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Nro. 77.
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den ig. April.
Berlinisches Unterhaltungsblatt für gebildete, unbefangene Leser.
Bemerkungen über Musik und musikalische
Componisten.
38>e viel fehlte dem Menschen, wenn er der
schönen Kunst entbehrte! Sie zaubert ihm neue
Welken, erhebt ihn über die Wirklichkeit seines
individuellen Lebens, das so oft lästig und ermü
dend ist, oder sie söhnt ihn doch mit seinen all,
täglichen Verhältnissen wieder aus. Sie begeistert
ihn, rührt sein Herz, erregt seine edelste Sympa
thie. Dichter, Tonkünstler, Maler und Bild,
Hauer haben nicht nur ihre Zeitgenossen erhoben,
veredelt und ergötzt, sie leben in ihren unvergäng
lichen Werken auch in der Nachwelt fort. Sie
versinnlichen Wahrheiten, schildern Scenen und
Begebenheiten, drücken Ideen und Empfindungen
aus, und reden eine Sprache, wie keine andere
Mittheilungeweise mit dieser bezaubernden Kraft,
mit diesem lebendigen Ausdruck, mit dieser dauer
haften Klarheit und Innigkeit oder tiefen Bedeu
tung, im Stande ist. Und welche Mannichsaltig-
keit bietet nicht das Gebiet der Künste überhaupt,
und dann jede Einzelne insbesondere dar! Eine
Mannichfaltigkeit, die nicht nur von den verschie
denen Gegenständen und Formen der Darstellung,
sondern auch von dem verschiedenen Ton des Zeit
alters, und von der Individualität jedes Genie«
und Virtuosen, als Künstlers, abhängt.
In der schon als schöne Kunst ausgebildeten
Musik *) bemerken wir einen Unterschied zwischen
dem antiken und mgderlien Stil, und eine mitt
lere Gattung, welche nicht ganz die Simplicität,
die ernste Ruhe und Würde der alten, aber auch
noch nicht den kühnen Schwung, die Ueppigkeit
und den glänzenden Reichthum der neuen, offen
bart. Höchst mannichfaltig aber sind wieder die
besondern Manieren der verschiedenen Componi
sten, und es ist nicht leicht, das Eigenthümliche
dieser Meister jedes Zeitalters und jeder Schule
treffend zu eharakterisiren. Manche haben sich so
vlelsettig gezeigt; einige sind einander in ihrem
Stil nahe verwandt; andere bleiben in ihrer Art
immer einzig, wie etwa Händel, Seb. Bach,
Gluck, Mozart, Haydn. Wenige Componi-
") Don tu Musik &et «Ikon Griechen und Römer und anderer
gleich,eiligen Völker, kann »le Rede nicht seyn, da sie, so viel
wir von ihr urtheilen können, noch tief unter dem Grade »er
Vollkommenheit stand, i« welchem es »orjügiich die «rsiern
beiden Nationen in den bildenden «linsten und in «er Poesie
gebracht hatten, und wenigstens von dem, was wir »ns un
ter Instrumental, und Docalmusik denken, noch viel ,u weit
entfernt war.