bereits einschlägig
bekannte „Bellevue di Monaco“ hätte ohne massive öffentliche
Aufmerksamkeit kaum eine Chance gehabt und die vorhandene Gebäudesubstanz, die nun für ein neuartiges Wohnprojekt
mit Geflüchteten umgebaut wird, wäre vermutlich längst einem konventionellen Neubauprojekt zum Opfer gefallen.
23
TAG 2 LERNEN UND PLANEN
LESSONS
LEARNED
LEIPZIG
KURZGEFASST
► Mehr Augenhöhe: Initiativen entwickeln Selbstbewusstsein, wenn sie Möglichkeiten
und Freiräume erhalten, sich in der Praxis zu bewähren.
► Mehr Augenhöhe: Eine Stadtverwaltung mit weitergehendem Selbst- und
Aufgabenverständnis ist für beide gut:
Für die Initiativen und für die Kommune.
► Mehr Augenhöhe: Kooperationsstrukturen zwischen Stadt und Initiativen
müssen wachsen können.
Jede Phase hat ihre eigenen Regeln und Instrumente.
► Mehr Augenhöhe: Das ‚Netzwerk Leipziger Freiheit‘ ist ein wichtiges strategisches
Element des wohnungspolitischen Konzepts der Stadt.
Ein Blick lohnt sich!
► Mehr Augenhöhe: Die wichtigste Ressource ist und bleibt der Faktor Mensch.
AKTEURE AUS LEIPZIG
Corinna Debus (HausHalten e.V.), Ortrud Diemer (Stadt Leipzig, Amt für Stadterneuerung und
Wohnungswesen), Roman Grabolle (Haus- und WagenRat e.V.), Ariane Jedlitschka
(HAL Atelierhaus e.V.), Mary Lürtzing (Mietshäuser Syndikat e.V.)
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TAG 2 LERNEN UND PLANEN
LEARNING BY DOING
Im moderierten Gespräch mit Akteuren aus mehreren Initiativen und Verwaltung wurden zunächst die wesentlichen Erfahrungen in Leipzig herausgearbeitet. Leipzig kann auf eine sehr
lange Tradition bürgerschaftlichen Engagements zurückblicken. Offensichtlich ist es gelungen, auch in der Phase des
Umbruchs nach 1989 an diese Tradition anzuknüpfen. Das beträchtliche Potenzial an Freiräumen, Leerständen und ungeklärten Besitzverhältnissen in der Nachwendezeit, die als
„Möglichkeitsräume“ für Eigeninitiative und selbst bestimmte
Lebensentwürfe genutzt werden konnten, haben dieses Anknüpfen an alte bürgerschaftliche Traditionen wesentlich begünstigt.
Das wohnungspolitische Konzept der Stadt umfasst drei strategische Instrumente, die nicht nur für das Themenfeld Wohnen, sondern für gemeinwohlorientierte Immobilienentwicklung im Allgemeinen von Interesse sind:
a. das Netzwerk „Leipziger Freiheit“ (ein Zusammenschluss
von mehreren Initiativen, die vor allem kooperative
Wohnprojekte beraten und unterstützen);
b. der Zwischenerwerb von Grundstücken durch die Kommune
(um sie anschließend solchen kooperativen Wohnprojekten
zur Verfügung stellen zu können);
c. die Konzeptvergabe beim Verkauf von Grundstücken
und Gebäuden.
Die drei Instrumente werden in der Praxis laufend weiterentwickelt, insbesondere dort, wo ihre Anwendung und Umsetzung
gegenwärtig noch auf Schwierigkeiten stößt.
© Sandra Scholten
Für die Zeit nach 1989 lassen sich in Leipzig hinsichtlich Immobilienentwicklung und gemeinwohlorientiertem Handeln mindestens drei verschiedene Etappen identifizieren: In der ersten
Phase ging es vorrangig um die Sicherung bzw. „Rettung“ der
Stadt und ihrer baulich-räumlichen Substanz, zum Beispiel mit
dem Modell der Wächterhäuser. Die zweite Phase lässt sich
mit dem Motto „Freiräume sichern!“ überschreiben, nachdem
in einigen, für die gewerbliche Immobilienwirtschaft mittlerweile interessant gewordenen Stadtvierteln die Spielräume für
kooperative Wohnprojekte und gemeinwohlorientierte Immobilienprojekte immer kleiner werden. In der dritten Phase sind
die zahlreichen Initiativen zu anerkannten strategischen Partnern in der Stadtentwicklung geworden: Beispielhaft ist das
wohnungspolitische Konzept der Stadt Leipzig zu nennen, in
dem Initiativen eine wichtige Rolle einnehmen.
verwaltung die Notwendigkeit zur Hauskonsolidierung und favorisiert in der Regel das Höchstpreisverfahren, während aus
stadtplanerischer Sicht Konzeptvergaben meist sinnvoller erscheinen, um vor Ort lebendige und gemischte Nachbarschaften zu fördern.
In diesen verschiedenen Etappen haben die zivilgesellschaftlichen Initiativen viel an Erfahrung und Selbstbewusstsein gewonnen. Sie fordern „Mehr Augenhöhe!“ zwischen Kommune
und Zivilgesellschaft nicht nur ein, sondern bringen sie auch
mit. Die positiven Leipziger Erfahrungen sind eng verbunden
mit einer besonderen Kultur der Zusammenarbeit zwischen Initiativen und Stadtverwaltung. Wichtige Ressorts in der Verwaltung haben ihre Zuständigkeiten neu geregelt und über die
letzten Jahre eine auf Kooperation zielende Arbeitskultur entwickelt, die für die Initiativen auch anschlussfähig ist. Als besonders gutes Beispiel gilt das Amt für Stadterneuerung und
Wohnungsbauförderung. Dennoch trifft auch für Leipzig zu,
was in allen anderen Kommunen zu beobachten ist: Stadtverwaltungen sind keine homogenen, gleichgerichteten Organisationen, sondern die einzelnen Dezernate folgen manchmal sehr
unterschiedlichen Zielsystemen. Bei der Vergabe von kommunalen Liegenschaften betont beispielsweise die Liegenschafts25
TAG 2 LERNEN UND PLANEN
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TAG 2 LERNEN UND PLANEN
LESSONS
LEARNED
HAMBURG
KURZGEFASST
► Mehr Boden: Ein komplexes Set von Instrumenten findet
Anwendung: Reduzierter Erbbauzins, Kommission für Bodenordnung,
Konzeptvergaben und teilweise auch Zwischenerwerb durch die Stadt.
