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für tausend und eine Krone der Heilige seyn, der
er für tausend Kronen nicht seyn wollte, und diese
Summe ihm vom Ankläger ausgezahlt werden. Sa
lange er aber dieser Heilige ist, soll das Geld bei
den Firmen in Verwahrung bleiben."
Einst klagte ein Müller über den andern, daß
er aus Bosheit seinem Esel ein Ohr abgeschnitten; —
in Sicilien aber war's eine Schande, einen Ejel mit
gestutzten Ohren zu reiten. Ungeachtet nun der Be
klagte sich erbot, den verstümmelten Esel gegen den
seinigrn einzutauschen, so war der beleidigte Theil
damit doch nicht zufrieden, und der seltsame Handel
kam vor den Vicekönig. Dieser beschied beide mit
ihren Eseln auf den folgenden Tag nach dem Schloß
platz — und sprach dort folgendes Unheil: „Hat
Beklagter Klagers Esel ein Öhr abgeschnitten, so
soll dieser dem Esel des ersteren ein Gleiches thun,
damit sein erlittener Schimpf auf diese Art gero
chen werden." Der Spruch wurde auch auf der
Stelle vollzogen, und Kläger und Beklagter mußten
hierauf, in Begleitung zweier Häscher, auf ihren
verstümmelten Lasithiereu die Straßen der Stadt
durchziehn. Der Herzog aber sagte hiebei zu seinem
Gefolge: so must man die mukhwilligen Zänker be
zahlen, die dem Vicekönig wegen eine« Eselohrs den
Kopf warm machen. — Doch damit allein war die
Sache nicht abgethan; er legte beiden Eselpartheien
noch besonders auf, ihre verstümmelten Thiere in
nerhalb zwei Zähren nicht abzuschaffen, und im
Fall eins unterdeß krepirte, so lange einen andern
rinbhrigten Esel zu brauchen.
Aber nicht immer waren seine Strafen von
dieser Art, und wirkliche Vergehen ahndete er mit
aller Strenge. Das erfuhr unter andern Agosta.
Die Garnison dieser Festung hatte ihren Komman
danten entsetzt und sich seiner Person bemächtigt.
Der Vicekönig erhielt nicht sobald Nachricht davon,
als er an der Spitze seiner Garden dahin eilte und
die Rebellen züchtigte. Ein Drittel der Garnison
mußte um den Tod loosen; die übrigen wurden mit
Weid und Kinder» aus dem Lande gejagt; den ar
men, gefangenen Kommandanten aber traf eben kein
gelinderes Loos. Ihn verurcheilke der Herzog auf
zwei Zahre zur Galeere, „wegen Mangel an Klug
heit und Unterlassung solcher Anstalten, die zur Er
haltung der Liebe und Furcht bei den Soldaten er
forderlich sind, wodurch er gewissermaßen Schuld
«n dem Blutvergießen gewesen."
Um überall die Uebelchäter die Wirkung seiner
Gerechtigkeit empfinden zu lassen, bereiste er sehr
«ft dir vornehmsten Plätze des Königreichs. Zu
weilen ging er auch verkleidet in den Straßen um
her und suchte, gemeiniglich in der Verkappung ei
nes Soldaten, Tagelöhner«, Matrosen oder Pfaf
fen, in den Häusern der Bürger und an öffentli
chen Oertern, die Stimmung der Einwohner zu er
forschen. Einst begab er sich sogar in Weiberklei-
dern zu einer Dame; allein diese Verwandlung
bewirkte di, Liebe zur Schönheit, und nicht seine
Gerechrigkeitsltede.
Außerdem ging auch sein Streben als Dicekö-
nig dahin, sich auf dem Mittelländischen Meer ge
gen die Türken in Respekt zu erhalten, denen er
gleich zu Anfange seiner Regentschaft in einigen
glücklichen Gefechten keinen unbedeutenden Schaden
zufügte. Er vermehrte deshalb dir Anzahl der
Kriegsfahrzeuge mit einem Aufwand von Kosten,
die jedoch den Unterthanen zur Last fallen mußten,
da sie durch immer erneuerte Abgaben gedeckt wur
den. Dies erzeugte laute Aeußerungen der Unzu
friedenheit, und schon war es unter den Einwoh
nern von Palermo zum Sprüchwort geworden: „der
Herzog von Oßuna will uns auf den Misthaufen
dringen." Allein dieser hatte nicht sobald davon
Wissenschaft erlangt; als er eines Tages auf dem
Markt einen großen Misthaufen aufführen ließ. Al
le» lief, von Neugirr und Verwunderung getrieben,
dahin. Endlich erschien auch der Vicekönig, erstieg
den Mistberg und redete die Versammlung also an:
„Meine Kinder! Zhr klagt, daß ich euch endlich
gar auf den Misthaufen bringen wolle. Aber seht,
hier steh' ich selbst — und will, zu meinem und
Eures Königs Dienst, zuerst darauf seyn." Dann
ließ er einen Tisck hinausragen und hielt an dem»
selben mit seinen Räthen Gericht über zwei Bürger
von Palermo, — die nachher auch zum Tode ver-
urcheilc und an einem, auf demselben Mistberg er
richteten, Galgen aufgeknüpft wurden, weil sie ihre
Degen geweht und dabei gedroht hatten: „es zu
verhindern, daß sie der Vicekönig auf den Misthau
fen brachte."
Dieser Härte ungeachtet, vergoß das Volk Thrä
nen bei seinem Abschied, als er im Zahr 1616 Si
cilien verließ, um als ernannter Vicekönig von Nea-
pel dort seine Residenz zu nehmen. Sein Wille,
Gute» zu wirken, seine Unpartheillchkeit und seine
Sorge fürt gemeine Wohl, die sich in allen seinen
Handlungen aussprach, hatten ihm selbst die Ach
tung derer erzwungen, die ihm ihre Liebe versagen
mußten. Nie nah», er, zur Beugung des Rechts,
Geschenke; und wo dies geschah, da strafte er es
strenge. Einst erfuhr er, daß seine Gemahlin von
Personen, die bei ihm Dienste suchten, dergleichen
entgegengenommen hatte. Er überzeugte sich, in ih
rer Abwesenheit, davon, und als sie nach Hause
kam, fand sie ihre Zimmer aufgeräumt. Das
fremde Gut hatte der Herzog herausnehmen und in
die Armenhäuser tragen lassen.
Zn Neapel debütirte er mit folgendem RechtS-
schwänk. Ein reicher, 7ojähriger Kaufmann rühmte
sich unaufhörlich, daß er in fünfzig Zahre» nicht
zum Thor hinausgekommen sey. Diesem schickte der
Herzog den Befehl zu: „bei Straft von 10,000
Kronen sich nickt aus dem Königreich zu entfernen."
Alles lachte darüber; auch der Kaufmann. Aber
bald trieb ihn die Neugier, zu wissen, was doch
wohl die Ursache des sonderbaren Verbots seyn kön
ne? Ze langer er darüber nachdachte, desto mehr
beunruhigte es ihn. ft entschloß sich endlich, jene
aus Kosten seines Bkurels zu stillen, übersandte dem