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Volume Nro. 88, Freitag, den 3. May 1811

Full text: Der Freimüthige oder Berlinisches Unterhaltungsblatt für gebildete, unbefangene Leser / Kuhn, Friedrich August (Public Domain) Issue8.1811 (Public Domain)

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auch nirgends anders aus, als wie man sie ge, 
wbhnlich kennt; und doch ist Christiania nur 
deswegen in größeren Wohlstand gekommen, weil 
man die Bretter, die von hier aus verschickt wer, 
den, besser zu schneiden versteht. Der genaue Eng, 
lLnder stößt Drontheimer Bretter zurück, und 
schickt sie nach dem weniger eklen Irland, wenn 
er dagegen Friedrichs st adre und Christia- 
nias Bretter theuer bezahlt. Das liegt nicht so 
sehr in der Güte der Bäume, als in der überaus 
gleichen Dicke der Planken, in dem genauen Pa» 
rallellismuö der beiden PlankenflSchcn, und viel, 
leicht in vielen anderen Kleinigkeiten mehr, die 
nur dem Sägemeister und dem delikaten englischen 
Kaufmanne bekannt sind; aber die über Wohl und 
Weh, Reichthum und Armuth ganzerLandschaften 
entscheiden. 
Die Thätigkeit und die Bewegung ist gar 
groß und bedeutend, wenn im Winter unzählige 
Schlitten mit Brettern von der Höhe herabkom, 
men, und sie zum Aufsetzen nach der großen Bret 
ter < und Dalkcnablage fahren. Alles drängt sich 
auf diesem großen Platze zusammen, der den gan 
zen Raum gegen das Wasser hin zwischen der 
Sradt und der Vorstadt Waterland ausfüllt, 
und der so weit gegen das Ende des Meerbusens 
sich fortzieht, daß die Schiffe fast unmittelbar die 
aufgefetzten Planken berühren. Demvhnerachcet 
ist die ganze Ablage am Ende des Winters zu ei 
ner großen Bretkersiadt geworden; man verirrt 
sich in der Menge der aufgesetzten Gänge und 
Straßen; auch geht hier das Gewimmel derBret- 
rerbringenden Bauern fast unaufhörlich fort, so 
lange noch Schnee das Kommen erlaubt. Haben 
sie ihre Bretter den Aufsehern überliefert, -so 
schreiben ihnen diese mit Kreide große Zeichen und 
Zahlen aus den Rücken, welche den Brecterherrn, 
den Ort, woher die Bretter gebracht sind, endlich 
die Menge der gebrachten Bretter andeuten. Da 
sieht es nun ganz wunderbar aus, wie jetzt die 
Dauern, mit diesem ganz originellen Wechsel auf 
dem Rücken, fortlaufen, so eilig sic können, nach 
den Comptoirs der Großhändler in den Quarta 
len. Zeder Aufenthalt, oder jedes andere Geschäft 
könnte die Zeichen auf dem Rock in die Gefahr 
de« Vermischens bringen, und dann hätten sie den 
Beweis ihrer Schuldforderung unwiderbringlich 
verloren. Kommen sie vor dem Cassircr, so ha 
ben sie nie ein Wort zu sagen nöthig. Sie prä, 
senliren den Rücken, und sie werden sogleich ohne 
Widerrede bezahlt. Und die Bürste, mit welcher 
der Cassirer über den Rücken hinfährt, ist die 
Quittung des Dauern. 
(Die Fortsetzung folgt.) 
Tagesbegebenheiten. 
Wien, den i4ten April. 
6ten April Morgens um \ Uhr drach in der Wagenschi,ppr 
des Gasthauses ;ui» schwanen Adler in der Leopoidstarr Feuer 
ane. Der B den der Schuppe, angefüllt mit Heu, Serod, Ge 
päcke, Hafer:c loderte augenblicklich in einer fürchterlichen Fiam, 
me empor Im Hofe standen mehrere defrachtete Wägen: Unter 
der Schuppe selbst lagen Baden mit Schaaf- und Baumwolle, 
Seide, Fässer mt geb,an untern Wasser, Fortepianos ic. Ader so 
drohend die Gefahr war, so r treten doch die tresslichen Anslallen 
nicht nur die angrämenreu Gebäude, loudern sogar ohne Verlust 
alle Frachlwagen und alle jene Güter, deren Betrag auf eine sehr 
große Summe man sagt vier bis sünsmalhnndrrttausend Gülten) 
geschätzt «itd, Se. Maiestät der Lauer waren selbst an Orr und 
Stell- geeilt, und belerten durch Ihre Geg «wart und Ihre Be 
fehle die Anstaleen. Dem Sohne eines OehlererS, Bode,treuer, 
welcher dei dem Löschen durch rühmliche Thätigkeit stch auSjtich, 
nete, schlug eine Wage den rechten Fuß ab. Sonst geschah kein 
Unglück. Allein wälirmd noch hier an der Unterdrückung der 
F »er- gearbeitet wurde, ereignete stch In eben dieser Borstadt ein 
anderer Unfall. An einem Hause der Jägerieile, an welchem noch 
gebaut wurde, stützte eine kaum aufgeführte, dtinehalb Klafrer 
breite Mauer de« «weiten und dritten Stockes rin, »erfchütteee ei 
nen Maurer (einen Greis von 8- Jahren) gan«, und verwundete 5 
ander-, mehr oder weniger bedeutend, einen derselben aber lebens- 
gefähriich. Kunstverständige erklären die schlechte Beschaffenheit der 
Baumaterialien sein Gegenstand der allgemeinen Klage) ,!S di« 
Ursache dieses seit einigen Zahlen nicht gani felttnen Unfall« Line 
strenge Uneersuchnng ist bereits angeordnet. 
In der Nacht »om gasten Mär, wurde die vchreidstube »er 
Großfuhrmanns Joseph St. am Labor gewaltsam (durch Aushe 
bung der eisernen Fenstergitter) erbrochen» und au« derselh.n eine 
Kasse mit luSgä st. in Banks,etteln, 9RiJ Franken in Wechsel» 
auf Paris, verschiedenen Wechsel» auf Hauser in Wien, StaatS- 
Lotterieioosen, Schuldverschteidungcn ic. geraubt. Die Kaffe selbst 
fand man, aufgesprengt in einem nahen Garten, und neben der 
selben die Loose, die Derschreibungen und die Wechsel auf Häuser 
in Wien. Aber die Bankoiettel und 6;, Wechsel auf Pari« hatten 
die Ränder mit stch gtnommen. Mehrere bet Wechs.I waten »on 
Joachim Haim an die Ordre von Joseph Ritter an Basalte und 
Comp., andere am Köchiin und Brüder in Paris gestellt. Noch 
stnd dir Lhäter u „entdeckt.
	        
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