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Schrauben befestigte, Reifen umschließen es, wovon
jeder Reif 7 Zentner wiegt ; diese Reifen allein also
zusammen 22.; Zentner Gewicht haben.
Die frappanteste aller Merkwürdigkeiten des
Königstcinö ist aber wohl der Brunnen. Er wurde
schon in grauer Vorzeit durch den Felfen gehauen,
hat goo Ellen Tiefe und 6 Ellen im Durchmesser,
und daö schönste Wasser von der Welt, da er unter
dem Bette der Elbe liegt. Ueber dem Brunnen ist
ein stark gewölbtes Haus erbauet, welches ihn von
außen vor jedem Unfall beschützt. Das Wasser
wird in Tonnen heraufgewunden, welche vermittelst
eines in dem Brunnenhause angebrachten Tretrades
durch vier Männer hinuntergelassen und heraufge
zogen werden. Der alte Brunnenmeister pflegt ei
nen Kranz mit vier brennenden Lichter in die Tiefe
hinabzulassen, während die Wassertonne heraufge
wunden wird, um jene ungeheure Tiefe anschaulich
zu machen. Es dauerte sehr lange, ehe der Lichter
kranz hinunter kam, und während dem goß der
Brunnenmeister etwas Wasser in den Brunnen,
dessen Fall auf den Wasserspiegel wir erst nach Ver
lauf einer halben Minute deutlich hörten. Der
Lichterkranz beleuchtete die Wasserfläche nur sehr
schwach; da kam uns aber der Stand der Sonne
um diese Tageszeit herrlich zu statten. Der Drun-
nenmeister hielt einen Spiegel der, durch die Fenster
scheinenden, Sonne entgegen, und dadurch wurde uns
der ganze Umfang des Wasserspiegels und die grau
senvolle Tiefe des Brunnens vollkommen sichtbar.
Fielen dieLichtstrahlen auf die heraufkommende Was
sertonne , so flimmerte das Wasser von der Bewe
gung und glänzte wie taufend Diamanten; ein be-
zaubender Anblick! Der Lichterkranz wurde am
Ende so klein, daß die Lichter nur wie leuchtende
Pünktchen aussahen. Ist die Wassertonne hcrauf-
gewundcn, so ergießt sie sich in ein großes Reser
voir, woraus die Bewohner der Festung ihr Trink
wasser holen. Zum Waschen sind zwei große, im
Schatten hoher Bäume liegende, Zisternen vorhan
den, worin das Regenwaffer gesammelt wird. Aue
der so eben heraufgezogenen Wassertonne füllte die
Tochter des Brunnenmeistcrs einen mit alter Male
rei gezierten gläsernen Krug von wenigstens vier
Quart, und reichte jedem der Anwesenden einen Trunk.
Das Wasser ist eiskalt, und so klar wie Krystall.
Jedem, der diesen merkwürdigem Brunnen sah,
wird er unvergeßlich bleiben; denn seines gleichen
findet man wohl nur sehr selten.
Der Königstein ist 1Z00 Fuß über der Elbe er
haben. Im dreizehnten und vierzehnten Jahrhun
dert besaßen ihn die Burggrafen von Dohna, denen
er zu Anfange des fünfzehnten Jahrhunderts von
Wilhelm, Markgrafen von Meißen, wieder abge
nommen wurde. Darauf bemächtigten sich seiner
die Hussiten, und zerstörten das darauf befindliche
schloß, worauf der Felsen lange verlassen war,
bis Herzog George zu Anfange des sechzehnten Jahr
hunderts ein Cölestiner-Kloster aus den Ruinen des
zerstörten Schlosses erbauen ließ, welches nach der
Reformation aufgehoben wurde. Endlich legte der
Kurfürst Christian I. den Grund zu der Festung,
die von seinen Nachfolgern erweitert und verstärkt
wurde.
Der dem Königstein gegen über liegende Lilien-
stein wurde vom Kurfürsten Friedrich August im
Jahre 170Ö erstiegen, und zum Andenken eine Säu
le auf der höchsten Spitze dieses Felsens gesetzt, wel
che von unten wie ein kleiner Kegel erscheint. Jetzt
besteigt man den Lilienstein selten, weil er sehr un
zugänglich, seine Fläche nicht eben, sondern voller
Risse und ungleicher Spitzen ist. Obgleich der Li-
lienstein höher, als der Konigsstein, seyn soll, so soll
er doch den Königstein nicht beschießen können, wie
angestellte Proben bewiesen haben. Dagegen kann
man vom Königstein den Lilienstein beschießen, wel
ches ebenfalls versucht worden ist.
Der Nachtgeist.
<Forrsk?u»g.)
Allerdings ist es mathematisch gewiß, und zwar
im eigentlichsten Sinne, was ich aus allgenieinen
einfachen Naturgesetzen folgere. Arithmetik, die ab
strakteste, evidenteste der Wissenschaften, ist das For-
niale aller, und mithin muß auch die Welt, in der
schon gemeine Naturforscher Consequenz und Zusam
menhang überall wahrnehmen — der offenbar die
vollendetste aller Theorien zum Grunde liegt —
schlechterdings nach mathematischen Grundsätzen
construirt seyn. Nur scheinbar regellos und cha
otisch sind die Gestalten dieses Planeten und des
gestirnten Himmels. Wer sich vom Sinnlichen zum
Ueberfinnlichen erheben lernt, wer vom Einmaleins
der Natur, durch die 5 Species, durch alle höhere
Rechnungsarten, nach und nach bis zur Analyse
des Unendlichen fortschreitet, dem ist das ganze
große algebraische Ganze so klar, wie dem Einmal
eins-Menschen, der in seiner moralischen Bettcl-
wirihschaft Pfennige ^und Kreuzer an den Fingern
zusammenzählt, der Satz: i zu 2 macht 3 oder 2
mal 2 thut 4 u. s. w. Er, der höhere Naturfor
scher, kennt so genau, wie der Gemeine, die Folgen
leiter der Dinge auf Erden, die Stufen, auf denen
die im Atome wohnende Kraft, nachdem sie fort
wachsend im Menschen Denkvermögen errungen,
weiter hinaufsteigt bis zum Sonnenpunkte, wo sie
Alles hervorzubringen vermag, was sie -einst selbst
war, und mehr." —
Unter diesen und anderen Gesprächen waren wir rasch
auf einem Fußpfade im Walde fortgeschritten. Unver
merkt hatten wir uns einem Gottesacker genähert,
an dem die Heerstraße hinlief. Das Thor desselben
stand offen, wir traten hinein und ließen uns auf
einer Bank vor dem Gebeinhause nieder. Ohne zu
sprechen, saßen wir hier neben einander,) er, be
schäftigt mit Gedanken der Zukunft, und ich er
griffen vom Schauer der Umgebungen. Da schlug
eine Glocke aus der Ferne siebenmal hell durch die