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Aphorismen.
Wenn auch kein Zenseits die Tugend erwar
ten sollte: so verdiente sie doch schon darum un
sere Huldigung, weil sie das einzige Schöne ist,
was einer Unsterblichkeit werth macht.
Das größte Vorurthcil besteht darin, sich von
allen Vorurtheilen frei zu dünken.
Sobald ein Weib sich im Geheim den Vor
wurf der Grausamkeit gegen den Geliebten selber
macht, ist sie auch schon auf dem Wege, in »nge-
messene Zärtlichkeit mid Weichheit überzugehen,
d. h. von der Tugend, aus selbst vorgespiegelter
Pflicht — Abschied zu nehmen.
Theophil. Freywald,
Tagesbegebenheiten.
M i e z e l l e n.
Auf einem Kaffeehause zu Paris erhob sich «in gelehrter Streik
iibrr die Frage: Welchen Einfluß die Kolonlalwaaren auf Leu
menschlichen Geist und auf die Literatur in Europa hätten? Ein
Physiker sehte weitläufig auseinander, wie heilsam der Gebrauch
des Thn's sey. Ec ,ertheile die Dünste d-s Magens, mache die
Arbur leicht, führe zum Nachirnken. Seinen Einfluß ,eigen Thar,
fachen. Die Engländer wären nachdenkend, die Holländer chekn,
lariv, die Belgier gründlich. Dr Tabak vertreibe die Feuchtigkeit
»es GehitnS, elektriflre den Gedanken, spanne die erschlafften Fi
bern, die nach Dr Gast auf die Organe,.di- Einbildungskraft und
das Genie wirken. Seit dein allgemeinen Gebrauch des Tabaks
wäre die Zahl «er Schriftsteller jeder Art . in England, Deutsch,
land, Italien und Frankreich s.hr angewachsen. Alle unsere Bi
bliotheken sin» Zeitgenossen »er Erflndnng UN» des Gebrauchs de«
Tabaks u. s. w. Das wäre >u stark, fiel ein Gast ein, der mod-r,
ne Physiker gleiche den alten Theologen, die alles in Gon faden;
so s-he er im Tabak und im Thee alle unsre Forrschriire in den
Sennkniffen. Er travestir« die Tabakcfabrikanrin in Professoren
der Moral, die Ehlneser Kaufleute in Lehrer dt Welt, und die
Theetrinker in Literarore» und Philvsovhen. Ein allgemeines Ge
lächter macht- der Szene ein Ende.
— Ein franlösischer Dichter hat daS Napoleonfche Gefrhbuch
in Derfe ,rieht. Die Pariser Journale geben ihm daS Lob, daß er
sehr getreu den Tert ln Reime brachte.
— Am -ästen Januar fiel ein -SjährigeS Mädchen, NamenS
Wer, aus Hu», ln die MaaS. Der Postbeamte Bourgeois wo»te
fle rerren, wäre aber selbst bald ein Opfer seiner Menschenliebe ge
worden, wenn» ihm nichr noch in rechter Zeit der junge Dcguinie
geholfen hätte.
— In den ersten Tagen des Monats Februar wurde ,u Lyon
ein Sind getauft, dessen Pathe «7 Jahre und die Taufpathin» rot
Jahre,äl>lte.
— Zu Nürnberg versteckte ein Holzhauer fei» erworbene» Wer-
mögkN von mehr als goo Gulden nicht in seiner Wohnung, son
dern in drn Hol,stall eines andern HauseS, wo er manchmal arbei
tete. DaS Geld wurde nach einiger Zeit von »en Mägven in die
sem Hanse gefunden. Der Holjyauer reklamirte eS und die Sach!
Ist Nim in Untersuchung.
— Der Speisemeister eiueS großen HanseS ,uPariS harr« einig,
Zkit Umgang mit einer Leinwandhändierinn. Er mochte ihr» üier-
d flfftg ieyn oder waö sonst, genug, er »erlangte hei einem Nachr-
kff n So» Fe. von ihr, erhielt fle, und sogleich darauf stieß er ihr
ein M-ff-r durchs Her».
— Auch ,u Mu-Ny (bei Douqy) flnd vor kurzem iwei gnjäh-
rig? Ehej-nke in einer und dersejde» Stunde gestorben. Sie hieße»
Louis Lec.'erc und Adelgonde Paradis.
— In Rastadt lebt »er badenscht Htfaärtner, Hr. EnSle, der
vom Jahr a.1)t Jahre lang Gärtner im Serail zu Constanti-
noprl war. Nach sein, r Aussage hatt» S lm »er Drin- ZS» Wei
ber, unter denen aber besonders s die Gun t deS Kaisers genossen,
und von diesen fünfen wieder eine, der Lnsle immer die schönsten
Blumen schicken mußee.
— In einer Stad! am Main wurde neulich ein allgemein g«-
llebteS Mädchen beerdigr. ES war hübsch eingekleidet, harte ein
niedliches Kettchen um de» Hais, und einen Ring a« Finger.
Hiernach lüfterie einen Dösewichr. Er öffnete LaS Grab, beraubt«
dir Leiche, zerbrach ihr bei der Enikleitung einen Arm, und stürzte
fle wieder in den Sarg. Ihre Gespielinnen, die ihr am folgenden
Tage noch eine Thräne auf den Hügel wollten fallen lassen, ent
deckten die Verwüstung.
— Zn Paris kommen noch immer von Zelt zu Zrlr Gau»-r In
Privaihäuser, wo fie sich für Anverwandr« einer hohen Person
ausgeben, und ein Stück Geld zu erhallen suchen.
— Don der K»ippelsbriicke zu Koppenhagen stürzte am treu
Februar ein beladener Wagen ins Waffer hinab, weil das Pferd
scheu ward, und stch mir solcher Gewalt aufS eiserne Geländer
warf, daß eS zerbrach. Dcr Fuhrmann büßte dabei da§ Leben
ein, aber Pferd und Wage» wurden gerettet.
— Am »ren Januar AbendS bemerkte mau zu Erlangen eine»
merkwürdigen, regenbogenariigen Hof um den Mond.
— Bei Gei'gendeit der am rösten Januar >» Pest auSgebroche-
nen FenerSbtiinast ereignete es stch, daß die Familie, welche über
dem H. Izkeli.r, in weichem eS brannte, wohnt, nach vorüderge«
gaugener FruerSgtfahr sich wieder schiascn legte. Ohne die Dazwi-
schenkunfr deS Fiskals von L. wäre diese Familie ül dem Kühien-
dampfe erstickt.
— Der Physiker Eolomb giedr in PariS Kollegien über S-nS-
fonoiogie; unter diesem greco-laiino-französtschkn Namen lehrt er
die Wirkungen der Tonkunst aus bas GeifteS - und Sinnenwesen
der Menschen.