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Volume Nro. 79, Sonnabend, den 20. April 1811

Full text: Der Freimüthige oder Berlinisches Unterhaltungsblatt für gebildete, unbefangene Leser / Kuhn, Friedrich August (Public Domain) Issue8.1811 (Public Domain)

Ihm Ut,schädlich schienen. Acht nahm er ans den 
Kleidern des ermordeten Vaters d« Schlüssel -um 
Geltkassen h^aus; , dxr Kassen stand in einer an 
feit Mohnssube grenzenden Kammer, .in welcher 
die Grotzmatker allem, jedoch wachend, im Bette 
lag. M-t Zurücklassung der Axt gieng nun Z. 
Georg, nachdem er seine Schuhe wieder angezo. 
gen hatte, in die Kammer, öffnete den Kassen, 
nahm aus der ihm wohlbekannten blechernen Büchse 
das Geld heraus, »nd steckte es, sammt einem 
Geldbeutel von Leder, zu sich. Die Großmutcer 
hatte, trotz ihrer Taubheit, das Geräusch vernom 
men, welches die Erissmmg des Kastens verur 
sachte; allein die gute.Alke wähnte, ihre unglück 
liche Tochter nehme aus demselben die Weihnachts 
geschenke, welche sie darinn verwahrt hatte, her, 
aus, um ihre Kinder durch die heimliche Aufstel 
lung derselben am andern Morgcss beim Erwachen 
zu überraschen. Den Mörder verließ bei seinem 
abscheulichen Geschäfte die Besonnenheit so wenig, 
daß er sich erinnerte, der Barer trage gewöhnlich 
an Sonntagen mehreree Geld bei sich in der Ta 
sche, er nahm daher .auch dieses heraus, kehrte in 
feie Kammer zurück, um den Schlüssel des Geld- 
kastens wieder abzuziehen, und steckte ihn als 
dann dem entseelten Leichname des Vaters wieder 
in die Tasche der Beinkleider, woraus er ihn. ge 
nommen harre. Aus der Wohnstube, wo er die 
Axt wieder zur Hand nahm, begab er sich in die 
Küche, sprengte mit derselben die Thüre der Spei 
sekammer, eröffnete den darin befindlichen Kasten 
des Sohl.es, nahm aus demselben ein paar wol 
lene Handschuhe, einr Tabakspfeife, und eine 
runde, mit farbigem Papier überzogene Schach 
tel, in welcher sich einige Thaler befanden, und 
kehrte in die Küche zurück. — Während des Mor 
des schon stieg der Gedanke in seiner Seele auf, 
die Spuren seines Verbrechens durch das Anzün 
den des Hauses zu vertilgen; er suchte jetzt Feuer 
zu bekommen. Im Ofen klimmte keine Kohle 
mehr. Plötzlich fiel ihm bei, daß Daniel bei sei 
ner Pfeife immer auch Materialien zum Feuer 
schlagen liegen habe, er gieng daher in die Spei 
sekammer zurück, holte aus dem Kasten, aus 
weichem er die Pfeife genommen harre, das Feuer 
zeug, schlug Feuer, und zündete, mit Hülfe eines 
Schwefelhöizchens, einen in der Wohnstube auf 
der Erde gefundenen Span von Büchenhoize an. 
Zuvor überzeugte er sich noch auf's genauste von 
dem Tode der Eltern. Mir diesem Spane steck« 
er zuerst das in der Küche befindliche Holz in 
Brand, und warf das Mordböil jn dasselbe. So 
dann begab er sich mit dem brennenden Spane 
die Kammer Daniels, an welchem er so wenig 
als an dem Knechte irgend eine Spur des Lebens 
mehr bemerkte, nahm an den von der Wand hän 
genden Kleidern Daniels ein paar Beinkleider, 
nebst Hofenhcber und Weste, zog letztere sogleich 
an, und steckte sodann den brennenden Span in 
das Stroh des Bettes, worinn er vorher gelegen 
war. Das Bet« loderte sogleich in Flammen 
auf. Versichert, seinen schändlichen Zweck erreicht 
zu haben, verließ er jetzt das Haus, und kehrte 
nach L. zurück. Auf dem Wege dahin versteckte er 
die Beinkleider Daniels in ei» Gesträuch, wo sie 
auch nachher gefunden wurden. Mit einem Theile 
des Geldes füllte er die entwendete Schachtel an. 
Als er gegen s Uhr unter dem Fenster feine« 
Mädchens in L. anlangte, versteckte er zuvor die 
Schachtel und den encwedeten Deutel unter da« 
vor dem Haufe befindliche Holz, und stieg durch'« 
Feisscer in die Kammer der Geliebten. Seine ver 
späte« Ankunft entschuldig« er damit, daß er bei 
Abfütterung des Pferdes auf dem Heu eingeschla 
fen sey. An seinem Betragen war keine Aende 
rung zu bemerken. 'Indessen hat« im Hause Mi 
chaels das Feuer sogleich um sich gegriffen. Die 
beiden Mädchen verließen, durch die Flamme auf 
geschreckt, ihr Lager. Sie schlichen in eine Kam 
mer, welche nur durch eine dünne Wand von der 
Wohnstube getrennt war. Die armen Geschöpfe 
hörten zwar die ganze Mordscene deutlich mit an, 
wurden aber durch die Furcht einer gleichen Miß 
handlung im Bet« zurückgehalten. Die Thüre ih 
rer Kammer stand schon in Flammen, kaum hat 
ten sie noch Zeit, sich zu kleiden, und waren ge 
nöthigt, zum Fenster hinaus in den Garten zu 
springen. Sie eilten sogleich nach dem Hause des 
Nachbars, und riefen ihn zu Hülfe. Dieser fand 
das Haus schon in vollen Flammen. Er eil« zu 
erst der 74jährigen Großmutter zu Hülfe, welche 
zu ihrem Kammcrladen hinaus in herzzerreißenden 
Klagccönen fei» Mitleid anflehte. Sie war feit 
dem Augenblicke, als Z. Georg den Kasten in ih, 
rer Kammer eröffnet har«, nicht mehr eingeschla 
fen, ohne indeß wegen ihrer Taubheit von dem 
Vorgänge etwas zu hören. Durch den bald hier 
auf eindringenden Rauch ward sie genöthigt, auf 
zustehen. Sie etl« nach der Wohnstube, als sie 
aber auf ihre Frage nach der Ursache des Rau 
ches keine Antwort erhielt, gieng sie nach der 
Kammer Daniele, .aus welcher ihr bei Eröffnung 
der Thüre die Flamme schon entgegcnlodcr«. Durch 
Anlegung einer Leiter wurde die fast zu Tsde ge-
	        
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