Nro. 55.
1811.
D e
Montag,
r
VOtt> v
reimüthi
« oder
g e
den iq. Februar.
Berlurisches Unterhaltnngsblatt für gebildete, unbefangene Leser.
An den Herrn * * *
Verfasser der bc ach tungsw er theil Kehr
seite eines Schaupfennigs.
(Man srtjt dcn ffteimwbiptn 1810. Nr«. 196. 199 und *00.)
A^eine Entfernung von Deutschland ist die Ur-
fache, daß ich den Freimüthigen immer etwas spät
erhaire. Darum trete ich heute erst in die Schran
ke», in die Sie mir den Fehdehandschuh geworfen
haben.
Ich gestehe offenherzig, daß ich bei der Ein
sendung meines Ausätze«: „der herumziehen
de Prediger" an nicht« weniger dachte, als an
«ine Herausforderung.
Wenn ich nicht den Predigerstand für den
wichtigsten, für den »örhigstcn, für de» einfluß
reichsten auf das allgemeine Famiiienwvhl, für
dcn — ich «nichte sagen — heiligsten im Staate
hielte, so würde ich über den Prediger z» Z.,
über dieses unwürdige Mitglied jenes Standes,
nicht so herzlich geeifert haben.
Meine Absicht bei Einsendung jenes Auffahes
war: alle die, welche bei Ansehung der Prediger
eine mittelbare oder unmittelbare Stimme haben,
durch diese — nicht Anekdote, wie Sie sie nen
nen, sondern — fak.ische Geschichte, darauf auf
merksam zu machen, daß bei der Anstellung eines
Predigers nicht Connexion, nicht Nebenabstchlen,
sondern einzig und allein Talente, Kenntnisse und
moralischer Werth des Kandidaten in s Auge ge
faßt werden müssen. Beiher wollte ich auch dar-
thun, wie unumgänglich nöthig es sey, die Pre
diger von Zeit zu Zeit durch ihre Obern konrrolli-
ren zu lassen. Dieß müßte aber nicht, wie jetzt
gewöhnlich, geschehen, indem ein Herr Lonsistorial-
rath mit Vorspann und Umgebungen, längst an
gemeldet, zum Dorfe hereinführe, sondern der
Controlleur müßte ohne alle« Gepränge, unerkannt
und linvermulhet, in die Kirche treten; müßte im
Stille», in der umliegenden Gegend des Kirch-
sprengels, sich nach dem Wandel und der Weise
des Predigers erkundigen, und fände er auf die
sen beiden Wegen den Gegenstand seiner Controlle
auf falschem Pferde; so hätte er dann Veranlas
sung zu Zurechtweisungen und Rügen.
Für diese meine Absicht treten Sie nun mir
gegenüber, und streiten nicht für die gute Sache,
sondern für die schlechten Prediger, für die Kolle
gen meines Schachers zu Z.
Nun wohl! Ich werde Ihnen punktweise
antworten.