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Donnerstag,
Berlinisches
Nro. 98-
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er Freimüthige
—- oder »- den iß. Mal.
Unterhaltungsblatt für gebildete, unbefangene Leser.
Einige Fragen an den Gegner meines Auf.
satzes in Nro. 47.
Aufsatz: „Ueber die kirchlichen Fasten-Exa
mina zu Leipzig;^-" abgedruckt den 7ken März, hat
unterm iitcn März in dem Tagesblatte: Leipzig;
einen Gegner gefunden, der eine religiöse Unter,
suchung tn eine Privatstreitigkeit umzuwandeln
sucht. Ich will mich bemühen, sie tn ihr rechtes
Geleis wieder zu bringen; denn nur so kann sie
für Alle Reiz haben, denen Religion eine wichtige
Angelegenheit ist. — Indeß muß ich doch von ei,
ner bloß für Leipzig Interesse habenden Frage aus,
gehen, weil mein Gegner e« so will.
Wenn der ehrwürdige Greis, den mein Geg
ner nenn;; wirklich im Jahr igoo die Veranlas
sung zu den 6 kirchlichen Examen mit den Confir,
manden in der Fastenzeit gegeben har; wie kam cS
denn, dag bk Lehrer an der Rathsfreischule und
an der Thomasschule einige Jahre später und im
Namen de« regierenden Herrn Bürgermeisters die
Weisung erhielten: ihre Confirmanden tn diese
Prüfungen zu schicken? da doch jener Ehrwürdige
einer der beiden Vorsteher der Rathsfreischule ist?
zollte ich also wohl unrecht berichtet sein, wenn
ich glaube, er habe bloß dem Verlangen zweier sei
ner Herren College» im Predigtamtc nachgegeben?
Zm Jahr 1804 (oder 1803) ward auch zuerst eine
Verordnung über diese Prüfungen von den Kan,
reln verlesen. Ein Consistorial, Befehl, dacht- ich,
müsse sie veranlaßt haben. Dieß ist aber nicht der
Fall gewesen, und um so unbedenklicher kann man
bescheidene Zweifel darüber vortragen.
Der Grund, warum in der ersten Zeit die
Lehrer an der Thomasschule und an der Raths,
freischule die Confirmanden nicht in diese Prüfun,
' , sandten, lag darin, weil der Unterricht durch
dieselben an 4 Wochen unterbrochen wird. Denn
in der Thomaekirche werden diese Prüfungen nur
Dienstags und Donnerstags gehalten, und da stets
ein Bußtag in diese Zeit fällt, so wird in dieser
Woche auch nur Eine Prüfung gehalten. Zn der
Nicolatkirche geht es geschwinder. Man hält da
Prüfungen Montags, Mittwoch« und Freitags,
und ist also t» »4 Tagen mit ihnen fertig.
Wenn mein Gegner meint: ich müßte sehr alt
sein, um es erlebt zu haben, daß Mägde wegen
des Ausbleibens bei den Fasten, Prüfungen auf
da« Rachhaus gefordert worden wären; so dient
hierauf zur Antwort, daß, als meine Gattin 1776
von Dresden nach Leipzig kam, sie sich sehr über
die Einrichtung verwunderte, daß die Mägde zur
Fastenzeit in die Kirche beschieden würden, wie die
Soldaten zum Exereiren, und daß man sie auf«