i8o9-
Nro. 27.
Der Freimüthige
Dienstag,
oder
den 7. Februar.
Berlinisches Unterhaltungsblatt für gebildete, unbefangene Leser.
Ein Blatt aus den Papieren einer Früh
vollendeten. —
C — n, tin Mai igoZ.
>ohl kann man dahin kommen, in der Liebe
nur einen Nebel zu sehen, der von einer fernen
Sonne golden gefärbt, sich über das Leben zieht
am Morgen — der Tag kommt schwül und bren
nend — und Laut- und Blumenlos liegt das Le,
ben am Abend da. —
Wohl liegt zwischen uns armen Menschen zu
viel: — die Ferne, das Leben, das Schicksal, die
Menschen — jeder voll Ahnung. einer zweiten See
le, und doch so einsam! und immer einsamer,, sttl,
ier, hoffnungsloser und verlaßner, bis er endlich
mit dem nur liebenden nicht geliebten Herzen sich
einsam ins Grab niederlegt. —
Warum weckt ihr Frühlingslüfte in uns diese
^dnsiicht? wozu eure Töne, Nachtigallen, die ihr
, ® -vm zu schwer für die Erdenbrüst macht? —
wo-ü Sommernächte, diese Frühlingsabende —
such. n„ b i c - >au ' 5t ein Frühling, wenn die Sehn,
ben mii- nur eine Krankheit, und das Le,
Die Sibirischer Winlertag ist?
und we,„?'^"'dvergcl)teh' man sich findet -
neu. so endlich nach so langem Seh-
sckeinl' ach"^>" Schmerzen die geliebte Seele er,
0 hätte id, iÄr mUß dann nicht leise seufjca:
v.-be nnd gefunden, um dich reicher an
Liebe und Vertrauen schöner lieben zu können! -
Ach! und wenn man sich findet, Ist dann die
kurze Minute, wo Herz an Herz, Seele an See
le ruht, des Namens Liebe werth?
O unvergeßlicher Augenblick! — das Leben
hatte wieder Sonnengianz und Frühlingsgrün,
und wie ein Kind, das in seiner Mutter Arme
wiederkehrt, warf ich mich von neuem in die 'Arme
des schönsten Glaubens — die Traume früherer
czahre kamen wieder — in die ermüdete Brust zo
gen Hoffnung und Glaube wieder ein. —
ö So berhörte ich mich — oft hatte ich zu mir
gesagt: gedulde dich, Seele, es fehlt dir nichts, als
die Liebe, und siehe — sie war nur das voreilige
Erwachen aus dem Winter,chlaf der Erde ~ ihre
Sonne geht, und die arme in ihrem Schein er
wärmte, von ihm belebte Mücke erstarrt. —
Flüchtige Vergoldung des Lebens, fliehender
Traum - wo bist du? — Wirst du mir nie wie,
dcrkehren? —
Ach das Leben duldet keine Wärme! — nicht
Seelen, »ur Mumien, mit dem lügenden Schein
der Seele ausstaffirt, legen ihre Hand in die un,
fre — 0 faste sie nicht, die dargebotene Hand —
sie ist eitel Staub und Asche; nur aus der Ferne,
nur als Zdeal darfst du die lebenlügende Gestalt
anfaffen — sie zerfällt von der Berührung.
Holde Nachtigallen! umsonst, umsonst wollet
ihr durch eure Töne meinen Schmerz einlullen —
mein Herz ist wund, wund bis zum Verbluten,
und nie, nie wird es wieder froh in meiner Brust
schlagen. —