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Volume Nro. 8, Freitag, den 11. Januar 1811

Full text: Der Freimüthige oder Berlinisches Unterhaltungsblatt für gebildete, unbefangene Leser / Kuhn, Friedrich August (Public Domain) Issue8.1811 (Public Domain)

3* 
t» eine ganz leidliche Stimmung, als ich mich 
meiner Wiegengegend näherte, wo mich jeder Ge, 
genstand an irgend einen Knabenstreich erinnerte. 
Zch verließ den Ort in meinem siebenten Zähre? 
«der in den drei ersten Zahre» der frühesten Er 
innerung lag für mich eine schöne Welt beschlos 
sen; so glühend sind die Farben der ersten kindi, 
scheu Gemälde in der Seele. Als ich bas letzte 
Mal hier war, vor ungefähr dritthalb Zähren, 
begruben wir meine Mutter? seitdem ist mein Le 
ben nur Kampf mit der Krankheit gewesen und 
das Gerücht hat mich hier und da schon über den 
Acheron geschickt. Unwillkührlich verwickelte mein 
Gefühl das Bild meiner Mutter in jeden Gedan, 
ken, den ich hier dachte: Gewohnheit und bestän, 
diges Hierseyn hatten nichts verwischt? und es 
ward mir schwer, sie als hingegangen zu denken. 
Zeder Stuhl erinnerte mich an ihr freundliches 
Antlitz, und ein Blick nach dem nahen Kirchhofe 
machte mir das Auge heißer. Zch eilte in den 
Garten, der Empfindung zu wehren, und besähe 
die jungen Pflanzungen der Kinder meiner Schwe, 
ster, die höchst erfreut waren über das Lob ihres 
Fleißes und ihrer Ordnung; und einige Nachti, 
gallen auf blühenden Aepfelbäumen feierten wett, 
eifernd vielleicht die schönsten Stunden ihres Le, 
bens. Es ist etwas eigenes um den Zauber der 
Kindheit. Ehemals war mir alles so groß, so 
weit, so herrlich, so feierlich; jetzt ist e« mir so 
. klein, so enge, aber doch so heimisch, so traulich, 
daß ich mit aller meiner Welt von Petersburg 
bis Syrakus hier wol wieder Knabe werde» 
könnte. 
Dar« steht noch, I« Dorf In »er Mine, 
Di» freundliche, friedliche Hütte, 
Wo find «ich di» Mittler gebar. 
Der Daker dann fauchste ,»r Freuden, 
Daß glücklich der «nabe nun beiden 
Zum Seien geboren nun war. 
Dort rin ich mir großer Beschwerde 
Var tapfer die hösternen Pferde 
Und dachte fchr wichtig dabei; 
Don war Ich ein Frldherr nicht ärmlich, 
Und schlug «nbarmherrlg erbärmlich 
Mir mrineu Soidari» von Blei. 
Dor« nascht ich die «eiligen Lieschen; 
Dvre stahl ich dem Nachbar die Pfirschen, 
Sie waren so lieblich gemalt: 
Da fuhr mir die Angst in den Magen, 
Bis ich fle bei Zittern und Zagen 
Gehörig d»n hinten bejah!« 
Don war sch j« «klettern »er »este. 
Stieg hoch dorr hinauf durch die Aesti 
Auf jenen nun alrernden Baum; 
Dann kam und vertrieb mir das Fasel» 
Der Barer mit biegsamen Haseln: 
k§ war doch ein lieblicher lkraum: 
Dorr bin Ich mir Leuchen und Schnauf«« 
Zuerst nach de» Sprenkeln gelaufen, 
Daß Ich mir dl» Stirne gewischt; 
Bin dorr ln den Dellcheu gewesen. 
Dorr hab' ich die Morcheln gelesen. 
Dorr hab' ich die Schmerlen gefischt. 
Do« stand mit geschäftigen Händen, 
Die Gabe »eS Himmels >u spende». 
Stund >»» ste da§ fröhliche HauS, 
Die Mutter und eilte und eilte 
Mir Blicken rund um sich, und theilt« 
Das reichliche Butterbrot anS. 
Don hab' ich die Stirn» gerieben 
Und Kahengedäkme geschrieben;' 
Don hab' ich die Nüsse gekauft; 
Sie waren ein festliches Essen, 
Mus ile war ich mächtig ersessen; 
Don Mich Mir dem Detter gerauft. 
. Don perlt noch ln filberner Wehe 
Die herrliche freundliche Quelle» 
Am Fuge de« Hügel« ln Stein: 
Dl» heilige nenne ste »er Pflüger; 
Beflecke kein frecher Betrüger 
Die Nymphe so lieblich und rein! 
Dort stehe noch »le rußige Schule, 
Wo stoll von dem ledernen Studie 
Herr Bakel da« Zepter gefühn. 
Und wo wohl inwtllen der Paster, 
kln ürenger gar sträflicher Lnaster, 
Un« ftnstecre, wie sich'« gebühre. 
Ski alle« so klein und so nichtig. 
Dem Herren ist« -roß hier und wichtig, 
Al« wärL kapirollscher Grund. 
Geh, fahre von Zrkuik bis Kalpe, 
Den Schwel,» hält mir seine Alpe, 
Den Lappen sein Rennihler gesund. 
Meine Schwester begleitete mich mit ihren 
Kindern in dem Wagen weit weit hinaus in die 
Flur, wo sie Fenchel stecken und Möhren graben 
wollten. Die Magd mußte Spaten und Gabeln 
nachtragen. Alles geschah mit Fleiß und Freude. 
Mein kleiner Neffe, ein Bube von neun Zähren, 
konnte sich nicht zufrieden geben, weil keine Schmer 
len für mich da gewesen waren. Man hatte die 
letzten, die man nicht länger halten konnte, nur
	        
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