„Za, Meister!" sprach ein dumpfe, doch sehr
vernehmliche Stimme.
„Wie heißt das Fräulein?" —
„Antonte von Riedau." —
„Sag an, was weißt du von ihr?"
„Antonie von Riedau ist die Tochter eines
Obersten, der vor neun Monaten auf dem Schlacht,
selbe starb. Der brave Mann erwarb sich aber
durch seinen Heldentod wenig Dank: denn der
Sohn des Fürsten, dem er sein Leben geopfert
hatte, verfolgte kurz nachher die sanfte, tugend
hafte Antonie mit wollüstigen und so gefährlichen
Nachstellungen, daß sie, begleitet von ihrer treff
lichen Mutter, aus ihrem Vakerlande flüchten
mußte." —
„So kämpfen sie wohl hier, unter einem
fremden Himmel, mit dem Elend des Man,
gels?" —
„Nein, sie sind reich, und haben ihr Vermö,
gen gerettet."
„Für jetzt wissen wir genug, treuer Asta,
rot! — Verschwinde!" —
Der Kobold verschwand; die Lichter entzün
deten sich wie von selbst; der Baron athmete
freier.
„Seid Ihr mit Aftarots Berichte zufrieden?"
fragte Cagliostro.
„Zch bin darüber entzückt;" antwortete der
Baron: „Aber "
„Zch verstehe dieses Aber;" fiel der Graf
ein. „Zhr trauert, weil Antonie Euch flieht; Zhr
wünscht, daß ich meine Macht, die Herzen der
Menschen zu lenken, für Euch anwende."
„Ach, wenn es möglich wäre!" seufzte der
zärtliche Schäfer.
„Kleingläubiger, mir ist nichts unmöglich! —
Laßt Euch nach neunmahl neun Stunden bei Frau
von Riedau anmelden; Zhr werdet Zutritt erhal,
ten. — Doch erwartet nicht, daß Euch die sittsa
me Antonie sogleich als ihren Auserwählten be
handle. Die Zeit bringt erst Rosen. — Kommt
heute über acht Tage gegen Mitternacht wieder
zu mir. Zch werde Euch dann sagen, was Zhr
weiter thun sollt, um zu einem glücklichen Ziele
zu gelangen." —
Frohes Muthes bedankte sich der Baron mit
stattlichen Worten, legte leise eine Goldbörse auf
den Tisch, und wollte sich empfehlen. Aber zür,
nend sagte der Graf: „Nehmt Euer Gold zurück!
Zch mache selbst so viel, als ich brauche." —Der
Baron schämte sich, baß er Wasser ine Meer Hane
tragen wollen, und trat mit tausend Entschuldi
gungen ab.
Pünktlich nach neunmahl neun Stunden ließ
er sich bei Frau von Riedau zum Besuch melden,
ward höflich angenommen, und zu seinem höchsten
Erstaunen erzählte sie ihm ihreSchicksale mit den
selben Worten, deren sich Astarot bedient hatte.
Aber eben so genau traf auch Cagliostro's Vor-
hersagung ein, daß Antonie ihren Verehrer nicht
als den Auserwählten ihres Herzens behandeln
würde. Still, kalt und verlegen, schien sie seine
Gegenwart nur mit Zwang zu dulden. Zn die
ser Stimmung fand er sie drei Tage hinter ein
ander. Am vierten machte er einen Versuch, durch
den Sonnenstrahl köstlicher Zuwelen den trüben
Himmel ihres Angesichts aufzuheitern; allein er
umwölkte sich noch mehr. Sie wies das Anerbie
ten mit Unwillen zurück, -und selbst die Mutter,
die sich sonst günstiger gegen ihn bezeigte, trat
jetzt auf Antoniens Seite, und verbat sich, mit
Beziehung auf ihren eigenen Reichthum, alle Ge,
schenke.
„Aber, mein Himmel!" — sagte der Baron
in einem weinerlichen Tone - „soll und muß ich
denn durchaus das nette Kästchen wieder nach
Haufe tragen?" —
„Dieser Selbstmühe will ich Sie allenfalls
überheben;" versetzte Frau von Riedau. „Es mag
hier in meinem Schranke unberührt stehen, dis
Sie es durch Ihren Bedienten abhohlen lassen."
Es war natürlich, daß Kauz mir diesem Gan,
ge verschont blieb. Dagegen mußte er von seinem
unmuthigen Herrn manchen Vorwurf über den
Grafen Cagliostro erdulden. „Wenn dieser Fan
tast," sagte der Baron, „die Herzen der Men
schen so am Zügel hat, wie er sich rühmt: warum
lenkt er sie nicht zu meinem Besten? — Auch
soll er mir, einem klugen Manne, nicht weis ma
chen, daß sein Astarot geredet habe. Nein, es
war der Herr Graf selbst, der, wie ein Mario-
nettenspicler, zwei Rollen sprach. Darum wurden
die Lichter ausgelöscht; aber ich sah deutlich, daß
Astarot nicht die Lippen bewegte."
„Sollte wohl ein. Geist körperlicher Werkzeu
ge zum Sprechen bedürfen ?" entgegnete Kauz.
Dieser Einwand führte den Baron ine rechte
Geleis des Glaubens an Cagliostro zurück, und
in der bestimmten Mikternachrstunde begab er sich,
von seinem treuen Diener begleitet, wieder zum
Grafen.
„Zhr erfrecht Euch also doch, vor meinem
Angesichte zu erscheinen?" fuhr der Wunderkhäter