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Full text: Movum (Rights reserved) Issue15.2017 (Rights reserved)

Briefe zur Transformation movum 5/2017 ßem Mit gro er: ost Kunst-P Global rming Brainsto Kultur und Transformation THEORIE PRAXIS WIE LÄSST SICH EINE „KULTUR DES WENIGER“ GESTALTEN? Von Bernd Sommer und Harald Welzer DER AUSSENSEITER Ein Porträt des Künstlers Hermann Josef Hack „ES GIBT KEINE STÜCKE ZU UMWELTZERSTÖRUNG“ Interview mit Theaterschauspieler Ulrich Matthes KRISTALLISATION DES KLIMAWANDELS Von Daniela Schmidtke Foto: Saša Fuis movum.info EDITORIAL 1 KULTUR UND NATUR IM ZEITALTER DES MENSCHEN Von Kai Niebert, Präsident des Deutschen Naturschutzrings D ie Aufklärung war der Versuch einer Emanzipation des Menschen von der Natur. Fortschritt verhieß Kontrolle über die Natur und die Unwägbarkeiten des Lebens. In dieser Idee steckte die Hoffnung, die ungezähmte Natur durch die kulturelle Vernunft zu ersetzen. Die große Hoffnung auf eine rational begründete Gesellschaft, wie sie Gottfried Leibniz Ende des 17. Jahrhunderts beschrieb, grub sich tief in unserer Kultur ein. Es entstand ein Naturbild, in dem der Mensch der Gute und die Natur das Böse war. Francis Bacon gab dem Menschen die Aufgabe, die Natur zu besiegen, für René Descartes waren Entdeckungen siegreiche Schlachten gegen die Natur. Das Problem dieses Weltbildes liegt in seiner Wirkung: Die großen Umweltkrisen der Gegenwart, vom Klimawandel über das Artensterben bis zur Überdüngung, sind im Kern das Ergebnis der falschen Entgegensetzung Mensch versus Natur. Die Debatten um die massiven, globalen Umweltverschlechterungen zeigen, dass dieser Gegensatz so nicht mehr lange lebbar sein wird. Während unsere Umwelt immer menschengestalteter wird, sehnen wir uns zurück in die Natur, ins Natürliche. Das Natürliche sind dabei in der Regel Gärten, Parks, allenfalls eine Wanderung über saftige Almwiesen. Das Adjektiv natürlich ist wegen des überall auf der Erde spürbaren Einflusses des Menschen jedoch irreführend. Bei dem Wort natürlich assoziieren wir ursprünglich, unberührt, echt, rein und sauber. Intuitiv ist natürlich immer besser als künstlich: Joghurt mit natürlichen Aromen, Getränke mit natürlichem Fruchtzucker und Gummibärchen mit natürlichen Farbstoffen scheinen uns gesünder als ihre künstlichen Alternativen – selbst wenn die chemische Struktur der Inhaltsstoffe identisch ist. Dort, wo uns die Kultur zu viel geworden ist, hat die Natur wieder Einzug gehalten – zumindest das, was man für Natur hält: Immer größere Einkaufszentren versuchen ihre Besucher mit auf Fotowänden gedrucktem Urwald, aus Lautsprechern ertönenden Vogelstimmen und sonnengefluteten Kunst-IndoorGärten zu locken. Die ehemals größte Mall der Welt, die West Edmonton Mall im kanadischen Alberta, beinhaltet eine künstliche Lagune, einen Wasser-Erlebnispark, einen Tiefseebereich und einen Wald voll Palmen: Convenient-Natur zum Anfassen und Shoppen. Diese keimfreie, gefahrlose Natur mit künstlich zerstäubtem Fichtennadelextrakt ist es, die uns entspannen lassen soll. Spätestens hier wird deutlich, dass das Ideal der natürlichen Natur ein Luftschloss ist. Nicht nur in der Kunstnatur von Kaufhäusern, sondern überall, wo die menschliche Kultur ihre Spuren hinterlassen hat, ist die wilde Unberührtheit dahin. Heute sind diese menschlichen Kulturspuren in den tiefsten Tiefen der Meere, auf den höchsten Bergen und sogar im ewigen Eis zu finden. Und auch im Alltag hält die Natur wieder Einzug: Starkregen, verheerende Stürme und ein Jahrhundertsommer nach dem anderen zeigen uns mehr denn je, dass wir der Natur nicht entkommen werden. Wenn Wasser und Schlamm im Keller stehen, wird wieder klar, warum Menschen jahrtausendelang nicht in den Überflutungsgebieten von Flüssen gesiedelt haben. Die Debatten um den Beginn der Epoche des Anthropozäns, der Menschenzeit, zeigen, dass der Mensch mit seinen Aktivitäten zu einem geologischen Faktor geworden ist: Seit Beginn der Industrialisierung haben wir so viele neuartige Mineralien in so kurzer Zeit in Umlauf gebracht, wie es die Natur in 2,4 Milliarden Jahren nicht geschafft hat; der Stickstoffeintrag in die Biosphäre durch künstliche Dünger ist in der Erdgeschichte ohne Beispiel und unsere Schiffe und Flugzeuge überschreiten artengeografische Barrieren und verändern den Lauf der Evolution. Diese Erkenntnisse heben den Dualismus zwischen Natur und Kultur auf. Hier hält das Anthropozän besonders für Umweltpolitiker, Umweltverbände und Ökologen eine kulturelle Herausforderung bereit: In der Regel insinuieren wir den Menschen als schlecht, als Störer der guten, unberührten, sich im Gleichgewicht befindenden Natur. In einem Zeitalter, in dem wir Menschen als Leitfossil noch lebendig sind, hebt sich dieser Gegensatz auf: Der Mensch muss sich als integrativer Bestandteil der heutigen Natur auffassen. Wir müssen es schaffen, uns als der Natur zugehörig zu begreifen. Unsere Kultur kann nicht von der Natur, sondern nur mit der Natur leben. Wir sind nicht von einer Umwelt umgeben, sondern wir leben in einer von uns entscheidend geprägten Unswelt. Politik und Wirtschaft alleine können unsere Integration in die Natur nicht gewährleisten. Was wir brauchen, ist eine neue Kultur des Umgangs miteinander – und mit der Natur. Diente der aus der Aufklärung entspringende Gesellschaftsvertrag dazu, die Konflikte zwischen den Akteuren der Gesellschaft zu lösen, so ist nun ein neuer Vertrag erforderlich, der auch unsere Beziehung zur Unswelt regelt. AKTEURE 24 5/2017 DREI FRAGEN ZU KULTUR UND TRANSFORMATION Eine sozial-ökologische Transformation braucht die Kultur, um die Herausforderung des Wandels mehrheitsfähig zu machen. Wie kann Kultur dieser Aufgabe gerecht werden? Indem sie nicht als veranstaltete Kunst, also als Funktionsbereich, wahrgenommen wird und nicht als Singular, sondern als Plural. Die Kulturen, jeweils verstanden als voneinander im einzelnen unterscheidbare Werte, Gebräuche und Sprachen, bewähren sich verschieden im Umfang und in der Geschwindigkeit, mit denen sie Anpassungen an eine sozial-ökologische Transformation erlauben. Weil sich kulturelle Änderungen zumindest beim Menschen schneller vollziehen können als genetische, liegt im kulturellen Wandel eine notwendige Voraussetzung für nachhaltige Entwicklung. An welchen Stellschrauben muss gedreht werden, damit die Kultur zu einem wichtigen Vorreiter und Medium der „Postwachstumsgesellschaft“ wird? Warum tun sich die etablierten Kultureinrichtungen schwer, die ökologischen Herausforderungen zu bearbeiten? Für Kulturen gibt es keine „Stellschrauben“, denn Kulturen sind keine bewusst gestalteten Konstrukte, sondern sich laufend an die aktuellen Herausforderungen anpassende Werte, Verhaltensmaximen sowie Verhaltensweisen. Es gibt sozusagen nur Bojen oder Seezeichen, die politisch zu setzen sind und eine Fahrrinne der akzeptablen Naturbelastung beschreiben, in der sich die wirtschaftliche und soziale Entwicklung zukünftig halten muss. Wo diese Bojen zu verankern sind, ist selbst eine wertbehaftete Entscheidung, speziell die Abwägung zwischen dem heutigen Nutzen und den Schäden am Naturvermögen morgen und übermorgen. Weil Geschichten zwischen und über Menschen interessanter sind als solche, in denen es um Menschen und die übrige Natur oder um diese Natur alleine geht. Unsere natürlichen Lebensgrundlagen erscheinen im „Kulturbetrieb“ meist als apokalyptische Szenarien ohne Auswege mit unserem Handeln. Was ist also gefordert? Ich meine, es geht darum, den Satz „Jeder kehre vor seiner eigenen Tür“ zur Maxime staatlicher Nachhaltigkeitspolitik zu machen – zum Beispiel: Was gesetzlich vorgeschrieben ist, muss der Staat auch kontrollieren und Verstöße müssen sanktioniert werden. Ohne diese notwendige Bedingung haben die Kulturen keine Bojen! Andreas Troge ist Wirtschaftswissenschaftler und war von 1995 bis 2009 Präsident des Umweltbundesamtes. Der nötige sozial-ökologische Wandel braucht viele Akteure. Ich freue mich, dass  sich hier in den vergangenen Jahren zwischen traditionell eher ökologisch ausgerichteten