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Full text: Movum (Rights reserved) Ausgabe 13.2016 (Rights reserved)

Briefe zur Transformation movum 3/2016 ßem Mit gro er: ost Grafikp em densyst o i r e P s Da ischen der krit te Elemen Ressourcen und Macht THEORIE „DEUTSCHLAND MUSS SEINE CHANCEN NUTZEN“ Interview mit Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder PRAXIS HOHER PREIS FÜRS SCHWARZE GOLD Von Eva Mahnke CHINAS WENDE BEI DER KOHLE Von Martin Jänicke TELEFON FÜR WELTVERBESSERER Von Sandra Kirchner Foto: LHOON | flickr.com/photos/lhoon/191847021 EDITORIAL movum.info 1 AUSGEBEUTET, VERBRAUCHT, VERSCHWENDET Von Martin Held und Jörg Schindler, Gesprächskreis Die Transformateure D ie Verfügbarkeit über Ressourcen bedeutet Macht. Wer am Oberlauf eines Flusses sitzt, kann den Unterliegern das Wasser abgraben. Land mit fruchtbaren Böden war die Basis für das Aufblühen großer Städte. Reichhaltige Erzlagerstätten standen Pate beim Machtzuwachs aufsteigender Herrschergeschlechter ebenso wie beim Aufstieg von Handels- und Finanzimperien wie dem der Fugger. Kohle- und Stahlbarone wurden im Laufe der Industrialisierung geradezu sprichwörtlich. Im englischen Begriff power ist die doppelte Bedeutung von Macht wie auch Energie und Kraft unmittelbar spürbar. Auf der Kehrseite wird Machtverlust ausgelöst durch den Verlust von Territorien und damit der Verfügung über deren Ressourcen, ebenso wie etwa durch das Versiegen von Ölquellen oder die Schließung von Minen, wenn die leichter zugänglichen und hoch angereicherten Minerale und Flöze erschöpft sind. All diese Beispiele machen den engen Zusammenhang von Ressourcen und Macht deutlich. Diese Verbindung ist nicht einfach Geschichte, spiegelt nicht nur längst vergangene Zeiten, sondern wirkt bis auf den heutigen Tag und auch in Zukunft. Wer die Geschichte des Nahen Ostens, seine Zerrissenheit und die anhaltenden Kämpfe verstehen will, dem sei etwa das Buch des US-Militärhistorikers Geoffrey Wawro empfohlen: „Quicksand. America’s Pursuit of Power in the Middle East“. Die Urgewalt, in der die beginnende Ausbeutung neu entdeckter Ölquellen sämtliche Lebensverhältnisse in Saudi-Arabien auf den Kopf stellte, die Gesellschaft komplett transformierte, hat Abdalrachman Munif in Romanen wie „Zeit der Saat“ und „Salzstädte“ literarisch verarbeitet. In Zeiten von Virtualität und Digitalisierung sinkt vermeintlich die Bedeutung mineralischer Rohstoffe. Auch in Zeiten des Klimaschutzes seien sie nicht mehr so wichtig, da ja die fossilen Ressourcen, vor allem Öl und Kohle, ohnehin im Boden bleiben „müssen“. Wer Klimaschutz mit der gebotenen Entschlossenheit betreiben will, der ist gut beraten, sich mit den Interessen der Besitzer der fossilen Ressourcen auseinanderzusetzen. Das hat mit Macht zu tun, denn für die beginnende große Transformation zu einer nachhaltigen Entwicklung braucht es Gegenmacht, um die Strukturen rasch zu verändern. Das Schauspiel des Einbremsens der Energiewende in Deutschland ist dieser Kräftekonstellation geschuldet. Wer die erneuerbaren Energien als Alternativen rasch und umfassend durchsetzen will – ein Muss für die große Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft –, der sollte genauer verstehen, wie sich die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit von Kohle, Erdöl und Erdgas entwickeln, und er sollte auch die Verwendungszusammenhänge verstehen und damit die technischen, wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen ihrer Änderbarkeit. Auch hier ist Macht ein wesentlicher Aspekt. Der Beitrag von Martin Jänicke in diesem Heft über Kohle in China lehrt noch etwas anderes: Klimaschutz braucht starke Verbündete. China in seiner rasenden nachholenden Entwicklung der Nichtnachhaltigkeit verbraucht als einzelnes Land inzwischen mehr Kohle als die gesamte restliche Welt. Die Folgen des Erfolgs werden zunehmend zum Problem: Die heimische Kohleförderung stößt an Grenzen, trotz hoher Eigenförderung sind die Kohleimporte hoch, viele Städte und Regionen leiden über weite Teile des Jahres unter einer kaum noch erträglichen Luftverschmutzung. Das hat die chinesische Führung vor vier Jahren zu einem radikalen Umsteuern veranlasst. Die politische Vorgabe, den Vorrang für die Kohle zu beenden, hat zu einem Rückgang des Kohleverbrauchs geführt. Diese veränderte Motivlage, bei der das Weltklima gerade nicht im Vordergrund stand, brachte China zum Einlenken bei den Klimaverhandlungen und war die Voraussetzung für den Erfolg des Pariser Klimagipfels. Nicht anders verhält es sich mit den stofflichen Voraussetzungen der Energiewende und der Digitalisierung. Letztere ist keine virtuelle Entwicklung zu einer Dematerialisierung, ganz im Gegenteil: Die Aufregung über das damalige Quasimonopol Chinas bei der Förderung seltener Erden in den Jahren um 2010 war nur ein erstes Vorzeichen. Trotz zaghafter Ansätze zu Recycling bei einigen wenigen Materialien geht die Verschwendung und Dissipation der Metalle weiter. Im englischen Begriff dissipation steckt wiederum der Schlüssel zum Verständnis: Er bedeutet verbreiten, zerstreuen ebenso wie verschwenden. Die Digitalisierung ist nicht virtuell. Die Entdeckung des Periodensystems 1869 und das zunehmende Verständnis der Nutzungen, die die verschiedenen chemischen Elemente ermöglichen (Funktionalisierung genannt), schufen die Voraussetzung für die Digitalisierung und ebenso für die Energiewende. Vier von fünf Elementen des Periodensystems sind Metalle oder Halbmetalle. Wurden im Lauf der Geschichte davon vielleicht zehn bis 15 verwendet, sind es jetzt nahezu alle: Wir befinden uns am Beginn des all metals age. Die beginnende sozial-ökologische Transformation hält eine doppelte Aufgabe bereit: Erstens ist die Abhängigkeit vom fossilen Trio rasch abzubauen, beginnend mit Öl und Kohle. Bei der Dominanz des Erdöls im Verkehrssektor ist das eine gewaltige Aufgabe. Zweitens ist die Verschwendung der Rohstoffe zu beenden. Diese ist eine Erbschaft aus der fossilen Prägung des industriellen Zeitalters. Sie läuft dem Ziel einer Transformation in Richtung Nachhaltigkeit diametral entgegen. Die Rede von peak everything – als Steigerung von peak oil – hilft da gar nicht. Metalle sind nach ihrem Gebrauch ja noch da. Es gilt, ihren wachsenden Verbrauch zu reduzieren und endlich die Stoffwende als Baustein der großen Transformation anzustoßen: Metalle nicht mehr verbrauchen, sondern gebrauchen. Dazu kann auch beitragen, die „Metalle der Hoffnung“ zu verstehen und damit klug umzugehen. AKTEURE 24 3/2016 DREI FRAGEN ZU RESSOURCEN UND MACHT Unser Umgang mit den stofflichen und energetischen Ressourcen ist strukturell nicht nachhaltig. Was sind heute und in Zukunft die zwei oder drei wichtigsten Ressourcen? Die Antwort mag überraschend klingen: die Human Resources, also das Wissen und Können der Menschen, und die nicht mehr genutzten fossilen Energieträger. Die Erklärung ist aber einfach. Wir brauchen einerseits technische, soziale und politische Innovationen, um bei den jetzt notwendigen weitreichenden Transformationen erfolgreich zu sein. Der Weg in eine emissionsneutrale, ressourcenleichte, gerechte und nachhaltige Welt stellt uns vor große Herausforderungen. Es geht um den Umbau von Infrastrukturen und um grundlegend andere Produktions- und Konsummuster. Human Resources sind dabei für die Entwicklung der Innovationen und ihre erfolgreiche Einführung entscheidend. Neben den Innovationen brauchen wir aber auch das Gegenteil: Exnovationen, um von den nicht nachhaltigen Praktiken wegzukommen. Der Strukturwandel – etwa beim Ausstieg aus den fossilen Energieträgern – muss aktiv gestaltet werden. Dafür müssen kluge gesellschaftlich und politisch tragfähige Transformationsansätze entwickelt werden. Welche grundlegenden Probleme sind damit verbunden? Für den Einstieg in neue und den Ausstieg aus alten Strukturen sind die bestehenden Machtstrukturen und ihre Veränderung ein wesentlicher Punkt, der oft über Erfolg oder Misserfolg bestimmt. Bei Widerständen die Initiative zu ergreifen, ist