► Mehr Augenhöhe: Selbstermächtigte Planung und Projektentwicklung
wird gefördert und unabhängige Intermediäre werden finanziert
(Stattbau, Lawaetz-Stiftung). Der Druck von der Straße (Recht auf Stadt u.a.)
wird ernst genommen.
► Mehr Augenhöhe: Anhandgaben schaffen Spielräume für alternative
Projektentwicklung. Die Koordinierungsrunde Baugemeinschaften (KORB)
schafft eine gute Verständigungsplattform.
AKTEURE AUS HAMBURG
Tobias Behrens (STATTBAU HAMBURG Stadtentwicklungsgesellschaft mbH), Klaus Kolb (Kulturhaus Eppendorf
e.V.), Hans von Bülow (Handwerkerhof Ottensen), Angela Hansen (Freie und Hansestadt Hamburg, Agentur für
Baugemeinschaften), Christine Ebeling (Gängeviertel e.V.)
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TAG 2 LERNEN UND PLANEN
EIN RECHT AUF GEMEINWOHL
Die Diskussion zu den Hamburger Beispielen gemeinwohlorientierter Quartiersentwicklungen hat gezeigt, wie vielfältig
Anlässe, Wege und Erfahrungen mit kooperativer Stadtentwicklung sein können. Manche dieser Projekte sind aus städtischen Konfliktsituationen heraus entstanden, in denen sich
Akteure, die heute miteinander kooperieren, zunächst auf
verschiedenen Seiten der „Barrikaden“ befanden. Gerade
diese Erfahrung, nämlich dass (und unter welchen Bedingungen) aus Konfrontationen erfolgreiche Kooperationen werden
können, ist an den diskutierten Projektbeispielen besonders
wertvoll. Exemplarisch dafür ist der Planungsprozess zur
Neubebauung des Areals der mittlerweile abgerissenen ESSO-Häuser in Sankt Pauli. Dort nutzte eine zivilgesellschaftliche Initiative („Planbude“) den offensiv formulierten Wunsch
nach selbstermächtigter Planung und Projektentwicklung
und den „Druck der Straße“, um sowohl im Planverfahren als
auch im geplanten Bauprojekt zentrale Aspekte gemeinwohlorientierter Quartiersentwicklung platzieren und durchsetzen zu können. Die finanzielle Unabhängigkeit der Initiative
war in der Beteiligung der Anwohnerschaft ein wichtiger
Pluspunkt.
Aufbau befinden oder Grundeigentümer nicht an Initiativen
verkaufen möchten. Sehr positiv bewertet wurden Anhandgabeverfahren, mit denen Interessengemeinschaften, die auf
städtischen Grundstücken bauen möchten, ein Jahr lang die
Möglichkeit gegeben wird, sich entsprechend aufzustellen,
die notwendige Kaufsumme zu organisieren und eine Baugenehmigung zu erwirken. Erfolgreich arbeitende Vermittlungsund Beratungsinstitutionen wie die Agentur für Baugemeinschaften oder die Stattbau Hamburg sollten ergänzt werden
um eine Koordinierungsrunde für Baugemeinschaften (KORB),
um noch mehr Augenhöhe zwischen allen Beteiligten herstellen zu können.
Die intensive Debatte während des Workshop-Gesprächs
blieb nicht bei den „lessons learned“ stehen, sondern führte
zum Weiterdenken bisheriger Ansätze. Wichtige Anliegen waren zum Beispiel die Einrichtung einer Kommission für die Bodenordnung und die konsequente Anwendung von Konzeptvergabeverfahren. In Ausnahmefällen sollten Kommunen einen Zwischenerwerb von Grundstücken vornehmen, wenn
zum Beispiel die projektbezogenen Initiativen sich noch im
Um die rechtlichen Bedingungen für Immovielien zu verbessern, könnten Erbbaurechtsmodelle weiterentwickelt (zum
Beispiel längere Laufzeiten, geringere Erbbauzinsen) und die
Gestaltungsspielräume in und mit Bebauungsplänen stärker
ausgeschöpft werden. Die gerade in Hamburg populäre Forderung nach einem Recht auf Stadt sollte um ein Recht auf
Gemeinwohl und ein Recht auf Transparenz in allen Immobiliengeschäften erweitert bzw. präzisiert werden.
Einen besseren Zugang zu Finanzmitteln könnte ein gesondertes Förderprogramm für Baugemeinschaften mit langfristigen Bindungen ermöglichen. Förderprogramme von Bund,
Land und Kommunen sollten keinesfalls – und auch nicht indirekt – die Erwirtschaftung von Renditen fördern, sondern
sehr viel stärker auf eine Gemeinwohlorientierung der geförderten Projekte zielen, die dann auch entsprechend zu prüfen wären.
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TAG 2 LERNEN UND PLANEN
LESSONS
LEARNED
SCHWERTE
KURZGEFASST
► Gutes Geld: Immovielien entlasten die kommunalen Haushalte sowohl
über konkrete Erträge als auch über die Angebote, die sie machen.
► Andere Förderung: Das Bau- und Betriebskonzept wurde im Programm
"Initiative ergreifen" erdacht: Wirtschaftliche und ideelle Ziele dürfen
und sollen miteinander verknüpft werden und überregionale Netzwerke
sind wichtig, um sich Unterstützung zu organisieren. Die Beratung durch
"Initiative ergreifen" ist Teil der Förderung.
► Passendes Recht: Verträge sollten langfristig sein und einfache, klare
Zielsetzungen haben. Betriebliche Entscheidungen haben eine positive
Rückkopplung in den ideellen Bereich.
► Mehr Augenhöhe: Es ist gut, wenn die Politik die Verantwortung an
verantwortungsbereite Projektmacher abgibt.
AKTEURE AUS SCHWERTE
Tobias Bäcker (Bürgerstiftung Rohrmeisterei Schwerte), Adrian Mork (Stadt Schwerte, Bereichsleiter
Stadtplanung), Thomas Wild (Bürgerbad Elsetal e.V.)
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TAG 2 LERNEN UND PLANEN
MIT SEHR VIEL KNOW-HOW
Schwerte ist ein beeindruckendes Beispiel, wie bürgerschaftliches Engagement gepaart mit gemeinschaftlichem Erfindungsreichtum dauerhafte Entwicklungsimpulse in einer Stadt setzen kann. Gemeinwohlorientierte Projekte wie das Elsebad
oder die Rohrmeisterei existieren seit vielen Jahren und bieten
einen reichhaltigen Erfahrungsschatz, von dem viele andere
Projekte, die gerade erst am Anfang stehen, sehr gut profitieren können. Was also kann man aus Schwerte lernen?