Strukturen und den sozialen Bewegungen eine intensivere Kommunikation und Kooperation entwickelt hat – ich erinnere nur an den großen Transformationskongress 2012 von Umweltverbänden, Kirchen und Gewerkschaften. Die Kulturszene spielt in dieser Zukunftskoalition in der Tat bislang nur eine marginale Rolle. Die Gründe dafür sind vielschichtig und liegen auch im Strukturwandel der Kulturlandschaft begründet, die sich überall mit einem hohen Kommerzialisierungsdruck konfrontiert sieht, der natürlich massiv entpolitisiert. Als Mitglied des Schriftstellerverbandes VS beobachte ich diese Entwicklung im eigenen Verband seit Jahren mit Sorge. Das mag auch dazu beigetragen haben, dass auf Seiten der ökosozialen Akteure wenig Erwartungen vorherrschen. Im neuen „Transformationsatlas“ des Deutschen Naturschutzrings DNR, der sich bemüht, möglichst umfassend Projekte und Angebote zur sozial-ökologischen Transformation zu präsentieren, gibt es zehn Rubriken – der Bereich Kultur ist überhaupt nicht darunter. Wir sehen also auf der Seite der Kultur wenig Entwicklungen und bei den bekannten Akteuren der sozial-ökologischen Transformation entsprechend wenig Erwartungen ... Aus meiner Sicht ist es keine Frage von „Stellschrauben“, sondern es braucht eine grundlegende Erneuerung des erstarrten Kulturverwaltungsbetriebes. Da setze ich sehr auf die junge Generation Kulturschaffender,  die tatsächlich überwiegend einen transformatorischen Anspruch lebt. Es gibt zahlreiche Kulturprojekte und -initiativen mit sozialökologischem Ansatz, allerdings fast ausschließlich unabhängig von den herkömmlichen Kultur- und Kulturförderinstitutionen. Die sozial-ökologische Bewegung, und da schließe  ich ausdrücklich neben der Ökologiebewegung auch die sozialen Akteure, die Kirchen und besonders die Gewerkschaften ein, sollten ihre ehemals erheblich umfangreicheren kulturpolitischen Aktivitäten wieder intensivieren und den Kontakt zu diesen – oft unorganisierten – Projekten suchen, sie unterstützen, fördern und den inhaltlichen Diskurs suchen. Das wird letztlich auch nicht ohne Wirkung auf den etablierten Kulturbetrieb bleiben, den die Transformateure ebenfalls weit stärker als bisher ansprechen und herausfordern sollten. Lasst uns damit beginnen, den „Transformationsatlas“ auch um die zahlreichen spannenden Kulturprojekte und -akteure zu ergänzen. Denn wir wissen: Am Ende ist die sozial-ökologische Transformation vor allem auch ein kultureller Wandel. Die deutsche Kulturszene ist nach einem Zwischenhoch im Zuge der hochproduktiven „Durchmischung“ von ost- und westdeutscher Kulturlandschaft durch die deutsche Einheit Anfang der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts zwischenzeitlich in ein kollektives gesellschaftspolitisches Koma gefallen. Der Wahlkampf des aktuellen SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz – als ehemaliger Buchhändler immerhin nicht ganz kulturfern – wird in seiner Wirkung gerade auf junge Menschen gerne mit den erfolgreichen Kampagnen Willy Brandts in den 1960er/70er-Jahren verglichen. Damals waren es jedoch gerade die Intellektuellen und Kulturschaffenden, die am Paradigmenwechsel in der deutschen Politik großen Anteil hatten. Wo sind diese Stimmen heute? Zu allen Zeiten hat sich der Wert von Kultur auch daran bemessen, was sie zu den Herausforderungen der Zukunft zu sagen und beizutragen hatte. Kultur – und damit auch die kulturellen Institutionen – sollen unterhalten, aber auch herausfordern, verstören, provozieren und Auseinandersetzungen forcieren. Die unwürdigen Geschehnisse um die Zukunft des Berliner Ensembles nach dem Dienstende von Intendant Claus Peymann sind da nur ein – wenn auch nicht untypisches – Beispiel. Ich fürchte, ohne eine sozialökologisch inspirierte „Kulturrevolution“ werden wir die deutsche Kulturlandschaft nicht aus dem Koma wecken können. Jörg Sommer ist Schriftsteller und Vorsitzender der Deutschen Umweltstiftung. Ulrich Brand, Markus Wissen: Imperiale Lebensweise Zur Ausbeutung von Mensch und Natur im globalen Kapitalismus Oekom Verlag, München 2017 224 Seiten, 14,95 Euro ISBN 978-386581-843-0 Einige der interessantesten Bücher zur Ökologie erscheinen zweifellos im Oekom-Verlag, so zuletzt dieses. Ein Politik- und ein Gesellschaftswissenschaftler mit Professuren in Wien und Berlin beschreiben die Folgen des übermäßigen Ressourcenverbrauchs, der grenzenlosen Nutzung menschlicher Arbeitskraft als billige Ware und der heutigen Formen weltweiter Arbeitsteilung. Sie vertiefen das, was die Umweltbewegung braucht, um in der Transformationsdebatte zu bestehen: die gesellschaftstheoretische Einordnung der heutigen Krisen. Sie begründen, warum mit der Globalisierung die Fragen imperialer Wirtschaftsformen und Lebensweisen auf die Tagesordnung gehören und warum weltweite Naturzerstörung, billige Arbeit und ökonomische Herrschaft eng zusammenhängen. Das Buch ist ein Meilenstein in der Debatte über eine sozial-ökologische Transformation zu einer mit Mensch und Natur solidarischen Wirtschafts- und Lebensweise. B.A.U.M. e.V. Jahrbuch 2017 Digitalisierung und Nachhaltigkeit Altop Verlag, München 2017 228 Seiten, 19,90 Euro ISBN 978-3-925646-67-6 Die zunehmende Digitalisierung verändert nicht nur die Arbeitswelt, faktisch werden alle Bereiche des Lebens umgewälzt. Es geht um weit mehr als um eine neue Technik. Ganz im Sinne der „schöpferischen Zerstörung“ bei Joseph Schumpeter geht es um eine neue gesellschaftliche Infrastruktur, die gestaltet werden muss. Dabei liegen Gefahren und Chancen eng nebeneinander. Die Digitalisierung kann unser ökologisches Verhalten transparent machen, den Energieverbrauch, die Ressourcennutzung einschließlich der Rebound-Effekte und des ökologischen Fußabdrucks. Dem Bundesdeutschen Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management (B.A.U.M.) kommt das Verdienst zu, in seinem Jahrbuch 2017 das schwierige Thema in 16 Beiträgen aufzuarbeiten. Nur wenn Nachhaltigkeit von Beginn an konsequent mitgedacht wird, können die Chancen genutzt werden. Konzeptwerk Neue Ökonomie, DFG-Kolleg Postwachstumsgesellschaften (Hrsg.): Degrowth in Bewegung(en) 32 alternative Wege zur sozial-ökologischen Transformation Oekom Verlag, München 2017 416 Seiten, 22,95 Euro ISBN 978-3-86581-852-2 Vielfältige Initiativen, ganz unterschiedliche Strömungen und soziale Bewegungen sind unterwegs, um Alternativen zum herrschenden Wirtschaftsmodell zu diskutieren und auszuprobieren und den Grundfragen des guten Lebens für alle nachzugehen. Das Buch stellt eine große Bandbreite der sich entwickelnden Szene vor, darunter Buen Vivir, Ökodorf-Bewegung, Transition-Initiativen, Gewerkschaften, Urban Gardening, Post-Extraktivismus, Freie Software, Umweltbewegung. Und das von der lokalen bis zur globalen Ebene. Ein wachstumskritisches Netzwerk initiierte und begleitete das Buchprojekt, um Vernetzung und Austausch zu fördern. Gemeinsamkeiten von Initiativen und Bewegungen werden sichtbar, grundlegende Unterschiede nicht verschwiegen. Die Einsicht in die Notwendigkeit einer sozial-ökologischen Transformation eint viele der vorgestellten Beispiele. Die Wege dahin entwickeln sich. Die Bewegungen selbst sind in Bewegung, das drückt auch programmatisch der Buchtitel aus. Der Deutsche Naturschutzring ist der Dachverband der deutschen Umwelt-, Natur- und Tierschutzverbände. In seinen 87 Mitgliedsorganisationen engagieren sich knapp 10 Millionen Menschen, die das Ziel haben, Natur- und Lebensräume zu schützen, die Schönheit der Landschaft zu genießen und ein Leben innerhalb der planetaren Belastungsgrenzen zu ermöglichen. www.dnr.de THEORIE movum.info 3 KLIMAERWÄRMUNG IST EIN KULTUR- UND NATURTHEMA Plädoyer für eine Partnerschaft von Umwelt- und Kulturverbänden Te x t : O L A F Z I M M E R M A N N D ie Einflüsse der menschlichen Kultur auf die Natur, also unsere Umwelt, sind unübersehbar und kaum ein Fleckchen der Erde bleibt von ihnen verschont. Trotzdem machen wir gerne einen Unterschied zwischen einer vermeintlichen natürlichen Umwelt und einer unnatürlichen, also von Menschen beeinflussten