Path:
Volume Nro. 103, Montag, den 23. May 1808

Full text: Der Freimüthige oder Berlinisches Unterhaltungsblatt für gebildete, unbefangene Leser / Kuhn, Friedrich August (Public Domain) Issue5.1808 (Public Domain)

- ,, Gräcia, eben bedungen, bezwang den trotzige» Siegte, 
Kunst in bas Daurengesild', in Lalim» tragend; hinweg 
schwand 
jem der struppige Vers, der- saturnifche; widrigem »«rath 
folgte reinlicher Schmuck. Doch so langwierige Zeit durch, 
immer bi« beute bestehn nachbleibende Spuren des Feldes. 
Denn spat lenkte der Römer aus Griechische Werke den 
Schärfst»»; 
und nach Punischen Kriegen beruhiget, forscht er lucrst, was 
Sophokles doch und Thesvis »nd Aeschylus Nützliches brachten. 
Bald auch übt' er Versuch, was treu umsehen sich liehe; 
Und er gefiel stch selbst, von Natur hochstrebend und feurig. 
Denn sein Geist haucht tragisch genug, voll glücklicher 
Wagniß. 
Aber er scheut unweise, wie Schimpf, ausstrcichen «nd 
andern." 
L. Livius Andronieus war der erste, welcher die 
Griechischen Werke auf Römische Bühnen verpflanz 
te; aber wie spat die Römer der Aufnahme jener 
Werte fähig waren-, sieht man schon daraus, daß 
es nach A. Gellius (Lib. XVII. c. ult.) erst 120 
Zahr nach der Ankunft der Hetrurischen Histrionen 
in Rom geschah, mit welcher Angabe freilich fein 
Namensvetter, Livius der Geschichtschreiber, nicht 
stimmt, welcher sagt, daß es einige Zahre spater 
(post aliquot annos) geschehen sey. 
Von welcher Art übrigens die Bearbeitungen 
des LiviltS Andronieus gewesen sind, darüber läßt 
sich bei dem gänzlichen Mangel an Urkunden, selbst 
an Fragmenten, nichts sagen^ aber das ist gewiß, 
daß auf diese Griechisch - Römischen Stücke und 
deren Darsteller schon deswegen nicht viel Glanz 
fiel, weil sie das Werk eines Griechischen Auslän 
ders (Andronieus) waren, welcher, in die Sklave 
rei eines Römischen Senators, M. Livius Salina- 
tor, gerathen, erst durch die Beurkundung seiner ge 
lehrten Kenntnisse, und durch den zur Zufriedenheit 
seines Herrn besorgten Unterricht seiner Söhne, von 
dem dankbaren Prinzipal Freiheit und Römischen 
Namen erhielt. Seinem Stande ganz angemessen 
war es daher, daß er selbst in seinen Stücken, zu 
mal da ihm Griechische Sitte vorschwebte, die erste 
Rolle zu übernehmen pflegte; ein Beispiel, welches 
auch die zunächst folgenden Bearbeiter Griechischer 
Stücke zu Rom befolgten. Der Geschichtschreiber 
erzählt, daß durch ihn die Sitte der Schauspieler 
aufgekommen sey, auch zuweilen einen anderen für 
sich singen zu lassen, und so dem Hauptakteur nur 
die Aktion und Gestikulation zu überlassen. Er 
selbst that dies zuerst mit Erlaubniß des Publikums, 
als ihm, mehr als einmal zurückgerufen, um die 
besonders gefallende Stelle noch einmal vorzutragen, 
die Stimme zu versagen anfing *). 
Denkt man nun an den Fortgang; welchen dir 
Beatcheitungen Griechischer Stücke in Rom gewan 
nen, und an die Männer, deren Namen durch das, 
was sie leisteten, auf uns gekommen, so drängt sich 
die Bemerkung auf, daß fast Alle, etwa den Nävius 
und Ennius ausgenommen, ihren bürgerlichen Der- * •• 
*) Cf. Livius lib. VII. t. 2. mit» Valerius Max. lib. II- 
•• 4. De «pectaculis, welcher den Livius theils abschreibt, theils 
tommentirr. 
häitniffen nach entweder Sklaven oder Freigelasse 
ne waren, ein Umstand, weicher auf die Achtung, 
deren ihre Werke bei der Römischen Nation genos 
sen, und die Schauspieler, weiche dieselben darstell 
ten , einen nachtheiligen «Lchluß machen läßt. Kei 
ner derselben war ein gebcrner Römer, noch weni 
ger aus einer angesehenen Familie der Stadt. En- 
n ius war aus Rudiä in Säditalien, welche Stadt 
Strabo Griechischen Ursprungs nennt, gebürtig, 
ur.b hatte Griechische Aeltern. Der Zensor Lato 
lernte die Griechische Sprache von ihm auf der 
Znsel Sardinien, und durch jenen kam er zu den 
Römern, um welche er sich durch Uebersetzungen aus 
dem Griechischen und durch die Annalen der Rö 
mischen- Geschichte im heroischen Sylbenmaaße ver 
dient machte, und dadurch das Bürgerrecht gewann. 
Mit Nävius war es derselbe Fall. Er war, 
wie Ennius, aus Süditalicn gebürtig, und mithin 
gleichfalls ein Ausländer. Die höchste Ehre daher» 
welche für ihn, als solchen, in Rom zu erringen 
war, war das Bürgerrecht, und die Befugniß, in 
den Legionen zu dienen, welcher er im zweiten Pu 
nischen Kriege folgte. Wenn man auck von seinen 
Lebcnsumständen, so wie von seinen Stücken, nichts 
Näheres weiß, als daß er einst im Lustspiel die 
Meteller und Scipionen angriff, und deshalb aus 
Rom verbannt wurde, so ist es genug, daß er ein 
Ausländer war, und eben darum auf sich und sei 
nen Berus als Dichter und Schauspieler keinen 
Glanz werfen konnte. Nicht anders verhält es sich 
mit den Tragödien - Dichtern Pacuvius und 
Accius, von denen der erstere aus Drundus, der 
andere aus Pisaurum, einer Umbrischen Stadt, ge 
bürtig war; und von den beiden berühmtesten Ko 
mikern der Römer, dem Plautus und Terenz» 
ist es bekannt, daß der erstere entweder aus Ar 
muth, oder als Sklave, bei einem Bäcker in einer 
Stampfmühle arbeitete, und erst durch den Ertrag 
einiger Stücke, welche er des Nachts nach einer 
solchen Tagesarbeit vollendete, Freiheit und Unter 
halt gewann *); und daß der Andere als ein Sklave 
aus Carthago in Afrika nach Rom kam, und erst 
durch seine Kenntniße seinem Herrn, dem Römi 
schen Senator P. Terentius, Freiheit und Namen 
abewann. 
Gustav Köpke. 
(Die Fortsetzung folgt.) 
Gemüthsarten. 
„ 28ünschen Sie mir Glück!" sagte Einer meiner 
Freunde, als er zu mir ins Zimmer trat; „man bat 
diese Nacht bei mir eingebrochen, man hat Zoo Tha 
ler aus meinem Pulte gestohlen; aber ein verborge 
nes Schubfach, in welchem tausend Louiüd'or und 
*) Cf. A. Gellii Noct. Att. lib. III. cap. 3. — Ueber 
den Andronieus und die übrigen ältesten Dichter der Römer, stehe 
Saspar Eagittarius, AUenburg 1697, und die Fragmente nebst 
literarischen Dorberichken aus dem Giraidus in der Colleciio 
i’isauteinis, Tom. IV. pag. XX.Y- »eg,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.