Wörter vermeidet die Verfasserinn ebenfalls nicht
genug, wie doch von jedem Deutschen geschehen
sollte, zumal wenn ihm bei Unbckanntschaft mit
den Sprachen, woher sie kommen, dieselben leere
Töne sind. So ist der Titel schon ein Aergerniß,
denn er ist besudelt mit 5 fremden Wörtern. Von
so vielen erwähne ich nur noch folgende: confun-
dirt, a ( gregat, disciplin, systematisch, forinel,
totalilaet, progressiv, regressiv, synthetisch, ana
lytisch, analyse, analysiren, definirte, Intuition,
produciren, Operation, classificiren, eleounti-
ren, modificator, monotong, provinciel, neolo
gisch, madame, nüancirung, correctheit, noti-
zen, pensum, componirt.
Das sogenannte Analysirbuch ist entstellt durch
die darüber stehenden Eselsbrücken, die so verwor
ren sind, daß gewiß jeder lieber die ganze Sprache
lernt, als sich in diese Irr - und Wirrgange wagt.
Weshalb die Verfasserinn Verfasserinn ge
worden ist, kann Beurtheiler nicht begreifen und
will seine Muthmaßungen verschweigen. Schon
einmal trat sie mit einem, wenn ich nicht irre,
von der Großmutter geerbten Kochbuche auf.
Dies mag das Feld Ihres Wirkens seyn; denn
nach alter Sitte achtet der Deutsche das Weib
mit der Küchenschürze, aber nicht das im Ver
stände gelehrte, im Herzen geleerte und im Thun
verkehrte. Zum häuslichen Wirken weisen wir
die Verfasserinn zurück und wünschen ihr dazu
unsern Segen, mit der Hoffnung, daß sie nie
wieder über die Grenze tritt, und schneidet, wo
sie nicht gesaet hat.
Wenn Beurtheiler der Verfasserinn unver
hohlen seine Meinung sagte, so geschah es keincs-
weges aus Persönlichkeit; denn er kennt dieselbe
nur durch ihre Schriften. Er hielt es aber für
nothwendig und pstichtmaßig, strenge zu radeln, da
jetzt mit >eder Messe solche Erzeugnisse mit Uw. er-
schLmkheit das Pestalozzifche Lehrgeseh an der Stirn
tragen, und dadurch diese heilige Sache der Mensch
heit entweihen.
C. W. H - - sch-
Neues Gemählde von London-
(Fvnftpmz.)
Im Jahre 166z hatte die Pest in den Städ
ten Hamburg und Amsterdam Trauer und Be
stürzung Verbreiter- Sobald die englische Regle-
rung davon Nachricht erhielt, wandte sie alles an,
was in chre« Kräften stand, damit sich diese gräß
liche Krankheit nicht bis London fortpflanzen möch
te. Aber alle diese Vorflchcsmaaßregeln waren un
nütz. Gegen Ende des Jahres 1664 wurden zwei
Franzosen bei Eröffnung mehrerer Kisten voll hol
ländischer Waaren, bei Deurylane, von der Pest
angesteckt, und fielen als die ersten Opfer. Die
Ansteckung machte große Fortschritte; aber ein sehr
kalter Winter hemmte plötzlich ihre weitere Aus
breitung. Im Monat März 1665 erwachte sie
mit neuer Kraft und verbreitete sich in die ver
schiedenen Quartiere der Stadt. Die Zahl der
Todten mehrte sich mit Einem Male auf eine un
glaubliche Weise so sehr, daß alle Einwohner Lon
dons in der Bestürzung die Flucht ergriffen und
ihr Heil fern von den gefährlichen Mauern der
Hauptstadt suchten, und da sie sich so plötzlich
und in größter Unordnung auf das Land flüchte
ten, so waren alle Straße» und Wege mit einer
ungeheuern Menge von Fuhrwerken aller Art be
deckt, die mit unglücklichen, bleichen Flüchtlingen
angefüllt waren, welche kaum zu athmen wagten,
ans Furcht, durch das Einathmen der Luft den
Keim des Todes in sich aufzunehmen.
Im Zuly belief sich die Lifte der Todten auf
L010. Damals waren alle Häfen geschlossen, die
öffentlichen Plätze verödet; in den Straßen wuchs
Gras und in gewissen Entfermmgen waren große
Feuer angezündec. Man sahe in dieser großen
furchtbaren Stille, dieser gräßlichen Verödung,
welche durch die ganze Stadt herrschte, nichte als
Bahren, welche von halben Leichnamen getragen
wurden, die ihrerseits bald wieder auf der Bahre
lagen; nirgend erblickte man etwas, anders, als
Sterbende, welche Todte begleiteten. Fast auf
allen Hausthüren gewahrte man neben einem ro
then Kreuze die Worte: Herr, erbarme dich
unser! - die schwachen und kaum vernehmbaren
Stimmen der Gespenster, welche sich mühsam durch
die Straßen schleppten, wiederholten die Worte:
Herr, erbarme dich unser! und au den Fen
stern der Häuser ließen sich andere Gespenster sehen,
welche den trostlosen Blick gen Himmel richteten,
und ausriefen: Herr, erbarme dich unter!
Von Zeit zu Zeit erschienen vor den Häusern,
welche als verpestet bezeichnet waren, Ausrufer,
und schrieen das traurige Gebot aus: Schafft
die Todten aus euer» Häusern! Man ant
wortete nicht«; höchstens hörte man aus der Tiefe
einer einsanken Wohnung eine sterbende Stimme
die Werrehervorhauchcn: Wir sind zn schwach,
nm unsre Todten aus dem Haufe schaffen
zu köuueu.