Umwelt. Bei dem Wort „natürlich“ assoziieren wir sofort „ursprünglich“, „unberührt“, „rein“, „sauber“, also zumindest nicht künstlich. Doch dieses Ideal von natürlicher Natur ist eine Fiktion. Überall, wo die menschliche Kultur ihre Spuren hinterlassen hat, ist die vermeintliche Unberührtheit dahin. Heute sind diese menschlichen Kulturspuren in den tiefsten Tiefen der Meere, auf den höchsten Bergen und sogar im „ewigen“ Eis zu finden. „Schuld“ daran ist die menschliche Natur. Wir wollen unsere Umwelt kultivieren. Kultur, vom lateinischen cultura für „Bearbeitung“, „Pflege“, „Ackerbau“, bezeichnet im weitesten Sinne alles, was der Mensch selbst gestaltend hervorbringt. Aber nicht als Selbstzeck, sondern als notwendige Maßnahme, um in der Umwelt überleben zu können. Die Vorstellung gerade von Umweltschützern, dass mit weniger kultureller Beeinflussung die Natur „besser“, weil „unberührter“ sei, ist aus der Sicht eines Menschen eher eine akademische denn eine praktische Frage. Ohne Zweifel wäre die Natur ohne das Wirken des Menschen nicht Kultur, vielleicht auch „schöner“, aber der Mensch könnte in ihr nicht leben. So weit geht dann die Naturliebe auch des größten Umweltschützers wohl doch nicht. Trotzdem beschreiben die Begriffe Kultur und Natur in den gesellschaftlichen Debatten der letzten Jahrzehnte mehr Gegensätze als Gemeinsamkeiten. Diejenigen, die sich für die Natur einsetzten, und diejenigen, die sich für die Kultur einsetzten, standen sich oft wie feindliche Brüder gegenüber. Doch ist dieser alte Gegensatz noch zeitgemäß? Fot os: Ch a rly N ij e n s oh n | F l ick r - w w w.flick r.com / phot os /t ra n s me d ia le/52 87 5712 29 Denn wenn es die unberührte Natur nicht mehr gibt, dann ist alles um uns herum Kulturnatur oder Naturkultur. Das bedeutet aber gerade nicht, dass der Mensch keine Verantwortung für seine Umwelt hätte. Gerade weil er der universelle Gestalter ist und obwohl er diese Gestaltung auch nicht einfach abstellen kann, ist er für sein Tun, also die Art und Weise der Gestaltung mit all ihren Auswirkungen, verantwortlich. Er trägt Verantwortung für das Artensterben, die Erderwärmung und den Raubbau an den Naturschätzen. KULTURSPRÜNGE DURCH KLIMAÄNDERUNGEN Das Klima ist ein gutes Beispiel für die Dualität von Kultur und Natur. Unsere kulturelle Entwicklung ist maßgeblich vom Klima gestaltet worden. Das Römische Reich konnte sich vor mehr als zweitausend Jahren leichter ausdehnen, als die Alpenpässe wegen der Klimaerwärmung auch im Winter nutzbar wurden. Fast tausend Jahre später zerstörten nach einer deutlichen Abkühlung Gletscher viele römische Straßen in den Alpen und beschleunigten den Untergang des Römischen Reiches. Nord- und Nordwesteuropa wurden wegen der Klimaänderung zu dieser Zeit von Hungersnöten heimgesucht, die, so glauben Wissenschaftler, den Anstoß für die Völkerwanderung, einem fundamentalen kulturellen Aufbruch, gaben. Später lösten Erwärmungen im Osten Dürreperioden aus, die den Handel der damaligen Zeit nachhaltig schädigten und höchstwahrscheinlich auch zur Zerstörung der Seidenstraße führten. In Nordeuropa wirkte sich die Erwärmung dagegen überwiegend positiv aus. Es wurde grüner, Landwirtschaft wurde auch in Höhenlagen möglich. Die steigende landwirtschaftliche Produktion ermöglichte die Versorgung einer wachsenden Bevölkerung und den Ausbau von Handel und Gewerbe. Die kleine Eiszeit beendete diese kulturelle Aufwärtsbewegung. Die Pest und der Hunger hatten Europa fest im Griff. Der religiöse Fundamentalismus, auch eine Kulturerscheinung, nahm damals dramatisch zu. Kriege waren an der Tagesordnung. Flucht war oftmals die einzige Rettung. Seit 150 Jahren erwärmt sich das Klima wieder. Dieses Mal ist der Mensch nicht nur Opfer oder Nutznießer dieser Entwicklung, sondern er ist selbst mitverantwortlich für diese Veränderung. Schon jetzt zeigen sich die Wirkungen weltweit. Der UN-Nothilfekoordinator Stephen O'Brien schlug im März dieses Jahres Alarm. In Afrika und Asien drohen 20 Millionen Menschen zu verhungern. Gründe sind Krieg, Vertreibung, Missmanagement, aber auch der Klimawandel. Wirbelstürme, Hitzewellen, Überschwemmungen und andere Extremereignisse werden weltweit zunehmen. Immer mehr Menschen werden vor den Umweltkatastrophen flüchten, besonders innerhalb Afrikas und Asiens, auch nach Europa. Parasiten und tropische Krankheiten werden sich auch in Mitteleuropa ausbreiten. Die Klimaänderung hat unsere Kultur verändert und wird sie auch in der Zukunft massiv prägen. UMWELTFRAGEN ALS KULTURFRAGEN NEU BEWERTEN Die gerade stattfindende Erderwärmung, die wir Menschen zumindest stark mitbefördern, wird keinen kulturellen Segen bringen. Die Zahlen liegen auf dem Tisch, die Notwendigkeit eines schnellen Gegensteuerns ist eigentlich unumgänglich. Warum passiert trotzdem so wenig? • Weil die Klimaerwärmung nicht als Kulturthema, sondern nur als Naturthema gesehen wird. • Weil es versäumt wurde, Umweltbildung als essenziellen Teil der kulturellen Bildung und umgekehrt zu verstehen. • Weil es zugelassen wurde, dass Kultur und Umwelt als ein Gegensatz wahrgenommen werden, statt sie als Einheit zu verstehen. Was bedeutet das für einen Kulturverband wie den Deutschen Kulturrat? Es ändert die bislang schön aufgeteilten Verantwortlichkeiten. Die einen kümmern sich um die Natur, die anderen um die Kultur. Die einen sind Naturwissenschaftler, die anderen Kulturwissenschaftler, die einen sind Umweltpolitiker, die anderen sind Kulturpolitiker, die einen engagieren sich in Umweltverbänden, die anderen in Kulturverbänden. Bislang hat sich der Kulturbereich aus Umweltthemen weitgehend herausgehalten. Doch wenn man sich Herausforderungen wie die Klimaerwärmung anschaut, muss man erkennen, wie unverantwortlich das ist. Da in diesem Jahr die Weltklimakonferenz in Bonn stattfindet, besteht die Chance, Umweltschutzfragen als Kulturfragen gemeinsam neu zu bewerten. Wir, Umwelt- und Kulturverbände, sollten die Chance dazu nutzen. Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates. Dem Spitzenverband gehören 257 Bundeskulturverbände an. THEORIE 4 5/2017 „ES GIBT KEINE STÜCKE ZU UMWELTZERSTÖRUNG“ Der Schauspieler Ulrich Matthes über die Abwesenheit ökologischer Themen in deutschen Theatern. I n t e r vi e w: SUSA N N E G Ö T Z E U N D M IC H A E L M Ü L L E R Herr Matthes, Sie spielen gerade in „Der Mensch erscheint im Holozän“ von Max Frisch am Deutschen Theater in Berlin. Welche Rolle spielt darin die Natur? Ulrich Matthes: Ich spiele Herrn Geiser, der die Natur aufgrund seines fragilen Geisteszustandes hochintensiv erlebt. Die Natur schützt und bedroht ihn zugleich. Es geht um einen Erdrutsch, der sich vermutlich im Tessin ereignet, denn das Stück ist nahe an Frischs Biografie. Das Tal ist dadurch von der restlichen Welt abgeschnitten und der Erzähler reagiert hoch angespannt – weil er sich eben selbst in einer Art persönlicher Apokalypse befindet. Es ist aber eigentlich nicht die Natur, die ihm Angst macht, sondern seine beginnende Demenz. Der Mensch als verlorenes Wesen in der Natur ist ja seit Büchners Lenz ein starkes Motiv: Warum greift Frisch so einen Stoff auf? Frisch hat selbst in einem Tal im Tessin gelebt. Er selbst hat die Natur in ihrer Schönheit und in ihrer Bedrohlichkeit immer wieder erfahren und beschrieben. Und es geht natürlich um den Geisteszustand von Herrn Geiser. Denn der Erdrutsch ist zwar eine starke Änderung der Umwelt, aber auch keine Katastrophe wie beispielweise ein Erdbeben. Geiser hat genug Konserven und kann sich eigentlich in dieser Isolation einrichten – aber es fällt ihm schwer, eben aufgrund seiner inneren Aufgewühltheit. Sind dramatische Stoffe, in denen die Natur eine wichtige Rolle spielt, eher die Ausnahme? Es geht im Theater meist um die zwischenmenschlichen Dinge. Es geht um Macht, Ausüben von Macht, Gewalt und Liebe. Ich glaube, die Natur ist eher in der Prosa zuhause – auch weil man sie da genauer beschreiben kann. Theater hingegen arbeitet eher mit Bildern. Ein Beispiel für ein starkes Naturverständnis ist Thomas Bernhard, mit dem ich mich