125 Jahre Münchner Müllabfuhr
Jubiläumsschrift
1891 – 2016
Ab Mai bis Juli 2016 ist auf der seit 2009 geschlossenen Deponie Nord-West der Schriftzug „125 Jahre AWM“ in Form eines
150 x 12 Meter großen Holzschnitzelkunstwerks zu sehen. Die 70 Kubikmeter Holzschnitzel bestehen aus heimischen Resthölzern und sind frei von Holzschutz- und Imprägniermitteln. Im Herbst noch vorhandene Reste verwendet der AWM als
Strukturmaterial für den Kompost im eigenen Erdenwerk am Entsorgungspark Freimann.
Inhalt
6 Grußwort Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter nennt AWM ein kommunales Vorbildunternehmen
7 Vorwort Die Werkleiter Axel Markwardt und Helmut Schmidt betonen die ökologischen Erfolge des AWM
8 Festrede zum 125-jährigen Bestehen der Münchner Abfallwirtschaf Der Journalist Prof. Dr. Heribert Prantl
plädiert für den Erhalt der kommunalen Daseinsvorsorge
Mit dem Harritschwagen ins 20. Jahrhundert
13 Erste Münchner Abfallsatzung von 1891 Hausmüll darf nicht mehr in Gruben abgelagert werden,
sondern wird mit dem Harritsch geholt
18 Moderne Müllverwertung in Puchheim Ansätze einer Kreislaufwirtschaft entstehen
21 Abfallzentrale für München Das Gebäudeensemble in der Sachsenstraße wird gebaut
26 Aschenmänner bei ihrer Arbeit Gemälde von Franz Xaver Stahl zeigen Szenen aus dem Alltag
der frühen Müllabfuhr
Steigende Müllmengen – selbst in schwierigen Zeiten
32 Hausmüllentsorgung während der Weltkriege Personal und Pferde fehlen
35 Rama dama München räumt auf
37 Aus für die Harritschwagen Die Motorisierung kommt
41 Abfallverwertung in Großlappen Eine neue Anlage entsteht
43 Sperrmüll in den 1960er-Jahren Zwei Mark kostet die Viertelstunde Ladezeit
44 „Gastarbeiter“ für die Müllabfuhr In München fehlen Arbeitskräfte
45 Erste Müllverbrennungsanlagen Sie lösen das Müllproblem
47 Siegeszug der Müllgroßbehälter Neue Tonnen erleichtern die Arbeit
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
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Zwang zum Umdenken in den 1970er- und 1980er-Jahren
51 Müllkrise Müllverbrennungsanlagen reichen nicht mehr aus
52 Ansätze zur Verwertung von Abfällen Modellversuch mit Grüner Tonne startet
53 Schließung des Müllbergs in Großlappen Die Deponie Nord-West nimmt ihren Betrieb auf
Mit neuem Bewusstsein in die Gegenwart
57 3-Tonnen-System Eine Münchner Erfolgsgeschichte beginnt
58 Saubere Technik Die Müllverbrennungsanlagen werden nachgerüstet
58 Sortenreine Erfassung Depotcontainer und Wertstoffhöfe erobern das Stadtgebiet
59 Erste Erfolge des neuen Abfallkonzepts Die Müllmengen sinken, auch dank Mehrwegverpflichtung
und Abfallberatung
61 Umzug und neue Organisation Die Zentrale ist nun am Georg-Brauchle-Ring
Der AWM heute – mehr als die Müllabfuhr
64 Bereiche des AWM Vom Einsammeldienst bis zur Werkstatt
72 Mehr als die Müllabfuhr Ihr Abfall – Unsere Verantwortung
Ausblick auf die nächsten 125 Jahre
80 So bleibt der AWM erfolgreich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen zu Wort
Für den eiligen Leser
82 Sammelfahrzeuge im Wandel der Zeit Vom Harritsch zum Müllfahrzeug light
86 Anlagen damals und heute Vom Sortierwerk bis zur Trockenfermentationsanlage
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Grußwort
Liebe Leserin, lieber Leser,
seit 125 Jahren besteht die Münchner Abfall
wirtschaft - ein guter Grund, mit dieser Jubiläumsschrift auf eine Entwicklungsgeschichte zurückzublicken, die vom Sammeln des einstigen
Hausunrats, bestehend vor allem aus Kehricht
und Asche, über die Mülltrennung zu Wertstoffen und deren Wiederverwertung geführt hat.
Der aus der Städtischen Hausunratanstalt
hervorgegangene Abfallwirtschaftsbetrieb
München (AWM) gewährleistet heute im
Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge nicht nur
die fachgerechte Sammlung und Entsorgung von
Haushalts- und Gewerbeabfällen in und um München.
Er versorgt darüber hinaus die Industrie mit wertvollen, getrennt gesammelten Rohstoffen. Über dieser
125-jährigen Entwicklung steht deshalb das Motto
„125 Jahre Verantwortung“: Verantwortung für München, die Umwelt und für die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter des AWM.
Die Münchnerinnen und Münchner haben sich an diesen Service einfach gewöhnt, daran, dass jeden Tag
in unserer Stadt über 56.000 Tonnen zuverlässig und
pünktlich geleert werden. Der AWM ist eine Marke.
Er ist bekannt für seine Zuverlässigkeit. Seine Anlagen
sind städtebaulich integriert.
Es ist wichtig, dass sämtliche Leistungen der Daseinsvorsorge fest in kommunaler Hand bleiben, auch für
die Trinkwasser- und Energieversorgung. Wir sollten
hier nicht über Privatisierung nachdenken. Nur ein
kommunaler Betrieb, der nicht den Grundsätzen der
Gewinnmaximierung verpflichtet ist, kann das Interesse der Bürgerschaft an einer ökologischen Abfallwirtschaft bei moderaten Gebühren auch in Zukunft
sicherstellen.
Wir werden in München wie bisher aktiv dazu beitragen, dass Abfälle vermieden oder zunehmend hochwertig recycelt werden. So tragen wir zum Umweltschutz bei. Der AWM entwickelt sich kontinuierlich
weiter in Richtung Wertstoffwirtschaft. Er wird auch in
Zukunft seine Kunden mit hoher Servicequalität überzeugen, gezielt die Talente seiner Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter fördern, attraktive Arbeitsplätze bieten und
damit wesentlich zum Gemeinwohl der Landeshauptstadt München beitragen.
Dafür wünsche ich weiterhin viel Erfolg.
Dieter Reiter
Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München
Der AWM steht als kommunales Unternehmen im
Dienst der Daseinsvorsorge. Er ist ein kommunales
Vorbildunternehmen – und darauf bin ich sehr stolz. Es
hat höchste Priorität, die Dienstleistungen zuverlässig,
umweltschonend und bürgerfreundlich zu erbringen.
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
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Vorwort
Liebe Leserin, lieber Leser,
im Jahr 2016 feiern wir 125 Jahre geordnete Abfallund Kreislaufwirtschaft in München und erinnern uns
auch an die Vergangenheit. Dabei können wir auf Zeiten des Aufschwungs, müssen aber auch auf Zeiten
der Stagnation zurückblicken.
Haushaltsabfälle mehr
und 1997 konnte eines
der beiden Müllheizkraftwerke stillgelegt
werden.
Schon ab 1897 wurde der Müll in einer Sortieranlage in
Puchheim zu nahezu 100 Prozent verwertet und nur ein
kleiner Rest deponiert. So entstanden erste Ansätze
einer Kreislaufwirtschaft in München. Diese ist dann
allerdings zwischen den beiden Weltkriegen komplett
zusammengebrochen. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat
die Stadt versucht, mit einer Sortieranlage am Müllberg
Großlappen daran wieder anzuknüpfen. 1964 wurde
die erste Müllverwertungsanlage in Betrieb genommen. Mit dem Wirtschaftsaufschwung haben auch die
Abfälle rasant zugenommen. Dieses Problem sollte in
den Achtzigerjahren mit dem Bau neuer Deponien und
Müllverbrennungsanlagen gelöst werden.
München war auch
die erste deutsche
Großstadt, die flächendeckend, selbst im
Innenstadtbereich, das 3-Tonnen-System eingeführt
hat. Denn eine getrennte Erfassung einzelner Abfallfraktionen ist die Grundvoraussetzung dafür, dass diese
Materialien sinnvoll wiederverwertet werden können.
Das Altpapier aus den blauen Tonnen wird zu hundert
Prozent dem Recycling zugeführt und aus Münchner
Bioabfällen entsteht in einer Vergärungsanlage Biogas, das anschließend verstromt wird und über 1.600
Münchner Haushalte jährlich mit Energie versorgt. Aus
den Gärresten gewinnt der AWM hochwertigen Kompost und Erdenprodukte, die für den Biolandbau geeignet sind. Das Ziel ist es, Abfälle möglichst vollständig
wieder in den natürlichen oder technischen Kreislauf
zurückzubringen und somit einen deutlichen Beitrag zur
Schonung unserer Ressourcen zu leisten. Wir sind stolz
darauf, ein nachweislich nachhaltiges, kommunales
Vorbildunternehmen zu leiten mit hohen ökologischen
Standards, mit wirtschaftlicher Leistungserbringung und
hohen sozialen Standards für die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter sowie gesellschaftlicher Verantwortung.
In den Neunzigerjahren hat der Münchner Stadtrat dann
eine radikale Kehrtwende in der Abfallpolitik vollzogen
und auf ein ökologisch ausgerichtetes Konzept gesetzt,
das aber – was der Stadt immer wichtig war – auch
ökonomischen Ansprüchen genügt hat. Abfallvermeidung und die Wiederverwertung von Abfällen standen
nun im Fokus: Alle Veranstaltungen auf städtischem
Grund, so auch das Münchner Oktoberfest, dürfen seit
1991 nur noch Mehrweggeschirr und Mehrwegverpackungen verwenden. Dadurch verringerte sich unter
anderem die Abfallmenge des größten deutschen
Volksfestes signifikant. Die Anlagen zur Müllverbrennung wurden so aufgerüstet, dass sie zu den modernsten Europas gehören und die Schadstoffemissionen
weit unter den gesetzlich vorgeschriebenen Werten
liegen. Das Abfallheizkraftwerk liefert Strom und
Fernwärme für München. Als eine der ersten deutschen Großstädte deponiert München seit 1994 keine
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Viel Spaß bei der Reise in die Vergangenheit und beim
Einblick in die heutige Arbeit des AWM wünschen
Axel Markwardt
Erster Werkleiter AWM
Helmut Schmidt
Zweiter Werkleiter AWM
Festrede zum 125-jährigen Bestehen
der Münchner Abfallwirtschaft
Am 14. April 2016 hält Prof. Dr. Heribert Prantl, der
Leiter des Ressorts Innenpolitik der Süddeutschen
Zeitung, die Festrede zum 125. Jubiläum der Münchner Abfallwirtschaft. Er plädiert für den Fortbestand
einer kommunalen Daseinsvorsorge.
Zu Beginn beschreibt er die Errungenschaften der
städtischen Abfallbeseitigung. Aus der „Städtischen
Hausunratanstalt“, die den Dreck der Stadt mit
Pferdekutschen einsammelte, hat sich ein städtischer Hightech-Betrieb entwickelt, ein ökologischer
Abfallwirtschaftsbetrieb. 125 Jahre. Diese 125 Jahre
handeln davon, wie sich die Münchner, dem Baron
Münchhausen gleich, an dem eigenen Schopf aus
dem Dreck gezogen haben. Die Münchner haben das
unter anderem deswegen geschafft, weil sie heute
erheblich weniger Müll produzieren als früher. Sie
haben das geschafft, weil sie Worte wie „Recycling“
nicht nur aussprechen, sondern auch praktizieren können. Sie haben das geschafft, weil sie sich, ziemlich
vorbildlich, an ein 3-Tonnen-System gewöhnt haben,
also an braune, blaue und schwarze Tonnen, an Bio-,
Papier- und Restmülltonnen.“
Für Heribert Prantl ist es mit einer funktionierenden
Abfallwirtschaft so ähnlich wie mit der Gesundheit:
„Was man an ihr hat, merkt man erst, wenn man sie
nicht mehr hat. Ein Streik bei der Müllabfuhr – das
ist für eine Stadt so schlimm wie der Herzinfarkt für
einen Menschen. [...] Zu den klügsten Entscheidungen
in den vergangenen Jahrzehnten gehört es, die lange
grassierende gefährliche Sucht der Privatisierung der
Daseinsvorsorge nicht mitzumachen. Man kann München, man kann seine Politiker dafür gar nicht genug
preisen. Es gab genügend Kommunen in Deutschland,
die auch noch den Abfall zu Gold machen wollten – es
gab Oberbürgermeister, die sich den König Midas als
Vorbild nahmen. Man privatisierte, was das Zeug hielt.
