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Nro. 104.
D e r Freimüthige
Dienstag / ——* oder -4- May.
Berlinisches Unterhaltungsblatt für gebildete, unbefangene Leser.
Apologie der Hunde.
„Unwillig werfen Sie das Buch weg. schöne So
phie. da sie den Titel erblicken? Vielleicht eine Räu
bergeschichte. oder eine Banditenhistorie, oder ähnliche
lose Waare, wo schon das Aushängeschild abschreckt?"
„Nichts von alle dem. Sehn Sie da — Ge
schichte eines Pudel« von Hartmann. Wie
in aller Welt ist es doch möglich, einen Hund zum
Gegenstand eines Buches zu machen?"
„Und warum?"
„Sie werden doch gestehen müssen, daß einem
jeden Roman irgend eine Moral zum Grunde liegen
soll, auf eine Hundemoral aber bin ich wahrlich nicht
begierig."
„Ohne das Buch zu kennen, scheint eö mir
doch, daß^Sie ungerecht gegen den Verfasser sind,
insofern ^ie den Gegenstand seiner Wahl unbedingt
tadeln. Wir haben die sehr witzige Geschichte eines
Flohes, wir haben eine sehr interessante Apologie der
Esel, warum wollen Sie leugnen, daß sich von einem
Hunde nicht« Interessantes sagen ließe? Anlangend
die Moral, welche nach Ihrer Meinung darin ver
mißt bleiben muß, so sagen Sie mir doch, welche
Sie aus den Begebenheiten eines Spitzbuben, oder
einer barmherzigen Schwester, oder ähnlicher Indi
viduen, mit denen der Plebs unserer Autoren sich
beschäftigt, ziehen wollen, die Sie nicht in der Bio
graphie eines Hundes weit reiner und edier finden
könnten? Aber ich will noch weiter gehn. Unbe-
zweifelt werden Sie mir einräumen, daß es unmög
lich sey, die Tugend noch dünner und breiter zu
schlagen, wie eü unter andern in den Schriften der
Madame Ludewig, gcborne Fritsch, geschieht, und
daß es ein schweres Problem seyn würde, die Mo
ral noch anhaltender in einem Romane zu predigen,
wie sie eö thut, ba am Ende jeder ihrer Bücher, kurz
vorher, ehe der Held mit der Heldin zu Bette geht,
die Tugend gekrönt, und das Laster gehörig abge
straft wird. Dennoch wollte ich es schon unterneh
men, eine Hundebiographie zu schreiben, aus der Sir
eben so viel gute Lehren sollten ziehen können, und
am Schlüsse wollte ich noch eine Vergleichung zwi
schen den schönen Eigenschaften der Hunde, und den
häßlichen der Menschen ziehn, die sehr viel Erbau
liches haben könnte. Zudem ist ein treuer Pudel
mir tausendmal mehr werth, wie ein sogenannter
Freund, der mich betrügt."
„In der That, Sie sind ein warmer Lobredner
dieser vierbeinigten Geschöpfe."
„Wenn ich es nicht wäre, so bin ich doch jeden
Augenblick bereit, es zu seyn, und da ich einmal an
fange, sie in meinen Schutz zu nehmen, so will ich
auch ganz damit fortfahren. Es ist nicht meine
Meinung, Ihnen ein Register der Hundetugenden zu
geben, oder Ihnen lange Historien davon zu erzählen,
aber ich will Ihnen doch sagen, welche wichtige Rolle
diese Thiere von jeher gespielt haben. Die alte Ge-