dabei oft entscheidend. Widerstände in Veränderungsprozessen sind für die meisten Menschen ein Ärgernis. Erfahrene „Change Agents“ – Gestalter des Wandels – wissen aber, dass Widerstände ihnen helfen, bessere Lösungen für ihre Veränderungsideen zu finden und die Menschen mit ihren guten Ideen einzubinden. Kurz gesagt: Widerstände sind wichtig für einen erfolgreichen Wandel. Viele Widerstände können für den Veränderungsprozess genutzt werden, wenn die Change Agents das Heft in die Hand nehmen. Dadurch lassen sich manchmal auch für die Interessenunterschiede, die am Ende bleiben, neue Lösungen finden. Die Volkswirtin und Nachhaltigkeitsexpertin Kora Kristof leitet seit 2011 die Grundsatzabteilung des Umweltbundesamtes. Mineralische Ressourcen haben sich in geologischen Prozessen innerhalb von Millionen – manchmal sogar Milliarden – Jahren gebildet. So gesehen scheint es keine Nachhaltigkeit im Bergbau zu geben. Für einen nachhaltigen Umgang mit Mineralien gibt es drei Grundsätze: Nutze, was zur Verfügung steht; nutze so wenig wie möglich; recycle so viel wie möglich. Wendet man diese Prinzipien an, bedeutet das, dass wir ein komplett anderes Industriesystem als heute brauchen. Wir müssen lernen, wie wir weitermachen können, ohne die seltenen Ressourcen zu nutzen, die eigentlich nicht recycelt werden können. Das betrifft zum Beispiel wertvolle Metalle für die Katalyse, Indium, Tantal oder Gallium für elektronische Geräte. Andere Mineralien mit einem vergleichsweise hohen Anteil in der Erdkruste können vergleichbare Funktionen erfüllen. Beispielsweise Aluminium und Magnesium für tragende Teile, Stahl für Werkzeuge, Aluminium als elektrischer Leiter, Silizium für Halbleiter. Mit diesen Materialien können wir das meiste herstellen, was für eine komplexe Industriegesellschaft gebraucht wird, die durch solare Energie versorgt wird. Allerdings müssen wir dafür unser Wirtschaftssystem umstellen. Komplexe Systeme wie die menschliche Gesellschaft haben eigentlich keine „Probleme“, sie haben vielmehr Antriebskräfte und Feedbacks. Gegenwärtig sind die Hauptkräfte, die auf die menschliche Zivilisation einwirken, die Erschöpfung der Ressourcen und der Klimawandel. Beide stoßen das System aus dem Gleichgewicht. Die Menschen nehmen das als Problem wahr und sie glauben, dass die Lösung darin liegt, noch härter daran zu arbeiten, dass alles so bleibt, wie es ist. Aber das ist ein vergebliches Unterfangen. Das System steuert auf einen „Kipppunkt“ zu, an dem es sich in einen völlig anderen Systemzustand begeben wird. Derzeit können wir nicht sagen, wann dieser tipping point erreicht sein wird und was sich danach herausbilden wird. Aber der Übergang wird nicht unbedingt schmerzfrei vor sich gehen. Ugo Bardi: Der geplünderte Planet. Die Zukunft des Menschen im Zeitalter schwindender Ressourcen. Oekom, München 2013 In einem umfassenden Überblick erläutert Ugo Bardi die Herkunft der Bodenschätze und die Geschichte des Bergbaus wie auch deren Bedeutung im Lauf der Geschichte. Durchgehend hat er den Blick sowohl auf den mineralischen als auch auf den fossilen Rohstoffen. Im Unterschied zur vorherrschenden Trennung behandelt er die Frage der Ressourcenverknappung im Zusammenhang mit Umweltverschmutzung und Klimawandel. 16 Einschübe internationaler Autoren machen das Buch zusätzlich lesenswert. Sehr gut nachvollziehbar durchleuchtet Bardi den „Wettlauf nach den Regeln der Roten Königin“ und zeigt die Richtung, wie er überwunden werden kann. Das Buch empfiehlt sich als Einstieg in den Themenschwerpunkt Ressourcen und Macht. Es unterstreicht dessen Bedeutung für die anstehende große Transformation zu einer nachhaltigen Entwicklung. Ulrich Grober: Der leise Atem der Zukunft. Vom Aufstieg nachhaltiger Werte in Zeiten der Krise. Oekom, München 2016 Ulrich Grober nimmt Leserinnen und Leser mit auf den Weg seiner Wanderungen in Schwarzwald und Harz ebenso wie ins Ruhrgebiet oder nach Wolfsburg: zu Besuch bei „Transformateuren“, die mit nachhaltigeren Lebensweisen experimentieren. Eine wichtige Stimme der großen Transformation wird hier hörbar, die eine vielfach fehlende Seite betont: Bei aller Dringlichkeit der Umsteuerung gehört zur Nachhaltigkeit eine „Kultur des Lassens“, die sich auf Zyklen und Rhythmen der Natur einlässt. Diese Einübung in Gelassenheit, die wiederum Kraft geben kann für Aktivität und Umsteuern weg von der vorherrschenden Nichtnachhaltigkeit, wird hier in poetischer Sprache nahegebracht. Lebensfreude paart sich mit dem Realismus, dem das Risiko eines Kollapses bewusst ist. Nicht zu vergessen die starken Sprachbilder, wie das Märchen „Das kalte Herz“ als Parabel der Gier. Was ist dabei (macht)politisch bestimmt? Was ist bei der Überwindung der Probleme politisch beeinflussbar – und wie? „Nichts ist beständiger als der Wandel.“ Auf diese Regel können erfolgreiche Veränderungen bauen. Um sich nicht zu verzetteln, sollten sich Change Agents auf einige Punkte konzentrieren. Sie sollten bestimmte Hotspots in den Mittelpunkt stellen, zum Beispiel nachhaltige Infrastrukturen und ihre Kopplung: Energie-, Verkehrs-, Wasser-, Informations- und Kommunikations-Infrastrukturen. Denn Infrastrukturen sind relativ dauerhaft und haben eine große Ressourcen- und Umweltwirkung. Die Change Agents sollten Experimente unterstützen, etwa das Zusammenwachsen von Konsumenten und Produzenten zu sogenannten Prosumenten – zum Beispiel durch 3-D-Drucker, Digitalisierung oder neue Formen des Zusammenwohnens. Sie sollten auch Zusammenhänge im Blick haben. So kann die Energiewende nur glücken, wenn gleichzeitig an der Ressourcenwende gearbeitet wird und soziale Aspekte berücksichtigt werden. Die erwähnte Exnovation sollten sie bewusst begleiten, indem sie zum Beispiel die Initiative für einen Strukturwandel in Regionen mit starker Bindung an fossile Energieträger aktiv gestalten. Und schließlich brauchen Veränderungsakteure neben Fachwissen auch Wissen zu den Erfolgsbedingungen von Veränderungsprozessen. In der heutigen Zeit ist das grundlegende Kontrollelement das Geld. Unsere Gesellschaft ist vielleicht die am stärksten monetarisierte in der Geschichte. Das Finanzsystem spielt eine so überragende Rolle, dass die grundlegende politische Steuerung der Gesellschaft nicht mehr gewährleistet ist. Das Kontrollsystem des Geldes gewinnt immer mehr Macht über die Gesellschaft. Es ist wirklich mächtig, aber es hat auch gigantische Probleme: Geld besitzt keine Intelligenz und hat keine Fähigkeit zur Vorausschau. Außerdem ist es instabil und expandiert ständig. Finanzkrisen und der Kollaps des Finanzsystems sind das Ergebnis der exzessiven Akkumulation von Geld. Es ist sicher möglich, komplexe Gesellschaften mit anderen Methoden als Geld zu managen, aber davon sind wir noch weit entfernt. Die Dinge ändern sich jedoch ständig und die Zukunft hält immer Überraschungen bereit. Was wir noch erleben werden, wird uns sicher überraschen. Ugo Bardi lehrt Chemie an der Universität Florenz und ist Mitglied des Club of Rome. Er verfasste den Club-of-Rome-Bericht 2013 zur Rohstoffsituation der Erde. Maja Göpel: The Great Mindshift. How a New Economic Paradigm and Sustainability Transformation go Hand in Hand. Springer, Berlin 2016 Transformationswissen – transformative literacy – wird in diesem Buch als eine entscheidende Fähigkeit und Kompetenz eingeführt, um die erforderlichen radikalen Schritte zur Umsetzung der Reformstrategien zur Nachhaltigkeit gehen zu können. Dazu führt die Wissenschaftlerin Maja Göpel in die Forschung zur Nachhaltigkeitstransformation ein und stellt grundlegende Merkmale des sich herausbildenden neuen ökonomischen Paradigmas vor. Sie veranschaulicht das an vier Fallbeispielen zu Pionierbewegungen für Nachhaltigkeits-Innovationen. Zudem bricht sie die Analyse der großskaligen Systemänderungen auf Strategien zu individuellen Veränderungen herunter. Damit wird die Richtung aufgezeigt, bei der die theoretische Fundierung und konkretes Umsetzungswissen zusammenkommen. AKTEURE DER GROßEN TRANSFORMATION Das fossile Zeitalter ist nicht