[…] Bund, Länder und Gemeinden verscherbelten
in den neoliberalen Zeiten nicht nur ihre Anteile an
großen Firmen, um so ihre Haushalte zu sanieren.
Sie gaben für viel Geld auch ihren Einfluss auf die
Unternehmen der Daseinsvorsorge auf, sie zogen
sich aus den Tätigkeiten zurück, die bis dahin als die
ureigenen des Staates gegolten hatten: Abwasserbeseitigung, Verkehrsbetriebe, Trinkwasserversorgung
und Müllentsorgung wurden auf Privatunternehmen
übertragen. Das klappte da und dort gut; sehr oft
klappte es nicht. […] Die Privatisierung war Teil eines
historischen Megatrends, der dem Markt sehr viel und
dem Staat sehr wenig oder gar nichts zutraute, der
daran glaubte, dass der Markt fast alles besser und
billiger machen könne als der Staat. […] Die Bürger
erlebten Privatisierung als den Sieg der angeblich ökonomischen Effizienz über die soziale Verantwortung.
Und oft genug entpuppte sich auch noch die Effizienz
als Scharlatanerie.
Mit der globalen Wirtschaftskrise wuchs daher die
generelle Skepsis gegenüber einer Privatisierung der
Daseinsvorsorge: Wer will schon, dass Entscheidungen über Wasser, Müllentsorgung oder den Personennahverkehr irgendwo in einer Konzernzentrale fallen,
weitab von einem Rathaus, weitab von öffentlichem
Scheinwerferlicht, weitab von jeder Diskussion und
Demonstration der Bürgerschaft? Die neue Tendenz
zur Re-Kommunalisierung der Daseinsvorsorge ist
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vernünftig und demokratisch.“ Denn, so Prantl weiter:
„Die Zeit der Bedrängungen ist nämlich nicht vorbei.
Der Druck kommt heute aus Europa, aus Brüssel.
Es gibt dort nach wie vor starke Bestrebungen,
kommunale Dienstleistungen einem Zwang zur
Privatisierung zu unterwerfen. Davon sind auch die
städtische Abfallwirtschaft, die Trinkwasserversorgung und die Abwasserreinigung bedroht, also große
Teile der kommunalen Daseinsvorsorge. […] Europa
muss noch lernen, dass nicht alle öffentlichen Güter
dem privaten Wettbewerb anheim gegeben werden
dürfen. […] Viele Bürgerinnen und Bürger stellen
sich unter Sicherheit, unter guter Ordnung und unter
einem starken Staat mehr vor, als dies die deutsche
Innenpolitik bisweilen tut. Zu den Dingen, die ihm
Sicherheit geben, zählt der Bürger nicht nur Polizei
und Gerichte, sondern auch andere Dinge, die jeder
braucht: das Trinkwasser und die Energie und eine
gute Abfallwirtschaft zum Beispiel. Da hat der Bürger
recht. Eine gute Daseinsvorsorge gibt Sicherheit, sie
gibt innere Sicherheit. Die Bürgerinnen und Bürger
wollen diese Sicherheit nicht verlieren, sie wollen sich
diese Sicherheit nicht nehmen lassen, auch nicht von
der Europäischen Union.“
Deshalb preise er die Stadt München dafür, dass sie
die Irrwege gar nicht erst mitgegangen ist, dass sie
nicht rekommunalisieren muss, weil sie die Daseinsvorsorge nie privatisiert habe.
160 Gäste aus Politik und Wirtschaft feiern am 14. April 2016 den 125. Geburtstag
der Münchner Abfallwirtschaft. Die Festrede hält der Journalist Heribert Prantl.
Er wünsche ihr zum Jubiläum, dass sie auch weiterhin
den privatwirtschaftlichen Verlockungen und Bedrängungen erfolgreich Widerstand leiste.
Die vollständige Festrede von Heribert
Prantl finden Sie im Internet unter
www.awm-muenchen.de/wir-ueber-uns/
jubilaeum/festakt.html
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Mit dem Harritschwagen ins 20. Jahrhundert
Zwischen 1870 und 1900 wächst Münchens Bevölkerung im Zeitalter der Industrialisierung von 170.000
auf 500.000. Für die Stadt bedeutet dies gewaltige
Herausforderungen. Mit dem Aufstieg Münchens zur
Großstadt verdichtet sich die Bebauung immer mehr.
Die hygienischen Zustände verschlechtern sich. Wie
schon Jahrhunderte zuvor dienen Abfallgruben in den
Höfen der Anwesen zur Müllentsorgung. Sie werden
einmal jährlich geleert. Um die hygienischen Zustände
zu verbessern und die grassierenden, häufig tödlichen
Krankheiten wie Thyphus und Cholera einzudämmen,
erlässt der Magistrat – so heißt von 1818 bis 1919 die
Stadtverwaltung – die „ortspolizeiliche Vorschrift über
Lagerung und Wegschaffung des Hausunrats“.
Erste Münchner Abfallsatzung von 1891
Der Hausmüll darf nicht mehr in den Gruben abgelagert, sondern muss vor dem Anwesen in Metalltonnen mit Deckeln bereitgestellt werden. Die jährlichen
Kosten für die Müllabfuhr belaufen sich auf eine
Reichsmark pro Kopf. Mit der Abfuhr beauftragt die
Stadt München private Transportfirmen, denen sie für
das Bereitstellen von Aschenmännern und Pferden
eine Festsumme von 180.000 Reichsmark zahlt. Zur
Kontrolle der Abfuhr stellt die Stadt fünf Aufseher ein.
Organisiert wird die Abfuhr in der Hausunratabfuhr
anstalt.
< Die erste Münchner Abfallsatzung tritt 1891 in Kraft.
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» 1891 verdient ein Aschenmann 60 Mark pro Monat.
Was er sich davon leisten kann, zeigen folgende
Preisbeispiele:
Ein Kilo Brot kostet 32 Pfennig,
250 Gramm Butter 40 Pfennig,
ein Kilo Fleisch 1,30 Mark,
Aschenmänner befüllen einen Harritschwagen.
Der Volksmund nennt die Männer „Müllkutscher“.
ein Liter Milch 19 Pfennig,
50 Kilo Kartoffeln 3 Mark,
Ebenfalls 1891 entwickelt der Schmiedemeister
Fischer aus dem Münchner Stadtteil Giesing den
Harritschwagen, einen von Pferden gezogenen Müllwagen mit mannshohen Rädern. Der Harritschwagen
ist für die nächsten gut 50 Jahre das Rückgrat der
Hausunratabfuhr. 36 Exemplare von diesem 3 m³
fassenden Wagen baut Schmiedemeister Fischer noch
für die Stadt. Dann werden sie in der Werkstätte der
Städtischen Hausunratabfuhranstalt selbst hergestellt.
Der Name „Harritsch“ leitet sich wahrscheinlich vom
englischen „carriage“ für Kutsche ab.
ein Liter Bier 24 Pfennig,
eine Damen-Weste 1 bis 6 Mark,
ein Herren-Anzug 10 bis 75 Mark,
ein Stuhl 3 Mark, 75 Pfennig,
ein Tisch 8 Mark, 75 Pfennig,
ein Zentner Kohlen 1 Mark, 20 Pfennig.
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Modell eines Harritschwagens im Maßstab 1:10
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» Die Müllkutscher kamen einmal wöchentlich, auch
mit dem Pferdewagen. Das waren graue Kästen auf
zwei Rädern mit schiefer Klappe. Die Müllkutscher
hatten lange Stangen, mit denen sie die Mülltonnen wegtragen konnten, um sie dann in die offene
Klappe hineinzuleeren. Das vorgespannte Pferd
war alt und müde.
Johanna Daisenberger, geboren 1914, zitiert aus:
Jugendbilder. Geschichtswettbewerb 1987.
München 1989.
Diese Bronzeskulptur stammt aus dem Nachlass von Klaus
Balcarczyk, Werkstattleiter in der Schlosserei des Heizkraftwerks Nord. Sie zeigt zwei Aschenmänner mit Mülltonne.
< Die 1898 eingeführte einheitliche Metallaschentonne
mit 110 Litern Inhalt wird mithilfe von Holzstangen
transportiert.
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Die Harritschwagen gelangen auf Schienen zur Müllverwertungsanlage in Puchheim.
Der Boden des Harritschwagen wird zur Entleerung mittels
Hebelzug nach unten geklappt.
Moderne Müllverwertung in Puchheim
Von 1891 bis 1897 werden die Abfälle zu Abladeplätzen am Rand der Stadt gebracht. Bald jedoch beschweren sich die Anwohner über den Staub und den
Gestank. Am 27. April 1897 schließt die Stadtverwaltung München mit der Firma „Hausmüllverwertung
München“ einen Vertrag. Darin verpflichtet sich die
Stadt, der Gesellschaft den gesamten Hausunrat zur
Trennung in verwertbare und nicht verwertbare Teile
zu überlassen. Die Gesellschaft baut in Puchheim eine
Sortieranlage. Die Stadt ist verantwortlich für den
Transport des Mülls nach Puchheim. Dazu werden die
Harritschwagen nach dem Ausspannen mitsamt Müll
auf Bahnwaggons verfrachtet und erst in Puchheim
entleert. Der Transport beginnt am 1. Juli 1898.
Gleichzeitig wird erstmals für München ein einheitliches Sammelgefäß eingeführt. Es ist eine viereckige
Blechtonne mit 110 Litern Volumen. Diese müssen
von den Grundstücksbesitzern gekauft werden. Das
Durchwühlen von Mülltonnen und der Harritschwagen
nach brauchbaren Sachen wird unter Verbot gestellt.
Die Blechtonnen gehören in München bis Mitte der
1980er-Jahre ins Straßenbild.
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Sortierhalle in der Hausmüllverwertungsanlage Puchheim
Frauen bei der Alteisenverwertung um 1935
In der Hausmüllverwertungsanlage läuft der angelieferte Müll zunächst über Siebtrommeln, um den sogenannten Feinmüll abzutrennen. Über ein Förderband
gelangt der verbleibende Grobmüll in eine Sortierhalle.
Dort klauben Arbeiterinnen an einem Fließband von
Hand die wiederverwertbaren Bestandteile aus dem
Müll. Dazu zählen beispielsweise Knochen, Glas,
Papier, Lumpen, Leder, Kork, Metalle und Holz. Diese
Materialien lassen sich gut vermarkten. Der vorher
abgetrennte aschehaltige Feinmüll wird auf sauren
Wiesen und unfruchtbarem Moorgrund im Umland zur
Humusbildung ausgebracht. Ab 1910 erhält das Puchheimer Sortierwerk eine Müllverbrennungsanlage.
Sie versorgt die Fabrik mit Energie. Das gesammelte
Holz und andere brennbare Substanzen werden in der
Dampfkesselanlage verfeuert. Die Verwertungsquote
beträgt somit nahezu 100 Prozent.
