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Volume Nro. 126, Freitag, den 24. Junius 1808

Full text: Der Freimüthige oder Berlinisches Unterhaltungsblatt für gebildete, unbefangene Leser / Kuhn, Friedrich August (Public Domain) Issue5.1808 (Public Domain)

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steht, den et steh all Geschäftsmann und als Gelehrter erwarb. 
ES erscheinen von diesem Journale jede Woche zwei halbe Bo 
gen, größtentheilS politischen, statistischen und ökonomischen In 
halts. Der Zweck dieser Plätter ist nach den eigenen Worten 
der ersten Ankündigung: die Bewohner der k. k. Erbstaaken mit 
sich selbst näher bekannt zu mache», und Vaterlandsliebe durch 
VaterlandSkunde zu befördern. Cie begannen mit dem ersten 
Mai. In den bisherigen zeichnen sich ein Aufsah iiber das Für- 
stenthiim Berchtesgaden aus, einer über die natürliche Beschaffen 
heit und den Kulturstand des Marchseldes und seiner Bewohner, 
und einer Uber de» gegenwärtigen Zustand der Tonkunst in Wien, 
welcher Urtheile über unsere Tonsener, Virtuosen und Dilettan 
ten in Gesang und Instrumentalmusik enthalt. Dieses Journal 
begann unter hohem Einfluß, und erfreut stch einer Begünstigung 
durch Männer von Bedeutung. — 
Die Theater boten uns seit einiger Zeit zwar wenig Genuß 
durch neue Stücke, desto mehr aber durch neu engagiere Mitglie 
der und durch manche Gastrollen, unter welchen der Hostchaufvie- 
lerin, Me. Schrökh, und Hrn. Duoort, erstem Tänzer des großen 
Ballets in Paris, der Rang vor allen gebührt. 
Mdm. Schrokh svielte in den beiden Hoftheatern folgende 
Rollen: in den Hagestolzen die Margarethe, in der Elise von 
Walberg die Elise, im Grafen Ester die Lad» Rutland, in Ar 
muth und Edelsinn die Josevhtne, in der Übeln Laune, im 
Wald von Hermannstadt die Eliftne, im Tancred, im Mädchen 
von Marienburg die Chatinka. Jn> Theater an der Wie« trat 
sie nur zweimal auf, als Agnes Bernauerin und als Sena in 
«alonions Urtheil. Cie erhielt in einigen dieser Rollen großen 
Beifall, vorzüglich als Eliftne; in andern gestel sie weniger, am 
wenigsten als Sena. So verfehlte sie z.B. als Rutland die Art 
de§ Wahnsinnes, da sie statt eines fluchtigen eine« siren gab. 
Herr Duport entzückte allgemein durch seltne Leichtigkeit und 
Grazie, vorzüglich aber das schöne Geschlecht; allein er tanzte 
bisher, da» westliche Ballet: Figaro, vo» feinerErstndung, aus 
genommen, nur einzelne Intern,ezzen. 
Herr Fischer sang alS Gastrolle den Don Juan, und in 
Pär'S Camilla den Herzog. In der «extern Rolle gestel er viel 
mehr, als i» »er erster«. 
Als neu engagirte Mitglieder zur Sver traten der Tenor, 
Hr. Müller von Breslau, aus. und der Buff», Hr. Dirzka von 
Weimar. Ersterer sang in Mozart's Entführung aus dem Se 
rail, gestel aber nicht; desto mehr Beifall fand aber Hr. Dirzka 
«ls Wasserträger durch sei» gutes Eviel und durch feinen schönen 
Vortrag, verbunden mir einer angenehmen Stimme. 
Ein Herr Witter und eine Mlle. Borchard spielten einige 
mal im Theater an der Wien, oliue Sensation zu erregen. 
Im Prater ist nun ein ziemlich, großes Aniphitheater erbaut, 
wo Rtitkiiiiste »roduzirt werden. ES wird bisher sehr stark ba> 
sucht. 
Kunsmachrichten von Stuttgart. 
(Avril -zog., 
(Fortsetzung.) 
^er im nördlichen Deutschland rühmlich bekannte Schanftieler 
Schwarz ist Regisseur des hiesigen HostbeatcrS, und füllt fein 
Amt, wie feine Rolle», ans. Er hat hier die Charaktere Lear, 
Ralhan. Regulus, Brook, Stark, Menschenfeind u. a. 
mit Einsicht, Anschmiegung uud eindringendem Sackverstandnij 
ge,viele, und den Kennern nur das zu wiinschen übrig gelassen, 
daß er sich niehr auf Magie des Gefühls, als aus die Berechnung 
der Bernunsi, ««-lasse« habe» möchte. Hr. Schwarz marquirr 
die vorstechenden Stetten seiner Rolle, vorrrefflich, „nd weiß Licht 
in die vcrschiunwüsten Perioden ,u bringen. Er beherrscht 
sein Sviel überall, und versteht ric schwere Kunst, mit seiner 
Kraft zu haushalten, und ihr volles Gewicht aus Momente »er 
Entscheidung satten zu lassen. — Bon seiner Einstchk und selb 
ncn Routine darf sich die hiesige Bühne in der Zslge viel Gutes 
versprechen. 
Im Ganzen besindet sich das hiesige Sch-ruftiel noch imnier 
in einer Art Undulation und Gährung, welche durch de» bestän 
dige» Wechsel der Subjekte hervorgebracht wird, und jenen Geist 
des Ensembels hindert, wodurch eine Gesellschaft auch ohne 
hervorragende Jndioidncn vortrefflich seyn kann. Dieser Geist 