nachhaltig. Notwendig ist eine Große Transformation in Richtung einer postfossilen, nachhaltigen Entwicklung. Nun geht es darum, diesen tiefgreifenden Übergang mit seinen Strukturbrüchen verträglich und gerecht zu gestalten. Dafür braucht es in allen Bereichen Transformateure. Es geht um die Änderung der Lebensstile ebenso wie um eine Änderung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Der Gesprächskreis Die Transformateure verbreitet diese Idee. Transformationstagungen und Transformations-Labs tragen gleichermaßen zur Vernetzung bei. www.transformateure.wordpress.com Die Herausgeber (Deutscher Gewerkschaftsbund, Deutscher Naturschutzring, BUND, Deutsche Umweltstiftung, EuroNatur, FÖS, NaturFreunde und Die Transformateure) und andere Akteure der Transformation stellen sich an dieser Stelle im Wechsel vor. THEORIE movum.info 3 CHINAS WENDE BEI DER KOHLE Te x t : M A R T I N JÄ N I C K E C hina ist ein Land voller Widersprüche. Das betrifft nicht nur den Gegensatz von Stadt und Land oder Arm und Reich. Es geht auch um ein politisches System, das einerseits eine hohe Starrheit aufweist, gleichzeitig aber extreme Dynamiken auslösen kann. Das zeigt sich am dortigen Boom von Wind- und Solarenergie. Die Kapazität der Windenergie wuchs in den letzten zehn Jahren unerwartet von 1,3 auf 133 Gigawatt, die Ausbauziele für das Jahr 2020 wurden deshalb immer wieder angehoben, von ursprünglich zwei auf nunmehr 250 Gigawatt. Die Solarstrom-Kapazität wuchs ähnlich rasant in wenigen Jahren auf 43 Gigawatt, die Ziele für 2020 wurden ebenfalls schrittweise von zwei auf 160 Gigawatt hochgesetzt. Das eigentlich Bemerkenswerte ist aber die Wende bei der Kohle. China erzeugt nicht nur die Hälfte der Kohle der ganzen Welt. Das Land hat überdies in wenigen Jahren eine gewaltige Importabhängigkeit entwickelt. Noch 2013 wurden mehr als 300 Millionen Tonnen Kohle importiert. ZUERST GING ES UM LUFTVERSCHMUTZUNG Mit dem extremen Kohleverbrauch konnte es allein schon aus Gründen des Umweltschutzes nicht gut gehen. Und es ist nicht gut gegangen: Zu Beginn des Jahres 2014 veröffentlichten chinesische Zeitungen Bilder von Häfen, in denen sich die importierte Kohle stapelte. In den Städten und Provinzen, aber auch in der Schwerindustrie fanden sich offenbar nicht mehr genügend Abnehmer. Und immer stärker wirkten sich staatliche Maßnahmen gegen die Kohle aus. Die sich Ende 2013 abzeichnende Wende hat sich in den folgenden drei Jahren beschleunigt. Sie bedeutet eine Dekarbonisierung, die die Kohle nicht mehr ausklammert. Mittlerweile erlebt China eine Transformation des Energiesystems, die rascher abläuft als in Deutschland. In kaum einem anderen Land war die Kohlelobby bisher so stark wie in China – die Chefs der Kohlekonzerne haben den Status eines stellvertretenden Ministers. Als umweltpolitischer Berater der Regierung wurde man noch 2011 darauf verwiesen, dass die Rolle der Kohle bei der Elektrizitätsgewinnung tabu sei. Es gelte weiterhin ein Kohleanteil an der Stromerzeugung von 70 Prozent. Allerdings schon zu dieser Zeit möglich war die Einführung strikter Umweltschutzstandards für Kohlekraftwerke. Seit Anfang 2012 gelten für solche Kraftwerke strenge Grenzwerte. Für Schwefeldioxid und Stickoxide wurden sie ausdrücklich doppelt so streng formuliert wie in der EU oder den USA. Erstmals wurden auch Grenzwerte für Quecksilber festgelegt. Bis 2015 erforderte dies Investitionen von umgerechnet 40,7 Milliarden US-Dollar. PROGRESSIVE STROMTARIFE Interessant ist, dass diese höheren Kosten für den Umweltschutz, aber auch für die erneuerbaren Energien nur den 20 Prozent der Stromkunden mit hohem Stromverbrauch angelastet werden. Die obersten fünf Prozent mit dem höchsten Stromverbrauch zahlen dabei einen besonders hohen Tarif. Im Jahr 014 ging die Regierung zu direkten Maßnahmen gegen den hohen Kohleverbrauch über: Neue Kohlekraftwerke müssen künftig Effizienzstandards einhalten und den Kohleverbrauch auf 310 Gramm pro Kilowattstunde begrenzen, Altanlagen auf 315 Gramm. Diese Regelung ist Teil des „Klimawandelplans“ für 2020. Der Plan sah auch die Schließung von zehn Gigawatt ineffizienter Kohlekraftwerkskapazität vor. Im selben Jahr drängte die Regierung die 14 wichtigsten Kohlekonzerne, ihre Produktion um zehn Prozent zu senken, auch um dem Verfall der Kohlepreise entgegenzuwirken. 320 Millionen Tonnen Standardkohle sollten allein 2014 und 2015 eingespart werden, um den zwölften Fünfjahrplan einzuhalten, der 2015 endete. Gleichzeitig wurden Importabgaben für Steinkohle eingeführt, wie es sie bereits seit 2013 für Braunkohle gab. Das ermutigte nun auch die Provinzen zu weitgehenden Maßnahmen. Zwölf Provinzen planten, den Kohleverbrauch bis 2020 um 655 Millionen Tonnen und die CO2-Emissionen um 1,3 Milliarden Tonnen zu verringern. IMMER SCHÄRFERE GESETZE Maßnahmen zur Beschränkung der Kohle haben sich bis in die Gegenwart hinein fortgesetzt. Die Kohleproduktion sank in den ersten acht Monaten dieses Jahres um mehr als zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. Seit 2013 ist das ein Rückgang um mehr als 500 Millionen Tonnen. Das sind Größenordnungen, die die globale Klimapolitik erheblich beeinflussen. Die radikalste Festlegung enthält der neue Fünfjahresplan von 2016 bis 2020. In diesem Zeitraum soll der Kohleverbrauch um jährlich zwei bis vier Prozent zurückgehen. In den nächsten drei Jahren soll die Kohleproduktion um ein Fünftel verringert werden. 4.300 Kohleminen mit insgesamt 700 Millionen Tonnen Jahresproduktion sollen geschlossen werden. Allein für dieses Jahr ist ein Kapazitätsabbau bei der Kohlegewinnung um 250 Millionen Tonnen vorgesehen. Für 30 Kohlekraftwerke wurde ein Baustopp erlassen. Die extremen Smog-Situationen 2013 und 2014 waren sicher das ausschlaggebende Handlungsmotiv. Sie führten 2014 auch dazu, dass das Umweltgesetz die weitestgehende Verschärfung seit 1989 erfuhr. Zu den neuen Instrumenten gehören nicht nur höhere Strafgebühren für Verschmutzung, sondern auch das öffentliche Anprangern von industriellen Umweltsündern und die Absetzung oder Strafverfolgung von lokalen Beamten. Firmenchefs können 15 Tage inhaftiert werden, wenn sie eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterlassen, BaustoppAnweisungen oder Verbote ignorieren. Neu ist auch, dass Umweltorganisationen unter bestimmten Bedingungen Gerichtsverfahren anstrengen können. Auch wenn der Vollzug in China dem Gesetz meist hinterherhinkt, sind das wichtige Maßnahmen. DEUTSCHLAND HAT DEN WEG NOCH VOR SICH Neben der extremen Luftverschmutzung gibt es eine Reihe weiterer Gründe für die Wende bei der Kohle. Die geplante teilweise Abkehr von der Schwerindustrie hat die Strukturprobleme dieses Sektors mit seinen unflexiblen Staatsunternehmen verschärft. In der Industrieprovinz Liaoning ging die Wirtschaftsleistung im vergangenen Jahr um mehr als fünf Prozent zurück. Ein anderer Grund ist der hohe Kühlwasserbedarf der Kohlekraftwerke in einem Land, dessen Städte mehrheitlich unter Wasserstress leiden. Natürlich war auch das Eindämmen der explodierenden Importabhängigkeit ein politisches Motiv. Ebenso wirkte sich das rasch wachsende Stromangebot der erneuerbaren Energien positiv aus. China ist also mittlerweile ein Land mit einer Politik der Dekarbonisierung, die überraschenderweise die bis dahin privilegierte Kohle besonders trifft. Diese Politik folgt bisher keinem großen Plan. Sie hat auch ihre Mängel – wie die unzureichende Netzanbindung von Wind- und Solarstrom oder den teilweisen Rückgriff auf Atomenergie. Aber sie hat ein teilweise interessantes Instrumentarium: Effizienzstandards für Kohlekraftwerke, Steuern und Foto: w w w.flic 72 2 kr.com/photos/67661012@N0 4/146585 87 Importabgaben auf Kohle, progressive Stromtarife und demnächst auch Emissionshandel. Fallweise werden auch Beschäftigungsalternativen für den Bergbau diskutiert. Damit wird China zu einem Vorreiter auf einem Weg, den Deutschland bei der Braunkohle noch vor sich hat. Bei der Reduzierung der Kohlenstoffintensität seiner Volkswirtschaft war China im letzten Jahr Weltmeister. Es folgten Großbritannien und die USA, zwei Länder mit ebenfalls rückläufigem Kohleverbrauch als Folge klimapolitischer Maßnahmen. Deutschland liegt in dieser Hinsicht deutlich zurück. Professor Martin Jänicke leitete die Forschungsstelle für Umweltpolitik an der FU Berlin. Viele Jahre beriet er die Bundesregierung in Umweltfragen. THEORIE 4 3/2016 "DEUTSCHLAND MUSS SEINE CHANCEN NUTZEN" Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) über Donald Trump, die Achse China– EU, russisches Erdgas und eine neue ökologische Steuerreform I n t e r v i e w: M IC H A E L M Ü L L E R U N D JOAC H I M W I L L E Herr Schröder, der Slogan des neuen US-Präsidenten Donald Trump lautet: „Make America great again.