Jahresbericht der städtischen Hausunratabfuhranstalt 1900
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Abfallzentrale für München
Die Stadt wächst – und damit der Müll. Der Magistrat
beschließt den Bau einer Abfallzentrale im Münchner Stadtteil Untergiesing. In der Sachsenstraße 25
entsteht 1909 ein vielfältiges Gebäudeensemble mit
einer großen Wagenabstellhalle sowie Schmiede-,
Wagner- und Sattlerwerkstätten. Für den Direktor der
Hausunratabfuhranstalt baut der Architekt Richard
Schachner eine dreistöckige Villa.
1909 rollen bereits 650 Harritschwagen durch München. Der damalige Jahresbericht nennt 19.631 Pferdeschichten und 33.336 Mannschichten, die geleistet
wurden, um 117.577 Tonnen Unrat bei den 550.000
Münchnern einzusammeln. Rund 69.000 Fuhren
werden per Bahn zur Hausmüllverwertungsanlage
nach Puchheim verfrachtet. Bis zum zweiten Weltkrieg
funktioniert dieses Müllerfassungs- und Verwertungssystem einwandfrei.
Die Villa in der Sachsenstraße ist bis heute erhalten.
» Der ‚Aschentonnerer’, heute würde man Müllkutscher sagen, ging schon früh um 5 hinüber auf die andere
Seite der Landsberger Straße, wo sich hinter dem ‚Lindauer Hof’ von der Stadt gemietete Pferdeställe befanden. Er nahm zwei schon hergerichtete Rösser und trabte über die Hackerbrücke zur Harritschrampe im Güterbahnhof an der Arnulfstraße. Dort waren schon mehrere Kutscher versammelt und das zweite Pferd übergab
er einem Kollegen. Er spannte dann mit einem weiteren Fuhrmann einen der zahlreichen abgestellten
Harritschwagen ein und machte sich auf die Tour. […] Die Aschentonnerer fuhren jeweils zu zweit,
trugen die Tonnen mit Stangen auf die Straße und entleerten sie in die Klappdeckelwagen.
Johann Wahler, geboren um 1920, zitiert aus: Stadtteilgeschichte Lebensgeschichten.
Geschichtswettbewerb 1988. München 1990.
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Jahresberichte der städtischen Hausunratanstalt
ab 1900. Darin stehen die Daten über den Unratabfall, Arbeitskräfte sowie die Betriebskosten.
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Der Schurz, genannt Schaber, wurde den Aschenmännern wohl
gestellt und war noch bis in die 1980er-Jahre in Gebrauch. Er ist
anfangs ganz aus Leder, später aus festem Stoff und Lederteilen.
Er dient zum Schutz vor Verletzungen und grobem Schmutz.
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In der Münchner Abfallzentrale in der Sachsenstraße sind 1911 zwei Schmiede und drei Wagner beschäftigt.
Die Schmiede versehen die hölzernen Räder der Harritschwagen mit Eisenstreifen, damit das Holz auf dem
Münchner Kopfsteinpflaster nicht splittert. Außerdem hat er wohl die Pferdehufe mit Eisen beschlagen. Der
Wagner hat die Räder der Harritschwagen gewartet und ausgebessert. Der Beruf des Wagners ist mit der
Motorisierung der Müllabfuhr Ende der 1940er-Jahre ausgestorben.
Illustration: Martin Cambeis
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Aschenmänner bei ihrer Arbeit
Die Bilder auf dieser und den folgenden Seiten
stammen von Franz Xaver Stahl (* 11. Februar 1901 in
Erding; † 16. November 1977 in Erding). Der deutsche Tiermaler und Professor an der Kunstakademie
München ist einer der wenigen verbliebenen auf die
Tiermalerei spezialisierten Künstler in der zweiten
Hälfte des letzten Jahrhunderts.
Das Franz-Xaver-Stahl-Museum in Erding hat jeden
ersten Sonntag im Monat von 14 bis 17 Uhr oder
nach Vereinbarung geöffnet (Landshuter Straße 31
in Erding).
Kontakt: heike.kronseder@erding.de,
Telefon 08122/408160.
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Steigende Müllmengen – selbst in schwierigen Zeiten
Von 1900 bis 1942 steigt die Einwohnerzahl Münchens
von 500.000 auf mehr als 800.000. Die jährliche
Müllmenge wächst im gleichen Zeitraum von 150.000
Kubikmeter auf 350.000 Kubikmeter pro Jahr.
Eingemeindet werden
1890 Neuhausen und Schwabing,
1892 Bogenhausen,
1912 Forstenried, Fürstenried, Maxhof und Unterdill,
1913 die Stadt Milbertshofen, Berg am Laim, Steinhausen, Zamdorf, Moosach und Oberföhring,
1922 Feldmoching,
1930 Perlach, Daglfing, Denning und Englschalking,
1931 Freimann, Fröttmaning und Großlappen,
1932 Trudering,
1937 Dornach und Haar,
1938 die Stadt Pasing, Feldmoching, Lerchenau,
Großhadern, Allach, Ludwigsfeld, Obermenzing,
Untermenzing und Solln,
1942 Aubing, Langwied, Gröbenzell, Lochhausen und
Riem, wo ab 1939 der Flughafen MünchenRiem entsteht.
» Ich bin auf der Schwanthalerhöhe aufgewachsen, am
Gollierplatz. Besonders in Erinnerung geblieben ist
mir ein Müllmann, der vom Mittagessen aus einer
Wirtschaft kam und seinem Pferd eine halbe Semmel
gegeben hat. Ich fand das nett, dass er dem Tier
etwas von seinem Essen abgegeben hat.
Es wurden immer mehrere Tonnen mit Stangen aus
dem Hinterhof getragen. Die Harritschwagen gab es
noch während des Krieges. Erst als die Luftangriffe
begannen, habe ich keine mehr gesehen.
Ich erinnere mich auch an offene Güterwagen voller
querstehender Harritsch ohne Räder an der
Donnersberger Brücke.
Franz Freiberger, geboren 1926,
Auszug aus einem Gespräch mit Andrea Herlbauer, AWM,
im Jahr 2015.
< Rund 55.000 Kubikmeter angesammelter Hausmüll wird
nach Kriegsende aus Münchens Hinterhöfen abtransportiert
und in umliegende Bombentrichter, Geländemulden und
Kiesgruben geschüttet.
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Hausmüllentsorgung während
der Weltkriege
In den Innen- und Hinterhöfen der Häuser bleiben die
blechernen Mülltonnen oft wochenlang ungeleert stehen. Gestank und Krankheitsgefahr zwingen die Stadt,
Soldaten zur Beseitigung des Mülls einzusetzen. 1918
werden erstmals Kriegsgefangene herangezogen.
Im Zweiten Weltkrieg, von 1939 bis 1945, verlieren
die von der Stadt beauftragten Fuhrunternehmer etwa
zwei Drittel des Stammpersonals. Die Männer werden
größtenteils zum Kriegs- beziehungsweise Arbeitsdienst eingezogen. Im Mülleinsammelbetrieb sind nun
Zwangsarbeiter eingesetzt. Es entstehen immer mehr
Leerungsrückstände, die sich 1941 auf rund 20.000
Kubikmeter belaufen. Auch der Transport der Harritsch
wagen nach Puchheim klappt nicht mehr regelmäßig,
da der Bahnbetrieb immer wieder unterbrochen wird.
Die Anzahl der Pferde und der Harritschwagen geht
rapide zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg sind nur
noch 126 von 475 Pferden übrig. Die Pferde sind überaltert und entkräftet, da es an Futter fehlte. Auch von
den Harritschwagen sind nur noch 350 einsatzfähig.
Eine geregelte Abfuhr ist nicht mehr möglich.
Verlassene Harrtischwagen vor dem zerstörten Nationaltheater (1944)
Die Puchheimer Müllverwertungsanlage stellt gegen
Ende des Zweiten Weltkriegs den Betrieb wegen
fehlender Ersatzteile ein – das vorläufige Ende der
geordneten Müllentsorgung in München. Da es sonst
keine Entsorgungsmöglichkeiten gab, wurde der Müll
in Bombentrichter, Geländemulden und Kiesgruben in
München und im Umland abgelagert. So entstehen
die Ursprünge des Olympiabergs und des Luitpoldhügels im Luitpoldpark. In der Innenstadt herrscht aufgrund einer beginnenden Rattenplage Seuchengefahr.
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» Wir holten uns nun zunächst einmal die alten einschlägigen Akten aus dem Hochhaus und legten eine Registratur an. Das Aktenstudium war nicht nur lehrreich, sondern auch manchmal recht ergötzlich. Für uns kriegs- und
luftkriegsgewohnte Leute war es zum Lachen, Beschwerden zu lesen über das Rattern der Harritschräder und das
Klappern der Tonnen und womöglich noch über das Wiehern der Pferde bei der morgendlichen Abfuhr!
Da die Militärregierung außer der Entnazifizierung nur noch ein gleichwertiges Anliegen hatte, nämlich die
Angst vor Seuchen, standen wir bald im Mittelpunkt des Interesses. Als unsere Dienststelle erst einmal aufgestöbert war und wir ein Telefon hatten, da war sozusagen bald der Teufel los. Kein Wunder! War doch durch
Kriegseinwirkung schon die Abfuhr schwer in Verzug geraten und in der ersten Zeit nach dem Einmarsch der
Befreier völlig lahmgelegt, so daß in manchen Stadtteilen der Müll in Haufen bis zum ersten Stock hoch lag, ja
einmal wurde sogar ein Harritschwagen aus dem Müll herausgebuddelt! Es gab zahlreiche Beschwerdeführer,
die uns das Haus einrannten bzw. den ganzen Tag an der Strippe hingen. Es fehlte auch nicht an Interessenten, die mit Seidenstrümpfen und Zigaretten, der damals allmächtigen Währung, winkten. Aber mit Stolz sei‘s
gesagt; Der „junge Inspektor“ blieb Nichtraucher und ich bin auch weiterhin barfuß in meinen Holzklapperln
ins Büro getrabt. An unsere moralische Festigkeit wurden damals überhaupt nicht geringe Anforderungen gestellt: Die - auch so kostbaren – Schwer- und Schwerstarbeiterkarten mit hungrigem Magen auszuteilen, ging
noch an, weil man ja wußte, wie schwer unsere Leute in der Abfuhr schaffen mußten, wo sie zum Teil auf offenen Lastwagen bis über die Knöchel im glitschigen Matsch stehend, den alten schmierigen, stinkenden Müll
verladen mußten – aber diese Marken in Krankheits- und Urlaubsfällen dann unverbraucht zurückgeben zu
müssen, das war bitter. Wir haben damals übrigens nicht nur Schwerarbeiterkarten ausgeteilt, sondern einmal
auch Naturalien, die sogenannte „Mepro“ (Mehrproduktionszulage). Da mußte ich mit meinem Kollegen für
150 Mann Mehl abwiegen und Fett – letzteres 50 Gramm pro Kopf. Was standen wir für Ängste aus, ob wir
ja die Portionen herausbringen würden aus dem großen Fettklotz. Es gelang uns mit unserer beamten
mäßigen Tüpfelei soweit, daß beim sorgfältigen Abkratzen des Papiers noch ein halber Löffel übrig blieb,
den mir mein Kollege entgegenkommenderweise überließ. (...) Leider hat einer der Arbeiter sich aber
dann beschwert, weil er beim Nachwiegen 5 Gramm zu wenig hatte!
Aus den Aufzeichnungen von Franziska Schneider, Verwaltungsobersekretärin von 1947 bis 1969 bei der
Münchner Müllbeseitigung in der Sachsenstraße, zusammengestellt von Arnulf Grundler, 2009.
33
Johann Reiter bei seiner Arbeit
Harritschwagen werden ausgeschlachtet.