viel beschäftigt habe. Ist das Thema Natur für das Theater zu kompliziert? Auch Gewalt und Liebe sind kompliziert. Ich glaube eher, dass sich das Medium nicht dafür eignet. Anders als der Film zum Beispiel. Siegfried Lenz hat die Natur und das Problem der Selbstvernichtung der Menschheit in seiner Rede zum Friedenspreis des Deutschen Buchhandels thematisiert. Das war auch ein Prosaschriftsteller. Aber für das Theater eignet sich die Ökologie nicht wirklich oder es hat sich noch keiner rangetraut. Aber sind Klimawandel oder Umweltzerstörung nicht genauso aktuell wie die Flüchtlingsfrage, die ja sehr stark aufgegriffen wird? Ja, aber die Stücke muss ja irgendwer schreiben. Und ich glaube, neben der mangelnden Darstellbarkeit auf der Bühne ist auch das Interesse der meisten Dramatiker an Fragen der Natur einfach sehr gering. Die Autoren kümmern sich eher um die Flüchtlingsfrage oder den Rechtspopulismus. Dazu kann man direkter Einfluss nehmen und sich ausdrücken – das finde ich auch verständlich. Liegt es vielleicht auch daran, dass es beim Umweltschutz schnell um den moralischen Zeigefinger geht? Jeder weiß heute, dass die ökologische Frage wichtig ist. Mittlerweile kümmern sich ja alle Parteien um ökologische Belange. Aber Sie sehen es an der Schwäche der Grünen: Das Thema zieht gerade nicht – vor allem bei den Kreativen. Vielleicht sind es Dimensionen, die wir heute, wo das kurzfristige Denken im Vordergrund steht, einfach schwer begreifen? Ja, Sie sehen es an der Zwei-Grad-Diskussion beim Klimawandel: Es bleibt letztendlich eine abstrakte Zahl. Und man muss auch gar nicht so weit gehen: Ich lebe in einem bürgerlichen Wohnhaus und verzweifle an der Mülltrennung. Viele schmeißen ihre Apfelsinenschalen ins Papier und die Flaschen in den Bioabfall – und diese Inkonsequenz vieler Leute in ihrem Alltag zeigt: Der Mensch ist nicht das idealste Tier ... Sind Sie ein Naturmensch? Ich bin in der Stadt, hier in Berlin aufgewachsen. Aber wir hatten hinter unserem Wohnblock einen riesigen, völlig unberührten Garten mit Obstbäumen. Daran denke ich noch heute mit großer Sentimentalität zurück. Ulrich Matthes ist Schauspieler am Deutschen Theater. Er erhielt den Grimme-Preis und den Faust-Theaterpreis und wurde zweimal zum Schauspieler des Jahres gewählt WIR BRAUCHEN ATTRAKTIVE BILDER EINER NEUEN, FRIEDLICHEN KULTUR Te x t: J O H A N O S T R A S S E R W ieder einmal wie schon so oft in der Geschichte der Menschheit verstärkt sich heute das Gefühl, in einer Endzeit zu leben. Wird uns womöglich, fragen sich viele Menschen, jetzt die Rechnung präsentiert für die Zerstörung der Biosphäre, für die achtlose Verschwendung des über viele Jahrmillionen angesammelten Naturkapitals, für die Missachtung der Lebensinteressen der Mehrheit der Weltbevölkerung, für die leichtfertige Überschreitung von Grenzen des Verantwortbaren? Müssen wir nun bezahlen für das, was wir in unserer Hybris, in unserer Maßlosigkeit und in unserem Machtrausch angerichtet haben? Lars von Trier hat vor einigen Jahren diese bange Stimmung in seinem Film Melancholia in bedrückende Bilder gefasst. Am Ende kommt über die verängstigten Menschen, die nach einer Hochzeitsfeier in einem prächtigen Schloss zurückbleiben, ein allen heilsgeschichtlichen Sinns beraubtes apokalyptisches Geschehen: Ein Planet namens Melancholia droht mit der Erde zu kollidieren und auf einen Schlag alles höhere Leben zu vernichten. Die „Lösung“, die der Film – vermittelt durch die depressive Schwester der Hausherrin – suggeriert, lautet: Lasst ab von der hektischen Suche nach Auswegen, fügt euch in das Unvermeidliche! Die Hellsicht des verdunkelten Gemüts, das alte Kassandra-Motiv, hat immer seine Anhänger gehabt. Heute taucht es in Filmen und Büchern vermehrt wieder auf. Filme, die den Weltuntergang zum Thema machten, wurden in größerer Zahl zuerst in den 1950er Jahren in Hollywood gedreht, damals zumeist unter dem Eindruck des atomaren Wettrüstens und des Ost-West-Konflikts. Heute sind es neben Phantasien über die Invasion der Erde durch Außerirdische und Schreckensbildern eines weltweiten atomaren Krieges oft ökologische Katastrophen, die zu apokalyptischen Szenarien ausgemalt werden, so zum Beispiel in Cormac McCarthys Roman Die Straße, der im Jahr 2009 auch verfilmt wurde, oder in Roland Emmerichs Horrorfilm The Day After Tomorrow von 2004. Inzwischen gibt es eine größere Zahl von sogenannten postapokalyptischen Dystopien, düstere Szenarien des mühsamen Überlebens in einer Welt, in der eigetreten ist, wovor Wissenschaftler und Intellektuelle wortreich gewarnt hatten, was sie aber nicht verhindern konnten – von Reinhard Jirgls Roman Nichts von euch auf Erden (2012) bis zu Heinz Helles Eigentlich müssten wir tanzen (2015). Fot o: M at t G ibson | Fl ickr - w w w.flick r.com /phot os /mat t _ g ibson ist es vielleicht doch nicht ganz falsch, in der auffällig großen Zahl von Weltuntergangsdramen einen Ausdruck der Krise unseres Wirtschafts- und Lebensmodells zu sehen. Umstritten ist, ob sie auf der Basis und mit den Mitteln der Vernunft zu lösen ist oder ob es sich hier auch um eine Krise der Vernunft selbst, besser: einer spezifischen, eingeengten Variante der westlichen Rationalität, handelt. Insgeheim, so ist zu vermuten, halten auch manche Menschen, die im Alltag relativ zuverlässig und angstfrei funktionieren, es für möglich, vielleicht sogar für wahrscheinlich, dass die Zerstörung der Umwelt, der Verfall der westlichen Kultur, das Abrutschen in einen Zustand totaler Überwachung, dass eine lange, womöglich finale, Phase von Terror und Krieg nicht mehr abgewendet werden kann. Dass die meisten Menschen sich von gelegentlichen Zukunftsängsten dennoch nicht überwältigen lassen und im praktischen Leben, manchmal sogar entgegen ihren eigenen innersten Überzeugungen, zuversichtlich bleiben, sollte man ihnen nicht als Dummheit oder mangelnde Aufrichtigkeit ankreiden. Denn Pessimismus, auch wenn er gut begründet erscheint, erst recht ein latent apokalyptisches Verständnis der Gegenwart kann die Kräfte, die zur Abwehr der Gefahren gebraucht werden, lähmen und verwandelt sich leicht in eine self-fulfilling prophecy. Aber die Zerstörung der Biosphäre ist kein unabwendbares Schicksal. Sie lässt sich verhindern, wenn die an unserem kulturellen Selbstverständnis Arbeitenden die Kraft finden, nicht nur vor der Apokalypse zu warnen, sondern auch attraktive Bilder einer neuen, friedlichen Natur und einer sie mit der menschlichen Kultur versöhnenden Wirtschafts- und Lebensweise zu schaffen – und wenn daraus eine kooperative Praxis erwächst. 31 50 5 714 /224 Auch wenn die allermeisten Menschen, die solche Bücher lesen und sich solche Filme anschauen, auch weiterhin ein ganz normales Leben führen, sich jedenfalls nicht zu einer radikalen Umkehr aufgerufen fühlen, oder in tiefe Melancholie versinken, Johano Strasser ist Politologe, Publizist und Schriftsteller. Es war ab 1995 Generalsekretär und dann bis 2013 Präsident des deutschen PEN-Zentrums THEORIE movum.info 5 WIE LÄSST SICH EINE „KULTUR DES WENIGER“ GESTALTEN? Ein Rasenmäher kann uns viel über Transformationsdesign lehren – aber auch darüber, warum es wichtiger ist sich mit den Fragen zu beschäftigen, als mit den Antworten. Te x t : B E R N D S O M M E R U N D H A R A L D W E L Z E R B ei Manufactum, aber auch bei Gardena gibt es noch sogenannte handbetriebene Spindelrasenmäher, die besonders für kleinere Rasenflächen bis etwa 500 Quadratmeter gut geeignet sind. Das Manufactum-Modell kommt aus den USA und wird seit ungefähr 100 Jahren weitgehend unverändert produziert. Es kostet knapp 200 Euro und geht nie kaputt, weil an ihm nichts kaputtgehen kann. An notwendigem Service ist alle paar Jahre ein Schleifen der Messer erforderlich, sonst nichts. In deutschen Gärten und Vorgärten ist so ein Rasenmäher heute ein exotisches Gerät. Selbst in Reihenhaussiedlungen mit handtuchgroßen Rasenflächen wird elektrisch oder mit Benzinmotor gemäht, und in der Regel hat jeder Gartenbesitzer seinen eigenen Rasenmäher dafür. Zeitersparnis bringt das keine; die zu mähende