D i e Verlobung.
(Fortsetzung.)
Die Mutter bcmcrkre, indem sie nach der
ÄZanduhr sah, daß ee überdies nahe an Mitter
nacht sey, nahm ein Licht in die Hand, und for-
dertc de» Fremden auf, ihr zu folgen. Sie führte
ihn durch einen langen Gang in das für ihn be
stimmte Zimmer; Toni trug den Ueberrock des
Fremden und mehrere andere Sachen, die er ab
gelegt hatte; die Mutter zeigte ihm ein von Pol
stern bequem aufgestapeltes Bett, worin er schla
fen sollte, und nachdem sie Toni noch befohlen
harte, dem Herrn ein Fußbad zu bereiten, wünsch
te sie ihm eine gute Nacht und empfahl sich. Der
Fremde stellte seinen Degen in den Winkel und
legte ein Paar Pistolen, die er im Gürtel trug,
auf den Tisch. Er sah sich, während Toni das
Bett vorschob und ei» weißes Tuch darüber brei
tete, im Zimmer um; und da er gar bald, aus
der Pracht und dein Geschmack, die darin herrsch
ten, schloß, daß es dem vormaligen Besitzer der
Pflanzung angehört haben müsse: so legte sich ein
Gefühl der Unruhe wie ei» Geyer um sein Herz,
und er wünschte sich, hungrig und durstig, wie er
gekommen war, wieder in die Waldung zu den
Seinigen zurück. Das Mädchen hatte mittlerwei
te, aus der nahbelegenen Küche, ein Gefäß mit
warmem Wasser, von wohlriechenden Kräutern
duftend, hereingeholt, und forderte den Officier,
der sich in das Fenster gelehnt hatte, auf, sich
darin zu erquicken. Der Officier ließ sich, wäh
rend er sich schweigend von der Halsbinde und
der Weste befreite, auf den Stuhl nieder; er
schickte sich an, sich die Füße zu entblößen, und
während das Mädchen, auf ihre Kniee vor ihm
hingekauert, die kleinen Vorbereitungen zum Bade
besorgte, betrachtete er ihre einnehmende Gestalt.
Zhr Haar, in dunkeln Locken schwellend, war
ihr, als sie niederknieete, auf ihre jungen Brüste
herabgerollt; ein Zug von ausnehmender Anmuth
spielte um ihre Lippen und über ihre langen, über
die gesenkten Augen hervorragenden Augenwim-
er hätte, die auf die Farbe, die ihm anstö
ßig war, schwören mögen, daß er nie etwas Schö
neres gesehen. Dabei fiel ihm eine entfernte Aehn-
lichkcit, er wußte noch selbst nicht recht mit wem,
auf, die er schon bei seinem Eintritt in das Haus
bemerkt hatte, und die seine ganze Seele für sie
in Anspruch nahm. Er ergriff sie, als sie in den
Geschäften, die sie betrieb, aufstand, bei der Hand,
und da er gar richtig schloß, daß es nur ein Mit
tel gab, zu erprüfen, ob bas Mädchen Gefühl habe
oder nicht, so zog er sie auf seinen Schooß nieder
und fragte sie: „ob sie schon einem Bräutigam
verlobt wäre?" Nein! lispelte das Mädchen, in
dem sie ihre großen schwarzen Augen in lieblicher
Verschämtheit zur Erde schlug. Sie setzte, ohne
sich auf seinem Schooß zu rühren, hinzu: Konelly,
der junge Neger aus der Nachbarschaft, hätte
zwar vor drei Monaten um sie angehalten; sie hätte
ihn aber, weil sie noch zu jung wäre, auögeschla-
gen. Der Fremde, der, mit seinen beiden Hän
den, ihren schlanken Leib umfaßt hielt, sagte: „in
seinem Vaterlande wäre, nach einem daselbst herr
schenden Sprichwort, ein Mädchen von vierzehn
Zähren und sieben Wochen bejahrt genug, um
zu hcirathen." Er fragte, während sie ein klei
nes, goldenes Kreuz, das er auf der Brust trug,
betrachtete: „wie alt sic wäre?" — Fünfzehn
Zahre, erwiederte Toni. „Nun also!" sprach der
Fremde. — Fehlt es ihm denn an Vermögen, um
sich häußlich, wie du es wünschest, mit dir nieder
zulassen?" Toni, ohne die Augen zu ihm aufzu
schlagen, erwiderte": o nein!-«-Vielmehr, sprach sie,
indem sie das Kreuz, das sic in der Hand hielt,
fahren ließ: Konelly ist, seit der letzten Wendung
der Dinge, ein reicher Mann geworden; seinem
Vater ist die ganze Niederlassung, die sonst dem
Pflanzer, seinem Herrn, gehörte, zugefallen. —
„Warum lehntest du denn seinen Antrag ab?"
fragte der Fremde. Er streichelte ihr freundlich
das Haar von der Stirn und sprach: „gefiel er
dir etwa nicht?" Das Mädchen, indem sie kurz
mit dem Kopf schüttelte, lachte: und ans die Frage
des Fremden, ihr scherzend ins Ohr geflüstert: ob
es vielleicht ein Weißer seyn müsse, der ihre Gunst
davon tragen solle? legte sie sich plötzlich, nach ei
nem flüchtigen, träumerischen Bedenken, unter ei
nem überaus reizenden Erröthen, daß über ihr
verbranntes Gesicht aufloderte, an seine Brust.
Der Fremde, von ihrer Anmuth und Lieblichkeit
gerührt, nannte sie sein liebes Mädchen, und
schloß sie, wie durch göttliche Hand von jeder
Sorge erlößt, in seine Arme. Es war ihm un
möglich, zu glauben, daß alle diese Bewegungen,
die er in ihr wahrnahm, der bloße elende Aus
druck einer kalten und gräßlichen Verrätherei seyn
sollten. Die Gedanken, die ihn beunruhigt hat
ten, wichen, wie ein Heer schauerlicher Vögel,
von ihm; er schalt sich, ihr Herz nur einen Au
genblick verkannt zu haben, und während er sie
auf seinen Knieen schaukelte, und den süßen Athem
einsog, den sie ihm heraufsandte, drückte er,