ZoS
sten haben neben der humoristischen und romanti
schen Darstellung, den zarten, innigen, feierlichen,
rührenden, ernsten und majestätischen Ausdruck so
in ihrer Gewalt gehabt, als Zos. Haydn. Kein
anderer vielleicht hat sich zugleich so reich und fast
unerschöpflich mannichfaltig, und doch zugleich auch
überhaupt so einfach, naiv und anspruchlos in sei,
nen Werken gezeigt, wie dieser unsterbliche Mei
ster. Zst bei diesem eine große Klarheit ein her
vorstechendes Merkmal; so scheint dagegen die.Kom-
posicionen eines mit ihm sehr verwandten Genies,
des großen Mozart, eine besonder?Tiefe, Fülle
und Energie des Ausdrucks auszuzeichnen. Zudem
Haydn bei einer gewissen Popularität immer schön
und edel bleibt, so seht dagegen Mozart durch et
was Kühnes, Großes und Erhabenes in Erstau
nen. So verwandt beide Genies in ihren Pro
dukten erscheine», so innig beide ergötzen, so nimmt
man doch bald einen freien Unterschied in ihrer
Manier wahr. Beide können denselben Gegen
stand gleich interessant behandeln, beide können
populär, launig, gefällig, erhaben, rührend seyn;
aber gewisse feine Züge werden ihre verschiedene
Manier kenntlich machen, und bei Haydn wird
die Kraft und Bedeutung oft mehr in der Aus,
breitung und kontrastirenden Mannichfaltigkeit, bei
Mozart mehr in der gedrängten Fülle und gros
sen Einheit liegen, so baß man (wenn Tonkünst
ler mit Dichtern verglichen werden dürfen) zwi
schen Haydn's und Wieland'r Genius, und
dann zwischen Mozarl'e und GLthe's oder
Schiller'« Stil einige Aehnlichkeit finden möch
te. Solche Meister haben großen Einfluß auf die
Behandlung der Musik gehabt und gewissermaßen
eigene Schulen gebildet, d. h. ihr Charakter in
der Komposition hat ähnliche Genies begeistert,
und so haben z. D. Winter und Eberl, jener
in Opern und Kirchenstückeu, dieser inZnstrumen-
talwerken der Kammermusik, vorzüglich in Mo
zarts Geist mit eigener Originalität ihre Kunst
auf das glücklichste ausgeübt. Nach Haydn schei
nen sich unter andern vorzüglich der berühmte C h e-
rubini, und zum Theil Beethoven (der sich
aber doch mehr Mozart nähert) gebildet zu habbn,
ohne deshalb minder originell zu seyn, und ohne
selbst oft einen Mozartischen Genius zu verleug
nen. Unter den ältern Komponisten findet sich
zwischen Händel. Graun und Zo. Seb. Bach
einige Verwandtschaft, wiewol der leztere die an
dern alle an tiefgeschöpfter Reichhaltigkeit, Fülle
und Regelmäßigkeit der harmonischen Kunst über
trifft, und dagegen meist weniger populär ist. K.
Ph. Emanuek Bach bildete auch wieder eine ei
gene Manier und gleichsam eine Schule, in wel
cher Männer, wie E. W. Wolf, Häßler und
I. A. P. Schulz sich auszeichneten. Zhm in
feiner zarten, gesangreichen, oft kühnen und er
habenen, gedankenvollen (und nur selten etwas
eigensinnigen oder schwülstigen) Musik konnte man
vielleicht den Barden Klo pflock vergleichen. Cle-
menti, der in seinen Clavier-Compositionen ori
ginell in den Zdeen, und eben so gefällig und
einschmeichelnd, als kraftvoll und erhaben ist, ver
einigt mit dem Geschmeidigen, Brillanten der ita
liänischen Musik, die Kraft und den Reichthum
der deutschen Harmonie; er hält gewissermaßen
das Mittel zwischen Haydn und Mozart; er ist
klar, ohne leer; prächtig und erhaben, ohne
schwülstig zu seyn. Er verschmäht das Gemeine
und ist immer voll edeln Ausdrucks. Auch besitzt
er die Kunst in der Manier älterer und neuerer
Componisten zu schreiben, und wetteifert in seinen
Fugen mit Seb. Bach. An süßer gefälliger Me
lodie und tiefem harmonischen Gehalt scheint ihm
der große Virtuose Dussek ähnlich, welcher bei
seiner Originalität übrigens nicht leicht mit einem
andern Componisten zu verwechseln ist.
C. F. Michaelis.
Fortuna.
Vor einiger Zeit erschien im Reiche der Plan
zu einer äußerst sonderbaren Lotterie. Ein Mäd
chen — Fortuna nannte sich die Schöne — er
klärte: sich ausspielen zu lassen. Sie hakte 16000
Rthl. baares Vermögen, war 23 Zahre alt, hatte
eine ihrem Stande angemessene Erziehung genos
sen, und versicherte mit aller Bescheidenheit, daß
sie eine von sonstigen Fehlern ihres Geschlechts
entfernte, reine, sittliche Jungfrau sey. Ein Ku
pferstich, der dem Lokterieplane beigefügt war,
stellte ein volles üppiges Mädchen von lieblicher
Gesichtsbildung dar.
„Es haben viele," erzählte sie in dem Plane,
„um meine Hand geworben: allein mein Vater
hatte an jedem Ausstellungen zu machen. Bis
auf einen liebte ich keinen meiner Brautwerber,
weil ich fürchtete, daß alle nur um mein Vermö
gen, keiner um mein Herz buhlte: dieser eine um
fing aber mich mit reiner Liebe ohne alle Neben
absichten; allein weil auch diesem mein Vacer
meine Hand versagt hatte, so faßte ich den festen
Vorsatz, so lange, als mein Vater lebt, unverhei-