» Ich hab mein Stammpferdl ghabt. Der Silus, das war ein ganz ein schönes und rassiges Pferd, des hätt man
praktisch als Traber hernehmen können. Für mich war das viel zu schad für den Harritsch. Am Anfang hams zu
mir gsagt: „Jo, jo, brauchst net genga, hock di nauf, brauchst nur „hüa“ sogn. Der find‘t scho naus“. Da hob i
nix mehr sagen brauchen, der hat gwußt, jetzt geht‘s naus oder jetzt geht‘s hoam. Zu Schluss, beim Hemeter in der Türkenstrass, samma vorbei, hamma a Stamperl kriagt. Der Hemeter, der hat da sei Fabrik ghabt.
Wenn‘s an Enzian brennt haben, des hamma ois schwarz mitgnomma. Der Silus, mit dem hab i immer schräg
über‘d Trambahnschienen müssen, net grad, sondern schräg, bsonders in der Nymphenburger Straß. Es hat
immer wieder die Hufeisen an der Trambahnschiene eingehackelt und dann herausgerissen. Er hat genau
gewusst, dass er dann nach Puchheim zur Erholung gekommen ist.
Im Jahr 1949 san nacha de Harritsch zammghaut worden. Die Spoacha hama von de Felgn rausgschlogn, da
hammas demoliert. Da hat a jeder Holz mitnehmen können, wia mögn hat. Wenn i nacha hoam gfahrn bin,
hob i oiwei a Kistn voll Spoachan mitgnomma. De hab i zammagsagelt, in a Kistn nei und dahom verbrennt.
Des hat guat brennt. Schad um de Wägn.
Johann Reiter erzählt über seine Zeit als Harritschfahrer bei der Hausunratabfuhr 1948/1949.
Auszug aus einem Interview mit Arnulf Grundler, 2003.
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
34
Rama dama – München räumt auf
„Rama dama“, auf Hochdeutsch „Wir räumen auf“,
ruft 1949 der damalige Münchner Oberbürgermeister
Thomas Wimmer. Ihm folgen mehr als 7.500 freiwillige
Helfer. Sie schaufeln die Stadt von den Kriegstrümmern frei, welche die Bombenangriffe hinterlassen
hatten. Mehr als 15.000 Kubikmeter Schutt tragen die
Münchner zusammen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg liegen insgesamt
7,5 Millionen Kubikmeter Trümmer auf den Münchner
Straßen.
35
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
36
Aus für die Harritschwagen
Um nach Kriegsende die Müllabfuhr wieder in Gang
zu bringen, behilft sich die Stadtverwaltung mit Holzvergaser-Autos und alten Armeefahrzeugen. In der
Bevölkerung kommt es immer wieder zu Klagen, dass
die Abfuhr des Hausunrats recht willkürlich und nicht
selten nur dort vorgenommen wird, wo es Brotzeiten
gibt, also bei Metzgern und Bäckern. Rund 55.000 Kubikmeter Hausmüll haben sich über Monate in Hinterhöfen angehäuft. Wegen des akuten Personalmangels
setzt die Stadt 1947 internierte NS-Parteigenossen zur
Müllbeseitigung ein.
Mit dem Wiederaufbau Münchens beginnt auch für die
städtische Müllabfuhr eine neue Zeitrechnung. 1949
kommen die ersten zehn motorisierten Müllfahrzeuge
zum Einsatz. Das Ende der Harritschwagen ist damit
eingeläutet. Die Harritschkutscher stellen die Peitsche
in die Ecke und heißen fortan Mülllader. Der Wiederaufbau der Müllabfuhr beginnt mit 30 Opel Streicher,
11 Faun Mülltrommelwagen und 15 Daimler-Benz-Kuka-Müllwagen. Innerhalb von zwei Jahren wird der
Fuhrpark von Pferdebetrieb auf Lkw umgestellt. Die
sukzessive beschafften Kraftfahrzeuge reichen aus, die
seit der Währungsreform im Jahr 1948 immer stärker
ansteigenden Müllmengen fortzuschaffen.
Harritschwagen sieht man nur noch als lokale Sammelbehälter in der Innenstadt. Sie werden mit einer Zugmaschine und einem Tiefladeanhänger abgeholt und
ausgewechselt. Die vollen Harritschwagen kommen zur
Umladestelle in der Soxhletstraße und werden dort auf
Lkw-Kipper umgeladen. 1948 sind insgesamt 38 Harritschwagen an 37 Standorten aufgestellt. Im Oktober
1953 werden diese letzten Sammelwagen eingezogen
und stattdessen viereckige Blechtonnen aufgestellt.
< Ein Harritschwagen vor der Abfallzentrale in der Sachsenstraße
37
Nach Kriegsende
kommen Holz
vergaser-Autos
und alte Armeefahrzeuge zum
Einsatz.
Müllmänner
beladen einen
Daimler-Benz-
Kuka-Müllwagen.
Aufnahme aus
dem Jahr 1965.
Erste motorisierte Müllfahrzeuge der Münchner Müllabfuhr. Fahrzeugmodell von Faun von 1949.
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
38
Das Müllfahrzeug MAN F 4 aus dem Jahr 1937 hat 150 PS und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h.
39
1954 geht die Müllverwertungsanlage Großlappen in Betrieb.
» Ein Problem machte schwere Sorgen: Die Ablagerung des Mülls. Die Bombentrichter waren aufgefüllt, an
einigen Stellen der Stadt, so in Englschalking und Neuhofen, wurde der Müll in große Gruben verbracht. Damit
waren wir jahrelang im Brennpunkt eines erbitterten Öffentlichkeitsinteresses. Die Anlieger liefen Sturm gegen
unsere Maßnahmen der Müllablagerung, es regnete Beschwerden, mündliche, schriftliche und nicht zuletzt
in der Presse, alle mit „dem Refrain: „Es stinkt zum Himmel!“. Inzwischen waren Planungen aufgenommen
worden für eine neue große Müllablade- bzw. Müllverwertungsstelle. Puchheim, Zengermoos und Großlappen standen zur Debatte. Die neue Müllverwertungsanlage entstand dann 1954 in Großlappen. Das war ein
Fest. Allerdings waren diesem Fest nicht nur angestrengte Vorbereitungsarbeiten, sondern auch große Sorgen
vorausgegangen, ja beinahe wäre es zu einer Katastrophe gekommen. Für die Übernahme der Anlage war
zunächst eine Unternehmerin aus der Branche vorgesehen, die versicherte, den notwendigen Millionenkredit
von ihrer Bank zu bekommen. Sie war gewiß eine tüchtige Frau, die mit dem Mercedes an die Grube fuhr,
ihren Pelzmantel ins Auto warf und mit eigenen Händen an der Grube mitarbeitete. Aber vielleicht schien sie
der Bank für das vorgesehene Projekt doch nicht das richtige Format zu haben, denn sie bekam den Kredit nicht
– und das im letzten Augenblick, als schon der Antrag für die Stadtratssitzung ausgeschrieben war. Zum Glück
sprang ein millionenschwerer Bauunternehmer (Riepl) in die Bresche – er hatte es gewiß nicht zu bereuen,
denn die Übernahme und Verwertung des Mülls war für ihn 15 Jahre lang kein schlechtes Geschäft.
Aus den Aufzeichnungen von Franziska Schneider, Verwaltungsobersekretärin von 1947 bis 1969 bei der
Münchner Müllbeseitigung in der Sachsenstraße, zusammengestellt von Arnulf Grundler, 2009.
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
40
Abfallverwertung in Großlappen
Die Müllmengen haben sich nach dem Kriegsende
von 233.000 Kubikmeter im Jahr 1946 auf 470.000
Kubikmeter im Jahr 1954 verdoppelt. Die Sortier- und
Verwertungsanlage in Puchheim wird nicht wieder
aufgebaut und immer mehr Müll gelangt in die Gruben
in und um München. Der Stadtrat muss handeln. 1952
gibt er grünes Licht für eine neue Müllbeseitigungsanlage in München-Großlappen. Am 1. August 1954
startet die Anlage mit einem privaten Betreiber, der
Müllverwertungs-GmbH. Die Müllverwertungsanlage hat eine Kapazität von 500.000 Kubikmetern pro
Jahr, was einem Würfel von 80 Meter Kantenlänge
entspricht. Das reicht damals aus, um den gesamten
Münchner Müll zu verarbeiten. Das Deponieren in den
41
alten Müllgruben hat ein Ende. Erst jetzt, neun Jahre
nach dem Zweiten Weltkrieg 1954, kann man wieder
von einer geregelten Müllabfuhr reden.
Das Prinzip der Anlage ähnelt dabei dem in Puchheim.
Magnete holen das Eisen aus dem Müll. Buntmetalle,
Papier, Textilien, Bettfedern, Glas und Schweinefutter
werden von Hand aussortiert. Die Sortierreste werden
zu einem ständig anwachsenden Müllberg neben dem
Bauerndorf Fröttmaning. Das Dorf wird Anfang der
1950er-Jahre für künftige Müllablagerungen geräumt.
Nur die kleine Kirche aus dem Jahr 815 bleibt erhalten.
Heute ist Heilig Kreuz der älteste erhaltene Kirchenbau im Stadtgebiet München.
Die Kapazitäten der Verwertungsanlage Großlappen
sind bald völlig überlastet. Die Müllmengen steigen
sogar um ein Vielfaches mehr, als die Bevölkerung
wächst. Bevölkerungsanstieg, rege Bautätigkeiten und
der Anschluss neuer Stadtgebiete an die Müllabfuhr
bedingen das Müllmengenwachstum. Zudem erhöht
sich der Lebensstandard und Müll kann vielfach nicht
mehr selbst verwertet werden. Dies trifft vor allem
auf sperrige Abfälle zu, die früher daheim verbrannt
wurden. Aber die Öfen werden nach und nach auf
Fernheizung und Ölfeuerung umgestellt.
Die Abendzeitung berichtet am 2./3. Dezember 1961 über
den wachsenden Wohlstandsmüll.
Am 7. Mai 1965 bringt ein Großbrand den Sortier- und
Verwertungsbetrieb vollständig zum Erliegen. Von nun
an werden zwei Drittel des Mülls im Kraftwerk Nord
verbrannt, der Rest kommt unsortiert auf die Deponie
in Großlappen. Selbst Chemieabfälle, Kühlgeräte und
Autoreifen landen auf dem Müllberg Großlappen.
Fuhre um Fuhre, Jahr für Jahr wächst der Müllberg
zu immer größeren Dimensionen an. Er stinkt und
qualmt und sorgt für Ärger bei den Anwohnern.
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
42
Ihren sperrigen
Hausmüll können
die Münchnerinnen und Münchner
1962 auf Abruf
entsorgen.
Sperrmüll in den 1960er-Jahren
1961 werden die ersten Hausratsammelstellen eingerichtet: im Münchner Norden in der Soxhletstraße 13
(hinter dem Ungererbad), im Süden in der Thalkirchner
Straße 126, im Osten in der Truderinger Straße 2a und
im Westen in der Nibelungenstraße 75. An den Sammelstellen kann ausgedienter Hausrat kostenlos abgegeben werden. Als weitere Annahmestelle für Hausrat,
Bauschutt und Gewerbeabfälle dient die Mülldeponie
in Großlappen. Ebenfalls 1961 wird der „Gerümpelabholdienst“ als neue Dienstleistung angeboten. Gegen
eine Kostenbeteiligung des Auftraggeber von zwei
43
Mark Grundgebühr für den Lkw und zwei Mark pro
Viertelstunde Ladezeit wird der Hausrat von zwei Mann
aus der Wohnung geholt. Versuchsweise werden 1961
in Neuhausen und 1962 in Haidhausen „Sperrmülltage“
durchgeführt. Allerdings mit mäßigem Erfolg, da
die Bürgerinnen und Bürger nur sehr wenig
alten Hausrat am Gehsteig bereitstellten. Da
die Kosten im Verhältnis zur abgefahren Menge
sehr hoch sind, werden diese Entrümpelungsaktionen in München nicht eingeführt.
1964 helfen die
ersten Gast
arbeiter aus.