Im Hinblick auf Förderung und Finanzierung ist vor allem die
Bedeutung des NRW-Landesprogramms „Initiative ergreifen –
Bürger machen Stadt!“ hervorzuheben. Durch die intensive
Förderbegleitung werden Projekte in die Lage versetzt, aus anfänglichen, eher spontan entstandenen Ideen dauerhaft tragfähige Konzepte zu entwickeln und dafür auch die passenden
vertragsrechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen. Mit der
berechtigten Aussicht auf Förderung entsteht meist auch an
ganz anderen Stellen neuer Rückenwind für das jeweilige Projekt und seine Realisierung: die Spendenbereitschaft wächst,
noch mehr Menschen sind bereit, sich ehrenamtlich für das jeweilige Projekt zu engagieren. Vorteilhaft ist eine Beratung
auch über die Bauphase hinaus, denn sie kann wertvolle Hilfe
leisten bei auftretenden Schwierigkeiten in der späteren Betriebsphase eines Projekts. Hier müssen häufig neue Einnahmequellen, zum Beispiel durch den Ausbau von Gastronomie,
erschlossen werden, um soziale und kulturelle Qualitäten des
Gesamtprojekts dauerhaft erhalten zu können.
Kommunen, die unter großer Finanznot leiden, können solche
Projekte meist kaum finanziell unterstützen. Häufig ersetzen
die Projekte sogar vormals kommunal betriebene Einrichtungen; in Schwerte war dies ein Schwimmbad. In diesen Fällen
können Kommunen aber zumindest mit den Mitteln des Erbbaurechts bürgerschaftlich getragene Projekte unterstützen.
Politik und Verwaltung müssen die Erfahrung machen, dass sie
Verantwortung abgeben können. Im Gegenzug braucht es Initiativen, die diese Verantwortung übernehmen wollen und die
dafür notwendige Augenhöhe auch mitbringen. Dies setzt ein
wechselseitiges Verständnis von Verwaltung und Zivilgesellschaft voraus – pointiert formuliert: Der Kämmerer muss den
Punk ernst nehmen und der Punk den vorbeugenden Brandschutz.
Mit diesen so erfolgreichen Projekten hat sich in Schwerte bereits eine lebendige Tradition bürgerschaftlich getragener
Stadtentwicklung herausgebildet. Das große Know-how, das in
der Stadt entstanden ist, fließt immer wieder auch in neue
Projekte. Beispielhaft zu nennen ist das Ensemble „Rund um
St. Viktor“ mit Kirche, Altem Rathaus und Alter Marktschänke,
dessen Entwicklung und Erneuerung vor einigen Jahren ebenfalls in das Programm „Initiative ergreifen – Bürger machen
Stadt!“ aufgenommen werden konnte.
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TAG 2 LERNEN UND PLANEN
MEILENSTEINE
Rahmenbedingungen verändern
Ergebnisse der Strategiegespräche: Boden // Förderung
// Finanzierung // Recht und Steuer // Kommunale Kultur
Forderungen, gute Praxis und nun? Wie wird aus Forderungen
Wirklichkeit? Welche Hebel müssen in Bewegung gesetzt werden, um die Verbreitung gemeinwohlorientierter Immobilien in
den Städten zu steigern? Wie kann Immovielienmachern die
Arbeit konkret erleichtert werden? Welche Meilensteine sollen
in den Themen Finanzierung, Förderung, Boden, Recht und
kommunale Kultur als erstes angegangen werden? Wer plant
welches Folgeprojekt? Wer sucht noch Kooperationspartner
für eine Idee?
Fragen, die in den fünf Strategiegesprächen am Nachmittag
des zweiten Konventtages nicht nur aufgeworfen, sondern zum
Teil auch sehr konkret beantwortet worden sind. Mindestens
zehn konkrete Folgeaktivitäten wurden erarbeitet. (-> S.08)
Weitere werden mit ein bisschen Abstand sicher folgen…
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TAG 2 LERNEN UND PLANEN
MEILENSTEINE
FÖRDERUNG
SONDERPROGRAMM GEMEINWOHL?
Viele Initiativen empfinden die gegenwärtigen Rahmenbedingungen in puncto Förderung und Finanzierung häufig als
Hemmnis ihrer Anliegen: Die formalen Voraussetzungen einer
Förderung sind unübersichtlich und die Prozesse eher langwierig, sodass zahlreiche Projektideen verloren gehen, weil die Initiativen nicht den dafür erforderlichen langen Atem entwickeln können. Es existiert daher ein spürbarer Anpassungsbedarf bei den Förderinstrumentarien, aber auch ein klarer
Mehrbedarf, was die professionelle Beratung von zivilgesellschaftlichen Initiativen angeht. Auf kommunaler Ebene könnten zum Beispiel konkrete Anlaufstellen mit Kümmerern, Lotsen oder Scouts für gemeinwohlorientierte Projektentwicklung
installiert werden; ähnliches ist auch auf der regionalen Ebene
denkbar.
Damit der Mehrwert von gemeinwohlorientierten Immobilienprojekten für die Stadtentwicklung als Ganzes deutlicher werden kann, sollten Projekte möglichst integrativ angelegt werden und ihren teilweise selbst gewählten Nischen-Status überwinden. Sie sollten „Mainstream“ werden können und als strategisch wichtige Akteure in der Stadt agieren. Die integrative
und nutzungsübergreifende Ausrichtung führt meist zu längeren Laufzeiten in den einzelnen Projekten, die dann auch bei
der Förderung mit zu berücksichtigen sind. In diesem Zusammenhang sollten die bereits realisierten Projekte hinsichtlich
ihrer Wirkungen auf die Quartiersentwicklung untersucht bzw.
vorhandene Untersuchungen gebündelt und dahingehend ausgewertet werden.
Die finanzielle Förderung von Immovielien sollte jedoch nicht
vorrangig nur mit der klassischen Städtebauförderung verbunden werden, sondern es müssen Alternativen entwickelt werden, die andere Finanzierungsquellen eröffnen und zum Beispiel Förderwege ohne kommunale Eigenanteile ermöglichen.
Viele Projekte benötigen eine Art Anschubfinanzierung, um ihre Ideen überhaupt erst zu einem förder- und realisierungsfähigen Projekt zu entwickeln. Für diese „Phase Null“ eines Projekts müssten daher gesonderte Mittel zur Verfügung gestellt
werden können.
