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Volume Nro. 27, Donnerstag, den 7. Februar 1811

Full text: Der Freimüthige oder Berlinisches Unterhaltungsblatt für gebildete, unbefangene Leser / Kuhn, Friedrich August (Public Domain) Issue8.1811 (Public Domain)

»esselben deutlicher einzusehen, wird ti nicht um 
paßlich sein, hier einen Auszug aus dem Briefe 
beizubringen, den Litung, König von Korea, im 
Jahre 1669 an den Kaiser Kanghi schrieb, um 
ihn zu ersuchen, seine rechte Gemahlinn wiederum 
als Königinn einzusetzen. 1 
„Ich, Dero Unterthan, sagt er, bin ein 
„Mensch, dessen Schicksal gar nicht günstig ist. 
„Ich habe lange Zeit gelebt, ohne einen Nachfol 
ger zu haben. Endlich habe ich mit einer Bei- 
„schläferinn einen männlichen Erben erzeugt. Die 
„Geburt desselben hat mir unendliche Freude ver 
ursacht. Ich habe deshalb die Mutter desselben 
„erhoben; dadurch habe ich aber einen Fehler be 
gangen, der eine Quelle mannichfalligen Ver- 
„dachte worden ist. Meine Gemahlinn, Minchi, 
„mußte sich in ein Privathaus begeben, und ich 
„machte meine Kebefrau, Tangki, a» ihrer 
„Statt zur Königinn. Ich habe damals Ew. 
„Majestät hiervon Nachricht gegeben. Allein jetzt 
„erinnere ich mich, daß Minchi ein Patent von 
„Ew. Majestät erhalten, wodurch sie zur Köni 
ginn erklärt worden ist; daß sie meiner Mutter 
„und Großmutter gedient; daß sie mir bei den 
„Opfern Beistand geleistet; daß sie drei Jahre 
„mit mir getrauert hat. Nach den Gesetzen der 
„Natur und Billigkeit hätte ich sie anständiger 
„behandeln müssen. Meine Unvorsichtigkeit hat 
„mich verleitet, und nun reuet es miss). Um jetzt 
„den Wunsch meiner Unterthanen zu erfüllen, bin 
„ich entschlossen, Minchi wieder in ihre vorige 
„Würde einzusehen, die Tangki aber unter die 
„übrigen Beischläferinnen zu stecken. Dadurch 
„wird meine Familie wieder in Ordnung kom 
men, und zugleich der Grund zu guten Sitten 
„und zur Erhaltung meines Staate gelegt wer, 
„den. Ich, Dero Unterthan, obwohl ich durch 
„meine Unwissenheit mrd Unbesonnenheit den Ti- 
„tel meiner Vorfahren entehrt habe: so diene ich 
„dennoch bereite so Jahre Ew. Maj. und ver- 
„danke Dero Wohlthaten alles, indem mich Ew. 
„Maj. decken, und wie der Himmel beschützen. 
„Ich unterstehe mich nicht, Ew. Maj. etwas zu 
„verbergen, was meine Familie oder mein Reich 
„angehk. Und dies macht mich so dreist, Ew. 
„Maj. in dieser Angelegenheit mehrmal zu behel- 
„llgen, indem ich glaube, daß ee meine Pflicht 
„erfordert, solches Ew. Maj. vorzulegen u. f. w." 
Der Kaiser Kanghi überließ die Entschei 
dung dem Tribunal der Gebräuche. Dieser 
entschied dann für die Wiedereinsetzung der Köni 
ginn Minchi, und es wurden ihr nun von Chi, 
na <ln neuer Destätigungsbrief und prächtige Klei 
der unter den gewöhnlichen Feierlichkeiten zuge 
sandt. 
Dieser Brief giebt übrigen« Aufschluß über 
die Behandlung, welcher sich die Gesandten von 
Korea noch jetzt ausgesetzt sehen. 
Die holländische Gesandtschaft traf sie 1794 
in Peking. Sie waren wie die Chinesen der äl, 
lern Zeiten gekleidet; sie trugen nämlich ein lan 
ges Gewand mit weiten Aermeln; ihr Gürtel 
war wirbelförmig, und oben in kleine Vierecke ge 
theilt. Die Gelehrten waren grün gekleidet, mit 
einem weißgestickten Vogel auf der Brust; ihre 
Mühe ist schwarz, mit einer Art kleiner Flügel 
von eben der Farbe. Die Militärpcrsonen hatten 
eine schwarze Robe und einen schwarzen, runden, 
platten Hut, der pyramidalisch in einen weißen 
Knopf zuläuft. Ihre Fußbekleidung war wie bei 
den Chinesen; einer davon trug eine Pfauenfeder. 
Die Wohnungen der Korcer sind niedrig, ha 
ben nur Ein Stockwerk, und dürfen nur mit 
Stroh gedeckt werden, wenn ander« die Regie- 
rung kein- besondere Erlaubniß ertheilt, mit Zie 
geln zu decken. Die Hauser der Vornehmen sind 
indessen ansehnlich. Vor denselben ist gewöhnlich 
ein viereckiger Platz mit einem Springbrunnen 
oder einem Fischhalter und ein Garten mit be 
deckten Gängen. Die Wohnungen für da« Frauen-, 
zimmer sind in dem entlegensten Theile des Hau 
ses. So sehr übrigens auch die Koreer den Chi 
nesen ähnlich sind: so haben dennoch die Weiber 
hier nicht jene traurige Verkrüppelung der Füße, 
und der Reisende Hamel (dem wir die richtig 
sten Nachrichten über dieses so wenig gekannte 
Land verdanken) bezeugt, daß er mehreren dersel 
ben erlaubt sei. Besuche abzustatten und zu Gaste 
zu gehen. Auch kennen sich hier die künftigen 
Eheleute bereits vor der Hochzeit. Die Braut 
wohnt schon früh in dem Hause ihres künftigen 
Schwiegervaters. Freilich werden die Kinder von 
6 bis 9 Jahren versprochen. 
In seinem Hause selbst darf der Mann nur 
Eine Frau halten, dagegen stehen ihm mehrere 
Kebsweiber außerhalb des Hauses dauernd zu 
Diensten. Am Tage der wirklichen Verehlichung 
reitet der Bräutigam um die Stadt oder Ort 
schaft in Begleitung seiner Freunde, und bleibt 
vor der Braut halten. Hier führen ihn sodann 
ihre Anverwandten in das Haus, und die Hei- 
rath ist ohne weitere Ceremonie geschlossen. 
Hart ist es, daß der Ehemann nicht nur die 
Frau verstoßen kann, sondern ihr sogar die mit
	        
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