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gen würde, zu beschwichtigen wußte. Sie nahm,
auf die wiederholte inständige Erinnerung dessel
ben, unter diesen Umständen seiner Familie we
nigstens mit Lebensmitteln beizuspringe», der
Tochter den Korb aus der Hand, und indem sie
ihn dem Knaben gab, sagte sie ihm: „er solle an
den Miwenweiher, in die nahgelegnen Waldberge
hinaus gehn, und ihn der daselbst befindliche»
Familie des fremden Offiziers überbringen. „Der
Offizier selbst," solle er hinzusetzen, „befinde sich
wohl; Freunde der Weißen, die selbst viel der
Parthei wegen, die sie ergriffen, von den Schwar
zen leiden müßten, hätten ihn in ihrem Hause
mitleidig aufgenommen. Sie schloß, daß, sobald
die Landstraße nur von den bewaffneten Neger-
haufen, die man erwartete, befreit wäre, man so
gleich Anstalten treffen würde, auch ihr, der Fa,
milie, ein Unterkommen in diesem Hause zu ver
schaffen. — Hast du verstanden? fragte sie, da
sie geendet hatte. Der Knabe, indem er den
Korb auf seinen Kopf setzte, antwortete: daß er
den ihm beschriebenen Möwenweihcr, an dem er
zuweilen mir seinen Kameraden zu fischen pflege,
gar wohl kenne, und daß er Alles, wie man es
ihm aufgetragen, an die daselbst übernachtende
Familie des fremden Herren bestellen würde. Der
Fremde zog sich, auf die Frage der Alten: ob er
noch etwas hinzuzusetzen hätte? noch einen Ring
vom Finger, und händigte ihn dem Knaben ein,
mit dem Auftrag, ihn zum Zeichen, daß es mit
den überbrachten Meldungen seine Richtigkeit ha
be, dem Oberhaupt der Familie, Hrn. Strömli,
Jju übergeben. Hierauf traf die Mutter mehrere,
die Sicherheit des Fremden, wie sie sagte, ab
zweckende Veranstaltungen; befahl Toni, die Fen
sterladen zu verschließen, und zündete selbst, um
die Nacht, die dadurch in dem Zimmer herrschend
geworden war, zu zerstreuen, an einem auf dem
Kaminsims befindlichen Feuerzeug, nicht ohne
Mühseligkeit, indem der Zunder nicht fangen
wollte, ein Licht an. Der Fremde benutzte diesen
Augenblick, um den Arm sanft um Toni'6 Leib
zu legen, und ihr ins Ohr zu flüstern; wie sie
geschlafen? und: ob er die Mutter nicht von dem,
was vorgefallen, unterrichten solle? doch auf die
erste Frage antwortete Toni nicht, und auf die
andere versetzte sie, indem sie sich aus feinem Arm
loswand: nein, wenn ihr mich liebt, kein Wort!
Sie unterdrückte die Angst, die alle diese lügen
hafte» Anstalten in ihr erweckten; und unter dem
Vorwand, dem Fremden ein Frühstück zu berei
ten, stürzte sie in daö untere Wohnzimmer herab.
Sie nahm aus dem Schrank der Mutter
den Brief, worin der Fremde in seiner Unschuld
die Familie eingeladen hatte, dem Knaben in die
Niederlassung zu folge»; und auf gut Glück hin,
ob die Mutter ihn vermissen würde, entschlossen,
im schlimmsten Falle den Tod mit ihm zu leiden,
flog sie damit dem schon auf der Landstraße wan
dernden Knaben nach. Denn sie sah den Züng-
ling, vor Gott und ihrem Herzen, nicht mehr als
einen bloßen Gast, dem sic Schuh und Obdach
gegeben, sondern als ihren Verlobten und Ge
mahl an, und war Willen«, sobald nur seine Par
thei im Hause stark genug seyn würde, dies der
Mutter, auf deren Bestürzung sie unter diesen
Umständen rechnete, ohne Rückhalt zu erklären.
„Nanky," sprach sie, da sie den Knaben athemlo«
und eilfertig auf der Landstraße erreicht hatte:
„die Mutter hat ihren Plan, die Familie Hrn.
Strömli's anbetreffend, umgeändert. Nimm die
sen Brief. Er lautet an Hrn. Strömli, das al
te Oberhaupt der Familie, und enthält die Ein
ladung, einige Tage mit Allem, was zu ihm ge
hört, in unserer Niederlassung zu verweilen. —
Sey klug und trage selbst alles Mögliche dazu bei,
diesen Entschluß zur Reife zu bringen; Congo
Hoango, der Neger, wird, wenn er wiederkömmt,
es dir lohnen!" Gut, gut, Base Toni, antwor
tete der Knabe. Er fragte, indem er den Brief
sorgsam eingewickelt in ftine Tasche steckte: und
ich soll dem Zuge, auf seinem Wege hierher, zum
Führer dienen? „Allerdings," versetzte Toni; „da«
versteht sich, weil sie die Gegend nicht kennen, von
selbst. Doch wirst du, möglicher Truppcnmärsche
wegen, die auf der Landstraße statt finden könn
ten, die Wanderung eher nicht, als um Mitter
nacht antreten; aber dann dieselbe auch so beschlcu
nigen, daß du vor der Dämmerung des Tage»
hier eintriffst. — Kann man sich auf dich verlas
sen? fragte sie. Verlaßt euch auf Nanky! antwor
tete der Knabe; ich weiß, warum ihr diese weiße,
Flüchtlinge in die Pflanzung lockt, und der Ne
gcr Hoango soll mit mir zufrieden seyn!
Hierauf trug Toni dem Fremden das Früh
stück auf; und nachdem es wieder abgenommn
war, begaben sich Mutter und Tochter, ihre
häußlichen Geschäfte wegen, in das vordere Wohr
zimmer zurück. Es konnte nicht fehlen, daß di
Mutter einige Zeit darauf an den Schrank tra>
und, wie es natürlich war, den Brief vermißt
Sie legte die Hand, ungläubig gegen ihr Gedäch
niß, einen Augenblick an den Kopf, und frag'
Toni: wo sie den Brief, den ihr der Fremde g