“ Das will er unter anderem erreichen, indem er die fossilen Energieträger – vor allem die Kohle – pusht und die Umweltgesetzgebung zurückfährt. Kann das funktionieren? Gerhard Schröder: Eine Volkswirtschaft auf alten, ressourcenintensiven Industrien, vor allem auf Kohle und Stahl, aufzubauen, entspricht der Wachstumsphilosophie von vor 100 Jahren. Das wird in den USA, aber auch in anderen Ländern nicht mehr gehen. Ich würde es sehr bedauern, wenn die USA versuchen, das Rad zurückzudrehen. Mit einer solchen Strategie würde Trump die US-Wirtschaft in die Isolation steuern, die Gewinner wären China und, wenn sie zusammenbleibt, die EU. Wie ernst ist es China mit dem Umsteuern? In der Klimapolitik war Peking zuletzt einer der Antreiber, zusammen mit den Obama-USA. In China verändert sich die Einstellung in Umweltfragen rasant, von der kommunalen Ebene bis ganz oben zur Führung. Die Menschen dort spüren immer stärker die Folgen der Umweltbelastungen. Die KP Chinas hat begriffen, dass die nächste Generation ein anderes Wachstum braucht. Diese Neuausrichtung wird entweder in Konkurrenz oder in Partnerschaft mit Europa erfolgen. Die EU muss begreifen, welche Chancen sich mit einem gemeinsamen nachhaltigen Wachstum auftun. o: Fot No r d St rea m Foto: Campus Symposium GmbH Wikimedia Commons Können Sie das genauer erklären? Trump will, dass das transpazifische Freihandelsabkommen mit Asien nicht in Kraft tritt. Damit eröffnen sich Europa neue Chancen. Peking will ein nachhaltiges Wirtschaften voranbringen. Das hat weitreichende Folgen auch in anderen Feldern, etwa der Kultur und Wissenschaft, in denen China enger mit Europa kooperieren will. Von 1998 bis 2005 war Gerhard Schröder (SPD) deutscher Bundeskanzler und leitete die erste rot-grüne Koalition auf Bundesebene. Im Dezember 2005 übernahm Schröder den Vorsitz der Nord Stream AG, an der der russische Gaskonzern Gazprom einen Anteil von 51 Prozent hält. Zudem hatte Schröder nach seiner Kanzlerschaft Aufsichsrats- und Direktoriumsposten inne, unter anderem für Pipelineprojekte und den russisch-britischen Ölkonzern TNK-BP. Ist Europa überhaupt bereit, eine „grüne Achse“ mit China zu bilden? Das ist die Frage. In der EU, gerade auch in Deutschland, sind Konzepte für ein nachhaltiges Wachstum entwickelt worden. Der Einstieg erfolgte 1998 mit der rot-grünen Bundesregierung. Es wäre ideal, wenn diese Konzepte auch zusammen mit China weiterentwickelt würden. Deshalb bedauere ich, dass einige EU-Länder, vor allem im Osten, auf eine alte Energiepolitik, vor allem auf Kohle und Atom, setzen. Welche Rolle spielt Russland, das rohstoffreichste Land der Erde? Müssen Deutschland und die EU nicht auch das Verhältnis zu Moskau neu bestimmen? Aus vielerlei Gründen brauchen wir eine neue Ostpolitik, die ein vernünftiges Verhältnis zwischen Russland und der EU schafft. Mit Blick auf Rohstoffe ist es eine Frage europäischer Vernunft. Auch wenn wir in Zukunft weniger verbrauchen, sind wir in den nächsten Jahrzehnten auf sie angewiesen. Russland bietet diese Rohstoffe, aber das Land braucht bessere Technologen, um nachhaltiger zu wirtschaften und Ressourcen zu schonen. Auch deshalb muss die Partnerschaft ausgebaut werden. Um die Energie aus Russland, vor allem Erdgas, kümmern Sie sich intensiv, wie jeder weiß ... Irgendwo müssen wir das Erdgas ja herbekommen. Neben der Frage der Versorgungssicherheit geht es auch darum, die gesamte Kette der Energienutzung ökologisch effizienter zu machen. Dafür brauchen wir Erdgas. Viele haben die Sorge: Wir machen uns durch den Bau neuer Ostsee-Pipelines, den Ihr Nord-Stream-Konsortium vorantreibt, zu sehr abhängig von Russland. Es ist eine gegenseitige Abhängigkeit. Russland ist seit vier Jahrzehnten ein zuverlässiger Lieferant, egal, wer in Moskau regiert hat. Das wird sich nicht ändern. Die Alternativen sind bei weitem nicht so sicher: der Nahe Osten oder Nordafrika. In der Rohstoffnutzung ist auch der „Umweltvorreiter“ Deutschland alles andere als ein Vorbild. Pro Kopf verbrauchen wir im Schnitt pro Jahr 16 Tonnen an Ressourcen, so das Umweltbundesamt ... Umso mehr braucht es konkrete, praktikable Konzepte, wie wir von solchen Mengen herunterkommen. Ich bin kein Experte in dieser Frage, aber dass Politik und Industrie hier mehr tun müssen, ist offensichtlich. Es wäre gut, wenn meine Partei, die SPD, Konzepte weiterentwickelt, die Ökologie, Innovation und soziale Gerechtigkeit miteinander verbinden. Denn eines ist auch klar: Energie ist eine soziale Frage, sie muss bezahlbar sein. Der Weltkongress für Geologie hat die Epoche, die in der wir leben, kürzlich umbenannt. Statt im Holozän, der gemäßigten Warmzeit, leben wir nun im Anthropozän, also in der maßgeblich vom Menschen geprägten Welt. Und das bedeutet auch: Um die Destabilisierung der Ökosysteme zu verhindern, muss der Mensch ein globales Regime der Ressourcenschonung etablieren. Könnte Europa das Vorbild liefern? Durchaus. Aber nur, wenn wir zeigen, dass die Transformation nicht mit Wohlstandsverlust einhergeht. Wir dürfen keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass wir den Wandel bei uns vorantreiben. Aber wir müssen zugestehen, dass die Schwellenund Entwicklungsländer eventuell mehr Zeit brauchen, um diesen Wandel zu vollziehen. Die Zeit wird allerdings mehr als knapp. Eine nachholende Industrialisierung für alle nach dem Muster von Europa und USA hält die Erde nicht aus. Wird das 1,5-Grad-Limit der Erderwärmung aus dem Paris-Vertrag ernst genommen, müsste THEORIE movum.info 5 WEGE IN DIE ROHSTOFFWENDE Mit einem passgenauen wissenschaftlichen Konzept und politischem Willen soll eine andere Rohstoffwirtschaft in Deutschland möglich werden Te x t : M AT T H I A S B U C H E R T U N D S T E FA N I E D E G R E I F der globale CO2-Ausstoß binnen zehn Jahren auf Null sinken ... Ein solch radikaler ökonomischer Umbau ist kaum denkbar. Das kennen wir aus Deutschland. Für einen sozialverträglichen Umbau in den Braunkohle-Revieren in Brandenburg, Sachsen und NRW braucht man Zeit. Das Problem ist nur: Da spielt das Klima nicht mit. Die Umwelt ist inzwischen der limitierende Faktor. Trotzdem muss der Umstieg wirtschaftlich und sozial vernünftig gestaltet werden, nicht zu abrupt. Es geht um eine Strategie, die einen verlässlichen Weg aufzeigt, dem die Menschen vertrauen. Nach diesem Muster habe ich den ursprünglichen rot-grünen Atomausstieg von 2000 angelegt. Das Konzept hieß: Ausstieg und Umstieg in einem planbaren Zeitraum. Das ist durch die chaotischen Entscheidungen der Bundeskanzlerin 2010/2011 – erst Laufzeitverlängerung, dann nach Fukushima überstürzter Ausstieg – über den Haufen geworfen worden. Jetzt brauchen wir einen schnellen, aber auch sehr teuren Ausbau der Infrastruktur, besonders der Stromtrassen. Es wäre für alle Beteiligten besser gewesen, den Atomkonsens von 2000 beizubehalten. Wir wissen seit langem, was getan werden muss, aber die nötigen Veränderungen finden nicht oder nur langsam statt. Die Elektromobilität zum Beispiel hatte man längst anpacken können ... Das ist richtig. Die deutsche Autoindustrie hat die Entwicklung verschlafen. Sie hat zu lange geglaubt, es ginge alles so weiter wie bisher. Wenn sie wettbewerbsfähig sein will, muss sie stärker auf Elektromobilität setzen. Es bleibt der Widerspruch zwischen