Um das Themenfeld und damit auch die Finanzierung insgesamt auf breitere Füße stellen zu können, muss „die Politik“
schneller und intensiver einbezogen werden. Das betrifft nicht
nur die Kommunalpolitik, sondern auch die Landes- und Bundesebene. Denkbare Ergebnisse wären zum Beispiel ein „Investitionspaket Gemeinwohl“ oder ein „Sonderprogramm Immovielien“, sodass ganz neue Dimensionen in der gemeinwohlorientierten Stadtentwicklung erschlossen werden können.
Auf der Grundlage dieses weitreichenden Katalogs an Forderungen und Zielen sind im Strategiegespräch bereits konkrete
erste Schritte mit Verantwortlichkeiten verabredet worden.
Neben den auf den Folgeseiten ausführlicher dargestellten
Folgeprojekten wurden zwei weitere Ansatzpunkte benannt:
Vorbereitung von Strategiegesprächen und Zukunftsforen. Gezielte Ansprache von Akteuren und Netzwerken mit Blick auf
Förderoptionen für Immovielien.
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TAG 2 LERNEN UND PLANEN
KONKRETE NÄCHSTE SCHRITTE
NACHBEARBEITUNG DES KONVENTS:
NETZWERKTREFFEN IMMOVIELIEN
IM FEBRUAR 2017
WORKSHOP „INITIATIVE ERGREIFEN
‒ BÜRGER MACHEN STADT‟ IM
JUNI 2017
Angebot der Montag Stiftung Urbane Räume, Oliver
Brügge und Jörn Luft
Angebot von startklar.projekt.kommunikation,
Joachim Boll
Wie nehmen wir die Energie aus dem Konvent mit ins Jahr
2017? Welche der Meilensteine sollen weiter verfolgt werden? Wer arbeitet an welchem Thema? Welche konkreten
Folgeprojekte und -maßnahmen haben sich aus dem Konvent ergeben? Wie organisieren wir uns in Zukunft? Wer
sind wir überhaupt? Ein Netzwerk, ein Bündnis, ein Konvent, eine Interessensvertretung? Fragen, die auf einem
Nachbereitungstreffen am 13. Februar 2017 in Bonn thematisiert werden. Kommen Sie?
Das Management „Initiative ergreifen“ und das Städtebauministerium (MBWSV) NRW bieten einen Workshop zu
dem NRW-Programm an mit dem Ziel, Erfahrungen vorzustellen sowie gemeinsam Übertragungen auszuloten. „Initiative ergreifen“ bietet NRW-weit eine Unterstützung für
bürgerschaftlich-zivilgesellschaftliche Träger von Stadt
erneuerungsprojekten an von der Akquisition und Weiterentwicklung ungewöhnlicher Projektideen über Planung,
Kosten, Finanzierung bis hin zu Trägerschaftskonstruktionen und betrieblichen Wirtschaftsplanungen. Ein Management führt diese Projekte zu Förderanträgen und begleitet sie bei der baulichen und betrieblichen Realisierung. Der Workshop richtet sich vor allem an den Bund,
interessierte Länder und Kommunen. Er ist für Juni 2017
in NRW über zwei Tage mit Projektbesuchen und einer inhaltlichen Werkstatt geplant.
STEUERUNG DER THEMENKOMMUNIKATION IM NETZWERK
Anregung der NRW.Bank, Melanie Kloth
Der Konvent war erfolgreich darin, zu überzeugen, dass
Immovilienprojekte ernst zu nehmen sind und einen
Mehrwert für die Stadtentwicklung bedeuten. Das gemeinsame Auftreten der Partner auf Augenhöhe hat zur
Überzeugungskraft entscheidend beigetragen. Dieses
Konzept sollte für weitere Kommunikationsarbeit in Richtung von Kommunen, Initiativen, Bund, Ländern, Finanzierern etc. genutzt werden. Die Kommunikation sollte strategisch geplant und in Kooperation und enger Abstimmung zwischen den Partner umgesetzt werden. Die Montag Stiftung Urbane Räume könnte hier eine koordinierende Rolle übernehmen.
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ANGEBOT EINTRAGEN …
… und erläutern
PRÜFUNG DER MÖGLICHKEITEN FUR EIN EXWOST-FORSCHUNGSVORHABEN
„IMMOVIELIEN‟
Angebot des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), Mathias Metzmacher
Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) überlegt, zum Thema „Immobilien für viele – Gemeinwohl gestalten“ zu forschen. Das BBSR erarbeitet dazu Anfang des Jahres mit einer kleinen Expertenrunde mögliche Forschungsfragen, um bis Mitte 2017 ein Forschungskonzept zu entwickeln.
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TAG 2 LERNEN UND PLANEN
TRANSPARENZ DES IMMOVIELIENNETZWERKES MIT EINER BUNDESWEITEN ONLINE-DATENBANK
Angebot von Utopiastadt Wuppertal, Christian Hampe
Die Utopiastadt gGmbH beschäftigt sich seit 2015 mit
dem Themenkomplex opensource- und openknowledge
basierter Kartografierung. Dabei geht es vor allem um die
Darstellung von gemeinwohlorientierten Projekten, die
sich im weitesten Sinne mit nachhaltigen und sozioökonomisch sinnvollen Projekten beschäftigen. Ziel ist die Bereitstellung von Informationen einer möglichst großen
und flächendeckenden Projekt- und Akteursstruktur im
Zusammenhang mit Ansätzen der Stadt- und Gesellschaftsentwicklung hin zu einer »großen Transformation«.
Bei diesem Vorhaben konnten inzwischen Kooperationspartner wie das Zentrum für Transformationsforschung
der Bergischen Universität Wuppertal und das Wuppertal
Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH gewonnen
werden. Es erscheint sinnvoll, diese Bestrebungen mit
den beim Konvent aufgeworfenen Fragen und Vernetzungsbedarfen zu verschneiden. Langfristig könnte so eine Plattform entstehen, die einen entscheidenden Beitrag
zur Verbreitung von Wissen über Stadtentwicklungprozesse und einer Auswertung von Faktoren für ein »besseres Leben« (–> Better Life Index) beisteuern kann.
AUFGRIFF EINZELNER FRAGEN
UND FORDERUNGEN DURCH
DAS UMWELTBUNDESAMT
Angebot des Umweltbundesamtes (UBA), Dorothee
Arenhövel
Einzelne Fragen und Forderungen des Konvents können
ggf. im Rahmen des vom Umweltbundesamt initiierten
Forschungsvorhabens „Umweltpolitische Unterstützungsund Förderstrategien zur Stärkung sozial-ökologischer
Formen von Zusammenleben und Gemeinwohlorientierung“ aufgegriffen und weiterbearbeitet werden. Ziele
des Vorhabens sind: gemeinwohlorientierte gesellschaftliche Initiativen und ihren sozial-ökologischen Beitrag für
faires, gesellschaftliches Zusammenleben zu systematisieren und sichtbar(er) zu machen sowie Strategien zu
entwickeln, wie Umweltpolitik solche Initiativen unterstützen und Erfolgsbedingungen schaffen kann.
