Path:
Volume Nro. 15., Sonnabend, den 21. Januar 1809

Full text: Der Freimüthige oder Berlinisches Unterhaltungsblatt für gebildete, unbefangene Leser / Kuhn, Friedrich August (Public Domain) Issue6.1809 (Public Domain)

53 
geringsten spürte. Eine Gruppe von Cedern, 
ein Wunder der Schöpfung, erhebt sich 
vor seinen Augen majestätisch in dteLüfte. 
Salomo, dieser hochberühmte König, hat meh 
rere dieser Bäume besungen, die »och existiren, und 
die vielleicht die ältesten Denkmäler des Erdballes 
sind. Auf ihren Gipfeln senkt der Adler sich nie 
der, um hier ruhig seinen Raub zu verzehren; und 
von diesem Punkte aus schweifen seine gierigen 
Blicke auf die Ebenen Phöniciens und Syriens 
hin. Aus den Stämmen der Ledern fließt ein bal 
samischer Gummi, der im ganzen Morgenlande zur 
Heilung der Wunden angewendet wird, und dessen 
sich die alten Aegypter, wie man sagt, bedient ha 
ben, um ihre Leichname etnzubalsamiren. Zn der 
. Mitte dieser Ebene, die so herrlich geschmückt ist, 
y man eine Quelle, deren Wasser so kalt ist, 
» * * daß die Hände aufspringen und hart werden, wenn 
man sie hinein hält. Es giebt wenige Orte auf der 
Erde, wo ein so helles, schönes Wasser hervor 
springt. 
Man erstaunt darüber, daß die Cedern auf 
dem Gipfel des Libanon, obgleich ihrer nur so we 
nige sind, so viele Völker und Generationen über 
lebt haben. Kein Reisender würde es auch wagen, 
sie zu verletzen. Von dem höchsten Alterthume bis 
auf unsre Zellen haben diese schönen Bäume einer 
wahrhaft religiösen Verehrung amoffen. ©It ma* 
ronitischen Christen halten sie noch immer sehr hei 
lig. Die Araber waren, unter der Regierung der 
Kalifen, von einem gleichen Gefühl der Verehrung 
für sie durchdrungen, und erhoben in ihren Gedich 
ten diese köstlichen Ueberreste der alterthümlichen 
Vegetation. Der Name des Salomo, der im gan, 
zen Orient berühmt ist, hat vorzüglich dazu beige 
tragen, Nationen von so verschiedenen Sitten und 
Religionen in diesem Punkte in solche Ueberein 
stimmung zu bringen. 
Der Gipfel des Libanon ist fortwährend das 
Ziel der Pilgrimme, und wird von Muselmännern 
und Christen mir gleicher Emsigkeit besucht. Man 
ließt im Leben Tamerlanö, daß er, als er gegen 
die circaffischen Mamelucken aus Aegypten zu Felde 
zog, in einem von den Thälern dieses Gebirges 
hall machte, die schwierigsten Fußsteige erkletterte, 
und, als er, der rohe Tartar, auf der Höhe an 
kam, am Fuße der Cedern einen Tag und eine 
Nacht im Gebet zubrachte. Die Pilgrimme ma 
chen aus den Zweigen, die der Wind oder das Al 
ter herabwirft, Rosenkränze und Kreuze; derglei, 
chen eigenmächtig abbrechen zu wollen, das würde 
man für eine Entweihung dieser, durch religiöse 
Tradizion geheiligten, Cedern halten; indessen wird 
den Reisenden doch gestattet, ihre Namen in die 
Rinde einzugraben. 
Das Kloster Cannubin ist das berühmteste 
von allen, die man auf dem Berge Libanon an, 
trifft. In seiner Nahe findet man eine große 
Menge kleiner brennbarer Steine, die man so wie 
bet uns die Schwefeihöizchen gebraucht. Die Rei 
senden, die sich von evangelischer Vollkommenheit 
einen Begriff machen wollen, besuchen gewöhnlich 
dieses einsam gelegene Kloster. Tamerlan, dieser 
wilde Eroberer, so wenig er die Christen auch lei 
den mochte, wurde doch erschüttert, als er die 
und Bescheidenheit dieser Einsiedler 
mit zur Erde gehefteten Blicken, als 
todt für dle Welt sind, und öle ein 
solcher Besuch kelnesweges auf ihrer Laufbahn und 
in ihren religiösen Uebungen stören kann, empfin» 
gen. Der Besieger des Bajazet wurde von dieser 
für ihn so neuen Szene unwtllkührlich überrascht; 
er gab deshalb auch den Mönchen viele Beweise 
seiner Achtung, wohnte ihren frommen Uebungen 
und Gebräuchen bei, und verschwendete alle nur 
ersinnltchen Lobeserhebungen an sie. 
Kuhn. 
Frömmigkeit 
sah, die ihn 
Männer, die 
Bülletin der Tagesb 
Berlin, den 19^1, Zanuar. 
3» dm Berichten über die Lawinen-Verschüttungen in der Schwel» 
fügt eine hiesig- Zeitung a»S einen, Pcivarschreiben aus Base 
noch folgendes hinzu: 
„Ungefähr -in- Sinns, weit »om Dorfe Gerfaa, an dem 
Bergwege nach Lauwerz, gelangt man zu mehreren Bauerhösen, 
die an den höchsten Felsen wie angeklebt liegen, und wegen ihrer 
hohen Lage dle Giebel heißen. — 2U„ ,2tt„ Abends um 7 Uhr 
riß sich «ine ungeheure Mass« Schnee tos, stüqtt von der obersten 
Höhe herab, und riß ein Haus mir 4 Scheunen mit sich fort >" 
den Waldsirom, der in einer schrecklichen Di-s« nach dem Dorfe 
zuströmt. Weil in der Nacht vom »te» der gewaltige StnrM 
den Bewohnern deS verunglück--» Haui-S den lüß-n Schlaf nicht 
»enleßen ließ, so Hanen sie sich an diesem Abende sch»» sehr früh» 
gebenheiten. Nro. i5« 
einem einzigen Mädchen von Jahren 
niedergelegt, un ^ „ enen die Familie bestand, ein Rau» 
fint > * ü l l worden Dieses Kind »ane, weil eS mir einer von 
li* in einer kalren Kammer schlafen mußte, noch 
'""^l^scim Kleid« „wärmt, alS ein Brausen, wie das Toben 
t? 1 f »üt(,en!>en Srurm-S, sie» «hob, das Haus z «kümmerte, 
„nes wüthend wätite. Zwe. r-chrschaff-n. Eheleute 
w nngsö°-° Kinder wurden die Ve-..° tc6 Todes. 
E f “" f VL,J-e rochier überlebte un Unglück alle Andern, 
cunkedlbar war di- von ^he »«abgleitende Schnee-Maff- 
cunsehi > S-U° d-S Hauses gestoßen, an weich« daS 
Mädchen noch unweit des Ofens stand, hak,- hi« 
zwolsialma ^ Haus? gemacht, und das Kind ans dem 
selbst überdeckt, während die Trümmer des, einen A»g-n- 
bl ck später cinstürzende», HauseS mit allen übrigen Personen von
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.