Fläche bleibt ja dieselbe, die Benzinmäher brauchen Treibstoff und Wartung, elektrische Rasenmäher Strom und sorgfältigen Umgang mit dem Kabel. Aufwendige Reinigungen erfordern beide. Die Mäher selbst brauchen mehr Platz zum Abstellen, und ihre Lebensdauer ist, besonders im Vergleich zum unzerstörbaren Spindelmäher, vergleichsweise begrenzt. Zudem produzieren sie erheblichen Lärm und natürlich CO2-Emissionen. Schließlich: Dem Rasen bekommt die Rasur mit dem Spindelmäher besser, da der Schnitt anders und pflanzenschonender erfolgt. Kurz: Alles, was nach dem Spindelmäher erfunden und auf den Markt gebracht wurde, bringt für den durchschnittlichen Klein- oder Vorgartenbesitzer nur Nachteile. Gleichwohl ist der Marktanteil der handbetriebenen Mäher verschwindend gering, die Leute kaufen lieber die, die ihnen jede Menge Nachteile einbringen. Wenn man im eigenen Garten mit dem Spindelmäher arbeitet, erlebt man denn auch regelmäßig den Tom-Sawyer-Effekt. Interessierte Nachbarn stehen am Gartenzaun und fragen spöttisch, was das denn sei – so was habe man ja schon lange nicht mehr gesehen. Die Antworten kann man beliebig variieren: von „der ist emissionsfrei“ über „der macht keinen Lärm“ bis hin zu „ist jetzt das Neueste, mäht besser als die elektrischen“ ist alles geeignet, um die nachbarliche Neugier weiter zu steigern. Von da ist es nicht mehr weit bis zu der Frage: „Darf ich mal probieren?“ – und schon sehen Sie den Nachbarn Ihren Rasen mähen. Mit dem Spindelmäher. FERTIGE ANTWORTEN AUF NICHT GESTELLTE FRAGEN Was zeigt dieses Beispiel an Grundsätzlichem in Sachen Transformationsdesign – wenn es also um die Gestaltung des sozialökologischen Wandels geht? Es zeigt, dass der Mitteleinsatz zunächst von der Antwort auf die Frage abhängt, welches Ziel man erreichen möchte. Das ist im Rasenmäher-Beispiel leicht zu beantworten: Ziel ist ein schonend gemähter Rasen. Das Erreichen dieses Ziels lässt sich mit einer einmaligen Investition, einem Materialeinsatz von zehn Kilo Metall und Kunststoff und einem überschaubaren Körpereinsatz dauerhaft sicherstellen. Vom leichten körperlichen Ertüchtigungseffekt haben wir dabei noch gar nicht gesprochen. Aber auch in anderen Fällen würde die Antwort ähnlich einfach ausfallen. Wenn beispielsweise eine Raumüberwindung, sagen wir, von Berlin nach Essen ansteht, dann kann man sich in einen Zug der Deutschen Bahn setzen und das Ziel in etwa dreieinhalb Stunden erreichen. Man kann aber auch fliegen, was weniger als eine Stunde reine Flugzeit erfordert. Leider befindet sich der Flughafen aber in Düsseldorf, was einen Transfer nach Essen nötig macht. Auch in Berlin ist der Flughafen nicht so einfach zu erreichen wie einer der sechs Bahnhöfe, was zusätzliche Zeit und Aufwand erfordert. In der Regel benutzen die Fluggäste für die Transfers ein privates Auto, einen Mietwagen oder ein Taxi. So schafft niemand – die Wartezeiten, Sicherheitskontrollen, Ein- und Aussteigezeiten et cetera eingerechnet – eine kürzere Reisezeit als dreieinhalb Stunden für diese Strecke. Trotzdem verzeichnen die Fluggesellschaften seit Jahren steigende Passagierzahlen, die Leute bevorzugen also die schlechtere und vor allem ökologisch hoch problematische Mobilitätsform. Warum? Weil die Leute vergessen haben zu fragen, für welche Aufgabe ihre Konsumentscheidung eine Lösung sein soll. Dass sie das vergessen, ist wiederum einfach zu erklären: weil moderne Infrastrukturen immer schon Lösungen für Aufgaben konventioneller Art bereitstellen. Das komplette Universum der Konsum- und Mobilitätsangebote bildet ein stets verfügbares Archiv von Antworten auf Fragen der unterschiedlichsten Art – was man essen, wie man sich kleiden, wie man sich bewegen, was man sehen soll. In dieser Dauerverfügbarkeit voreingestellter Antworten geraten, wie in den beiden Beispielen, die Fragen, die man ursprünglich hatte, völlig in den Hintergrund. Man befindet sich, anders gesagt, chronisch in einem Universum von Antworten, ohne dass man noch wüsste oder sich erinnern könnte, was eigentlich die zugehörige Frage gewesen ist. Das ist es, was konventionelles Design leistet: permanent neue Antworten auf Fragen zu geben, die nicht mehr eigens formuliert zu werden brauchen. NICHTSTUN KANN DIE BESTE LÖSUNG SEIN Transformationsdesign geht demgegenüber davon aus, dass die Frage das Entscheidende ist: Welches Ziel möchte ich erreichen, was sind die dafür erforderlichen Mittel? Mögliche Antworten darauf schließen ein, dass man sogar das Ziel selbst infrage stellt: Muss man tatsächlich nach Essen? Muss der Rasen im Garten so kurz sein wie das Grün in Wimbledon oder auf dem Golfplatz? Transformationsdesign setzt also nicht bei der Lösung an, sondern bei der Definition der Frage, die in der Praxis auftaucht. So könnte die Antwort auf die Frage nach der bestmöglichen Lösung für eine Platzgestaltung sein: Man lässt den Platz, wie er ist. Oder die Antwort auf die Frage nach der bestmöglichen Reiseverbindung: zu Hause bleiben. Transformationsdesign ist also zunächst nichts anderes als die Anwendung von moralischer Fantasie und moralischer Intelligenz und muss sich keineswegs in eine Form von Produktion und Produkt übersetzen. Sein Ergebnis kann im Handeln oder auch im Nicht-Handeln bestehen. Soziale und individuelle Prozesse von möglichen Frageund Antwortstellungen gehen dem jeweiligen Ergebnis immer voraus. Im konventionellen Design ist die Reihenfolge genau umgekehrt: Das Ergebnis ist auf alle Fälle ein Produkt, die Frage bleibt lediglich, wie ich es gestalte. In diesem Sinn ist konventionelles Design moralisch und sozial obdachlos, weshalb es auch nicht problematisiert, dass es in der Regel mit einer Aufwandserhöhung einhergeht. Transformationsdesign strebt dagegen nach dem kleinstmöglichen Aufwand. Dieser kann auch bei null liegen. Transformationsdesign setzt nicht bei Produkten an, sondern bei der kulturellen Produktion und Reproduktion. KONSUMKULTUREN SIND NICHT KRISENSICHER Transformationsdesign ist also etwas anderes als nur das Design von Artefakten – seien es Produkte, Mobilitätsinfrastrukturen, Häuser oder Städte. Es betrifft die Veränderung kultureller Praktiken des Gebrauchs von Energie, Stoffen und Produkten und damit auch soziale Kategorien wie Kommunikation, Handel, Konsum, Versorgung. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich Transformationsdesign auch mit der Geschichte solcher Praktiken, denn ihre kulturelle Entstehung und Entwicklung beschreibt zugleich die Potenziale ihrer Veränderbarkeit. Durch die enorme Ausweitung von Strukturen wechselseitiger Abhängigkeiten sind zeitgenössische Gesellschaften zusätzlich störanfällig geworden. So gelten etwa Verkehrs- und Energieinfrastrukturen als „kritische Infrastrukturen“, weil zahlreiche weitere gesellschaftliche Funktionen von ihnen abhängen. Eine Störung an einem Punkt dieses Abhängigkeitsgeflechts vibriert dann durch das gesamte System. Kulturen der Fremdversorgung befriedigen Bedürfnisse aller Art durch Konsumangebote, deshalb tendieren sie dazu, die Menge der angebotenen und gekauften Artikel durch die Schaffung immer neuer Bedürfnisse beständig auszuweiten. Foto : R afa el Cas ti l lo | F l ick r - w w w.fl ick r.com /phot os /m iggsli 2 27 ve s/52 29 6 6 5/ Das erhöht nicht nur den Material- und Energieverbrauch und die Müllberge, es verringert auch die Resilienz, die Widerstandsfähigkeit gegenüber Krisen. Die Produkte gewinnen Herrschaft über ihre Nutzer. Umgekehrt wird ein nachhaltiges Design nicht nur die erforderlichen Material- und Energiemengen verringern, sondern zugleich die Autonomie der Menschen vergrößern. Transformationsdesign bekommt damit eine zivilisatorische Aufgabe, ganz im Sinn der klassischen Aufklärung: Es dient der Ermöglichung von Mündigkeit. Man könnte auch sagen: Es ist emanzipatives Design. Der Text ist ein Auszug aus dem Buch „Transformationsdesign. Wege in eine zukunftsfähige Moderne“, Oekom Verlag, München 2016. Bernd Sommer ist Soziologe und Leiter des Bereichs "Klima, Kultur und Nachhaltigkeit" am Norbert Elias Center for Transformationsdesign & Research (NEC) der Europa-Universität Flensburg Harald Welzer ist Sozialpsychologe und Direktor der gemeinnützigen Stiftung „Futurzwei“ und seit Juli 2012 Honorarprofessor für Transformationsdesign an der Europa-Universität Flensburg PRAXIS 6 5/2017 Fotos: Andreas Pohlmann DER AUSSENSEITER Der Künstler Hermann Josef Hack will den Verlierern der Gesellschaft in Zeiten von Globalisierung und Klimawandel ein Gesicht geben. Zu seinen Kontrahenten gehört auch eine Welt, zu der er selbst ein bisschen gehört: der Kunstbetrieb. Te x t : S U S A N N E S C H WA R Z A uf der Art Cologne im vergangenen Jahr war Hermann Josef Hack ein Kunstwerk. Der 60-Jährige schritt durch die Hallen der Kölner Kunstmesse, bekleidet mit einer weißen Plane, in die er ein Loch für den Kopf geschnitten hatte. Vor seiner Brust baumelte ein Computer. Er selbst redete – für ihn ungewöhnlich – kaum. Da lief eben nur zur Hälfte der Siegburger Künstler Hack, zur anderen Hälfte war er seine eigene Plastik. An seiner statt sprachen Menschen, die live auf dem Tablet zu sehen waren, und zwar Bewohner der Flüchtlingsunterkunft in der kleinen Stadt Siegburg zwischen Köln und Bonn, wo Hack mit seiner Frau wohnt. „Sichtkontakt“ las man auf Hacks Gewand. Eine Art Beschnuppern zwischen dem Kölner Bürgertum und Geflüchteten. Wenn Hack davon erzählt, regt er sich ein bisschen auf. Das liegt an den Problemen, die es bei der Genehmigung der Aktion gab – die Kunstmesse wollte sie nicht zulassen. Aus den Hallen wurden Hack und sein künstlerischer Partner Andreas Pohlmann schnell vom Sicherheitspersonal verwiesen. Selbst das Zelt, das Hack vor dem Messegelände sozusagen als Homebase für das Sichtkontakt-Projekt zu nutzen vorhatte, wollte der Veranstalter nicht erlauben. Hack baute es dennoch auf, wieder aus über und über bemalten Kunststoffplanen. Legal, wie er betont. Statt vom Messeveranstalter hatte er sich die Erlaubnis vom Polizeipräsidium geholt – der Platz vor dem Messegelände ist schließlich öffentlich. Richtig wohl fühlt Hack sich in der Kunstszene nicht, ist manchmal ihr Außenseiter, ihre Nervensäge. Er echauffiert sich gern, über den Kunstmarkt, über versnobte Galeristen, über „Siegerkunst“ von reichen Künstlern für reiche Käufer. Eine Gratwanderung: Zwangsläufig ist er als Künstler ja auch Teil dieser Welt, deren Regeln er leidenschaftlich kritisiert. Den Widerspruch scheint schon sein Äußeres abzubilden. Hacks DER FREIE RADIKALE SORRY, 2050! Den Verlierern der Gesellschaft will Hack ein Gesicht geben. Eben zum Beispiel den Flüchtlingen in Siegburg. Für sie hat er zusammen mit Pohlmann eine Kunstakademie gegründet, lernt, spricht und malt mit ihnen. Seit Jahren ist eines seiner großen Themen aber der Klimawandel. „Sorry, 2050“ stand groß auf einer der Planen, die Hack 2015 an einen Bauzaun gehängt und vor den Siegburger Bahnhof gestellt hatte. Darunter lagen Blumensträuße. Eine Gedenkstätte für die zukünftigen Opfer der Klimakatastrophe nannte Hack die Installation. Die Kinder von morgen, soll das heißen, können sozusagen schon heute als Verlierer der Gesellschaft gelten. In Interviews oder in seiner Kolumne im Online-Magazin klimaretter.info scheut Hack selten die Konfrontation. Er hat keine Probleme damit, Kollegen oder Galerien, die sich seiner Meinung nach verkauft haben, lautstark zu kritisieren – auch auf die Gefahr hin, eine Ausstellung weniger zu bekommen. Kaum ein Verrat wiegt für ihn schwerer, als wenn die Kunst sich in den Auftrag der Mächtigen stellt. Kämpft gegen Ungerechtigkeit und Kunst, die sich in den Dienst der Mächtigen stellt: Beuys-Schüler Hermann Josef Hack. braune Zottelmähne, der Ohrring, manchmal ein locker um den Hals geworfenes Tuch – typisch Künstler eben. Die Sonnenbrille mit den vielen kleinen Strasssteinen bricht damit. Auch Hacks Medium, die Zeltplane, fällt aus dem Rahmen. Hack nutzt solche Planen seit Jahren für seine Bilder, nicht nur für das Sichtkontakt-Projekt. Leinwand findet er prätentiös. Die Zeltplanen hingegen, so erzählt er gern, seien lebendiger. Mal hängen sie einfach flach an der Wand, mal baut Hack aus ihnen Zelte, um etwa auf Klimaflucht aufmerksam zu machen, manchmal spielen Kinder in Flüchtlingsunterkünften damit. Außerdem gefällt ihm der Gedanke, dass er durch seine Kunst Abfallmaterial neues Leben einhaucht. Hacks Leben als Künstler war nicht immer vorgezeichnet. Mit Anfang zwanzig machte er eine Ausbildung zum Verwaltungsbetriebswirt bei der Bundesbahn. In den Neunzigerjahren arbeitete er im Bundesministerium für Forschung und Technologie – immerhin als Kunstbeauftragter. Jetzt wird Hack oft in eine Reihe mit Joseph Beuys gestellt, dessen Schüler er als ganz junger Mann war. Mit 17 begann Hack, an der Kunstakademie Düsseldorf von dem Aktionskünstler, Bildhauer, Zeichner und Kunsttheoretiker zu lernen. Beuys‘ Idee der sozialen Plastik hat ihn beeinflusst. Was da aber noch gefehlt habe, sei die globale Perspektive, meint Hack. Ohne die gehe es heute nicht mehr. Vor einem Vierteljahrhundert hat der Künstler deshalb das „Global Brainstorming Project“ gegründet, mit dem er immer wieder Aktionen veranstaltet. Das Projekt fordert dazu auf, Politik und Weltgestaltung kreativ anzugehen – als Kunst bzw. durch Vermittlung der Kunst. Seine eigene UNO nennt er es gern mit einem Augenzwinkern. Die echten Vereinten Nationen oder das Militärbündnis Nato hält Hack für festgefahren und ineffektiv. Als Künstler sei es seine Aufgabe, Entwürfe für die Gesellschaft und den Planeten zu haben. Das müssen, findet Hack, keine konkreten politischen Forderungen sein, aber eben Visionen. „Sonst könnte ich mir gleich die Kugel geben.“ PRAXIS movum.info 7 VERBINDENDE TECHNIK Moon Ribas und Neil Harbisson sind Cyborgs: Sie haben Mikrochips im Körper, um der Natur nahe zu sein. Mit Hightech-Körpererweiterungen wollen die New Yorker Künstler ein besseres Verständnis für unsere Umwelt erreichen. Te x t: SA N D R A K I RC H N E R S eit jeher verändern die Menschen ihre Umwelt. Doch Tempo und Intensität der menschlichen Gestaltungsmacht vergrößerten sich mit dem Einsetzen der Industrialisierung, die mittlerweile als eigenes Erdzeitalter, als „Anthropozän“, unter Experten diskutiert wird. Aus der Nutzung der gegebenen Ressourcen wurde ein aggressiver Raubbau, der auf einer unheilvollen Dialektik von Fortschritt und Zerstörung gründet. Je stärker die technischen Möglichkeiten, umso höher der Grad der Umweltzerstörung. Ein Ausweg? Weniger Technik, Verzicht und Minimalismus. Moon Ribas hat einen anderen Weg eingeschlagen. Die Avantgarde-Künstlerin trägt seit 2013 einen Mikrochip im linken Arm, den sie selbst entwickelt hat. Der Sensor ist mit einem Online-Seismographen verbunden und lässt die 31-Jährige Erdbeben spüren. „Das Implantat erlaubt es mir, jedes Beben auf der Welt in Echtzeit wahrzunehmen“, sagt Ribas. Die Katalanin, die mittlerweile in New York lebt, musste sich an die ständigen Vibrationen gewöhnen, anfangs wachte sie nachts noch davon auf. Vor allem heftige Beben rührten die Künstlerin, weil sie wusste, dass in jenen Minuten auch Menschen sterben können. Es sei ein riesiger Unterschied, ob man wisse, dass es gerade irgendwo ein Erdbeben gebe, oder ob man es fühle, sagt Ribas. Deshalb hat sie eine Tanzperformance entwickelt, bei der sie die Erschütterungen der Erde in Bewegungen übersetzt. Barfuß steht sie dafür auf der Bühne, reißt ihre Arme in die Höhe oder lässt ihren zuckenden Körper zu Boden fallen. Und wenn sie keine Schwingungen verspürt, steht Ribas einfach nur still. Auch mit Instrumenten übersetzt sie ihre Wahrnehmungen. Die Erdbeben, die Mexiko im Laufe der vergangenen Jahrzehnte heimgesucht haben, vertont Ribas auf einer Trommel. Je heftiger die Trommelwirbel, desto heftiger waren die Beben. Die Vibrationen, die die Tänzerin manchmal mehrfach am Tag spürt, bezeichnet Ribas als ihren seismischen Sinn. „Mein Körper besitzt einen Sinn, der nicht menschlich ist“, sagt Ribas, die sich deshalb auch als Cyborg bezeichnet. Cyborgs erweitern ihre menschlichen Sinneswahrnehmungen oder Fähigkeiten. Wie eine Maschine fühlt sich Ribas