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Volume Nro. 94, Dienstag, den 10. May 1808

Full text: Der Freimüthige oder Berlinisches Unterhaltungsblatt für gebildete, unbefangene Leser / Kuhn, Friedrich August (Public Domain) Issue5.1808 (Public Domain)

jimmfr (ein ästhetischer Ausdruck) berechnet sey.— 
Wenn Andre nur zufammenkarren, was hin und 
wieder aufgehäuft wurde, so ertönen doch auch Re- 
volutionsposaunen. Diese Posaune läßt Kuithan 
erschallen und will Todte erwecken. Alle Metriker haben 
vergebens gearbeitet, ihnen soll die Blindheit entnom 
men werden. Darum laßt der Hr. Prof, einen: Ver 
such eines Beweises daß Pindars Sieges 
hymnen Komödien sind und neue Grund 
züge über die griechische Prosodie, los, um 
aufzuräumen den Schutt und die Spreu. Möchte er 
nur nicht wieAh lward t einst mit gleichen Verheissun- 
gen sinken ! — Wenn die Klage gerecht war, daß seit ge- 
raunier Zeit die Deutschen Originale ausruhen und 
die Meister verstummt sind, so fehlt es doch nicht 
an Dichtern. Gedichte und Kochbücher enthält je 
des Verzeichniß. Auch dieeinal fehlt es nicht an: 
Gesängen meiner einsamen Muse, an Erstlingen und 
'Auswahlen, und wer nur einmal einige Dutzend 
Lieder geschrieben hat, der läßt sie auch drucken. 
Dagegen wird cs erfreulich seyn, begonnene Werke wie 
Göthes Werke und Gries Ariosto in ihrem schönen 
Fortgange zu finden. Sammlungen ihrer zerstreu 
ten Gedichte erhalten wir von den vorzüglicheren 
Louise Brachmann, Kind, Kuhn und Son 
ne »borg. Tiedges Urania hat die vierte Auflage 
erlebt. Zn romantische Wälder führt uns der 
Derf. des Lacrimae. Streckfuß sang: Altimor 
und Jomire in 6 Gesängen. — Doch was die 
Originalität nicht in Masse leistet, das gibt uns 
die Sucht der Uebersetzung. ^Bei drei Uebcrsetzun- 
gen des Ofsian, von Jung, Schubert und einem 
Ungenannten, behält 'Ahlwardt die Seinige noch in 
Petto. Das heißt doch über Ofsian herfallen, bis keiner 
den rechten behält. Auch T a | so ’ ö N ä ch r e wurden 
von Haupt, Petrarka von Laube übertragen, 
wir fürchten aber für beide. Reichen Genuß versprechen 
uns dagegen Baggesen's Dichterwandrrun- 
gen, des genialen Jsidoruö Orientalis (Lö 
ben) Blätter aus dem Reisebüchlein eines 
andächtigen Pilgers, Friedrikc Brun'ü 
Episoden, Hornü Leben und Wissenschaft, 
Kunst und Religion. Wer fühlt sich nicht mit 
diesen Namen befreundet? — Die Literatur der 
Romane wird nicht trauren, daß man sich ihrer 
minder thätig annahm; denn die Art dieser Annah 
me entscheidet. Hier kann Voraussagung auch we 
niger bedeuten, wo man nur zu oft durch Namen 
getäuscht wird. Doch man schließt sich gern an 
Bekannte, die wir gern sahen, an, und darum 
könoen auch die Namen Einiger nützen. Von 129 
Romanen, die uns in jetziger Messe geliefert wer 
den, bleiben Wenige des Auszeichnens werth. Jean 
Paul liefert uns die Reise des Feldpredigers 
Schmelzle nach Fläz, und sitzt dem Teufel 
Deichte; Krummacher stellt eine: Collecten- 
reise des Pfarrers Blum an, Feßler gibt 
uns Alonfo, oder der Wandrer nach Mont 
serrat, Denzel Sternau seinen steinernen 
Gast in Fortsetzungen und Morpheus, Kind 
wieder einen Strauß Tulpen, Caroline Pich 
ler einen Roman: Agathokles, Steigentesch 
Erzählungen. Daß die Namen Lafontaine, 
Schilling, Langbein, Laun und Andere nicht 
aussen bleiben, das war vorauszusehen. Nennens- 
wenh, im Fach der dramatischen Literatur, scheinen 
vor Allen: Guido, von Jsidoruö Orienkalis, Beau- 
montS und Fletcher'S Werke in der schönen Ueber- 
tragung von Kannegiesser, Klingemanns Theater, 
Heinrich den Löwen und Luther enthaltend, und der 
neue Proteus von Gustav Linden. Auch 
Soden, Theodor Hell, Steigentesch, Winkler ga 
ben neuen Dramen den Laufpaß, und lassen die 
Kritik entscheiden. 
Dies sind die Aussichten auf ein neues Jahr; 
reich ist das Land bestellt, der Pflanzer und Säer 
sind viele. Daß vieles auf Stein und Dornen fal 
len werde, weil es als Spreu davon fliegt, kann 
uns nicht kümmern; aber daß der Geist über der 
Zeit und- deren Einflüsse stehe, das spricht auch jetzt 
kräftig in Beweisen, und es bleibt ein ausreichen 
der Trost, daß es noch schöne Seelen gebe, die für 
das Hohe, Göttliche erglühn. Der Himmel bewahre 
unsre gesammte Literatur nur vor zweierlei Ungezie 
fer, vor Genieaffen und vor literarischen Quack 
salbern, wie von diesen einer Kohebues Geist rekti- 
fiziren will, ein andrer uns dagegen Jean Pauls 
Schriften in einem Wörterbuche bewässert. Doch 
im Sonnenstrahl und im Nachtglanze der Sterne 
verkriechen sich auch die Gewürme, die am Moder 
zehre». xr. 
M a j 0, 
Großadmiral von Sizilien. 
(Fertsttziing.) 
§)er öftere Umgang der nun zwischen Majo und 
Hugo Statt fand, gab des Ersten Scharfblick zu 
erkennen, daß Hugo eines der schicklichsten Werk 
zeuge abgeben dürfte, ihm sein Ziel erreichen zu hel 
fen. Majo stand daher nicht an, ihn allmählig tie 
fer in sein Inneres blicken zu lassen, ihn über seine 
Ansicht von dem Zweck einer Regierung zu belehren, 
oft gegen ihn über die schwache und wankende 
Regierung Wilhelms einige Bemerkungen fallen zu 
lassen, und endlich ihm vorzustellen, auf welche zer 
brechliche Stützen ihr beiderseitiges Ansehen und ihr 
Einfluß selbst gegründet sei. 
Obgleich Hugo alle diese Aeußerungen befrem 
den mußten, so stimmte er ihnen doch mit solcher 
Ueberzeugung bei, daß Majo es endlich wagte, ihm 
sich noch deutlicher zu erklären. Er äußerte ihm 
nehmlich, welche gewisse Aussicht ihnen beiderseits 
in dem Tode Wilhelms verbleibe, nicht allein ihren 
Einfluß sich zu sichern, sondern auch zu vergrößern, 
indem es ihnen ein Leichtes seyn würde, sichrer 
Vormundschaft über die Kinder Wilhelms, als über 
das Reich selbst, bemeistem zu können. Er zeigte 
ihm darauf, welcher geebnete Weg vor ihnen läge, 
ihren Zweck zu erreichen, und bewirkte es endlich, 
daß der Erzbifchoff durch einen unverbrüchlichen Lid
	        
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