«ls zwei Zähren brachte er zwei andereOpern mit
dem nämlichen Beifall auf die Bühne.
Nach dem Beispiel der größten Künstler machte
er eine Reise nach Italien. Nachdem er sich ein
Jahr zu Florenz aufgehalten hatte, gieng er nach
Venedig zur Zeit des Karnevals. Er machte sich
nicht bekannt, aber fein Talent verrieth ihn. Er
spielte bei einer Maskerade dieHarfe. Dominica
Scarlatti, der geschickteste italiänische Virtuose
auf diesem Instrument, hörte ihn, und rief aus:
Das kann nur derSachse oder der Teufel
seyn, der so spielt.
Händel fand seines Gleichen nicht auf der
Orgel, und nur Scarlatti konnte man im Har
fenspiel mit ihm vergleichen. Was diesen beiden
Meistern zur Ehre gereicht, ist, baß sie, obgleich
Rivale in der Kunst, unter einander Freunde wur
den. Händel sprach von Scarlatti nie anders, als
mit der größten Hochachtung, und wenn man dem
Italiäner über seinen Vortrag Lobsprüche ertheil
te, so nannte er den Deutschen, und machte ein
Kreuz vor ihm, um durch dieß Zeichen seine große
Ehrfurcht für den Namen Händel auszudrücken.
Als Händel'in Rom war, komponirre er auf
Bitten des Kardinals Orkobont eine Sinfonie^
Die Aufführung derselben dünkte den Musikern
seines Konzerts, an deren Spitze der berühmte
Corelli stand, etwas schwer. Dieser Künstler,
dessen Milde und Bescheidenheit seinen Talenten
gleich kam, beklagte sich selbst über die Schwierig
keit mehrerer »Passagen. Händel gab ihm einige
Anleitung zur Ausführung dieser Gänge? da er
aber sah, daß Corelli sie ihm noch nicht zu Danke
spielte, so riß er ihm das Instrument ziemlich
stolz und ungestüm aus der Hand, und spielte
sie dem guten Corelli vor, der dieses Beweises
von Händtls Ueberlcgenheit nicht bedurfte, und
pur bewundernswürdiger Sanstmuth zu Händel
sagte: mein lieber Sachse, diese Musik ist
ein französischer Stil, und davon verste
he ich nichts.
Der Kardinal Pamfilo machte ein Gedicht
mit dem Titel: II trionfo del tempo, worin Hän
del mit.betn Orpheus verglichen und vergöttert
tvurde. Händel, der seinen Werth wohl fühlte,
trug kein Bedenken, diesen Text in Musik zu set
zen, und dieß war (wie der Verfasser dieses Denk
mals bemerkt) viellelcht der einzige Weg, auf dem
Händel seine Talente zeigen konnte, ohne seinen
Ruhm zu vergrößern.
Auf die dringendsten Einladungen gieng Hän
del im Jahr 1710 nach England, wo Ehrenbozeu-
gungen und reiche Belohnungen seiner warteten.
In den ersten Jahren seines Aufenthalts zu Lon
don gab er nur sehr wenig Opern, weil dieStük-
ke, die man da aufführte, vonAttilio undBuo-
n011 eint in Musik gesetzt waren, und diese Män
ner die Direktion des Operntheaters hatten. Hän-
dels Gönner veranstalteten eine Subscription zu
einer neuen Akademie der Musik im Hay-Mar
ket, von welcher er die Direktion haben sollte.
Die Subscription, deren Fonds sich auf fünfzig«
tausend Pfund Sterling belief, kam mit einer
beispiellosen Schnelligkeit zu Stande, wie nur bei
einer Nation zu erwarten war, bei weicher edle
Freigebigkeit, Gemeingrist und Reichthum sich mit
Enthusiasmus verbündet, und der Nationalgeist
selbst den Luxus und die Eitelkeit der Bürger auf
Gegenstände führt, die das Volk intcresstren.
p Händels Oratorien fanden nicht die verdiente
Aufnahme. Er fetzte indeß die Aufführung dersel
ben fort, und sein Messias, den man im An
fange kalt aufgenommen hatte, gewann in der
Folge den größten Beifall. Das Interesse, wel«
ches das Publikum für dieses Oratorium bewies,
bewog den Komposireur, es jährlich zum Besten
des Hospi rgls, der Findlinge aufzuführen,
einer Anstalt, die damals noch in ihrer Kindheit
war und nur durch Privatwohlthätigkeit unter,
halten wurde.
Händel, überall gesucht und beliebt, brachte
sein Leben im Umgänge mit den ersten Personen
von Range, von Geist und Talenten zu. Ost
speiste rrrnit dem Dichter Pope bei dem Grafen
von Burlington. Pope, der so ein Zartgefühl
für die Harmonie der Verse hatte, besaß keinen
Geschmack für die Musik? seine Seele war den
Reizen dieser göttlichenKunst gänzlich verschlossen,
wiewohl er ihre Wirkung feurig und geistvoll ge
nug'in seiner Ode, die heilige Cäcilia, besun
gen hat. Er gestand oft, daß ihm die schönsten
Musikstücke gar kein Vergnügen machten. Aber
Händeln schätzte er sehr, auf das Wort feines
Freundes Arbuthnot, der zn ihm einige Mal
sagte: „machen Sie Sich die höchste Idee von sei
nen Talenten, und seine Talente werden immer
noch Ihre Vorstellung übertreffen."
Das Glück begünstigte dieses große Genie,
und man behauptet, er habe ein Vermögen von
mehr als zwauzigtaufend Pfund Sterling hinter
lassen. Er ward in der Westminsterabtei beigesetzt.
M - e.