Wissen und Handeln, besonders beim Klimawandel. Hier sind die Menschen im Süden, vor allem in Afrika, besonders betroffen, doch die Folgen holen auch uns ein, zum Beispiel durch die Migration. Diese Probleme wird Deutschland allein nicht lösen. Deshalb muss es eine übergreifende Strategie geben: nationale Anstrengungen, eine gemeinsame europäische Strategie und globale Verträge im Rahmen einer gestärkten UN. Die Wahrheit aber ist, dass schon in der EU die Notwendigkeit eines klimaverträglichen Wachstums nicht von allen geteilt wird. Und auf der nationalen Ebene? Was ist mit der in ihrer Amtszeit begonnenen ökologischen Steuerreform? Müsste sie weiterentwickelt werden? Natürlich wäre eine Fortführung sinnvoll. Allerdings müssen die Schritte gut überlegt werden, und vor allem muss sichergestellt sein, dass die Industrie gegenüber der internationalen Konkurrenz keine Nachteile hat. In Ihre Regierungszeit fiel auch der Irak-Krieg. War es ein Krieg um Öl? Die Gründe waren vielschichtig, wie auch die Begründungen wechselnd waren. Fakt ist: Die Intervention war falsch und die Folgen sind verhängnisvoll. Kann künftig der Kampf um Ressourcen zu einem weltpolitischen Konflikt werden? Das ist nicht ausgeschlossen. Die Ressourcenfrage ist eine zentrale machtpolitische Frage. Um Konflikte zu verhindern, müsste es auch internationale Verständigungen geben. Allerdings wird es schwierig, einzelnen Ländern vorzuschreiben, was sie mit ihren Rohstoffen zu tun haben. In der Umweltbewegung gibt es Vertreter, die auf Autarkie setzen, insbesondere auf Energieautarkie. Sie setzen dagegen auf eine bessere Kooperation? Ich glaube nicht an ein autarkes Wirtschaften, das ganz ohne Rohstoffe auskommt. Wir sind eine Industrienation und wollen es auch bleiben. Wir werden auch in Zukunft auf Rohstoffe angewiesen sein. Und da wir selbst kaum welche haben, werden wir sie importieren müssen. Und anderen entwickelten Volkswirtschaften geht es genauso. Also ist ein multilateraler Ansatz in der Ressourcenfrage notwendig, um Konflikte zu vermeiden, aber auch um die sozialen und ökologischen Bedingungen in den Rohstoffländern zu verbessern. Denn wir sollten nicht nur an uns, sondern auch an die anderen Gesellschaften denken. D as Wissen haben wir: Wie viel Quecksilber gelangt jedes Jahr durch den illegalen Goldabbau in das peruanische Amazonasgebiet? Rund 40 Tonnen. Wie viel Treibhausgasemissionen verursacht die weltweite Stahlund Zementproduktion? 5,7 Milliarden Tonnen CO₂-Äquivalent, etwa das Sechsfache des Ausstoßes der Bundesrepublik. Wie viele Kinder arbeiten in südkongolesischen Minen? Rund 40.000 nach Schätzungen des UN-Kinderhilfswerks Unicef. Seit Jahrzehnten sind die Beispiele der negativen ökologischen und sozialen Folgen der Primärgewinnung von Rohstoffen bekannt. Uns ist auch bewusst, dass wir ein Baustein im globalen Kreislauf sind, decken doch die weltweiten Abbau- und Verarbeitungsaktivitäten auch die Nachfrage eines Industrielandes wie Deutschland. Und klar ist: So wie bisher kann Deutschland nicht weitermachen, notwendig ist eine langfristig angelegte Rohstoffwende. KONZEPT FÜR ROHSTOFFWENDE BIS 2049 Das Öko-Institut in Darmstadt hat nun einen Vorschlag zu einer langfristigen Strategie für eine nachhaltige Rohstoffwirtschaft für Deutschland entwickelt und auf seiner Jahrestagung Anfang Dezember mit Fachleuten aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft diskutiert. Die zentrale Annahme ist, dass die Bandbreite der weltweit im Einsatz befindlichen Rohstoffe nach passgenauen und rohstoffspezifischen Zielen und Maßnahmen verlangt. Diese müssen konkret auf die jeweiligen Problemlagen der Rohstoffgruppen zugeschnitten sein. Nur so können die ökologischen und sozialen Probleme bei Abbau, Verwendung und Entsorgung der Materialien verringert werden. Und nur so können Verbraucher und Industrie von einer ethisch und ökologisch nachhaltigen Rohstoffnutzung profitieren. Das Forschungsteam teilte das analysierte Set aus 75 Rohstoffen in zwei Gruppen ein: Sogenannte Massenrohstoffe mit einem jährlichen Bedarf von mehr als 100.000 Tonnen in Deutschland und Nicht-Massenrohstoffe mit einem geringeren Bedarf. Jede der beiden Gruppen wiederum wurde in sechs Cluster unterteilt. Die Cluster fassen Rohstoffe zusammen, die ähnliche Merkmale haben oder gemeinsame Risiken aufweisen. Für jedes dieser Cluster wurden schließlich in zwei Szenarien – dem Businessas-usual- und dem Rohstoffwende-Szenario – die Potenziale für eine Rohstoffwende bis 2049 mit einem Bündel an politischen Zielen und Maßnahmen beschrieben. HEIMISCHE BAUROHSTOFFE SCHONEN So enthält etwa das Cluster „heimische Baurohstoffe“ Kies, Sand, Naturstein und Ton. Sie alle werden aus natürlichen Vorkommen in Deutschland gefördert, was vor allem Flächen in Anspruch nimmt. Die Detailanalyse des Rohstoffs Kies macht deutlich, dass für eine Rohstoffwende der Bedarf dieses heimischen Primärbaustoffs deutlich sinken muss. Der Abbau in Kiesgruben nimmt viel Fläche in Anspruch und zerstört intakte Landschaften und damit Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Das „Rohstoffwendeszenario“ nimmt deshalb an, dass durch eine längere Nutzung von Bestandsgebäuden durch vorausschauende Sanierung der Neubaubedarf zurückgeht. Zusätzlich soll bei der Errichtung neuer Bauten mehr Sekundärmaterial, also etwa Betonbruch als Kiesersatz, verwendet werden. Konkret schlägt die Forschungsgruppe vor, die jährlichen Sanierungsraten bis zum Jahr 2049 auf ein statt heute 0,8 Prozent für gewerbliche Immobilien und auf drei statt heute einem Prozent für Wohnhäuser zu erhöhen. Dies kann den jährlichen Bedarf an Ton, Naturstein und Sand um mindestens 20 Prozent bis 2049 und an Kies sogar um bis zu 45 Prozent verringern. Um Foto: w w w.fl ick r.comphot ossosialist isk u ngdom 8 45605 3670 steuernd einzugreifen, wird vorgeschlagen, eine Primärbaustoffsteuer einzuführen. Sie soll Anreize schaffen, die Primärrohstoffvorkommen an Kies zu schonen und den Einsatz von Recyclingbaustoffen zu fördern. IMPORT-REGELN FÜR SELTENE ERDEN Im Gegensatz zu den Massenrohstoffen verlangt die Rohstoffwende für ein Technologiemetall wie Neodym, das zum Beispiel für Elektromotoren in E-Fahrzeugen eingesetzt wird, gänzlich andere Ziele und Maßnahmen. Neodym wird vollständig importiert. Es gibt neben dem Versorgungsrisiko sowie den Risiken der Korruption, der mangelnden Arbeitssicherheit und der Kinderarbeit vor allem sehr große Umweltrisiken: die radioaktiven Rückstände sowie die Schwermetalle bei der Primärgewinnung. Deshalb liegt der Schwerpunkt einer Rohstoffwende-Strategie hier vor allem auf Maßnahmen in der Primärkette, die zertifiziertes Rohmaterial nach anspruchsvollen Kriterien im Blick haben. Zudem sollte der Einsatz von Sekundärmaterial von heute null auf 30 Prozent im Jahr 2049 erhöht werden. Nicht zuletzt sollte sich die Nutzungsdauer von Informations- und Kommunikationstechnik um 50 Prozent verlängern. Das Gesamtkonzept für die Rohstoffwende mit langfristigen politischen Zielen und konkreten Maßnahmen will das Öko-Institut Anfang 2017 vorlegen. Matthias Buchert leitet den Institutsbereich Ressourcen & Mobilität am Öko-Institut, in dem auch Stefanie Degreif an wissenschaftlichen Lösungen zur Rohstoffwende arbeitet. PRAXIS 6 3/2016 HOHER PREIS FÜRS SCHWARZE GOLD Foto: Eva Mahnke Südafrika lebt von seinem „schwarzen Gold“. Farmer warnen, dass der Kohlebergbau gerade die fruchtbarsten Böden zerstört. Das kümmert die Regierung bislang nicht. T e x t : E VA M A H N K E N ichts von dem, was Sie jetzt hier sehen, wird in 20 Jahren noch da sein“, sagt Gideon Anderson nüchtern und schlägt mit dem Arm einen weiten Bogen in Richtung der Felder ringsum. „Sämtliche Schürfrechte für dieses Land wurden bereits verteilt.