Nro. 26.
1811.
D e r
Dienstag,
den 5. Februar.
Berlinisches Unterhaltungsblatt für gebildete, unbefangene Leser.
Warnungstafel.
Historisch-romantische Gruppen. Don Saul
Ascher. Zwei Bände. Berlin, bei Braunes.
^err Ascher scheint der Kritik Troh biete» zu
wollen. So oft er auch schon ihre blutige Geißel
empfunden hat — ihre Züchtigungen waren bei
ihm verloren, »nd mußten es wohl sein, da er
ihnen einen eisernen Egoismus (welcher ja immer
mit Ignoranz gepaart zu sein pflegt) entgegen
setzte, und in dem bittersten, wohlverdienten Ta
del — nur Persönlichkeit ähnele. Da sich aber
sein mageres Geschreibsel wie wucherndes Unkraut
durch alle neueren Meßkatalvge rankt: so könnte
es wohl fähig sein. Unkundige, die dem Namen
des Herrn Saul Ascher in allen Bücherverzeich
nissen begegne», zum Ankauf seiner Fadaisen zu
verführen, indem stc in ihm leicht einen belieb
ten, von ihnen bisher übersehenen Schriftsteller
vermuthen möchten. Deshalb also wollen wir
hier eines seiner neueren Werke mit der kritischen
Fackel beleuchten; nicht aber, um ihn zu bessern,
oder ihm seinen traurigen Kiel auf immer aus
den Händen zu winden; — denn beides dürfte
gleich unmöglich sein.
Herr Saul Ascher möchte gern für einen
tiefdenkenden Philosophen und großen Ge
schichtsforscher gelten; die Wahrheit zu sagen,
denkt er aber nicht um ein Haar tiefer, als an
dere Leute von mittelmäßigen Verstandeskräften,
und die philosophischen Resultate und Bemerkun
gen, mit denen er seine ohnehin schon breiten
Erzählungen ausschmückt, ^bewegen sich so sehr in
dem Kreise de« Alltäglichen, und sind so unum
stößlich wahr, daß es auch dem fpitzfundigsten
Dialektiker nicht würde einfallen können, sic wi
derlegen zu wollen. Es sind aber auch nur Wahr
heiten, wie sie an jedem Ziehbrunnen, in jeder
Pfennigschenke ausgesprochen werden. Bräche
zum Beispiel jemand vor Herrn Äschers Augen
ein Bein: so würde er ausrufen: Was dvch
dem Menschen für Unglücksfälle begeg
nen können! oder: Wer hätte da« gedacht!
oder auch: Heute roth, morgen todt! Und
wenn es regnete: so würde Herr Ascher darauf
schwören: Daß es die Dächer naß mache. —
Gerade dieselbe Bewandtniß, wie mit seiner
Philosophie, hat ee auch mit seiner Historiogra
phie. Herr Ascher wühlt in dem Gebiete der
Geschichte; aber — er wühlt auch nur. An ein
verständiges Sichten, an ein besonnenes Ordnen
ist bei ihm nicht zu denken. Am füglichsten wür
den wir dies durch eine genaue Zergliederung ei