„Gastarbeiter“ für die Müllabfuhr
Im Jahr 1963 droht bei der Müllabfuhr Arbeits
kräftemangel. Trotz Stellenanzeigen in den Tageszeitungen, Lohnerhöhungen und neu eingeführter
Werbeplakate an den Müllfahrzeugen bewirbt sich
niemand. 1964 werden deshalb 54 türkische „Gast
arbeiter“ eingestellt. Das entspricht damals rund
zehn Prozent aller Mülllader. Ein Jahr später waren es
bereits 20 Prozent. 1971 sind fast die Hälfte aller Mülllader türkisch. Heute haben 234 von 1.500 Kolleginnen
und Kollegen einen türkischen Pass.
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
44
» Anfang der 60er-Jahre kamen dann die ersten
Türken. Sie wurden dringend gebraucht und wurden
jedenfalls bei der Müllabfuhr mit allem erdenklichen
Entgegenkommen aufgenommen, was Unterkunft,
Einarbeitung und alle sonstigen Belange betraf.
Infolge der Sprachschwierigkeiten bedeuteten die
Gastarbeiter für das Personalbüro eine erhebliche
Mehrbelastung schon bei der Behandlung der alltäg-
Das Heizkraftwerk München
Nord mit Müllverbrennungsanlage
im Bau 1964.
lichen Dinge, wie Unfällen usw. Man kann aber ja
auch heute noch nicht auf den Dolmetscher warten,
wenn etwa einer mit einem Loch im Kopf daher
kommt! Unsere Türken wußten es aber fast immer
zu schätzen, wenn man sein Möglichstes für sie tat
und lohnten unsere Geduld mit Dankbarkeit; das
machte manche Anstrengung leichter.
Aus den Aufzeichnungen von Franziska Schneider,
Verwaltungsobersekretärin von 1947 bis 1969 bei der
Münchner Müllbeseitigung in der Sachsenstraße,
zusammengestellt von Arnulf Grundler, 2009.
45
Erste Müllverbrennungsanlagen
Die ersehnte Lösung für das Müllproblem heißt
Müllverbrennung. Fast zehn Jahre arbeitet die Stadt
an den Plänen, bis am 16. Juni 1964 die erste Müllverbrennungsanlage in Unterföhrung in Betrieb geht – als
modernste Anlage ihrer Art in Europa.
Nur zwei Jahre später wird die Anlage bereits um einen zweiten Block erweitert. 1969 folgt das Heizkraftwerk Süd in der Thalkirchner Straße und wird 1971
ebenfalls um einen zusätzlichen Block erweitert. Die
gesamte Verbrennungskapazität liegt 1971 bei rund
780.000 Jahrestonnen. Die gewaltigen Kapazitäten
reichen für die Verbrennung des gesamten Münchner
Haus- und Gewerbemülls aus. Auch Landkreisgemeinden liefern Müll an. Die Kraftwerke erzeugen außer
Strom und Fernwärme auch giftige Abgase,
weshalb die Müllverbrennung umstritten ist.
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
46
Siegeszug der Müllgroßbehälter
In den 1960er-Jahren entstehen in München große
Wohnkomplexe im Hasenbergl und in Neuperlach. Für
deren Müllentsorgung braucht es größere Behälter.
Die Stadt führt 1964 zusammen mit MAN und der
Firma Ochsner den sogenannten Münchner Behälter
ein. Auch das Fahrzeug zur Entsorgung dieser Behälter wird von MAN in Zusammenarbeit mit Ochsner
gebaut. Denn für das Heben und Leeren der neuen
Großbehälter braucht die Müllabfuhr neue Fahrzeuge
mit mehr Kraft und einer hydraulischen Schüttung.
Der erste Müllgroßbehälter ist noch heute als
„Münchner Modell“ bekannt. Der Behälter hat eine
Tragkraft von 600 Kilogramm und wiegt leer rund 160
Kilogramm. Er kann von einer 3-Mann-Partie anstelle
von fünf oder sechs Arbeitskräften entsorgt werden,
die im Vergleich nötig wären, um die kleineren Tonnen
zu leeren. Ein weiterer Vorteil ist neben der Rationalisierung der Sammlung auch der geringe Platzbedarf
im immer enger werdenden München.
» Diese Müllbehälter sind auf 4 Lenkrollen von
20 Millimeter Raddurchmesser fahrbar und mit
2 Scharnierdeckeln versehen. Sie haben außerdem
Lenksperre und Radbremse an 2 Rädern. 400 solcher Müllgroßbehälter wurden zunächst beschafft
und an Müllgroßanfallstellen wie Wohnblocks und
gewerbliche Betriebe mietweise ausgegeben. Als
Leihgebühr werden 15,- Mark pro Monat je Behälter
und als Entleerungsgebühr 11,- Mark pro Behälter
berechnet. Die Abfuhr dieser Müllgroßbehälter
erfolgt nach dem Umleerverfahren mit Preßmüllwagen und Großbehälterschüttung, durch Hinschieben
der Behälter zwischen Hubgabeln des Spezialmüllwagens. Dieser Behältertyp hat sich so gut bewährt,
daß in den kommenden Jahren immer mehr dieser
1,1-Kubikmeter-Müllgroßbehälter eingeführt werden
sollen.
Auszug aus dem Jahresbericht 1964.
< Der Großbehälter punktet ab 1964 mit 10-fachem Volumen
der 110-Liter-Blechtonnen.
47
Einige Kunden haben das Bedürfnis, die undekorativen Müllbehälter selbst zu verschönern. Hier ein Beispiel mit dem
Marienplatz und dem Münchner Kindl.
Hier wird eine über und über vollgesprühte Mülltonne für
Blinde erfahrbar gemacht. Der Künstler Alexis Dworsky übersetzt Buchstabe für Buchstabe alles in die mit den Fingern
fühlbare Brailleschrift.
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
48
Zur Entlastung der Lader werden seit Ende 1966 runde Kunststofftonnen versuchsweise eingesetzt. Sie lösen bis Ende 1985
die 10 Kilogramm schwereren Blechtonnen ab. Auf dem Bild setzt ein Model die Tonnen zur Einführung in Szene.
49
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
50
Zwang zum Umdenken in den
1970er- und 1980er-Jahren
Ein vom Stadtrat 1975 beschlossenes Konzept geht
davon aus, dass mit dem Ausbau der Müllverbrennung
der gesamte anfallende Müll beseitigt werden kann.
Die Deponie Großlappen soll lediglich für Reststoffe
aus der Verbrennung dienen. Doch schon bald reichen
die Münchner Müllverbrennungsanlagen für die
stetig anwachsende Müllmenge nicht mehr aus. Die
Deponie Großlappen wächst weiter. Es wird Zeit für
Veränderungen. Bei ersten Versuchen zur getrennten
Sammlung von Glas und Papier bleiben die Sammelmengen jedoch noch niedrig.
Die Fortschreibung des Abfallkonzeptes im Jahr
1982 setzt den Schwerpunkt noch immer auf die
Verbrennung. Aber das Konzept enthält, im Zuge der
beginnenden Umweltdiskussion, bereits den Auftrag,
die bei der Verbrennung entstehenden Rauchgase zu
entgiften und für die Wiederverwertung von Rohstoffen zu sorgen. Außerdem beschließt der Stadtrat die
Grundsteine zur systematischen Wertstoffsammlung
und zur Giftmüllentsorgung. Müll wird in München
wieder als verwertbarer Rohstoff angesehen.
Müllkrise
Was sich in den 1970er-Jahren andeutet, erreicht in
den 1980er-Jahren seinen Höhepunkt: München erfährt wie ganz Deutschland eine regelrechte Müllkrise.
In allen Bereichen wird ein Umdenken bei Verbrauchern und im Handel gefordert. Bürgerinitiativen wie
die Aktion „Rettet den Münchner Norden“ entstehen
und setzen sich für die Vermeidung von Abfällen ein.
Auch die Stadt ruft zu Kundgebungen auf. Der Protest
erzwingt auf bayerischer Ebene einen Volksentscheid
zur Änderung der Abfallpolitik.
Damit Problemmüll nicht im Hausmüll entsorgt wird, führt
die Stadt zwei Giftmobile ein. Für Batterien werden den
Bürgern 300 Sammelbehälter in Schulen und Verwaltungsgebäuden zur Verfügung gestellt.
< Eine städtische Kundgebung am Odeonsplatz veranschaulicht
das Müllproblem.
51
Die Inhalte der Grünen Tonne werden unter den Augen von Oberbürgermeister Georg Kronawitter sortiert.
Ansätze zur Verwertung von Abfällen
Für die getrennte Erfassung von Papier und Glas
entstehen bis Mai 1985 im gesamten Stadtgebiet 270
Standplätze. 1987 startet in mehreren Stadtteilen der
Modellversuch mit einer Grünen Wertstofftonne für
Papier, Glas, Metalle, Kunststoffe und Textilien. Das
eingesammelte Gemisch wird in einer Anlage am
Georg-Brauchle-Ring sortiert. Die Münchner Bürgerinnen und Bürger trennen ihren Müll zur damaligen Zeit
jedoch schlecht.
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
52
Schließung des Müllbergs in Großlappen
In den 1970er-Jahren legt man auf dem Gipfel des
Müllbergs den sogenannten Giftsee an, der als
Sammelbecken für Chemikalien aller Art dient. Im
darunter liegenden Müllberg gärt der Müll. Durch
Risse strömen Deponiegase aus, die sich regel
mäßig entzünden. Immer wieder steht der ganze
Berg in Flammen. Nachdem der Berg eine Höhe von
75 Metern erreicht hat, wird er 1982 trotz schärfster
Proteste der Anlieger nach Norden hin noch einmal
erweitert. Die Ablagerungen enden erst im Jahr 1987,
als die neue Deponie Nord-West gegenüber dem
alten Müllberg ihren Betrieb aufnimmt. Die Altdeponie
Großlappen bekommt eine Beton-Bentonit-Dichtwand
im Erdreich, um das schmutzige Sickerwasser nicht in
das Grundwasser laufen zu lassen. Das Sickerwasser
wird abgepumpt und gleich nebenan in der Kläranlage
Großlappen behandelt. Anfang der 90er-Jahre wird
eine Deponiegasbehandlung nachgerüstet und die
Oberfläche abgedeckt, damit die klimaschädlichen
Gase unschädlich gemacht werden können.
Der Untergrund der Deponie Nord-West ist durch
mehrere Schichten abgedichtet und das Sickerwasser
wird vollständig gesammelt, vorbehandelt und in die
Kläranlage eingeleitet. Das Deponiegas wird erfasst,
aktiv entgast und die Gase in einem Blockheizkraftwerk zur Gewinnung elektrischer Energie genutzt. Um
Deponievolumen einzusparen, darf kein Bauschutt
mehr auf der Deponie abgekippt werden. Neu ist auch
das Recycling von Sperrmüll in Zusammenarbeit mit
einem Müllverwertungsunternehmer in Garching.
53
Die 1999 gebaute Windenergieanlage ist heute das Markenzeichen der Deponie Großlappen.
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
54
Mit neuem Bewusstsein in die Gegenwart
Kommunalreferent Georg Welsch leitet 1988 mit dem
nachhaltig ausgerichteten Abfallwirtschaftskonzept ein
neues Bewusstsein ein und setzt neue Prioritäten.
München vollzieht eine radikale Kehrtwende in der
Abfallwirtschaft.
Die drei wichtigsten Grundsätze des vom Stadtrat
einstimmig beschlossenen, ökologisch ausgerichteten
Abfallkonzept lauten:
Weitere Kernpunkte des neuen Konzeptes sind ein
dezentrales Deponiekonzept, die Nachrüstung der
Müllverbrennungsanlagen mit hochwertiger Filtertechnik und die Planung einer Sickerwasserreinigungsund einer Deponiegasverwertungsanlage. Ziel des
Programms ist die konsequente Abfallvermeidung und
Mülltrennung bei Privathaushalten, Gewerbebetrieben
und im öffentlichen Bereich. Sowohl Privathaushalte
als auch Gewerbebetriebe sind in das Konzept eingebunden.