“ Anderson ist Farmer in Südafrika; seine Farm liegt zwischen den Städten Middelburg und Belfast in der Provinz Mpumalanga. Aus dieser Provinz kommt der Großteil der in Südafrika geförderten Kohle. Mehr als die Hälfte der Region ist dem „schwarzen Gold“ schon zum Opfer gefallen oder es gibt Anträge auf Förderlizenzen. Südafrika ist der siebtgrößte Kohleförderer der Welt. Auch nach Deutschland wird die Steinkohle verschifft. Im vergangenen Jahr waren es fünf Millionen Tonnen. Bis vor einem Jahr war Andersons südafrikanische Farm ein stattliches Anwesen. Geräumige Wirtschaftsgebäude, ein freundliches Wohnhaus, weite Rasenflächen und üppige Blumenrabatten – man sah auf den ersten Blick, dass die Geschäfte der Farm „Zonnebloem“ gut gehen. Ende August musste Anderson das alles aufgeben. Der wohlhabende Landwirt, der im großen Stil Mais und Sojabohnen anbaut, ist nicht freiwillig gegangen. Zehn Jahre lang hat er gekämpft. Am Ende aber konnte sich der kräftige Mann mit den Stoppelhaaren nicht gegen den Schweizer Rohstoffkonzern Glencore durchsetzen. Der will die Kohle unter seinem Land zu Geld machen. Praktisch alle in Deutschland tätigen Energiekonzerne – von Vattenfall über Eon, RWE und EnBW bis zur Steag – verbrennen auch südafrikanische Kohle. Damit tragen sie nicht nur dazu bei, dass Farmer wie Anderson vertrieben werden und sich das Klima aufheizt. Sie sorgen auch indirekt dafür, dass in Südafrika weniger Lebensmittel produziert werden. KOHLE UNTER DEN FRUCHTBARSTEN BÖDEN Denn mit jedem neuen Tagebau, der sich mit Bulldozern und Baggern in die Landschaft frisst, verdrängt die Kohle die Landwirtschaft ein Stückchen mehr. Gerade in Mpumalanga findet sich ein Teil der fruchtbarsten Böden Südafrikas. „Die Ironie ist: Wo immer es guten Boden gibt, gibt es Kohle“, sagt Anderson, der sich als Landwirt damit bestens auskennt. „Ohne Bodenproben zu nehmen, kann ich Ihnen genau sagen, wo die Kohlefelder beginnen und wo sie enden.“ Wo immer Kohle gefunden wird: Das Rohstoffministerium genehmigt die Förderanträge fast ausnahmslos. Wenn die Rohstoffkonzerne anrücken, bleibt Farmern wie Anderson nichts anderes übrig, als sich auf dem heiß umkämpften Bodenmarkt neues Land zu kaufen. Der schwere, gute Boden von Andersons früherem Land ist unwiederbringlich verloren – trotz der Bemühungen um Rekultivierung, zu denen die Grubenbetreiber verpflichtet sind. Die schieben den Mutterboden zur Seite, bevor sie die Kohle aus dem Untergrund sprengen. Später wird das Erdreich auf den wieder zugeschütteten Gruben glatt gewalzt, bevor es mit Gras bepflanzt wird. Aber der Schein trügt. Der Experte weiß, dass sich dann unter dem Gras unfruchtbare Einöde versteckt. löst Schwermetalle aus dem Gestein. Gelöste Salze steigen an die Oberfläche und verschlechtern die Bodenqualität immer weiter. Zudem verändert der Bergbau die ursprüngliche Bodenstruktur. „Sie wird so zerstört, dass der Boden das Wasser nicht mehr halten kann“, erklärt Pretorius. „Es fließt einfach ab und nichts bleibt, um die Pflanzen zu versorgen.“ Die Bergbaukonzerne behaupten zwar, dass man auf dem rekultivierten Land wieder Landwirtschaft betreiben könne. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Zwar kann man etwa Mais anbauen, aber der Ertrag ist um ein Vielfaches geringer. Auf den ursprünglichen Böden ernten die Farmer durchschnittlich neun Tonnen Mais pro Hektar; auf dem rekultivierten Land ehemaliger Kohlegruben sind es gerade noch 2,5 Tonnen. „So rechnet sich der Anbau für uns Landwirte nicht“, sagt Anderson. Deshalb liegen die rekultivierten Flächen meist brach. Gerade beim Mais könnte der fortlaufende Verlust der Böden die Nahrungsmittelpreise künftig drastisch steigen lassen. Aus Mpumalanga kommt durchschnittlich ein knappes Viertel der gesamten südafrikanischen Ernte. In einem trockenen Jahr ist es sogar mehr als die Hälfte. Bislang deckt Südafrika seinen Bedarf an Mais fast vollständig selbst. „Wenn die Ernte nicht mehr ausreicht, wird Südafrika Mais bald teuer importieren müssen“, sagt Landwirtschaftsexperte Pretorius. Darunter werden vor allem die Ärmeren im Land leiden, für die Mais ein wichtiges Grundnahrungsmittel ist. REGIERUNG UNBEEINDRUCKT VOM PROTEST Foto: Eva Ma h n ke Das "scharze Gold" aus Südafrika landet auch in deutschen Kohlekraft werken. BERGBAU ZERSTÖRT WASSERHAUSHALT „Das wiederhergestellte Land ist ästhetisch akzeptabel, aber in Bezug auf die Artenvielfalt und die Qualität der Böden eine Wüste“, sagt Koos Pretorius. Der Besitzer einer Kirschplantage kämpft nicht nur gegen den Verlust seines Landes, sondern warnt als Vertreter der Umweltorganisation Federation for a Sustainable Environment schon seit Jahren vor den verheerenden Auswirkungen der Kohleförderung: Eindringendes Wasser führt im aufgebrochenen Gestein des Untergrunds zu chemischen Reaktionen, die das Wasser versauern lassen. Dieses Wasser wiederum Die Kohleförderung gefährdet die Landwirtschaft sogar über die eigentlichen Abbauflächen hinaus. Denn das durch den Bergbau versauerte Wasser bahnt sich seinen Weg durch Grundwasserleiter, durch Bäche und Flüsse. Wo immer es hingelangt, reduziert es die Artenvielfalt, bringt giftige Schwermetalle mit und hinterlässt hässliche Salzkrusten. Mittlerweile ist etwa der Stausee Loskop Dam so verschmutzt, dass Bauern, die ihn für die Bewässerung ihrer Felder nutzen, Gefahr laufen, ein wichtiges Gütesiegel für den Export von Obst und Gemüse zu verlieren. „Diejenigen, die das Siegel ausstellen, wollen das Wasser nicht mehr als sicher anerkennen“, sagt Pretorius. Dass viele Farmer gegen den Verlust ihres Landes klagen und immer wieder auf die Gefahr für Böden und Wasser hinweisen, beeindruckt die zuständigen Ministerien bislang nicht. Dennoch will Koos Pretorius weiterkämpfen. Gideon Anderson aber hat bereits verloren. Übrig bleiben wird von seiner Farm nur der Name. Nach ihr wird das neue Loch in der Landschaft benannt: „Sonnenblumen-Mine“. movum.info PRAXIS 7 GELD MACHT MACHT Durch Finanzflüsse wollen Klimaaktivisten der fossilen Wirtschaft Geld und Einfluss wegnehmen. An den Universitäten der Welt sammeln sich die Protestler. Te x t : S U S A N N E S C H WA R Z Foto: Benjamin von Brackel S eit dem 6. Mai 2014 ist die Uni Stanford im USBundesstaat Kalifornien ein "Weltbürger". Als solcher, so sagte Hochschulrektor John Hennessy damals, habe Stanford „die Verantwortung, Nachhaltigkeit auf unserem Planeten voranzubringen“. Es war der Tag, an dem die Uni Stanford Divestment gelobte. Zwei Jahre lang hatten Studierende der Gruppe „Fossil Free Stanford“ darauf hingearbeitet – mit der Hochschulleitung diskutiert, gegen sie protestiert. Der Divestment-Bewegung gehören etliche bekennende Antikapitalisten an, der US-amerikanische Linguist Noam Chomsky etwa und die kanadische Autorin Naomi Klein. Dabei geht es hier um das genaue Gegenteil von Kapitalismus-Boykott: Divestment greift auf, was die Finanzwirtschaft tagtäglich macht – Geld von A nach B schieben, in diesem Fall von der fossilen zur erneuerbaren Energiewirtschaft. Dass auch Linke plötzlich kapitalistische Strukturen nutzen wollen, zeigt nur die Dringlichkeit des Klimaproblems. Auf den Zusammenbruch einer endlos wachsenden und erstaunlich strapazierfähigen Ausbeutungswirtschaft zu warten, dafür haben auch Chomsky und Klein angesichts der Klima- und Umweltkatastrophe keine Zeit. Dass die Politik die Fossilwirtschaft bald stoppt, ist unwahrscheinlich. Dann lieber den Kapitalismus mit seinen eigenen Waffen bekämpfen, so der Gedanke. Hier bedeutet Geld Macht, und die will man denen entziehen, die mit dem Klimawandel Profit machen. Bisher sind den Öl-, Kohle- und Gaskonzernen durch Divestment weltweit 3,4 Billion US-Dollar entgangen. Am stärksten haben sich daran religiöse Gruppen beteiligt, sie stellen ein Viertel der 623 Institutionen, die ihr Geld bisher aus fossilen Anlagen zurückgezogen haben. 