DURCHFÜHRUNG EINER ERSTEN REGIONALKONFERENZ „IMMOVIELIEN‟
IN SACHSEN-ANHALT IM JAHR 2017
Angebot der Stadt Halle (Saale), Christiane Lütgert
Im Rahmen der „Begleitforschung Stadtumbau Sachsen-Anhalt“ soll 2017 eine Veranstaltung mit Workshop zum Thema IMMOVIELIEN stattfinden. Vorhandene Beispiele aus Sachsen-Anhalt (und anderen Bundesländern), geplante Konzepte und
neue Ideen sollen dabei eine Plattform erhalten. Gleichzeitig könnte die Veranstaltung von den Teilnehmern dazu genutzt
werden, Kontakte mit Unterstützern für IMMOVIELIEN herzustellen. An den Treffen nehmen auch regelmäßig Vertreter des
Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr sowie des Kompetenzzentrums Stadtumbau teil, sodass Diskussionen und
Arbeitsgruppen in vielen Themenbereichen möglich sind. Eine Öffnung der Konferenz über Sachsen-Anhalt hinaus Richtung
Thüringen, Brandenburg und Sachsen ist ebenfalls denkbar.
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TAG 2 LERNEN UND PLANEN
MEILENSTEINE
KOOPERATIVE KOMMUNALE
KULTUR UND BERATUNGS–
NETZWERKE
DEM WOHLE DER ALLGEMEINHEIT
Im Strategiegespräch wurden sehr schnell konkrete Meilensteine zu den verschiedenen Aspekten des Themenfelds erarbeitet und mit ersten inhaltlichen Hinweisen konkretisiert.
Als erster Meilenstein wurde ein Handbuch der Immovielien
vorgeschlagen, das unter anderem eine „Checkliste“ des Gemeinwohls enthalten und die rechtlichen Voraussetzungen für
die Anerkennung von Gemeinnützigkeit transparent machen
sollte (zurzeit § 52 „Gemeinnützige Zwecke“ der Abgabenordnung). Des Weiteren sollte es Berechnungstools und –beispiele für den Erwerb von Immovielien beinhalten.
Die Erstellung von Wahlprüfsteinen für die Bundestagswahl
2017 könnte ein zweiter Meilenstein sein. Dazu müssten vorab
in wenigen Sätzen „fünf gute Argumente für Immovielien“ formuliert werden. Dies wäre eine Aufgabe, die zum Beispiel von
der Montag Stiftung Urbane Räume als Initiatorin des Konvents
übernommen werden könnte.
Auf lange Sicht sollte ein Verband für Immovielien gegründet
werden, der sich ähnlich wie andere Verbände um die Lobbyund Interessensvertretung kümmert und alle wesentlichen Informationen und Netzwerke bündelt.
Als wichtiger Meilenstein für mehr kooperative Kultur wurden
gemeinsame Exkursionen zu erfolgreichen Projekten gemeinwohlorientierter Immobilienentwicklung von Grundeigentümern, Politikern und Entscheidungsträgern aus den Immobilien- und Liegenschaftsverwaltungen des Bundes und der Län-
der vorgeschlagen. Alle sollen vor Ort erkennen können, welchen Beitrag solche Projekte für eine integrierende Stadtentwicklung leisten. Darüber hinaus müssen passende und innovative Formate für Fortbildung und Austausch entwickelt werden, damit das wechselseitige Verständnis zwischen Verwaltung, Grundeigentümern und zivilgesellschaftlichen Initiativen
kontinuierlich verbessert werden kann („Wie ticken Kommunen?“, „Wie ticken Initiativen?“ etc.). Regelmäßige Treffen zwischen Immovielien-Machern, Politik, Verwaltung und Bürgerschaft können dazu beitragen, die Kooperationskultur vor Ort
zu verstetigen und gleichzeitig einen intensiven Austausch
über aktuelle, immobilienbezogene Entwicklungen in der Stadt
zu ermöglichen.
Im Zuge des Strategiegesprächs über die nächsten Schritte ist
nicht zuletzt auch ein Vorschlag eher grundsätzlicher Natur
entstanden. Er bezieht sich auf Artikel 14 des Grundgesetzes,
der die Eigentumsrechte und Eigentumspflichten regelt. Dieser
Artikel sollte bei jeder Bewilligung von öffentlichen Fördermitteln künftig ausdrücklich berücksichtigt werden. Schließlich
soll der Gebrauch von Eigentum, so heißt es in Artikel 14 (2),
„zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen“.
Daneben wurden diese weiteren Punkte genannt, jedoch nicht
weiter ausgeführt: Entwicklung eines Förderatlas. Nutzung der
Schwarmintelligenz: Aufbau einer Wissenssammlung, Wiki,
Materialsammlung o. ä. Formulierung handhabbarer Ziele.
Grundstücksbezogene Planung. Einrichtung Kommunaler Lotsen. Gutes Wissen voneinander: Wirksamkeit durch Transparenz der Immovielienszene.
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TAG 2 LERNEN UND PLANEN
KONKRETE NÄCHSTE SCHRITTE
HANDBUCH IMMOVIELIEN
Angebot der Montag Stiftung Urbane Räume, Jörn Luft
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Die Montag Stiftung Urbane Räume möchte gemeinsam
mit Partnern, Mitdenkern und Mitwirkenden ein Handbuch IMMOVIELIEN erstellen. Ziel ist, Wissen zu bündeln
und Kriterienkataloge zu erstellen, um den Anteil gemeinwohlorientierter Immobilien in unseren Städten zu erhöhen. Für Kommunen, Initiativen und lokale Akteure sollen
Wege zur Umsetzung guter Modelle, wie Konzeptvergaben
und Erbbaurecht ebenso aufbereitet werden, wie erfolgreiche Ansätze der Zusammenarbeit zwischen Kommunen
und Initiativen.
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TAG 2 LERNEN UND PLANEN
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TAG 2 LERNEN UND PLANEN
MEILENSTEINE
BODEN
BODEN HALTEN!