Abfallvermeidung vor Wiederverwertung!
Wiederverwertung vor Müllverbrennung!
Müllverbrennung vor Deponierung!
< Georg Welsch, Kommunalreferent von 1987 bis 1998, bringt
den Münchnerinnen und Münchnern das 3-Tonnen-System.
55
Um eine effektivere Umsetzung der Ziele des Abfallkonzeptes zu erreichen, werden 1989 im neu geschaffenen Amt für Abfallwirtschaft verschiedene Stellen
der Müllbeseitigung zusammengefasst. 2002 wird das
Amt ein städtischer Eigenbetrieb und in „Abfallwirtschaftsbetrieb München“ umbenannt.
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
56
3-Tonnen-System
Mitte 1989 startet ein Vorversuch mit der Biotonne bei
zirka 3.000 Haushalten. Im Jahr 1991 folgt die blaue
Papiertonne für 60.000 Einwohner. Kurz darauf wird
im Stadtteil Berg am Laim erstmals das komplette
3-Tonnen-System bei 9.000 Einwohnern mit Erfolg
getestet. Der Startschuss für die flächendeckende
Einführung des 3-Tonnen-Systems für Restmüll,
Papier- und Bioabfälle fällt im Jahr 1994. Fünf Jahre
später ist das gesamte Stadtgebiet angeschlossen.
Damit ist München die erste deutsche Großstadt
mit einer flächendeckenden haushaltsnahen Papier- und Bioabfallerfassung. Seitdem haben sich die
Restmüllmengen der Stadt reduziert – trotz stetem
Bevölkerungszuwachs. Deshalb werden nach einem
Stadtratsbeschluss die Müllverbrennungsblöcke 4 und
5 im Heizkraftwerk Süd am 31.12.1997 stillgelegt. Die
Abfälle werden folgendermaßen verwertet:
Der Restmüll wird im Heizkraftwerk München Nord in
Unterföhring verbrannt und ersetzt fossile Brennstoffe
wie Kohle und Erdgas. Die Anlage versorgt 150.000
Münchner Haushalte mit Fernwärme.
Das gesammelte Altpapier wird über mittelständische
Sortierbetriebe zu Papierfabriken gebracht und dort
zu Recyclingpapier verarbeitet. So verlängert sich der
Lebenszyklus von Papier. Eine Tageszeitung besteht
beispielsweise aus circa 80 Prozent Altpapier.
Bioabfälle verwertet der Abfallwirtschaftsbetrieb
München seit 2008 zu rund 50 Prozent in der eigenen
Trockenfermentationsanlage. Das entstehende Biogas
versorgt rund 1.600 Münchner Haushalte mit Strom.
Der erzeugte Kompost wird im eigenen Erdenwerk zu
hochwertigen Erdenprodukten weiterverarbeitet.
< Eine getrennte Erfassung einzelner Abfallfraktionen ist die Grundvoraussetzung dafür, dass diese Materialien sinnvoll
wiederverwertet werden können. Die Nutzung von Papier- und Biotonnen ist in der Restmüllgebühr enthalten.
57
Sortenreine Erfassung
1993 trifft die Stadt eine Vereinbarung mit der DSD
(Duales System Deutschland) GmbH. Als Besonderheiten der sogenannten Münchner Lösung wird
der DSD das städtische Wertstoffcontainersystem
übertragen. Mit rund 1.000 Depotcontainern auf den
Wertstoffinseln im Stadtgebiet werden Verkaufsver
packungen aus Kunststoff, Metall und Glas erfasst.
Damit kann die Einführung gelber Behälter, die häufig
ein Platzproblem für die Haushalte darstellen, verhindert werden. Die Erfassung von Verpackungen aus
Papier und Pappe erfolgt über die städtische Papiertonne direkt bei den Haushalten.
Das Heizkraftwerk
München Nord
mit Müllverbrenn
ungsanlage
Saubere Technik
Die ersten Müllverbrennungsanlagen in den 1960erJahren sind nur sehr unzureichend ausgerüstet, um
Schadstoffe aus den Abgasen zurückzuhalten. Müll gilt
als unproblematischer Brennstoff. Die Rauchgase werden zur Staubrückhaltung durch Gewebefilter geleitet.
Erst Ende der 1970er-Jahre erkennt man die Gefahren,
die von den Rauchgasen ausgehen. Wissenschaftliche
Untersuchungen beweisen die schädliche Wirkung
von Stickoxiden, Schwefeloxiden und der besonders
gefährlichen Dioxine und Furane. In den 1980er-Jahren
rüstet die Stadt alle Müllverbrennungsanlagen mit
modernster Abgasreinigungstechnik nach. Mit dem
Einbau effektiver Rauchgasreinigungsanlagen in die
Heizkraftwerke wird der Schadstoffausstoß weit unter
die gesetzlich zulässigen Werte gedrückt. Die Anlagen
gelten weltweit als vorbildlich.
Ein weiterer abfallwirtschaftlicher Durchbruch gelingt
durch die flächendeckende Einrichtung von Wertstoffhöfen im Stadtgebiet. Von 1961 bis 1989 gibt es nur
sogenannte Sperrmüllsammelstellen, die zum Teil an
private Betreiber verpachtet sind. Von 1990 und 1997
entstehen über das Stadtgebiet verteilt zwölf hochwertige Anlagen zur Abgabe von Sperrmüll, Wertstoffen und Problemabfällen. Ein „Wertstoffhofpark“
dieser Größe und mit diesem Service ist damals einzigartig für eine deutsche Großstadt. Neue Giftmobile
und Pressfahrzeuge zur Sperrmüllabholung machen
das Angebot komplett.
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
58
Erste Erfolge des neuen Abfallkonzepts
Die konsequente Umsetzung des Abfallwirtschaftskonzepts lässt dank der fortschreitenden Mülltrennung
ab 1990 erstmals in der Geschichte Münchens die
Müllmengen sinken – ein großer Erfolg des damaligen
Amtes für Abfallwirtschaft. 1994 endet die Deponierung von unbehandeltem Hausmüll. Heute werden
rund 60 Prozent der Abfälle stofflich verwertet.
Mit Kampagnen für ein neues Abfallbewusstsein im
Jahr 1990 startet die Stadt München eine Reihe spektakulärer PR-Aktionen, die weit über München hinaus
Furore machten – darunter die Kampagne „München
jagt die Müllsau“ 1992/93. Zwischen 1995 bis 1998
laufen mehrere Mehrwegaktionen unter dem Motto
„Weniger Müll im Beutel“. Der Münchner Einzelhandel
sowie die Bayerischen Brauereien sind mit von der
Partie. Mit dieser breit angelegten Informationskampagne gelingt es in den Folgejahren, die Münchnerinnen und Münchner für Abfalltrennung und Müllervermeidung zu sensibilisieren und das System zu
verinnerlichen. Flankierend werden ordnungspolitische
Maßnahmen ergriffen und konsequent umgesetzt. So
erweiterte die Stadt die Abfallsatzung um die Mülltrennpflicht für Gewerbebetriebe.
59
„München jagt die Müllsau“ – eine Kampagne für Müllvermeidung und
Mülltrennung im Jahr 1992
Bundesverwaltungsgericht in Berlin das Münchner
Einwegverbot für unwirksam. Laut Urteil verstößt der
Satzungsparagraf gegen vorrangiges Bundesrecht.
Die Gerichte bestätigen der Stadt allerdings, dass der
politische Weg des Verbots eine sinnvolle Lösung sei.
„Husch, husch, ins Körbchen“ – Postkartenaktion der Stadt
München für die Verwendung von Mehrweg- statt Einwegverpackungen
Als ein besonderes Ärgernis empfinden Stadt und
Bürger die vielen unnötigen Einwegverpackungen.
Deshalb wagt München 1991 einen mutigen Vorstoß
zur Eindämmung der Verpackungsmüllberge. Per
Satzung soll dem Handel der Verkauf von Getränken in Einwegverpackungen verboten werden. Das
Münchner Gewerbe läuft dagegen Sturm und es
kommt zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung
um die Verbotssatzung. Im Ergebnis erklären sowohl
der Bayerische Verwaltungsgerichtshof als auch das
Was stadtweit nicht gelingt, kann die Stadt München
jedoch im eigenen Bereich durchsetzen. Auf öffentlichem Grund dürfen seit 1991 weder Einweggeschirr
noch Einweggetränkeverpackungen eingesetzt oder
verkauft werden. Diese Mehrwegverpflichtung gilt
auch für alle städtischen Einrichtungen und Veranstaltungen, so zum Beispiel auf den Münchner Wochenmärkten, im Olympiastadion und auf dem Münchner
Oktoberfest mit über fünf Millionen Besuchern. Die
positiven Ergebnisse der Abfallvermeidungsmaßnahmen lassen sich mit Zahlen belegen: Das Restmüllaufkommen ist bei diesen Veranstaltungen seit 1991 um
mehr als 50 Prozent gesunken.
1991 stellt der städtische Entsorgungsbetrieb die
ersten Abfallberaterinnen und Abfallberater ein. Das
Team wird seither durch ehrenamtliche Münchnerinnen und Münchner verstärkt. Die Abfallberaterinnen
und -berater veranstalten regelmäßig Aktionen für
Kinder und Jugendliche und sind bei Stadtteilfesten
und Aktionswochen mit Infoständen präsent. Das
1991 eingeführte „Abfalltelefon“ entwickelt sich zu
einem modernen Infocenter des AWM weiter.
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
60
Umzug und neue Organisation
Im Oktober 1999 zieht das Amt für Abfallwirtschaft
inklusive der Werkstatt in seine Zentrale am GeorgBrauchle-Ring. Am Standort in der Sachsenstraße
in Untergiesing verbleibt der Betriebshof Süd. 2001
eröffnet dort in der ehemaligen Fahrzeughalle 2 das
städtische Gebrauchtwarenkaufhaus, die „Halle 2“.
Hier werden brauchbare Gegenstände, die auf den
Wertstoffhöfen angeliefert werden zu niedrigen Preisen weiterverkauft. So wird die Müllmenge reduziert
und finanziell schwächer gestellte Bürgerinnen und
Bürger können sich kostengünstig mit Artikeln des
täglichen Bedarfs versorgen.
Im selben Jahr beschließt der Stadtrat, dass das Amt
für Abfallwirtschaft ein Eigenbetrieb wird, der 2002
den Namen Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM)
erhält. Er ist als starker öffentlicher Betrieb in der
Lage, dem Allgemeinwohl dienende Interessen, wie
hohe Umweltstandards, ökologische Zuverlässigkeit,
aber auch die Rolle als sozialer Arbeitgeber zu berücksichtigen.
Um seine Position zu stabilisieren wird 2004 von den
Personalräten des Baureferates und des AWM sowie
unter der Schirmherrschaft der beiden Referentinnen
der Aktionstag „Da sein für München“ ins Leben
gerufen. Unter diesem Motto stellen sich jedes Jahr
alle städtischen Dienstleister und Beteiligungsgesell-
61
Seit 1999 ist die Zentrale am Georg-Brauchle-Ring 29.
schaften vor. Unter kommunaler Daseinsvorsorge
versteht man die Sicherung der Grundbedürfnisse der
Bürger durch die Stadt. Zur Verankerung der Abfallwirtschaft in der Daseinsvorsorge beginnt der AWM
mit einer konsequenten Verbandsarbeit in Brüssel und
Berlin. Er entwickelt sich schnell zu einem geschätzten
Gesprächspartner für Politiker, Verbände und Organisationen.