trotzdem nicht. Über die Sin-neserweiterungen, so glaubt sie, könne sie eine engere Verbindung zur Umwelt herstellen. Neben ihrem Herzschlag fühle sie nun auch den Rhythmus der Erde. Auch den Tieren, die Erdbeben wahrnehmen können, fühlt sich Ribas nun näher. Diese veränderte Wahrnehmung führe zu einem tieferen Verständnis von natürlichen Vorgängen und letztlich zu einem anderen Verhalten. „Der Mensch versucht stets nur die Umwelt zu ändern statt sich selbst“, sagt Ribas. Sie modifiziert sich lieber selbst. MEHR MENSCHEN SOLLEN CYBORGS WERDEN Foto: i nt og r aph ics | Pi xabay.com Durch ein Implantat spürt Moon Ribas die Erschütterungen der Erde und ent wickelt einen „ seismischen Sinn“. Gemeinsam mit Neil Harbisson hat Ribas die Cyborg Foundation gegründet. Harbisson setzt auch auf die Möglichkeiten der Selbstoptimierung: Er ist farbenblind und trägt einen Sensor am Kopf, der Farben in seiner Nähe in Töne übersetzt. Mit ihrer gemeinsamen Stiftung wollen Ribas und Harbisson den Menschen dabei helfen, selbst ein Cyborg zu werden. Dabei lassen sie sich von der Natur oder von Tieren inspirieren. „Wir müssen nicht mehr auf die Evolution warten, sondern können uns zu Lebzeiten weiterentwickeln“, sagt Ribas. Doch nicht zum reinen Selbstzweck – sondern um die Erde anders wahrzunehmen. Die Technik müsse die Menschen nicht von der Umwelt entfremden, sie könne ihnen dabei helfen, Mensch und Umwelt besser zu verbinden. VON LEUCHTTÜRMEN UND TRÄUMEN Kann ein Leuchtturm fern vom Meer Wandel bewirken? Ja, sagt der britische „Artivist“ John Gordon. Transformation entsteht nicht, weil die Menschen die Fakten kennen, sondern weil sie träumen. T e x t : E VA M A H N K E KOPF, HERZ UND HAND Für dieses Träumen soll der Leuchtturm stehen und Poesie in die Auseinandersetzungen um den Flughafen bringen. Und tatsächlich halten hier mittlerweile Einheimische an, die vorher Hemmungen hatten, sich den Aktivisten zu nähern. Foto: The Yes Men | Wikimedia.org J ohn Gordon baut an einem Leuchtturm mit. 20 Meter hoch soll er werden, sein Licht weit in die Ferne schicken und in den Menschen das Bild wachrufen, dass es die stürmische See gibt und den sicheren Hafen. „Er ist ein Kunstobjekt“, sagt der Brite, der seit mehr als 20 Jahren in verschiedenen Bewegungen aktiv ist, „er wird wunderschön und ein Symbol des Widerstands.“ Der Leuchtturm entsteht weit entfernt von jeder Küste. Sein Licht wird er aufs platte Land westlich der französischen Stadt Nantes schicken, wo Aktivisten seit Jahren versuchen, den Bau eines neuen Großflughafens zu verhindern. In der harten Auseinandersetzung geht es um Ökologie, um Lärm, um den Klimawandel. Es geht um Arbeitsplätze und um Perspektiven für eine ländliche Region. Die Aktivisten glauben nicht daran, dass der Flughafen die richtige Art von Entwicklung bringt. Sie wollen eine kleinteilige, regionale Wirtschaft, die den Landstrich lebendig macht, statt eines Großprojekts, von dem nur wenige profitieren. Die Auseinandersetzung läuft seit Jahren. Sie ist eine der vielen Schauplätze, an denen sich entscheidet, ob eine sozialökologische Transformation gelingen kann. John Gordon ist hier, um dafür zu sorgen, dass dieser Wandel mit den richtigen Mitteln in Gang gebracht wird. „Viele glauben, dass man Menschen überzeugen kann, Dinge anders zu machen, indem man ihnen die Fakten erzählt“, sagt Gordon. So und so viele Arten seien vom Aussterben bedroht, so und so verhalte es sich mit dem Klimawandel, so und so viele Menschen litten millionenfach weltweit. „Ich kann all diese Daten und Fakten aufzählen und dann sagen: Handle!“ Das werde aber nicht funktionieren. „Menschen werden nicht durch Fakten motiviert, sie brauchen Träume, wie es anders sein könnte, wie die Welt und ihr Leben stattdessen aussehen könnten.“ Die Yes Men sind bekannt für ihren bissigen Humor und ihre öffentlichkeit wirksamen Aktionen: Hier geben sie sich als Exxon-Mobil-Manager aus. Die Strategie, die Gordon verfolgt, nennt sich „Artivism“, ein Kunstwort aus „art“ und „activism“. Auch wenn das Wort „Kunst“ im Begriff steckt, geht es nicht darum, Kunst über ein politisches Thema zu machen. Vielmehr sollen künstlerische, kreative, überraschende Ideen in soziale Auseinandersetzungen hineingetragen werden, um Menschen emotional anzusprechen. „Die besten Artivism-Strategien sind vielleicht Innovation und Konfusion“, sagt Gordon. „Durch die Wiederholung der immer gleichen Aktionsformen – der Marsch von A nach B, die Mahnwache, das Protestcamp – verlieren diese schnell an Einfluss.“ Erfolge gebe es dagegen oft, wenn neue Formen erfunden werden, die überraschen. Dazu gehören zum Beispiel die „Clown Army“, die auf Demonstrationen friedliche Verwirrung stiftet, oder auch die „Yes Men“, die vorgeben, Konzernsprecher zu sein, und so für überraschende Reaktionen und Medienberichte sorgen. Artivism ist aber mehr als eine Strategie. „Es ist eher eine Haltung“, sagt Gordon. Mit anderen Worten: Es geht nicht nur um die politischen Aktionen selbst, die eine sozialere und ökologischere Welt möglich machen sollen. Artivism soll auch die zumeist sehr akademische und rationale Auseinandersetzung um Transformation bereichern. „Wir brauchen kreative Formen des Wissensaustauschs und partizipatorische Bildungsansätze, die versuchen, gemeinsam geteiltes Wissen weiterzugeben“, ist Gordon überzeugt. „Wir müssen über das Sprechen und Zuhören hinausgehen und Kopf, Herz und Hand gleichermaßen einbeziehen.“ PRAXIS 8 5/2017 KRISTALLISATION DES KLIMAWANDELS Kunst soll Perspektiven für eine nachhaltige Gesellschaft eröffnen und den Klimawandel vermitteln, aber kann sie das? Te x t: DA N I E L A S C H M I D T K E D er Klimawandel ist für viele Menschen immer noch ein Abstraktum. Zwar leiden schon heute Millionen Menschen unter den Folgen eines „verrückt“ spielenden Klimas, dennoch sind die dramatischen Veränderungen vor allem in westlichen Stadtgesellschaften oft weit vom Alltag entfernt. Während Politiker über Treibhausgas-Reduktion verhandeln, werden den Bürgern Verhaltensänderungen und Verzicht gepredigt. Künstler aus aller Welt arbeiten deshalb seit Jahren daran, den Klimawandel zu übersetzen und ihn greifbar und wahrnehmbar zu machen. Sich zu entwöhnen und zu verändern, bedeutet immer einen großen Einschnitt für das eigene Leben und braucht Motivation. So wurde in Berlin in der Akademie der Künste im Juli 2016 öffentlich gefragt, ob Kultur und Kunst dazu beitragen können, einen Weg aus der Klimakrise zu finden, oder beim „DeLight Art Festival“ im März 2017 versucht, über zeitgenössische Kunst einen nachhaltigen Lebensstil zu vermitteln. METAPHERN FÜR DEN KLIMAWANDEL Mit seiner Lichtinstallation „Crystal Study“, die beim DeLightFestival gezeigt wurde, versucht Akitoshi Honda Phänomene wie die Erderwärmung sichtbar zu machen. Das Werk macht deutlich, dass es sich dabei um einen nicht offenkundig zutage tretenden Vorgang handelt, sondern um ein Phänomen, das sich über einen langen Zeitraum vollzieht. „Crystal Study“ ist eine Langzeitbeobachtung des Kristallisationsprozesses in einem sogenannten Sturmglas. Der Prozess findet auf einer molekularen Ebene statt und bleibt so dem menschlichen Auge verborgen. Die Veränderung der Materie macht Honda über einen Laser sichtbar, indem er die Veränderungen in der Lichtbrechung aufzeichnet. So wird nicht erst der ausgebildete Kristall als Produkt erkennbar, sondern auch dessen Entwicklung. In der Installation sieht man, wie sich die Lichtfrequenz des Lasers wandelt. Vor der Diskussion in der Akademie der Künste wurde eine Szene aus der Videoarbeit „3 Ster mit Ausblick“ von Michael Sailstorfer und Jürgen Heinert gezeigt: Eine Holzhütte in der Foto: Akitoshi Honda 2015 Der japanische Künstler Akitoshi Honda macht mit einer Laser-Installation die Transformation der Stoffe sichtbar. Landschaft, oben heraus lugt der Schornstein eines Ofens. Qualm tritt aus, immer mehr Qualm. Die Hütte fällt zusammen, Stück für Stück löst sie sich auf, bis erst noch der Ofen übrig bleibt und irgendwann nur Feuer und Funken. Die Hütte hat sich selbst verbrannt. Die