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Volume Nro. 64, Dienstag, den 29. März 1808

Full text: Der Freimüthige oder Berlinisches Unterhaltungsblatt für gebildete, unbefangene Leser / Kuhn, Friedrich August (Public Domain) Issue5.1808 (Public Domain)

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in den Händen des alten Weibes dafür eine reichlich 
gefüllte Geldbörse zurück lies. Mit dieser kostbaren 
Bürde belastet flog er zu Klaren« Wohnung. AIS 
sie die Stimme ihres kleinen Alonzo hörte, stürzte 
sie heraus; Don Fernando fing sie in feinen Armen 
auf. „Erinnern Sie Sich" — sagte er zu ihr — 
„daß ich mich Ihnen das erste Mal gerade auf die- 
„fe Weife darstellte." Klara erlag fast so vieler Freu 
de. Nachdem sie das Kind mit Liebkosungen über 
häuft hatte, legte sie es in Don Fernando's Hände, 
und sagte: „Sein Sie immer fein Vater!" 
„Wahrlich! Das schwöre ich" — rief Don 
Fernando begeistert aus— „ich schwöre, mein Leben 
dem Glücke dieses Kindes und seiner edlen Mutter 
zu weihen." 
Klarenö Augen, von süßen Thränen benetzt und 
gen Himmel gerichtet, erwiederten diesen Schwur. 
Das Schloß Osmas wurde von diesem Tage an der 
Aufenthalt der reinsten Glückseligkeit, wie Sterbliche 
sie nur erlangen können; und endlich hatte Klara 
einen Gatte» nach ihrem Herzen gefunden. Oft 
sagte sie später für sich, den Blick auf Don Fernan 
do gerichtet: „Meine Verbindung mit diesem Man- 
„ne, der so spricht, wie ich, der in jeder Hinsicht 
„gleich mit mir fühlt — Ist die nicht eine wah-- 
„re Ehe nach Convenienz?" 
August Kuhn. 
Fragmente aus dem Taschenbuche eines nach 
Warschau reisenden Ungars, im Sommer 
1607. 
( Beschluß.) 
Au law, der Wohnort des Fürsten Czatorinsky, ist 
wirklich schön, und zeichnet sich sehr Vortheilhaft aus 
als Schöpfung dieses Fürsten. Dieser ist ein wahr 
haft edler, humaner und wohlthätiger Fürst, dessen 
Bildung, Kenntnisse, Geschmack, Kopf und Herz mu 
sterhaft sind. Die Umgebungen Pulaws sind auch 
sehr schön. 
Von Pulaw ist wieder vollkommene waldigte 
Ebene bis Warschau. Ein heftiger Nordwind hat 
uns bei Macziewicz einen ganzen Tag aufgehal 
ten. Hier ist Kofciusko gefangen, und das Schick 
sal Polens damals entschieden worden. Kofciusko 
halt brav fein bei seiner Befreiung aus Sibirien ge 
geben^ Wort, nie gegen die Russen zu dienen. 
, Karczow ist das letzte Städtchen Galiziens, 
m welchem das Gränzzollamt ist. Die Einwohner 
Galiziens klagten sehr darüber, daß nach Warschau 
nichts als Weizen auszuführen erlaubt war. 
So wie ich nach Warschau kam, sah ich, daß 
meine Handlungsspekulation mit Tokayer Weinen 
ganz verfehlt war. Meine Erwartungen die sich 
auf meine Warschauer-Correspondenznachrichten grün- 
deten haben sich gar nicht realisirt. Die drückende 
Abgabe von acht Drkattn für ein Faß ungarischen 
Weines bestand noch, und war um so drückender 
da sie gleich, und zwar in Golde, bezahlt werden 
mußte. Für die Ungarn, die jetzt keine Goldmünzen 
haben, und sie mit hohen Procenten für Bankozettel 
erkaufen müssen, ist diese Maaßregel zerstörend. Die 
Französischen und Rheinweine zahlten damals keine 
Abgabe. Wenn dieser Zustand auch unter der säch 
sischen Regierung fortdauern sollte, so wird der un 
garische Weinhandel in das Hcrzogthum Warschau 
sehr viel leiden und wohl ganz aufhören. Am mei 
sten schmerzte es mich, daß ich meine guten, ächten 
ungarischen Weine hingeführt hatte. Leider waren 
sic von der vorzüglichsten Sorte, und ich habe des 
halb um desto mehr an ihnen verloren. Gute 
Weinjahre mögen dem Kaufmann seinen Verlust 
vergüten, denen er mit Erwartung entgegen sieht. 
Ich fand es hier praktisch bestätigt, wovofi ich 
schon theoretisch sehr überzeugt war, daß die hohen 
Zölle durchaus zweckwidrig sind, und nichts taugen. 
Je höher der Zoll ist, desto weniger bekommt die 
Regierung davon. Man kann zuverlässig annehmen 
daß sie 4 daran verliert. Es lohnt nämlich der Mü 
he, Unterschleif und Betrug zu spielen. Dem Be 
trüger nützen die hohen Zölle, den ehrlichen Mann 
werfen sie zu Boden. Lähmung des Handels, Kon 
vulsion der Industrie, Korruption, Immoralität, 
Stockung des Umlaufs, Mangel und Noth u. s. w. 
sind die unausbleiblichen Folgen davon. Die Ge 
wohnheit der hohen Zollabgaben hat ihren Ursprung 
in den Zeiten der Barbarei, in die Europa bei dem 
Fall des occidentalischen und orientalischen Kaiser 
thums versunken war, und seitdem erhält sich dieser 
Mißbrauch durch die Verlegenheiten der Finanzen. 
Es ist ein äußerst ^schädliches Palliativmittel. Je 
der Denkende ist überzeugt, daß es mit unter die 
Staatsgifte gehöre, aber freilich kann es nicht an 
ders, als durch Einverständniß der Hauptmächte von 
Europa, abgeschafft werden. Möge dies der Genius 
der Humanität bald bewirken! 
Fabel. 
Prometheus Affe. 
Prometheus batte einen Affe», 
Der sah, wie jener Menschen schuf, 
Und fohlte gleich, ihm nachruschaffen, 
I« sich den dringenden Beruf. 
Er nimmt de» Thon, formt Kopf vnd Hände, 
Und schafft ein schönes Ideal. 
Dann holt er die gelöschten Brände, 
Die knhn sein Herr dcn> Himniel stahl. 
„Mein Werk, so ruft er wonnetrunken, 
Wird jenem gleich und schöner se«a!" 
Und tläs't von den gelöschten Funken 
Den Rauch ihm in die Ras« ein. 
S seht, 0 seht den Klöß sich regen! 
Der Athem geht, das Blut wird warm: 
Der Schöpfer eilt ihm froh entgegen, 
Und schließt — ei» Aeffchcn in Len Arm. 
Nachahmer Schillerscher Gedichte, 
Sagt an, was deutet di« Geschichte? 
A. Zarn ack.
	        
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