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
62
Der AWM heute – mehr als die Müllabfuhr
2012 überarbeitet der AWM sein Erscheinungsbild und
startet eine Bekanntheitskampagne. Das Ziel ist es
zu zeigen, dass der AWM als kommunaler Abfallwirtschaftsbetrieb nicht nur den Müll abholt. Als kommunaler Betrieb übernimmt er auch die Verantwortung
für alle Abfälle, die in München anfallen, nicht nur für
die profitablen Fraktionen. Spätestens seitdem ist
der AWM als münchnerischer, vertrauensvoller und
lösungsorientierter Betrieb präsent, der Verantwortung
auf allen Ebenen übernimmt. Er legt dem Münchner Stadtrat und damit der Münchner Bevölkerung
Rechenschaft ab und eben nicht etwaigen Aktionären
und Beteiligten an Privatunternehmen, die eigene Interessen verfolgen könnten. Der kommunale Eigenbetrieb AWM steht für Gebührenstabilität, Entsorgungssicherheit, hohe Kompetenz sowie eine nachhaltige
Entwicklung und ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor
in München.
< Innerhalb eines halben Jahres würde die Innenstadt ohne
eine geregelte Abfallwirtschaft unter einem 50 Meter hohen
Müllberg versinken. Der AWM sorgt mit seinen umfang
reichen Leistungen dafür, dass dies nie passieren wird.
63
Im April 2013 zeigen Fahrzeugplakate Mitarbeiter des AWM.
Das Logo des AWM symbolisiert deutlich den
Kreislaufgedanken der modernen, ressourcen
schonenden Abfallwirtschaft.
Bereiche des AWM
Mit über 1.500 engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus
25 Nationen stellt der AWM die
reibungslose Abfallentsorgung
der Landeshauptstadt München
für 790.000 Haushalte, Unternehmen und öffentliche Einrichtungen
sicher.
Einsammeldienst
Der Einsammeldienst ist das Kerngeschäft des AWM, den viele Bürgerinnen und Bürger gern einfach
nur als „Müllabfuhr“ bezeichnen.
151 Partien starten von Montag bis
Freitag pünktlich um 6.30 Uhr von
den vier Betriebshöfen und leeren
über 56.000 Tonnen täglich. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
tragen so jeden Tag aufs Neue ganz
wesentlich zur hohen Lebensqualität und Zukunftsfähigkeit Münchens bei.
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
64
Finanzabteilung
Als kommunaler Eigenbetrieb
der Landeshauptstadt München
arbeitet der AWM kostendeckend, nicht gewinnorientiert.
Das unterscheidet uns von
privaten Entsorgern. Auch den
Großstadtvergleich hinsichtlich
der Abfallgebühren müssen wir
nicht scheuen: Die Gebühren
in München liegen im unteren
Drittel – verglichen mit Berlin,
Stuttgart, Hamburg, Köln, Nürnberg, Frankfurt, Essen, Dortmund
und Düsseldorf.
65
Containerdienst
Der Containerdienst
transportiert die auf den
Wertstoffhöfen gesammelten Wertstoffe und Abfälle
ab. Außerdem sorgt er
dafür, dass Großveranstaltungen in München nicht
im Müll ersticken. Auf der
letzten Wiesn war er mit
27 Müllpressen, sechs
Absetzmulden für Glas,
21 Großbehältern und
sieben 240-Liter- Tonnen für
Gewerberestmüll präsent.
Dabei kamen unter anderem 58 Tonnen Papier, Pappe und Kartonagen sowie
100 Tonnen Maßkrug-Glasbruch zusammen.
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
66
Personalabteilung
Der AWM möchte die Gesundheit seiner
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärken.
Neben Rückenkursen, Yoga und Lauftreffs
gehören auch individuelle Gesundheitscoachings am Arbeitsplatz zu den von der
Personalabteilung organisierten Angeboten. Der AWM erreicht mit seinem Betrieblichen Gesundheitsmanagement beim
Corporate Health Award 2015 einen Platz
unter den fünf besten Unternehmen in der
Branche „Öffentliche Verwaltung“.
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Wertstoffhöfe
Über das Münchner Stadtgebiet sind zwölf Wertstoffhöfe verteilt, davon
zwei Wertstoffhöfe plus für
größere Mengen. Der neueste und modernste ist der
Wertstoffhof in Langwied,
der im Herbst 2014 eingeweiht wurde. Durch eine
konsequente Mülltrennung
und die sortenreine Erfassung von Wertstoffen steigt
die Recyclingquote. Die
Wertstoffhöfe verzeichnen
jährlich rund 1,4 Millionen
Anlieferungen.
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
68
Infocenter
Die Kolleginnen und Kollegen vom Infocenter beraten rund um die Müllentsorgung und geben Informationen zu Gebührenbescheiden, Rechnungen,
Mülltrennung und Tonnenleerungen. Das Infocenter
ist auch die geeignete Anlaufstelle, um Kritik und
Beschwerden, aber auch Anregungen und Anerkennung einzubringen. Im Jahr gehen im Infocenter rund
15.000 E-Mails und 80.000 Anrufe ein.
69
Werkstatt
In der Zentralwerkstatt der Landeshauptstadt
München reparieren, warten und kontrollieren 101
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rund 2.300 verschiedene Fahrzeuge der ganzen Stadtverwaltung.
Die Werkstatt des AWM ermöglicht die technische
Verfügbarkeit von Fahrzeugen, Containern und
sonstigen Kleingeräten wie zum Beispiel Schneepflügen und Kehrmaschinen.
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
70
Münchner Erden
Die Trockenfermentationsanlage mit angeschlossenem
Erdenwerk in Freimann verarbeitet im Jahr etwa 22.500
Tonnen Küchen- und Gartenabfälle aus der Münchner Biotonne und erzeugt energiereiches Biogas und Kompost. Im
Erdenwerk wird anschließend
aus dem Kompost Erde
hergestellt. Der aus dem Gas
produzierte Strom deckt den
Jahresbedarf von rund 1.600
Münchner Haushalten.
71
Mehr als die Müllabfuhr
Der AWM steht für zuverlässigen und umwelttechnisch hochwertigen Entsorgungsservice für Münchner
Haushalte und Gewerbebetriebe. Dazu gehört weit
mehr als das tägliche Leeren der Mülltonnen. Der
AWM sorgt für die langfristige Sicherheit bei der Restmüllentsorgung und Abfallverwertung. Indem er die
Abfallgebühren stabil hält, die Recyclingquote erhöht
und Stoffkreisläufe schließt, trägt der AWM maßgeblich zur Lebensqualität und Zukunftsfähigkeit der Stadt
München bei. Der Anspruch des AWM lautet daher:
„Ihr Abfall – Unsere Verantwortung“.
Für das Ziel, seine Papier- und Biomüllsammelmengen – und
damit die Recyclingquote – zu steigern, animiert der AWM
die Münchnerinnen und Münchner zum Mitmachen.
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
72
Strom und Blumenerde aus Bioabfall:
Ökologisch und innovativ
2008 hat der AWM die Trockenfermentationsanlage
in Betrieb genommen und trägt damit zusätzlich zum
Klimaschutz bei. In dem Verfahren werden Bioabfälle
in Biogas und Kompost verwandelt, was dem Grundsatz einer nachhaltigen Abfallwirtschaft entspricht.
Aus dem Kompost werden anschließend verschiedene Erdenprodukte hergestellt. Neben der Münchner
Premium Blumen-, Pflanz-, Balkon- und Kübelpflanzen
erde, torffreiem Gartenhumus, Kompost zur Bodenverbesserung und Rindenmulch bietet der AWM seit
2013 auch Bioblumenerde an. Alle Erdenprodukte sind
von höchster Qualität und mit dem RAL-Gütezeichen
ausgezeichnet. Ein Beispiel für echte Kreislaufwirtschaft, bei der durch Verwendung regionaler Rohstoffe
Transportwege und Energie gespart wird. Auf Grund
des großen Erfolgs der Münchner Blumenerde baut
der AWM seine Regionalerdenproduktion weiter aus
und eröffnet im Herbst 2012 ein eigenes Erdenwerk.
Das bei der Vergärung entstehende Biogas wird mittels dreier Blockheizkraftwerke in elektrische Energie umgewandelt und in das öffentliche Stromnetz
eingespeist.
Aus Münchner Bioabfall wird Münchner Blumenerde – ein perfekter Kreislauf.
Das Verfahren der Trockenfermentation
Fackel
Biogas
Perkolat-Verteiler
Heizung
PerkolatTank
Gasdichtes Tor
Quelle: BEKON
Blockheizkraftwerk
Betonfermenter mit Wand- und Bodenheizung
Drainsystem für Perkolat
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Die Sammlung: Lösungsorientiert und kompetent
Die Qualität der Weiterverwertung hängt in hohem
Maß davon ab, wie gut die Abfälle durch die Sammlung getrennt sind. In München gibt es deshalb Tonnen direkt am Haus, mobile Services und Wertstoffinseln. Außerdem hat der AWM im ganzen Stadtgebiet
ein Netz aus zwölf Wertstoffhöfen geschaffen. Zwei
der Höfe sind sogenannte Wertstoffhöfe plus. Im
Januar 2013 öffnet an der Lindberghstraße Münchens
erster Wertstoffhof plus und im September 2014 der
zweite in der Mühlangerstraße in München Langwied.
Hier können gegen Gebühren Wertstoffe auch in größeren Mengen angeliefert werden
Nach 15 Jahren in der Sachsenstraße zieht das Gebrauchtwarenkaufhaus „Halle 2“ am 7. Oktober 2016
in die Pasinger Peter-Anders-Straße 15 um. Das Gebäude der Halle 2 in der Sachsenstraße aus dem Jahr
1945 ist baufällig. Die neue Halle hat mit rund 800 qm
eine deutlich größere Verkaufsfläche als die bisherige.
Von nun an werden sicherheits- und funktionsgeprüfte
Elektrogeräte verkauft. Außerdem gibt es einen Aktionsraum mit Platz für ein Repaircafé.
Am N
Mühlangerstraße 100
Peter-Anders-Straße 15 (ab 7
Arnulfstraße 290
Tübinger Straße 13
Sachsenstraße 25
AWM Zentrale mit zwei Betriebshöfen
und Kfz-Werkstatt
Wertstoffhof
Thalkirchner Straße
Tischlerstraße 3
Wertstoffhof plus
Betriebshof
Trockenfermentationsanlage und Erdenwerk
Gebrauchtwarenkaufhaus Halle 2
Ab 7. Oktober 2016 befindet sich das Gebrauchtwarenkaufhaus „Halle 2“ in der Pasinger Peter-Anders-Straße 15.
Heizkraftwerk Nord
Entsorgungspark Freimann
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
74
Die städtische Altkleidersammlung startet Mitte 2013.
Der AWM sammelt Alttextilien und Altschuhe seitdem in Eigenregie. 54 Prozent der Altkleider werden
als Secondhandware wiederverwendet, 36 Prozent
werden recycelt, zum Beispiel zu Dämmstoffen und
Putzlappen, 4 Prozent werden thermisch verwertet.
Die übrigen 6 Prozent sind Schuhe.
Werner-Heisenberg-Allee 62
Lerchenstraße 13
Neubruch 23
Lindberghstraße 8 a
GeorgBrauchle-Ring 29
Münchner Straße 22,
Unterföhring
Savitsstraße 79
7. Oktober)
Truderinger Straße 2a +10
Mauerseglerstraße 9
e 260
Bayerwaldstraße 33
75
Bis Ende 2016 werden 750 Container flächendeckend
im gesamten Münchner Stadtgebiet aufgestellt sein.
Der Fuhrpark: Zuverlässig und stark
Aktuell testet der AWM ein „Müllfahrzeug light“, das er gemeinsam mit Herstellern
entwickelt hat. Es ist leichter als andere Modelle und soll Kraftstoff und somit CO2
einsparen.
