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der Neapolitaner das Wort und sagte: „Ach! jetzt
begreife ich, was ihr Alle wollt." (Indem er sich
zu Verneuil wandte): „Mein Herr, waren Sie es
nicht, der mich mit einem Briefe in Neapel beehr
te? und darf ich die Urfach nicht wissen, weshalb
Sie, der Sie mich vorher gar nicht gekannt haben,
und eben so wenig von mir dazu aufgefordert wur
den, mir diesen Dienst erzeigten? ..." Bet die
ser sehr bestimmten Anrede hefteten Alle neugierige
Blicke auf Verneuil, der sich bald von seiner Be
stürzung erholte, und zu ihm sagte: „Sind Sie
mit Ihrem Aufenthalt auf dem Schlosse zufrieden,
und freuen Sie Sich, biedere Verwandten gefun
den zu haben, die Sie vorher nicht kannten?"
O ick freue mich unbeschreiblich darüber, und
Ich segne unaufhörlich den Tag, an welchem ich
dieses Haus zum ersten Male betrat.
„Und Sie, mein Herr Bremond — fuhr
Verneuil fort — was sagen Sie dazu, daß Sie
jetzt einen so achtungüwerthen Vetter in Ihrem
Hause beherbergen, der Ihre freundliche Aufnahme
so sehr zu schätzen weiß?"
Ich wünsche mir Glück, ihn zu besitzen.
„Nun, so umarmen Sie mich Beide, und
grollen Sie dann mit mir, wenn Sie den Muth
dazu haben."
Bulletin der Tageöb
Berlin, den 16. April.
Ein sefit yochachtungswürdiger Gelehrter in Berlin hat in Be
treff der in Nrv. 8g des Freimüthigen enthaltenen Notiz über den
Ursprung der Fadel vom Ringe in LcssingS Nathan folgende Be
merkung eingesandt
„Indem ich daS Donnerstagsblatt durchlief, daS einen so in
teressanten Aufsatz über Petrarca enthalt, ist mir ein anderer btt
rühmrer airer Italiener eingefallen, Boccai, nicht ohne einige
Verwunderung, daß er den Herausgebern der eleganten Zelrunll
und deS Freimüthige» so unbekanrt ist. Im Bvccaz nämlich steht
schon die Erzählung von den drei Ringen; ja auch in ei
ner noch älteren Novellensammlung, deren Verfasser vor Dante
lebte. Der Fragende ist hier wirklich derselbe Saladin, den wir
im Nathan dem Weisen sehen; und der Befragte ist ein klugerJu-
de, Namens Neldisedek. Lessing selbst sagt ln seinen Schriften,
daß er die Fabel aus dem Boccaj gtnommtn habe; und in einem
periodischen Blatte stand ste vor erwa -L Jahren verdeutscht. Also
brauche» wir »ichr an den neueren Aurangzeb verwiesen zu wer
den: sondern können an ;<x> Jahre höher steigen. Ist denn die Er
zählung von dem Inden und dem Mogoiischen Kaiser so gedruckt,
daß ste Lessing schon harre lese« können? Ja, ich möchte fragen:
ist das Faktum auch wahr? Denn es wäre doch sehr sonder-
Hterauf erzählte er ihnen Punkt für Punkt
den eben so natürlichen, als lebhaften Wunsch sei
nes Freundes, beim Anblick des schönen SchiosseS,
des Parks und der übrigen Gürten, was für ein
Gedanke ihm da durch den Kopf gefahren fei, und
was für Folgen er gehabt habe — die er indeß frei
lich weit entfernt gewesen, voraus zu sehen.
Bremond seiner SeitS sagte ihm aber: daß
sich zufälligerweise zu jener Zeit, wo sein Brief an
gekommen sei, ein Franzose in Neapel aufgehalten
habe, der seinen Namen führe, und vielleicht sogar
ein wenig mit ihm verwandt sei, daß er freilich
nie einen Fuß nach Mexiko gesetzt, auch keine Mil
lion im Vermögen habe, wohl aber ein gutes, bie
deres, gefühlvolles Herz besitze, und ihnen ver
sprochen hätte: sich „ie wieder von ihnen zu tren
nen... . Der alte Vetter war sehr gerührt, und
verpflichtete sich durch einen neuen Schwur, dieses
Versprechen zu erfüllen; alsdann umarmte man
sich gegenseitig, mit Thränen im Auge.
Alle aber sagten Verneuil den wärmsten, auf
richtigsten Dank für seine Vermittelung, segneten
von Herzen seine glückliche Lüge, nöthigten
ihn, einige Tage bei ihnen auf dem Schlosse zuzu
bringen, und drangen ihm daö Versprechen ab,
sie in Zukunft alljährlich auf einige Zeit zu be
suchen. Kuh n.
g e b e n h e l t e n. Nro. 77.
bar, daß sich dasselbe Gespräch zwischen einem Orientalischen Für
sten und einem Juden zweimal so genau zngelragen hätte."
— In Hamburg ist ein Theokrat, d. i. Priester und König des
Neuen Listamcntö im Reiche Gotteö und Jesü Christi, ausgestan
den, wie man a»S foigender Anzeige im Nied ersäch fisch rn
Anzeiger steht:
„Die Benennung meiner Wohnung, auf dem Kamp, Theo-
crariesd. h. GoiteSceicl, oder Himmelreich), befaßt: dieHaurt-
angelegenheiten der Menschen, nämlich die unenigeldiiche »nd
durch Gotte-G-ist geleitete, Gott gebe! mit seligem Erfolg be
krönte, Veranstaltung zur Vereinigung dir lln- und Irrgläubigen
zur ersten apostolischen Reinheit der christlichen Kirche, nach der
auch von Luther, laut s-ineS klelntn KatechiSmi, einzig dazu IUI»
Grunde gelegten göttliche» Offenbarung in der heilige» Schrift.
Hamburg, im Merz igng.
Nikolaus Arnold Bueck,
Theocrak, d. i Priester und König des
Neuen TestameniS im Reiche GorieS
und Jesn Christi."
— Die Frankflirrer Messe fällt, um voraus zu sehen war,
schlecht auS.