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Volume Nro. 64, Sonnabend, den 30. März 1811

Full text: Der Freimüthige oder Berlinisches Unterhaltungsblatt für gebildete, unbefangene Leser / Kuhn, Friedrich August (Public Domain) Issue8.1811 (Public Domain)

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Nro. 6^. 
Sonnabend, oder den z°. März. 
Berlinisches Unterhaltrmgsblatt für gebildete, unbefangene Leser. 
Die Schauspieler der Griechen und Römer. 
(Schluß.) 
Aesopus hatte sich blos dem tragischen Fache 
gewidmet, und zeichnete sich darin rühmlich aus. 
Auch dieses Schauspielers gedenkt Cicero als sei 
nes vertrauten Freunde«, und beschäftigt sich in 
seinen Briefen viel mir dessen Angelegenheiten. 
Zn dem hohen Alter, welches er erreichte, mag 
er sehr schwach geworden seyn, welches unter an 
dern aus einem Briefe Cicero'« zu erhellen scheint, 
worin er seinem Freunde Marcus Marius über 
die vom Pompejus beim Antritte feines zweiten 
Consulat« im Zahre Roms 690 gegebenen Schau 
spielvorstellungen schrcibt: 
„D>e Schauspiele wurden mit vieler 
Pracht gegeben; aber sie waren, wenn ich 
von mir auf Dich schließen darf, nicht 
nach Deinem Geichmacke. Denn erstens 
hatten ehrenhalber diejenigen die Büh 
ne wieder betreten, von welchen ich glaub- 
,te, sie wären, ehrenhalber abgetreten; 
^und Dein Liebling, unser Aesopne,.spiel 
te so, daß ee ihm, nach dem gemeinsamen 
Urtheile, erlaubt war, abzutreten." Ais 
er unter andern angefangen hatte, einen 
Eid zu sprechen, verließ ihn die Stim 
me — ein Hauptfehler bei einem Schauspieler 
der Alten — bei den wichtigen Worten: 
„Wenn ich wissentlich mein Wort breche" 
u. s. w. Uebrigens traf unsern Aesopus das Un 
glück, einen ausschweifenden, verschwenderischen 
Sohn zu haben, von welchem Cicero, dem ihn 
der Vater wol mochte empfohlen haben, einst an 
seinen Freund Marius schrieb: „Aesopus Sohn 
macht mir ungeheure Noth." Clodius, 
so hieß dieser Mensch, halte (wenn die Angabe 
nicht übertrieben ist) von seinem Vater — ein 
Beweis, wie reichlich man das Talent dieses 
Künstlers belohnt haben müsse — ein Vermögen 
von 20 Millionen Sesterzcn (ungefähr 1,Oslo,000 
Rthl.) geerbt, welches er auf die unverantwort 
lichste Weise durchbrachte. So pflegte er für die 
ungeheuersten Summen seltene Singvögel, oder 
solche, welche sprechen gelernt hatten, aufzukau 
fen, und sie zum Dessert seinen Freunden aufzu 
setzen, und zwar auf einer irdeuen Schüssel, wel 
che allein 2500 Dukaten gekostet haben soll. Um 
zu wissen, wie wohl Perlen schmecken möchte^, 
zog er einst bei hinein freundschaftlichen Schmause 
seiner Geliebte^, Mctella, eine sehr kostbare 
Perle aus dem Ohre, lösete sie in Essig auf, ver- 
schluckte sie, und bewirthete auf gleiche Weise die
	        
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