Im Strategiegespräch Boden und Vergabe wurden zunächst
wesentliche Aspekte des Forderungskatalogs intensiv diskutiert. Dazu zählten vor allem die Bedeutung eines erweiterten
Vorkaufsrechts für Kommunen, die bisherigen Erfahrungen mit
dem Instrument der Konzeptvergabe und die Anforderungen
an zivilgesellschaftliche Bodenfonds. Im Forderungskatalog
sollten sowohl das Instrument des Erbbaurechts als auch die
Möglichkeiten zur Widmung von Grundstücken für gemeinwohlorientierte Zwecke stärker betont werden.
In vielen Erfahrungsberichten aus der Praxis wurden zudem
der sektorale Aufbau von Verwaltungen und das gegenwärtige
Modell des kommunalen Finanzmanagements als wichtige
Hemmnisse zur Implementierung der oben aufgeführten Ins
trumente beschrieben. Die Frage, wie das Dilemma der sektoralen, sich teilweise entgegenstehenden Zielsetzungen in Verwaltungen abzumildern oder gar aufzulösen sei, mündete in eine Debatte über den notwendigen Umbau von Verwaltung und
kommunalem Haushaltswesen. Auch die Frage, ob nicht endlich ein radikal anderer Umgang mit Grund und Boden notwendig sei, um substanzielle Veränderungen in der Entwicklungslogik unserer Städte und Gemeinden erreichen zu können,
wurde mehrfach aufgeworfen.
Die im Strategiegespräch diskutierten Schritte und Meilensteine lassen sich weitgehend zwei strategischen Zielen zuordnen:
Boden halten! Sicherung von Grund und Boden im kommunalen
Besitz: Ein erster, wichtiger und vergleichsweise einfacher
Schritt zu mehr Bodenbevorratung ist, Boden im kommunalen
Besitz zu behalten und den Verkauf öffentlicher Liegenschaf-
ten zu stoppen. Stattdessen sollte sehr viel stärker das Erbbaurechtsmodell zur Anwendung kommen, mit dem die Kommunen nicht nur Eigentümerin des Bodens bleiben, sondern
auch eine gemeinwohlorientierte Nutzung des Bodens steuern
können. Kommunale Grundstücke sollten daher auch nicht unter Auflagen bzw. mit Bindungen an Dritte veräußert werden.
Boden nachhaltig vergeben und nutzen! Vergabe von Grund
und Boden von Kommunen an Dritte ausschließlich nach festgelegten und überprüfbaren Qualitätskriterien: Die Praxis der
Konzeptvergaben in den verschiedenen Kommunen sollte
baldmöglichst wissenschaftlich evaluiert werden, da die Erfahrungen mit Konzeptvergaben teilweise sehr unterschiedlich
sind. Damit das Instrument besser an die Notwendigkeiten gemeinwohlorientierter Immobilienentwicklung angepasst werden kann, muss die bisherige Praxis zunächst analysiert werden, um daraus geeignete Vorschläge abzuleiten. Neben Konzeptvergabeverfahren sollten weiterhin Direktvergaben von
Grundstücken und Gebäuden erfolgen können, gerade in solchen Fällen, in denen Initiativen schon auf dem Grundstück
oder im Quartier erfolgreich arbeiten und sich dort bewährt
haben. Ebenfalls systematisch untersucht werden sollten die
bisherigen Erfahrungen mit Erbbaurechtsmodellen in den verschiedenen Städten, gerade wenn das Erbbaurecht künftig
noch sehr viel stärker zum Tragen kommen soll. Auch zum Aufbau und der Finanzierung von zivilgesellschaftlichen Bodenfonds für eine gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung gibt es
noch zu wenige Erfahrungen. Hier müssen möglichst schnell
geeignete Modelle entwickelt werden. Dabei sollten internationale Erfahrungen, zum Beispiel mit Community Land Trusts,
miteinbezogen werden.
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TAG 2 LERNEN UND PLANEN
KONKRETE NÄCHSTE SCHRITTE
BODENTAGUNG „EINE ANDERE
BODENPOLITIK IST MÖGLICH – AUF
DER SUCHE NACH DEN MÖGLICHKEITEN EINES ZIVILGESELLSCHAFTLICHEN BODENFONDS“
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Bereits in Planung bei der Stiftung trias, Rolf Novy-Huy
Bodenverbrauch, Nutzungskonkurrenz und Spekulation
mit Grund und Boden werden immer stärker und schädigen bekannter Weise massiv Natur und Gesellschaft. Mit
der Schwerter Bodentagung stößt die Stiftung trias am
30./31. März 2017 einen Dialog zwischen Fachleuten, Politik und Querdenkern an. Leitfrage ist: Wie kommen wir
von der Erkenntnis zum Handeln, zu neuen Formen und
Instrumenten, auch zu Forderungen an Politik und Gesellschaft? Und wie gehen wir erste Schritte auf neuen Wegen?
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TAG 2 LERNEN UND PLANEN
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TAG 2 LERNEN UND PLANEN
MEILENSTEINE
FINANZIERUNG
KLEINE UND GROSSE SCHRITTE
Zu Beginn des Strategiegesprächs Finanzierung wurden die
hauptsächlichen Probleme des Themenfelds gebündelt diskutiert. Dazu zählen das fehlende echte Eigenkapital vor allem in
der ersten Phase, die fehlende Anerkennung von alternativen
Herangehensweisen (z. B. die Berücksichtigung von Eigenleistungen), das fehlende Wissen angesichts der hohen Komplexität von Finanzierungsmodellen sowie die damit einhergehende
Verunsicherung, die durch Gesetze und Vorschriften zusätzlich
erhöht wird (z. B. wie das Kleinanlegerschutzgesetz).
Die im Anschluss entwickelten Meilensteine knüpfen an die
drei Kernforderungen des Konvents an.
Kooperative Finanzierung handhabbar machen: Zivilgesellschaftliche Immobilienfonds sollten von Projekten vor allem
dafür eingesetzt werden können, in der ersten „Hochrisiko-Phase“ Risikokapital nutzen zu können. Dies macht den
Projekten Mut und hilft ihnen, schneller handlungsfähig zu
werden. Auch sollte Eigenhilfe gezielter gefördert werden.
Hierzu zählen zum Beispiel die Anerkennung von Eigenleistung
als Eigenkapital oder Bürgschaften. Organisierte Patenschaften zwischen bestehenden und neuen Projekten sind ein weiterer Ansatz und sollten erleichtert bzw. vereinfacht werden.
Diese helfen den neuen Projekten bei der Eigenkapitalbildung
und ermöglichen Bürgschaften.