Selbstverbrennung der Zivilisation als Symbolbild für die Klimakrise – ein starkes Bild, das auch der Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber in seinem neuesten Buch bemüht. Der Laser und die brennende Hütte: Zwei starke Bilder, den Klimawandel zu übersetzen oder wahrnehmbar zu machen – einmal durch einen komplexen Prozess und einmal durch ein auf den Punkt gebrachtes künstlerisches Statement. Zwei Metaphern, um den Klimawandel als Chronologie auszuweisen oder die Konsequenz des menschlichen Handelns in ihrem Ausmaß darzustellen. VORHANDENE DENKWEISEN AUFBRECHEN Kunst kann jedoch mehr als das, arbeitete eine Diskussion um Perspektiven für eine nachhaltige Gesellschaft auf dem DeLightFestival heraus. Sie kann nicht nur sichtbar machen oder übersetzen, sondern auch eine andere Vision von Nachhaltigkeit schaffen, die jenseits von Untergangsphantasien existiert und so einen anderen Blick beispielsweise auf das Anthropozän und dessen Möglichkeiten eröffnet. Als Beispiel wurde das Projekt „The Sixth Extinction“ der Künstlerin Daisy Ginsberg genannt, das eine neue Welt mit synthetischer Biodiversität konstruiert. NACHRICHTEN Pendler vor dem Burnout Der wirtschaftliche Erfolg Deutschlands ist nach Ansicht des Braunschweiger Mobilitätsforschers Stephan Rammler teuer erkauft. Der flexibilisierte Arbeitsmarkt mit häufigen Ortswechseln sei nur mit langen Arbeitswegen und billiger Energie möglich, sagte Rammler im Interview mit dem Deutschlandfunk. Gleichzeitig gebe es noch immer das Leitbild vom Eigenheim mit Auto. Die Folge sei eine große psychische und körperliche Belastung der Beschäftigten, die viele aber unterschätzen würden. „Ein großer Teil der Erwerbstätigen steht kurz vor dem Burnout“, warnte der Forscher, der eine Abschaffung von Anreizen wie der Pendlerpauschale fordert. Städte für Menschen Wie können Städte lebensfreundlicher werden? Um die Diskussion darüber anzuregen, hat das Umweltbundesamt (UBA) in einer Studie Vorschläge für einen grundlegenden Wandel der Mobilität gemacht. Kernelement der „Stadt für Morgen“ ist ein gut ausgebauter öffentlicher Nahverkehr, ergänzt um gute Fuß- und Radwege. Ähnlich argumentieren die Sozial- und Stadtforschungs-Institute ISOE, Difu und Steteplanung in einer eigenen Studie für das Land Hessen: Die Landes- und Kommunalpolitik brauche einen Perspektivwechsel von der autogerechten Stadt zur Förderung der Nahmobilität. Zentraler Vorschlag ist ein Landesverkehrsfinanzierungsgesetz für den Übergang. Ginsberg fragt, wie Natur und biologische Vielfalt mit Blick auf die technischen Möglichkeiten bewahrt werden können. Dabei stellt sie infrage, dass der Schutz bestehender Natur die einzige Möglichkeit ist, und spielt mit Alternativen, die die synthetische Biologie hervorbringen kann. Wie könnte eine zukünftige Umwelt aussehen mit Wesen, die synthetisch erzeugt sind und sowohl uns Menschen als auch der Natur zugutekommen? Haben wir die menschliche Kultur bisher in Abgrenzung zur Natur verstanden, so ist nun ein Umdenken notwendig, suggeriert diese Arbeit. Kultur war bisher positiv konnotiert als etwas genuin vom Menschen Hervorgebrachtes, das seine Lebenswelt erhält, und Natur als etwas unabhängig vom Menschen Existierendes und für ihn teilweise Bedrohliches. Das hat sich nun umgekehrt: Nun ist vielmehr unsere Kultur uns zur Bedrohung geworden. Während Diskussionen um den Klimawandel oft in apokalyptische Szenarien abgleiten, kann Kunst – wie im letzten Beispiel – einen offeneren Blick auf die Zukunft werfen, sie als Prozess zeigen, ohne bereits feststehenden Horizont. Dabei ist der Eklektizismus der Kunst, der in der Wissenschaft verpönt ist, ihr Vorteil. Gerade dort, wo sich Künstler mit ökologischen Fragen auseinandersetzen, gehen sie häufig ein Bündnis mit den Wissenschaften ein, arbeiten sich in den Forschungsstand ein, kooperieren mit Physikern, Chemikern, Biologen und experimentieren mit den gewonnenen Erkenntnissen. Darin steckt Potenzial: die Zukunft nicht dunkel zu färben, sondern positive, wenn auch gleichzeitig irritierende Visionen zu zeichnen. IMPRESSUM Herausgeber: Reiner Hoffmann, Vorsitzender, Deutscher Gewerkschaftsbund Prof. Dr. Kai Niebert, Präsident, Deutscher Naturschutzring e.V. Damian Ludewig, Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. Michael Müller, Vorsitzender, NaturFreunde Deutschlands e.V. Christel Schroeder, Lutz Ribbe, EuroNatur Stiftung Jörg Sommer, Vorstandsvorsitzender, Deutsche Umweltstiftung Dr. Hubert Weiger, Vorsitzender, BUND e.V. Dr. Martin Held, Gesprächskreis Die Transformateure – Akteure der Großen Transformation Redaktion: Chefredaktion: Dr. Susanne Götze, Joachim Wille (V.i.S.d.P.) Redakteurin: Sandra Kirchner Debatte n zu den The men die ser Ausgabe unter: www.Bri efe-zurTransfo rmation .de Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den AutorInnen. Projekt Forum Transformation DIESES PROJEKT WURDE GEFÖRDERT VON: Layout Adrien Tasic, Gestaltung Hermann Josef Hack, Plakat Foto: Tom HiltonFlickr | Flickr- www.flickr.com/photos/tomhilton/3933593835/ „Ende Gelände“ macht weiter Auch dieses Jahr will das Aktionsbündnis Ende Gelände wieder gegen die Kohlenutzung protestieren. Ende August soll im Rheinischen Braunkohlerevier die Kohleproduktion „so lange wie möglich blockiert werden“. Eine Woche lang sollen Aktionen stattfinden. Die Aktivisten wollen sich dabei vom Kohleriesen RWE nicht einschüchtern lassen: Wegen der Besetzung des Braunkohletagebaus Garzweiler 2015 drohen vielen von ihnen zivilrechtliche Klagen. Grund ist ihre Weigerung, eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben, die ihnen das Betreten aller RWE-eigenen Anlagen inklusive Tagebaue und damit alle künftigen „Ende-Gelände“-Aktionen untersagen würde. Mitbestimmung auf dem Teller In immer mehr Städten gründen sich Ernährungsräte. Sie verstehen sich als Gegenbewegung zu einem Ernährungssystem, das von Agrarkonzernen und Lebensmittelketten beherrscht wird, berichtet die Zeitschrift Schrot & Korn. Die Großunternehmen sorgen für ein Komplettangebot und bezahlbare Preise – aber auch für eine Entfremdung zwischen Erzeugern und Konsumenten, für Ausbeutung, Tierfabriken, Verschwendung und Umweltschäden. Gegen jede dieser Negativfolgen leisten Menschen Widerstand und arbeiten an Alternativen, oft jedoch getrennt. Die Ernährungsräte wollen ihre Kräfte bündeln, mit Bildungseinrichtungen zusammenarbeiten und für eine progressive Ernährungspolitik in den Städten eintreten. n zu Debatte ser men die den The unter: Ausgabe iefe-zur www.Br e .d n io t rma Transfo Verlag: movum erscheint im Naturfreunde-Verlag Freizeit und Wandern GmbH Warschauer Str. 58a+59a, 10243 Berlin, Tel.: +49 (0)30 29773260 www.naturfreunde.de Geschäftsführer: Hans-Gerd Marian Registergericht: Amtsgericht Charlottenburg, HR-Nr.: HRB 118470 B. Der Verlag haftet nicht für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, Aufnahme in Onlinedienste sowie Vervielfältigung auf Datenträgern nur nach Genehmigung des Verlages. movum liegt exklusiv, regelmäßig und kostenlos der Fachzeitschrift politische ökologie des oekom verlags bei. Auflage: Mantel: 10.000 Exemplare, Plakatbeilage: 11.000 Die movum-Ausgaben können Sie kostenlos bestellen: bestellung@naturfreunde-verlag.de oder per Post: Naturfreunde-Verlag Freizeit und Wandern GmbH Warschauer Str. 58 a + 59 a, 10243 Berlin Foto: Michael Schulze von Glaßer | www.schulze-von-glasser.eu VERANSTALTUNGEN 15. bis 17. Mai 2017 Tagung „Gute Arbeit ohne Wachstum“ Evangelische Akademie Tutzing www.ev-akademie-tutzing.de 29. Mai 2017 Jahreskonferenz des Rates für Nachhaltige Entwicklung „Wissen – wählen – wünschen“ Berlin Congress Center, Berlin www.nachhaltigkeitsrat.de 12. Juli 2017 Konferenz „Fokus Wachstumswende – Postwachstums-Politiken in Zeiten von erstarkendem Rechtspopulismus“ Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin www.fokus-wachstumswende.de 18. bis 23. August 2017 „Degrowth-Sommerschule 2017 – Skills for System Change“ Rheinisches Braunkohlerevier www.degrowth.de
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