schrecklicher Angst, hinter ihr Rosalie, leichenblaß,
an Lanihcns Arme, -
Die Tante ergriff mich, als stünde auf mei
nem Kopfe ein Preis. „Gut, daß ich Sie finde.
Rosalie ist unwohl. Zch muß hier bleiben. Bei
Marien und Florentinen. Fahren Sie mit ihr
— mit der Rofalie — Lanih fährt selbst. — Es
könnte was passiren. Nacht ist es — Sie ist al
lein — Fahren Sie mit."
Das ist wieder eine gute Parthie, dachte ick,
da sollst du Nosalien hüten, gegen einen Husaren-
Adjutanten hüten; wäre doch die infame Reise tn's
- Lager, wo der Pfeffer wächst.
Marie kam, um gute Nacht von Rosalien zu
nehmen. „Cediren," raunte sie mir in das Ohr,
„mich einem Prinzen cediren, pfui, pfui, pfui.
Zn meinem Leben vergesse ich Ihnen das nicht.
Zch konnte, ich wollte mit dem Prinzen nicht tan
zen, er war vorhin bei dem ersten Tanze unartig,
ungezogen gegen mich gewesen, und Sie, — Sie
wollen ihm mich cediren?"
„Fräulein, meine himmlische Marie, wußte
ich denn das alles?"
„Auch wenn Sie das nicht wußten. Ein Mäd,
chen, das sich Zhnen anvertraut, müssen Sie nie
cediren, nie, nie, auch keinem Prinzen!"
Sie war doch wieder gut. Wenn Sie sprach,
wurde sie immer wieder gut. Sie reichte mir die
Hand. „Gute Nacht, dummer Mensch," sagte
sie lachend, und gieng in die Gesellschaft zurück.
Zch hob Rosalien in den Scheibenwagen. Zch
setzte mich nebe» sie. Lanitz auf den Bock. Er
fuhr selbst. Zn Karriere gieng es der Stadt zu.
Rofalie bat um Gotteewillen, nicht so rasch zu
fahren, aber erst, als wir auf die Chaussee, auf
das Pflaster kamen, griff Lanitz in die Zügel.
Zch hatte die Kranke in meinen Arm gelehnt.
Sie meinte, sie läge so recht gut, es sey ihr bes,
ser. Der Versucher trat wieder zu mir« Dem
Husarenadjulanten ein Bein zu stellen, meine äl
tern Rechte geltend zu machen, mich für den heu
tigen überfreundlichen guten Morgen zu rächen,
das, das brütete der böse Dämon, der mich auf
dieser ganzen Reise, von Anbeginn an, begleitete,
bald in mir aus. „Fahr Du nur, mein Brüder
chen, da draußen auf Deinem Bocke, wir wollen
in unserm huschigen Wägelchen schon nachkom
men," dachte ich, zog die üppige Rosalie dichter
an mich, und küßte ihr Stirn und Wange. Zch
umfaßte, ich umschlang das reihende Mädchen.
Sie schwieg. Lanitz hatte seine Augen auf die
Mohrenschimmel geheftet. Das wußte das Mäd
chen. Rofalie drängte noch enger sich an mich.
Die Lippen zitterten mir von süßer Freude. Zn
der Tiefe ihres Busens sogen sie glühenden Nek
tar. Rosalie schlang rasch ihren Arm um mich.
Zhre kleinen Finger krampflen sich auf meiirer
Achsel zusammen. Sie knipp, daß ich hätte laut
aufschreien mögen, aber ich schwieg. Man hätte
mir Arm und Bein ausrenken können, ich hätte
geschwiegen. Zch dachte an den alten Oberforst
meister und an seinen Satz von der Stunde.
Rosalie stöhnte, als ob sie aus einer Ohn
macht erwachte. Sie klagte über das Stoßen des
Wagens: ich setzte sie auf meinen Schooß. Rosa
lie lößte sich das Leibchen und alle Bänder. Der
Hammer zur Stunde des Oberforstmeisters hob
aus, eben sollte sie schlagen, die seelige Stunde —
da hielt der Wagen. Zch fuhr ans Fenster. Wir
standen in einer schmalen Straße vor einem klei
nen Hause. Das war nicht die Wohnung der
Tante Polangen. Zch stutzte.
„Steigen Sie aus," lispelte mir Lanih vom
Bocke durch die Fensterscheibe in den Wagen, „stei
gen Sie aus, lieber Freund. Wie geht es Dir,
liebe Rosalie?"
„Ach Gott, nicht gut. Zch glaube, ich habe
den ganzen Weg in Ohnmacht gelegen. Macht
nur, daß ich herauskomme. Der Wagen stieß!
ich konnte fast nicht länger es aushalten."
Zch war unterdessen ausgestiegen. „Fragen
Sie doch hier einmal," versetzte Lanih, „hier in
dem kleinen Hause nach Madame Kolbe, ich weiß,
hol mich der Teufel, nicht recht gewiß, ob sie
hier, oder darneben wohnt. Es ist ja so pechfin
ster, daß man die Hand nicht vor sich sehen
kann."
Zch stutzte wieder, und klopfte an den Fen
sterladen des kleinen Hauses. Rosalie wimmerte
in dem Wagen.
„Eine alte Frau öffnete den Laden. Zch frug
nach Madam Kolbe."
„Kolbe? Kolbe? Madam Kolbe? nein, die
weiß ich nickt."
„Die Hebamme! in'ö drei Teufelsnamen,"
polterte Lanitz vom Bocke herunter.
„Ach die, ja die wohnt hier neben an. Dicht
neben an."