Die Gründung einer Immovielien-Agentur soll dem bestehenden großen Beratungsbedarf bei der Realisierung von Immovielien Rechnung tragen. Die Agentur sollte mit öffentlichen
Mitteln finanziert und personell ausgestattet werden. Eine ihrer wesentlichen Aufgaben wäre, die breite Palette an Finan-
zierungsformen und Förderungsmöglichkeiten systematisch
aufzubereiten und dabei die vorhandenen Spielräume bei der
Finanzierung von Projekten sichtbar zu machen. Damit die Finanzwirtschaft künftig auch einzelne Projektabschnitte mitzufinanzieren bereit ist, müssen ihr die spezifischen Merkmale
und Anforderungen von Immovielien verständlich gemacht
werden. Auch das könnte eine Aufgabe dieser Agentur sein.
Für Immovielien sollte die Grunderwerbssteuer erlassen werden. Das gilt insbesondere bei Umwandlungen der Rechtsform
und der Weitergabe von Gebäuden und Grundstücken aus dem
Portfolio eines Immovielienfonds.
Bürgschaftsschirm oder Bürgschaftsbank für
Immovielien: Nach dem Vorbild der Landesbürgschaften in
Nordrhein-Westfalen für Genossenschaften, die sozialen
Wohnraum bereitstellen, oder dem Schweizer Bürgschaftssystem für gemeinwohlorientierte Immobilien, sollten Bürgschaftsmodelle bundesweit und offen für unterschiedliche
Rechtsformen auf Immovielien ausgeweitet werden. Als Bürgschaftsausgeber wird die Kreditanstalt für Wiederaufbau vorgeschlagen.
Überprüfung und Anpassung des Kleinanlegerschutzgesetzes und der Wohnimmobilienkreditrichtlinie (WIKR): Das
Kleinanlegerschutzgesetz muss dringend evaluiert und vereinfacht werden, weil es sich in der Praxis als Hindernis für Immovielienprojekte herausgestellt hat. Ein erster Schritt ist,
Crowdinvesting mit anderen Bagatellgrenzen kombinierbar zu
machen.
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TAG 2 LERNEN UND PLANEN
Um die Prospekterstellung für die Projekte zu vereinfachen,
sollte von erfahrenen Partnern ein modulares Musterprospekt
erstellt werden, das möglichst leicht auf das individuelle Projekt übertragbar ist.
Zu allen Forderungen und Meilensteinen im Bereich Finanzierung wurde einmal mehr die Notwendigkeit formuliert, mehr
Klarheit über den Begriff des Gemeinwohls zu erlangen, um die
wesentlichen Merkmale einer Immovielie klarer beschreiben zu
können.
Zur Wohnimmobilienkreditrichtlinie (WIKR) bzw. zur Relevanz
der WIKR für Immovielien konnte im Strategiegespräch noch
keine gemeinsame Position erarbeitet werden, die in entsprechende Meilensteine übersetzbar wäre.
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TAG 2 LERNEN UND PLANEN
MEILENSTEINE
RECHT UND STEUER
MEHR WISSEN!
Das Strategiegespräch wurde inhaltlich eingeführt durch Fachbeiträge zu den Aspekten Gemeinnützigkeit, Genossenschaftsrecht und geeignete Rechtsformen für Immovielien.
Nach der Diskussion, ob es für Immovielien überhaupt sinnvoll
sei, eine Gemeinnützigkeit anzustreben, entstand der Vorschlag, in die Abgabenordnung das Kriterium der „Nachbarschaftsverständigung“ – analog zur Völkerverständigung –
aufzunehmen. Immovielien erfüllen gerade diesen Zweck in
besonderem Maße. Zudem ist es wichtig, dass gemeinnützige
Organisationen Rücklagen zur Instandhaltung und Modernisierung bilden dürfen. Diese sollten somit von der Körperschaftssteuer befreit und zuwendungsfähig werden. Inwieweit die Einführung eines Siegels für gemeinwohlorientierte Projekte sinnvoll sein könnte, um Gemeinnützigkeit und Förderfähigkeit
leichter zu erreichen, konnte im Gespräch noch nicht geklärt
werden.
Ein wichtiger Meilenstein kann es sein, bestehende Rechtsformen zu nutzen und für die Bedürfnisse von Immovielien anzupassen bzw. weiterzuentwickeln. Dabei geht es zum einen um
die Rechtsform des wirtschaftlichen Vereins (wV), dessen Zulassung Landesrecht ist und der zurzeit nicht überall erlaubt
ist. Dieser Aspekt wird für Sachsen derzeit vom Haus- und WagenRat e. V. (Leipzig) verfolgt. Zum anderen sind die bereits
jetzt guten, langfristig wirksamen Sicherungsmöglichkeiten
von Grundstücken und deren Nutzung im Erbbaurecht noch
viel zu wenig bekannt. Dazu muss mehr Wissensvermittlung
und Fortbildung für die Kommunen organisiert werden. Als
Rechtsform für kleine kollektive Organisationen wurde zudem
die Kooperativgesellschaft mit beschränkter Haftung vorge-
schlagen, die alle Vorteile einer Genossenschaft bietet, jedoch
vergleichsweise kostengünstig und unbürokratisch zu handhaben ist. Bei Projekten mit einem Jahresumsatz von bis zu
50.000 € wäre dies ein geeignetes Rechtsinstrument für Immovielien.
Eine entsprechende Vorlage für bessere rechtliche Rahmenbedingungen sollte in der Politik erneut beraten werden. Hierfür
braucht es allerdings eine Lobby. Die Forderung nach besseren
Rechtsformen und -instrumenten könnte in die Wahlprogramme der Parteien eingehen. Sie können aber auch bereits jetzt
als Arbeitsthemen in den entsprechenden Ministerien platziert
werden. Eine wichtige Vorarbeit, und damit ein erster Schritt,
wäre ein Gutachten bzw. ein Forschungsvorhaben, das geeignete Rechtsformen für die gemeinwohlorientierte Investition
und den Betrieb von Immovielien entwickelt bzw. bestehende
Rechtsformen modifiziert und deren Umsetzung voranbringt.
Ergänzend wäre in einem Gutachten zu entwickeln, wie die kollektiven Nutzungsrechte an Grund und Boden rechtssicher geregelt werden können (Allmenden, Gemeingüter).
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TAG 2 LERNEN UND PLANEN
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AUSBLICK
WEITERMACHEN!
Der Konvent ist gelaufen. Und jetzt? Natürlich soll es weitergehen, denn der Konvent ist ja nur ein sichtbarer Meilenstein eines
Prozesses, der vor mehr als einem Jahr begann und weitergehen
MUSS!