Die Einsammelfahrzeuge sind universell für die Papier-, Restmüll- und Bioabfallsammlung einsetzbar. Der
AWM investiert kontinuierlich in seine Flotte, um diese auf einem fahrzeug- und umwelttechnisch hohen
Niveau zu halten. Es werden ausschließlich Fahrzeuge
angeschafft, die auf dem neuesten Stand der Technik
sind. Eingesetzt werden nur möglichst emissionsarme
Fahrzeuge. Dies entspricht auch den Vorgaben der
Stadt München. Wichtig ist außerdem ein wirtschaftlicher Betrieb und somit geringe Betriebskosten. Neben
dem technischen Entwicklungsstand der Fahrzeuge
kann auch das Fahrverhalten zu niedrigerem Kraftstoffverbrauch führen. Deshalb hat der AWM zusätzlich
zu den gesetzlich vorgeschriebenen Schulungen zu
energie- und umweltschonendem Fahren ein Qualifikationsprogramm für Kraftfahrer entwickelt, engagiert
eigene Fahrlehrer und integriert einen zusätzlichen
Praxisteil in die Weiterbildung.
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
76
Unser Service: Münchnerisch und zuverlässig
Der AWM ist mehr als nur ein Entsorgungsspezialist.
Er versteht sich als innovativer Servicedienstleister.
Die Angebote sind sorgfältig auf die Bedürfnisse von
Privathaushalten, Hausverwaltungen und Gewerbekunden abgestimmt und werden kontinuierlich weiterentwickelt. Beispielsweise bietet der AWM einen
Vollservice bei der Tonnenleerung.
Vielfältige Angebote im Onlinebereich geben den
Bürgerinnen und Bürgern zahlreiche Möglichkeiten,
Abfälle zu vermeiden. So gibt es einen Online-Secondhandführer, ein Verleihlexikon, ein Flohmarktportal, eine Verschenk- und Tauschbörse und einen
Online-Reperaturführer. Auch die Facebookseite des
AWM wird zunehmend beliebter und freut sich im
August 2016 über den 2.000sten Fan.
Zum Vollservice
gehört das Holen, Leeren und
Zurückstellen der
Tonnen.
77
Unsere Auszeichnungen:
Partnerschaftlich und vertrauensvoll
Beim AWM herrschen Gleichberechtigung und Fairness. Die Förderung von Frauen sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf werden aktiv unterstützt.
Dies zeigt sich unter anderem im hohen Anteil von
Teilzeitbeschäftigten, auch in Führungspositionen
sowie in der großen Anzahl der Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter, die nach ihrer Elternzeit wieder zurückkehren. Neben betriebsärztlichen Diensten bietet der
AWM ein umfangreiches Programm an Gesundheitskursen. Neben Rückenkursen, Yoga und Lauftreffs
vor Ort gibt es Massagen, Fußpflege und individuelle
Gesundheitscoachings am Arbeitsplatz. 2015 wird der
AWM dafür zum wiederholten Male mit dem Corporate Health Award ausgezeichnet.
» Die Zufriedenheit unserer Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter liegt uns sehr am Herzen. Daher haben
wir nicht nur ein umfangreiches Gesundheitsangebot, sondern fördern auch gezielt die Fortbildung
und Weiterentwicklung. Wir sind sehr stolz darauf,
2015 dafür das Qualitätssiegel des Deutschen Bildungspreises erhalten zu haben.
Helmut Schmidt, Zweiter Werkleiter
» Unser Bestreben ist es, durch unsere Gesundheitsangebote möglichst viele Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter zu motivieren, selbst etwas für ihre
Gesundheit zu tun.
Monika Hermes-Hildl, Personalabteilung
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
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Unser Engagement: Ökologisch und stark
Der AWM bringt soziales Engagement mit Ökologie
in Einklang und kooperiert seit vielen Jahren mit
regionalen Trägern sozialer Projekte. Diese übernehmen vielfältige Aufgaben: Abholung gebrauchsfähiger
Haushaltsgroßgeräte / Abholung, Reparatur und Aufbereitung von gebrauchten Büchern und Fahrrädern /
Betreuung der Geschirrmobile / Elektronikaltgeräteverwertung / Häckseldienst / Kantinenservice / Korkrecycling / Verwertung von Toner- und Druckerkartuschen /
Wachsresteverwertung.
Im Mai 2014 erscheint der erste Nachhaltigkeitsbericht. Er dokumentiert präzise die Ziele, Kennzahlen,
Maßnahmen und Initiativen. Er macht Erfolge transparent und zeigt, in welchen Bereichen noch Handlungsbedarf besteht.
2015/2016 nimmt der AWM am Umwelt- und Klimaschutzprogramm Ökoprofit München teil. In diesem
Rahmen werden Maßnahmen erarbeitet, um Energie,
Rohstoffe und Wasser einzusparen und um Emissionen und betriebsinterne Abfälle zu reduzieren.
Im Herbst 2016 veröffentlicht der AWM seinen zweiten Nachhaltigkeitsbericht.
79
Der Nachhaltigkeitsbericht dokumentiert umfassend die unternehmerische
Verantwortung des AWM.
Ausblick auf die nächsten 125 Jahre
Was müsste passieren, damit der AWM noch weitere
125 Jahre bestehen kann? Das sagen heutige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter:
» Aus meiner Sicht müssen die heutigen Rahmenbedingungen bestehen bleiben. Das heißt: Die
Müllentsorgung müsste weiterhin in ihrem jetzigen
» 125 Jahre sind schon ein sehr weiter Blick in die Zukunft. Die besten Chancen zu bestehen, haben wir,
wenn wir unsere Aufgaben weiterhin zuverlässig
erfüllen. Außerdem müssen wir uns flexibel an die
Erfordernisse der Zeit anpassen. Gerade der letzte
Punkt wird eine ständige Herausforderung sein.
Umfang, zumindest mehr oder weniger, in kommunaler Hand bleiben. Dies wird umso mehr der Fall
Stefan Schmidt, Abteilung Anlagen
sein, je zufriedener Stadtspitze und Bürger mit dem
AWM sind. Und dafür müsste man in den nächsten
Jahren auf Kundenzufriedenheit, Zuverlässigkeit,
Wirtschaftlichkeit, Recycling und Umweltbewusst-
» Damit der AWM noch weitere 125 Jahre bestehen
sein setzen, dabei gleichzeitig sinnvolle, innovative
kann, bedarf es aus meiner Sicht nur einer einzigen
Entwicklungen im Auge behalten und umsetzen.
Bedingung: Zufriedenheit der Münchener Kundin-
Und auf eine starke kommunale Lobbyarbeit, um
nen und Kunden! Wenn es dem AWM weiterhin
keine Stoffströme oder Geschäftsfelder an die Pri-
gelingt, durch gute Leistung – vor allem im Kernge-
vatwirtschaft zu verlieren.
schäft – zu überzeugen, können sich auch im Jahr
2141 noch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über
Evi Thiermann, Büro der Werkleitung
eine Beschäftigung beim AWM freuen.
Andreas Ebenau, Personalabteilung
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
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Das Künstlerduo „Der blaue Vogel“ wagt einen augenzwinkernden Blick in die Zukunft.
» Stillstand kommt für uns nicht in Frage. Der AWM
wird an die Errungenschaften der letzten 125 Jahre
anknüpfen und sich kontinuierlich mit der wachsenden Großstadt München weiterentwickeln. Jetzt
steht eine nachhaltige Abfallwirtschaft im Mittelpunkt unseres Handelns, denn wir wollen unseren
nachfolgenden Generationen eine lebenswerte
Umwelt hinterlassen.
Helmut Schmidt, Zweiter Werkleiter
81
Für den eiligen Leser
Sammelfahrzeuge im Wandel der Zeit
1930 Der hier abgebildete Harritschwagen wurde bereits 1891 von Schmiedemeister Fischer aus Giesing entwickelt.
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
82
1954 Mit diesen Großraumfahrzeugen wird der Müll von
Umladestellen zur Verwertungsanlage nach Großlappen
transportiert.
1939 Die ersten motorisierten Müllfahrzeuge:
Die Schwerkraft hilft beim Verdichten des Mülls.
Dazu wird der Aufbau nach oben gekippt.
1957 Der Müllwagen mit Drehtrommel: Eine Art Schnecke
transportiert den Müll nach vorne, zerkleinert und verdichtet
ihn.
83
1959 Seit Ende der 1950er-Jahre sind in München Drehtrommelfahrzeuge im Einsatz. Hier ein Modell.
1963 In den 1960er-Jahren entstehen große Wohnkomplexe.
Daher sind zunehmend Pressmüllwagen mit hydraulischer
Schüttung im Einsatz.
1972 Zur Olympiade fahren die ersten orangefarbenen Autos.
Erst in den 1980er-Jahren wird die Signalfarbe verpflichtend.
Zusätzliche Blinker und rotweiße Stoßstangen sind weitere
Maßnahmen, welche die Sicherheit erhöhen.
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
84
2016 Ein Müllfahrzeug aus dem Jahr 2016.
2012 Der Abrollkipper für Wertstoffhofcontainer ist ein Hybridfahrzeug und daher geräuscharm und umweltfreundlich.
Seit Herbst 2014 testet der AWM auch zwei Hybrid-Lkw im
Einsammeldienst.
85
Anlagen damals und heute
1897 Sortierwerk Puchheim:
Bis 1945 wird das Werk zur
Müllverwertung genutzt. Nach
dem Krieg wird es nicht wieder
aufgebaut, sondern durch Großlappen abgelöst.
1909 Abfallzentrale in der
Sachsenstraße: Sie beherbergt
unter anderem eine Wagen
abstellhalle sowie Schmiede-,
Wagner- und Sattlerwerkstätten.
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
86
1952 M
üllverwertungsanlage Großlappen: Über viele Jahre ist die Verwertungsanlage Münchens Zentrum der Müllentsorgung. Der dabei entstehende Müllberg
Großlappen wird 1987 geschlossen und 2000 vollständig renaturiert.
1969 Heizkraftwerk Süd: Im Jahr 1997 wird die Müllverbrennungsanlage aufgrund der rückläufigen Müllmengen
abgeschaltet.
1964 H
eizkraftwerk Nord in Unterföhring: Das erste Heizkraftwerk in München
zählt bei seiner Einweihung zu den modernsten Europas.
87
1990 Von 1990 bis 1997 entstehen zwölf hochwertige Anlagen, die kon
tinuierlich modernisiert oder durch aktuelle Wertstoffhöfe ersetzt werden.
Zuletzt eröffnet 2014 der neue Wertstoffhof plus in der Mühlangerstraße.
1999 Seit Oktober hat der AWM seine Zentrale am
Georg-Brauchle-Ring.
125 Jahre Abfallwirtschaft in München
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2001 Die „Halle 2“ in der Sachsenstraße ist
das erste städtische Gebrauchtwarenkaufhaus.
Am 7. Oktober 2016 zieht es in neue Räumlichkeiten in der Peter-Anders-Straße in Pasing.
2008 Trockenfermentationsanlage: Mit der
Inbetriebnahme beschreitet der AWM neue
Wege bei der Verwertung der Münchner
Bioabfälle. Seit 2012 ist auch das eigene
Erdenwerk in Betrieb.
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Impressum
Herausgeber:
Abfallwirtschaftsbetrieb München
Georg-Brauchle-Ring 29
80992 München
www.awm-muenchen.de/125Jahre
Stand: September 2016
Auflage: 3.000
Druck:
Ortmaier Druck GmbH, Frontenhausen
Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier
Konzept und Gestaltung:
FaRo Marketing GmbH, München
Fotos:
Archiv der Arbeiterbewegung, Frank Aussieker,
AWM, Karl-Heinz Egginer/SZ Photo, Tobias Hase,
Christoph Mukherjee, Stadtarchiv München,
Stadtarchiv Puchheim, RED, Tino Walz
Illustration Daumenkino:
Bernd Wiedemann
Eine Aufnahme aus dem Jahr 1960, von links: Gustav Saradet, ehemaliger Kraftfahrer, mit seinen Kollegen Leo Dubke,
Heinz Pertz, Manfred Forster und Max Schosser vorm Mercedes Trommelwagen, den sie „Grauen Presser“ nannten.
125 Jahre Abfallwirtschaft in München