— vormals den Theatern vo« Mannheim, Mainz, Han,bürg, und 
eetzk denen von Berlin und Weimar so eigen — bildet sich nur 
mit der Zeit, Md dadurch, Einheit in der Ducklion, UN» 
Einheit in dem Personal herrschend bleibt. Wo sich tie Schau 
spieler un) Sperisien lange kennen und eingespielt haben; wo 
sie sich verstehen und eiuaitder in die Land arbeiten; wo stch 
die Eifersucht dadurch abstumpft, daß jedem die Sphäre gegönnt 
>vird, wozu er am meisten »rganisirt ist; wo ein durchgreifender 
Kunstgeist das «ielköpstge Ganze bindet und zusammen halt: da 
allein laßt stch jenes Enfcmbel erwarten, ohne welches keine Bor- 
rrefflichkeit nioglich ist. 
Das lveibliche Personal der hiesigen Oper ist gegenwärtig 
brav besetzt, besonders da die Schmalz ihre schmetternden Rach- 
tigallentöiie von Zeit zu Zeit bei uns hören läßt; desto dürftiger 
aber das männliche, wo der Tenorist Krebs isoiirt — velut m- 
ter frutita quercus — dasteht. 
Mit der Tragödie und dem hoher» Schauspiel, worin unter 
Bo Hs schon so gute Bor,chr>tte gemacht waren, will eS seitdem 
nicht vorwärts gehn. Rur sehr selten sicht inan hier ein Stück 
von Shakcspcar, Schiller, Lesstng, Göche, Babv, Klinget, Colli» 
und andern berühmten Tragikern: und wenn sie erscheine», so 
gchen blos einzelne Szenen gut: dem Ganzen schlt jener durch 
dringende Geist, ohne welchen kein höheres Kunstwerk, weder mög 
lich, noch darstellbar, ist. Wo die leidenschaftliche Darstellung 
niehr zurückstoßend, als anziehend wirke, da darf man sicher an 
nehmen, daß die schwere Aufgabe ächter tragischer Kunst nicht 
gelöst sen. 
Denkmal auf Keppler. 
Basrelief, in Carrarischem Marmor, i Schuh 8 Zoll 
breit, * Schuh 4 Zoll hoch. Vom Proftssor Danneker. 
Diese« schöne Basrelief stelle dar: den Genius der Astro 
nomie, ganz nackt, in jugendlicher Schönheit, wie er die Ura 
nia entschleiert. Die hehre Göttin steht — daS linke Bein nach- 
iaßig um das andere geschlniigen. Mit der rechten Hand reicht 
sie dem Genius das vo« dem großen Astronom erfundene Te 
leskop. Ihr linker Arm, auf ei» Gestell gestützt, hält eine Rol 
le, worauf die großen Entdeckungen des Unsterblichen angedeutet 
sind. Ein großer, schön geworfener, Schleier fällt von ihrem 
Haupte, rechts und links, in reichen Falten herab. Ein meister 
haft drapirtes Gewand umwallt die Figur. — Der nackte Ge 
nius ist von besonderer Lieblichkeit und Unschuld. Er schwebt 
mehr, als er sieht, und scheint von »er ernsten Göttin himmli 
sche» llnkerricht z» suchen. — Die Zeichnung ist richtig und 
scharf gehalten; Hände und Beine sind bis zun, Niedlichen aus 
geführt. Urania sieht mir Wohlgefallen und einem will,ährenden 
Lächeln aus den Geniusknaben. 
Kevvlers bereits fertige Büste kommt auf die Höhe des Mo- 
numenkszu stehen; das Basrelief an das Picdestgl, mit passenden 
Aufschriften. 
Schön ist es, »aß hier ein Wirte»,bergcr seinem großen 
Landsinann ei» Denkmal stiftet — für Deutschlands ersten geist 
lichen Fürstin, der zugleich selbst unter die vorzüglichsten Männer 
seiner Zeit gehört. 
(Der Beschluß folgt.) 
Aust Leipzig. 
2» dieser Woche erftente uns eine junge, talentvolle Künstlerin, 
Mad. Brede, mit 3 Gastrollen. Sie gab Josevbine in Kone- 
bues Armuth und Edelsinn, Margarethe in den Hagestolzen, 
«nd Maria Stnark. Die Wahl war schon deshalb zweckmä 
ßig, weil sie der Schauspielerin Gelegenheit darbot, sich in ver- 
schiednen, ia entgegengesetzten, Fachern z» zeigen. Im Ganzen 
kann nrau sagen, daß die 3 Debüt- ihr gelangen, überall wenig 
stens sah man die schönste Anlage, wenn auch noch nicht ganz 
gebildet. Oie Künstlerin stellte die Josephinc mit so vieler Schalk 
haftigkeit und tack! Gmmüihigkett dar, als sie der Margarethe 
ganz die Naivität lieh, die diese Rotte s» allgemein beliebt ge 
wacht, und die jedes Her; zu riihren weiß. Einer Vergleichung 
oiit Mad. Fleck mögt? st» die talentvolle Frau vielleicht selbst 
lischt nnterwerscn; gewiß ist auch diese Vorstellung der Mad. 
Fleck musterhaft zu nennen, und sehr richtig ist die von Jemand 
»Nit Wärme und Geist gelieferte Entwikiung ihres Spiels im 
Modeiomnal, Oktober I8»L Ais Mari» Smart zeigte sie an- 
stinglich ctivas zu viel — Schwache; zum Gluck ersetzte sie aber 
vom 3ten Akte an dies durch scköues, gefühlvolles und edles 
Eviel. Vortrefflich gab sie die Sterbeszene — eine so schöne 
Frau, alS sie ist, erregte nicht durch geiprochoe poetische Worte, 
souder» schon durch ihren Anblick, Mitleid,
	        
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