Noch vor dem Konvent sind schon erste konkrete Projekte durch
die Partner auf den Weg gebracht worden. Manche Idee ist bestimmt auch auf den Beiratstreffen in Berlin und Hannover entstanden oder hinzugekommen und konnte damit schon auf dem
Konvent verkündet werden. Da ist zum einen die Bodentagung
„Eine andere Bodenpolitik ist möglich - Auf der Suche nach den
Möglichkeiten eines zivilgesellschaftlichen Bodenfonds“ des
Konventpartners Stiftung trias zu nennen, die am 30./31. März
2017 in Schwerte stattfinden wird. (-> S. 40) Auch das Vorhaben
unseres Konventpartners startklar.projekt.kommunikation, gemeinsam mit dem nordrhein-westfälischen Städtebauministerium andere Bundesländer einladen zu wollen, um das Programm
„Initiative ergreifen - Bürger machen Stadt“ mit seiner jetzt
zwanzigjährigen, erfolgreichen Praxis in andere Länder zu übertragen, wird ein Höhepunkt im ersten Halbjahr 2017 sein.
(-> S. 34)
Für uns überraschend und ebenso erfreulich sind auf dem Konvent weitere Projekte hinzugekommen. Offenbar war der Konvent für die Mitwirkenden derart inspirierend und bot eine willkommene Plattform, um auch diese konkreten Maßnahmen zu
verkünden:
1. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung
(BBSR) überlegt, zum Thema „Immobilien für viele - Gemeinwohl
gestalten“ zu forschen. Das BBSR erarbeitet dazu Anfang des
Jahres mit einer kleinen Expertenrunde mögliche Forschungsfragen, um bis Mitte 2017 ein Forschungskonzept zu entwickeln.
(-> S. 34)
2. Die Stadt Halle plant im kommenden Jahr eine Regionalkonferenz „Immovielien“ in Sachsen-Anhalt durchzuführen. (-> S. 35)
3. Das Umweltbundesamt (UBA) will das Thema mit dem Projekt
„Umweltpolitische Unterstützungs- und Förderstrategien zur
Stärkung sozial-ökologischer Formen von Zusammenleben und
Gemeinwohlorientierung“ verknüpfen. (-> S. 35)
4. Der wohnbund e.V. überlegt, alle zwei bis drei Jahre in Eigenregie oder mit Partnern eine größere Netzwerk-Veranstaltung
zum Thema „Immovielien - Gemeinwohl gemeinsam gestalten“
durchzuführen.
So gibt es also bereits verschiedene Ebenen des Weitermachens durch Partner und Mitdenker, aber auch durch Teilnehmer und Mitwirkende, die mit Eigeninteresse, Motivation und
dem eigenen Tun verbunden sind. Nennen wir sie die individuelle Weitermachebene. Selbstverständlich denken auch wir als
Montag Stiftung Urbane Räume darüber nach, welche der
zahlreichen Impulse und Ideen wir auf der individuellen Weitermachebene in 2017 aufnehmen werden. Dazu zählt zum Beispiel ein interaktives, vielleicht auch crossmediales HANDBUCH IMMOVIELIEN, das das Wissen, das im Konventprozess
des vergangenen Jahres zusammengetragen wurde, aufbereitet. Kerninhalte der Forderungen könnten hier ebenso ausführlich für die Praxis dargestellt werden, wie konkrete Inhalte und
Checklisten, die während des Konvents gefordert wurden.
Denkbar ist auch, das Handbuch als Wissensprodukt zum Beispiel mit einer Internetplattform, einem Immovielien-Report
oder spezifischen Veranstaltungsformaten zu verschränken.
Crossmedial eben.
Parallel nehmen wir im kommenden Jahr mit Partnern, Mitdenkern und weiteren Interessierten die gemeinsame
Weitermachebene in den Blick. Dafür wird es Mitte Februar
2017 in Bonn ein Nachtreffen geben, um zu entscheiden, wie
wir als Partner weiter zusammenarbeiten wollen. Nicht alle
Mitwirkende werden das wollen und können. Aber vielleicht
kristallisiert sich ein harter Kern an Partnern heraus, der bereit
ist, dauerhafter und verbindlicher in den Prozess zu investieren. In welcher Form und wie konkret? Von thematischer Netzwerkarbeit bis hin zu politischer Lobbyarbeit ist vieles denkbar. Auf dem Konvent wurde von der Politik und auch in den
Workshops eine organisierte Lobby gefordert. Im Februar soll
gemeinsam beraten werden, in welche Richtung wir weitergehen.
Eines können wir schon heute sagen: Der Konventprozess hat
sich gelohnt! Es stehen bereits eine Vielzahl konkreter Maßnahmen und Vorhaben im Raum, die umgesetzt werden sollen.
Dazu kommen weitere Ideen, die noch auf Schreibtischen und
Schubladen liegen, um konkret und umsetzungsreif zu werden.
Vor allem aber gibt es nun eine Bewegung, ein Netzwerk, ein
Bündnis, eine Lobby. Gehören Sie weiter dazu? Wir bleiben auf
jeden Fall am Ball und halten Sie auf dem Laufenden!
Ihr Konvent-Team der Montag Stiftung Urbane Räume
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RAUM FÜR
NOTIZEN
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IMPRESSUM
Herausgeberin
Montag Stiftung Urbane Räume gAG
Adenauerallee 127
53113 Bonn
Vorstände
Oliver Brügge, Frauke Burgdorff
Konventteam
Jörn Luft, Miriam Pflüger, Mona Gennies,
Sven Focken-Kremer, Mathis Lepel,
Frauke Burgdorff
Kontakt
Jörn Luft
j.luft@montag-stiftungen.de
Telefon +49 (0) 228 26716 476
www.montag-stiftungen.de/mur
Dokumentation
Dirk Haas, Yasemin Utku, Ulrike Rose, Antje Eickhoff,
David Matthée
Redaktion
Jörn Luft
Lektorat
Dirk Haas, REFLEX architects_urbanists, Essen
Fotos
Thomas Puschmann, Sandra Scholten
Graphic Recording
Christoph Illigens
Grafik
Sandra Scholten auf der Grundlage des Konzepts von
SSP Formfaktor, Köln
Bonn, im Dezember 2016
Diese Dokumentation und weitere Informationen zum Konvent finden Sie unter:
www.montag-stiftungen.de/konvent
Hinweise
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beziehen sich alle gewählten personenbezogenen Bezeichnungen auf alle Geschlechter.
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