13 Prozent sind Universitäten wie Stanford. Es kommt nicht von ungefähr, dass die Divestment-Bewegung an den Forschungsstätten floriert. „Die Unis müssen hier die Führung übernehmen, denn durch sie wissen wir vom Klimawandel“, schrieb der Gründer der US-Umweltorganisation 350. org, Bill McKibben, schon 2012 in einem berühmt gewordenen Gastbeitrag in der Musikzeitschrift Rolling Stone, der eine ganze Welle von neuen Uni-Divestment-Gruppen nach sich zog. Besonders in den USA, wo es viele milliardenschwere Privatunis gibt, lohnt sich das. Allein Stanford verwaltet ein Stiftungsvermögen von rund 22 Milliarden US-Dollar. Es heißt aber genau hinzuschauen, wenn jemand Divestment Protest junger Divestment-Aktivisten auf der Klimakonferenz in Paris: Lasst die fossilen Energien im Boden! verspricht. Stanford zum Beispiel hat sich nur von der Kohle verabschiedet, nicht jedoch von Öl und Gas. Genau das fordern aber die Studierenden von Fossil Free Stanford. „Der Klimawandel hat nicht aufgehört – unsere Bewegung also auch nicht“, sagt Gruppensprecherin Courtney Pal. Bisher stoßen die Studierenden mit ihrer Forderung auf Granit. „Wir sind davon überzeugt, dass langfristig nur ein niedriger Verbrauch von fossilen Treibstoffen gegen den Klimawandel helfen kann“, schrieb das Kuratorium der Hochschule im Frühjahr in einem offenen Brief an Fossil Free. „Weil das aber noch dauern wird und Öl und Gas noch zu stark mit unserer Wirtschaft verflochten sind, glauben die Kuratoren nicht, dass Divestment in diesem Fall sinnvoll ist.“ Es ist eine beliebte Argumentation: Noch ist es nicht so weit, dass die Finanzlücke, die durch ein bisschen Divestment entsteht, durch neue sinnvolle Investments ausgeglichen werden kann. Noam Chomsky sieht das auch so, trotzdem ist er auf der Seite des Divestments: „Beim Divestment geht es nicht nur darum, Exxon Mobil zu ärgern“, sagte der Sprachwissenschaftler in einer Rede vor der Divestment-Gruppe an „seiner“ Uni, dem Massachusetts Institute of Technology. „Wenn große Institutionen wie das MIT, das den guten Ruf eines intellektuellen Weltzentrums genießt, ihr Geld aus klimaschädlichen Anlagen zurückziehen, weckt das Aufmerksamkeit für den Klimaschutz.“ ÖLMARKT PASST SICH NIEDRIGPREISEN AN Mit Donald Trump wird in den USA das Umfeld für die Öl- und Kohleindustrie und auch für das Fracking wieder freundlich, sagt Kirsten Westphal von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Allerdings kann auch der neue US-Präsident die Vorherrschaft der Ölstaaten nicht erschüttern. I n t e r vi e w: JÖRG STAU DE Frau Westphal, der neue US-Präsident Donald Trump will sein Land bei der Energieversorgung unabhängiger machen und mehr eigenes Öl fördern lassen. Wird damit der Ölpreis am Weltmarkt weiter niedrig bleiben? Kirsten Westphal: Es zeichnet sich ab, dass mit Trump die gesamten Bemühungen der Obama-Regierung um den Klimaschutz sehr stark zurückgedreht werden. Das ist auch möglich, weil Obama hier ohne den Kongress agiert hat. Im Energiebereich werden – das kann man schon aus der Programmatik der Republikanischen Partei ableiten – Steuervergünstigungen für erneuerbare Energien zurückgefahren und regulatorische Maßnahmen gegen die Öl- und Kohleindustrie gelockert werden. Kurzum: Das Umfeld wird wieder freundlich auch für die Fracking-Industrie. All das hat in hohem Maße Auswirkungen auf die Weltmärkte von Öl wie auch der fossilen Brennstoffe insgesamt. Was auf dem Ölmarkt passiert, liegt doch aber nicht mehr in Hand eines Landes, seien es die USA oder sei es Saudi-Arabien? Ja, unabhängig von dem, was Trump tun wird, bleiben die Fundamentaldaten im Ölmarkt bestehen. Die spielen eine größere Rolle als die Politik. Insofern ist auch von Bedeutung, ob die Opec jetzt entscheidet, die Förderung zu deckeln oder zu kürzen. Ob die Disziplin im Kartell lange anhält, darf aber in jedem Fall bezweifelt werden. Trotz aller gesetzlichen Lockerungen werden auch künftig die US-Produzenten auf die Preissignale der Märkte reagieren. Beim Zusammenspiel von Preis und Angebot sind die USA allerdings in einer komfortablen Situation. Sie können sehr schnell auf Preisausschläge in beide Richtungen reagieren. Beim Fracking reden wir über kleinere Mengen, über zeitlich kürzere Bohrungen  Foto: Susanne Götze Dass die Fracking-Industrie der USA sich bisher flexibel auf den niedrigen Ölpreis einrichten konnte, hat doch überrascht. Ja, die Ölindustrie ist sehr viel effizienter geworden und hat sich an das Niedrigpreis-Niveau angepasst. Allerdings sind große Fördernationen wie Saudi-Arabien mit Fracking nicht zu erschüttern, eher sind die kleineren, teureren Felder betroffen. Wir bekommen wieder eine Konzentration der Förderung in der sogenannten strategischen Ellipse von den persischen und arabischen Golfstaaten über den Iran bis nach Russland, wo wir die günstigsten Förderkosten haben. Wirklich unter Druck geraten die teureren Felder, also die in der Nordsee, die arktischen und die Tiefseebohrungen. Das birgt, wenn man die Energiesicherheit im Blick hat, Nachteile für Europa. Nordseeöl wird praktisch nicht mehr konkurrenzfähig sein. Öl galt ja immer als das Schmiermittel der Weltwirtschaft. Wer über das Öl verfügte, konnte die Weltmärkte dominieren. Ist das immer noch so? Es gilt noch, aber die Bedeutung des Öls nimmt ab. Schon rein quantitativ gesehen wird Öl künftig eine etwas kleinere Rolle spielen, vergleichbar etwa der von Erdgas. Schaut man in die Prognosen für das Jahr 2035, dann werden die drei fossilen Ressourcen Öl, Gas und Kohle jeweils etwa ein Drittel Anteil am Weltmarkt für fossile Rohstoffe haben. Längerfristig zeichnet sich schon ab, dass Öl nicht mehr die Leitwährung für andere Energieträger sein wird. Das Bild vom Schmiermittel gilt auf jeden Fall aber noch für die Regierungen in den ölreichen Ländern. Und die nächste große geopolitische Frage ist, welche alternativen wirtschaftlichen Wachstumsmodelle die Regierungen finden, die nicht mehr so stark auf dem Ölexport basieren. Auch da haben wir große Fragezeichen. Kirsten Westphal arbeitet seit 2008 für die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in der Arbeitsgruppe Globale Fragen. PRAXIS 8 3/2016 TELEFON FÜR WELTVERBESSERER Ein Fairphone kostet viel Geld und Geduld. Der Anbieter garantiert „Konfliktfreiheit“ und faire Rohstoffförderung. Doch ist das erste Öko-Smartphone wirklich nachhaltiger als herkömmliche Modelle? Eine Erfahrungsbericht. F ast ein halbes Jahr habe ich auf mein neues Mobiltelefon gewartet. Fünf Monate, in denen ich mich mit einem widerspenstigen Leihgerät begnügen musste, das mir Freunde borgten, nachdem mein schwarzes, klobiges Handy nach etlichen gemeinsamen Jahren plötzlich seinen Dienst verweigerte. Fünf Monate, in denen meine Mitbewohner abgedroschene Ossi-Witze rissen, weil das Warten gewissermaßen zum sozialen Habitus gehört, wenn man vor dem Fall der Mauer östlich der Elbe geboren wurde. Der Grund für das Warten erinnert tatsächlich an alte Zeiten: Mein bestelltes Telefon musste erst noch gebaut werden. Als das Paket samt Fairphone wenige Tage vor Weihnachten eintraf, war die Freude groß. Ein ungewohnt großes Gerät lag in meinen Händen: eines, das fairer und nachhaltiger sein sollte als andere Smartphones. Doch ist das Handy wirklich besser als andere Mobiltelefone? Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) ist davon überzeugt. Ende Oktober hat die Stiftung den Deutschen Umweltpreis an Fairphone-Gründer Bas van Abel verliehen, weil er wirtschaftliche Ziele, Umweltschutz und soziale Aspekte in Einklang gebracht habe, und zwar über die gesamte Produktlebensdauer – von der Rohstoffgewinnung über die Fertigung bis zur Reparatur und zum Recycling. EINE GARANTIE AUF „KONFLIKTFREIHEIT“ „Wir arbeiten in vier Kernbereichen zu Nachhaltigkeit: Rohstoffgewinnung, Herstellung, Design und Life Cycle“, sagt Fabian Hühne von Fairphone. Ziel ist ein reparaturfähiges, länger nutzbares Telefon – erreicht werden soll das durch einen modularen Aufbau, bei dem die Einzelteile einfach ausgetauscht werden können, wenn sie kaputt gehen. Bei etlichen Modellen ist das heute gar nicht möglich, da die einzelnen Komponenten fest miteinander verklebt sind. „Der Akku lässt sich kinderleicht wechseln, ebenso wie das Display“, sagt Christian Wölbert, Redakteur beim Computermagazin c’t, über das Fairphone. Es sei damit das erste Mobiltelefon, das sich vom Benutzer selbst reparieren lasse. Der modulare Aufbau soll für eine längere Lebensdauer des Geräts sorgen und so weniger Ressourcen verschwenden. Das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM geht davon aus, dass das modular gebaute Fairphone 2 den CO₂-Ausstoß über den gesamten Lebenszyklus um 30 Prozent senkt. Allerdings nur, wenn der Nutzer das Smartphone auch entsprechend länger nutzt. Um die Nutzungsdauer des Telefons noch zu erhöhen, soll das Fairphone aufgerüstet werden können: mit einem leistungsfähigeren Kameramodul und Software-Updates. Dabei wollte Bas van Abel gar kein Smartphone bauen. Eigentlich ging es dem gelernten Industriedesigner zunächst um Aufklärung. 2010 begann Fairphone als Projekt der niederländischen Waag Society, um auf Konfliktmineralien in Verbraucherelektronik aufmerksam zu machen – und auf die Menschenrechtsverletzungen und Kriege, die damit im Kongo finanziert werden. „In jedem Smartphone stecken circa 40 verschiedene Mineralien“, sagt Fabian Hühne. „Wir haben uns dafür entschieden, weil es ein Alltagsgegenstand ist, den jeder benutzt. Im Prinzip hätte es aber jedes andere Elektronikprodukt sein können.“ Sogenannte Konfliktmineralien wie Coltan oder Zinn werden in fast jedem Computer oder Smartphone verbaut. Nur sieht man den fertigen Geräten nicht an, unter welchen oft unmenschlichen Bedingungen die Rohstoffe gefördert wurden. Für Tantal, Wolfram und Zinn garantiert das Fairphone Konfliktfreiheit. Für das Mobiltelefon wurde erstmals eine Lieferkette für fair gehandeltes Gold aufgebaut. „Aus einer Förderstätte in Peru beziehen wir Fairtrade-Gold“, sagt Hühne. Ganz so einfach ist es aber doch nicht: Denn die Rohstoffmenge, die das niederländische Unternehmen verarbeiten lässt, ist im Vergleich zum konventionellen Markt äußerst gering. Über ein Massenausgleichsmodell zahlt Fairphone bei seinem Goldzulieferer einen Aufschlag für das fair gehandelte Gold. Komplett fair ist das Telefon also nicht. TECHNIK NICHT GANZ NEU, ABER ALLTAGSTAUGLICH Für c’t-Redakteur Wölbert macht das Fairphone dennoch gleich mehrere Schritte in die richtige Richtung. „Es ist das einzige Foto: PICNIC Network | Flickr.com Te x t: SA N D R A K I RC H N E R Eff inziente Rohstoffnutzung beim Fairphone: Weniger Metalle verwenden, mehr recyceln und reparieren. Telefon mit dem Ökosiegel Blauer Engel.“ Neben dem Vermeiden von Umweltzerstörung müsse sich der Hersteller für das Umweltsiegel auch Mühe bei den Arbeitsbedingungen geben. So zahlt Fairphone den chinesischen Fabrikarbeitern, die mit ihrer Tätigkeit meist nicht einmal ihre Existenz sichern können, einen Extralohn. Um sich mit dem Blauen Engel schmücken zu dürfen, muss sich das Fairphone leicht recyceln lassen. Zusätzlich unterstützt das Unternehmen eine Recycling-Initiative in Ghana. Bislang wird nur ein Bruchteil aller Handys recycelt oder repariert. Rund 1.000 Tonnen wertvoller Rohstoffe ließen sich laut einer Studie im Auftrag von Greenpeace allein in Deutschland jährlich durch kleine Reparaturen an Smartphones und Tablets einsparen. So viel Weltverbesserungsanspruch hat seinen Preis: Über 500 Euro kostet das Fairphone – für Technik, die nicht mehr ganz auf dem neusten Stand ist. „Die Technik ist etwa zwei Jahre hinterher, aber sie ist absolut alltagstauglich“, sagt Wölbert. Gerade bereitet Fairphone das Upgrade auf das Betriebssystem Android 6 vor, während alle anderen Hersteller schon am Update der nächsthöheren Version arbeiten. Doch beim Datenschutz ist das Smartphone ganz weit vorn: Die Niederländer bieten eine Android-Variante ohne vorinstallierte Google-Apps. NACHRICHTEN IMPRESSUM Erster nationaler Ressourcenbericht Jeder Bundesbürger verbraucht am Tag durchschnittlich 44 Kilogramm Metall, Beton, Holz und andere Rohstoffe. Das Umweltbundesamt fordert deshalb die Politik in seinem ersten nationalen Ressourcenbericht zum Gegensteuern auf. Recyclingquoten sollen eingeführt oder erhöht und Reparaturen nach schwedischem Vorbild steuerlich bevorteilt werden. Ein Ressourcenschutzgesetz soll Bereiche wie Bergbaurecht, Raumordnungs- oder Baurecht bündeln und die Regeln konkretisieren. Dem Umweltverband BUND ist das noch zu wenig. Der Rohstoffverbrauch müsse auf rund ein Fünftel sinken. Dafür müsse der Konsum begrenzt und „Suffizienzpolitik“ betrieben werden. Herausgeber: Reiner Hoffmann, Vorsitzender, Deutscher Gewerkschaftsbund Prof. Dr. Kai Niebert, Präsident, Deutscher Naturschutzring e.V. Damian Ludewig, Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. Michael Müller, Vorsitzender, NaturFreunde Deutschlands e.V. Christel Schroeder, Lutz Ribbe, EuroNatur Stiftung Jörg Sommer, Vorstandsvorsitzender, Deutsche Umweltstiftung Dr. Hubert Weiger, Vorsitzender, BUND e.V. Dr. Martin Held, Gesprächskreis Die Transformateure – Akteure der Großen Transformation Foto: Martin Abegglen | flickr.com/photos/twicepix/2317729569 EU-Gesetz gegen Konfliktmineralien Die Europäische Union hat sich im November über ein Gesetz zu sogenannten Konfliktmineralien geeinigt. Die Regelung soll verhindern, dass importierte Rohstoffe Kriege, Bürgerkriege und Menschenrechtsverletzungen finanzieren. Die Verordnung gilt für die Einfuhr von Zinn, Wolfram, Tantal und Gold aus allen Staaten der Welt. Einige Unternehmen müssen damit erstmals Verantwortung für ihre Rohstofflieferketten übernehmen. Zivilgesellschaftliche Organisationen kritisieren jedoch die Ausnahmeregelungen für viele Unternehmen. Sie fordern die EU und ihre Mitgliedsstaaten auf, dafür zu sorgen, dass die Ausnahmen nicht die Ziele der Verordnung aushöhlen. Foto: EU-Kommission Pensionsfonds müssen Verantwortung übernehmen Pensionsfonds in Europa müssen künftig Sozial- und Umweltstandards bei ihren Investitionen berücksichtigen. So müssen die betrieblichen Altersversicherungen künftig eine „Divestment“Strategie zum Ausstieg aus fossilen Energien verfolgen. Mit großer Mehrheit bestätigte das EU-Parlament im November die neue Regelung, die es zuvor mit den Mitgliedsstaaten teils gegen Widerstände ausgehandelt hatte. Europaweit verwalten betriebliche Pensionsfonds etwa 3,3 Billionen Euro. Fondsmanager müssen künftig soziale und ökologische Kriterien sowie eine gute Unternehmensführung berücksichtigen. Zudem sollen die Kunden bessere Informationen über die Investitionen der Fonds erhalten. Staaten kürzen Kohlekraftwerks-Pläne Die Zahl der weltweit geplanten Kohlekraftwerke ist seit dem Pariser Klimagipfel deutlich gesunken. Das zeigt ein Report der US-Umweltorganisation Coalswarm. Die geplanten Erzeugungskapazitäten sind danach zwischen Januar und Juli 2016 um 14 Prozent zurückgegangen. Das Minus entspricht in etwa der gesamten Kohlekraftwerks-Kapazität in der Europäischen Union. Vor allem China und Indien tragen zu dem Kurswechsel bei. Aber auch andere asiatische Länder wie Vietnam, Indonesien und die Philippinen haben ihre Kohle-Ausbaupläne gekürzt. Trotzdem hat China im Weltvergleich noch immer die meisten Kohlemeiler im Betrieb, gefolgt von den USA und Indien. n zu Debatte ser men die den The r unte : Ausgabe iefe-zur www.Br e .d rmation Transfo Redaktion: Chefredaktion: Dr. Susanne Götze, Joachim Wille (V.i.S.d.P.) Redakteure: Matthias Bauer, Sandra Kirchner Debatte n zu den The men die ser Ausgabe unter: www.Bri efe-zurTransfo rmation .de Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den AutorInnen. Projekt Forum Transformation DIESES PROJEKT WURDE GEFÖRDERT VON: Layout Adrien Tasic, Gestaltung Infografik: Prof. Dr. Kai Niebert, Fakultät Nachhaltgkeit, Leuphana Universität Lüneburg Kalischdesign.de Verlag: movum erscheint im Naturfreunde-Verlag Freizeit und Wandern GmbH Warschauer Str. 58a+59a, 10243 Berlin, Tel.: +49 (0)30 29773260 www.naturfreunde.de Geschäftsführer: Hans-Gerd Marian Registergericht: Amtsgericht Charlottenburg, HR-Nr.: HRB 118470 B. Der Verlag haftet nicht für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, Aufnahme in Onlinedienste sowie Vervielfältigung auf Datenträgern nur nach Genehmigung des Verlages. movum liegt exklusiv, regelmäßig und kostenlos der Fachzeitschrift politische ökologie des oekom verlags bei. 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