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Volume Nro. 41, Freitag, den 26. Februar 1808

Full text: Der Freimüthige oder Berlinisches Unterhaltungsblatt für gebildete, unbefangene Leser / Kuhn, Friedrich August (Public Domain) Issue5.1808 (Public Domain)

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ft er durch ihre sanfte Pflege die Leiden eines Kran 
ken milderte, so oft konnte sie des Gedankens sich 
nicht erwehren: er liegt vielleicht In diesem Augen 
blicke hülflos, verlassen, entbehrt jede Erquickung, die 
meine Hand so gern ihm reichen würde. Zn lan 
gen Winte/oächten, am Krankenlager wachend, las 
sie, beim schein der düstern Nachtlampe, unzähli- 
chemal seinen Brief, in welchem seine und ihre 
Thränen schon so manches Wort verlöscht hatten, 
das nur noch in ihrem Herzen stand. Vier Zähre 
waren bereits verstrichen, sie gab die Hoffnung auf, 
je wieder von ihm zu hören; und dieses traurig« 
Entsagen, dieser unaufhörlich nagende Seetenschmerz, 
vereint mit den ungewohnten Anstrengungen eines 
zarten Körper», würden sie bald zum Ziel ihrer 
heißen Wünsche, zum Grabe, geführt haben, wäre 
nicht plötzlich ihr Geist — mit ihm der sieche Kör 
per — durch einen neuen, schönen Gedanken wieder 
hoch erhoben worden. Sie erfuhr, daß die Verfüh 
rerin ihres Gatten, nach einem schwelgerischen Le 
ben, in tiefster Armuth gestorben war, und kurz 
zuvor ihr Kind einem Seiltänzer überlassen hatte. 
Eilig sandte Cecilie einen vertrauten Diener ab, um 
das Kind um jeden Preis zu kaufen. Der Gauckler 
machte große Forderungen, denn das hübsche kleine 
Mädchen versprach schon jetzt durch seine Gelehrig 
keit und Anmuth ihm großen Gewinn, und die Zu 
schauer warfen doppelte Preise auf den Teller, wenn 
das reihende Kind ihn trug. 
CecilienS Gold hob alle Schwierigkeiten. Mak- 
chen fand in ihr eine treue Mutter, sie in Matchen 
eine neue, ungekaunte Lebensfreude. Jetzt theilte 
sie alle ihre Stunden gewissenhaft zwischen den frei 
willig übernommenen Pflichten der Krankenwarteriu 
und Mutter. Kaum war ein Zahr verstrichen, als 
sie fühlte, daß sie wieder glücklich sey, ja glücklicher 
als jemals! Die dankbaren Thränen so, mancher 
durch ihre Pflege Geheilten; das frische Lächeln des 
von ihr geretteten Kindes; die Entwickelung feiner 
Kräfte, das Enssalten seines Herzens, die kindliche 
Liebe, die sie ihm eingeflößt; Alles das sammelte sich 
in der schönen weiblichen Seele zu einer reichen 
Quelle von stillen Freuden. Sie genoß das höchste 
Glück auf Erden, ohne welches jedes andere unvoll 
kommen bleibt — Zufriedenheit mit sich 
selbst. Molchen wuchs heran, wurde schön, fromm, 
gut, half der edlen Pflegemutter gern am Kranken 
bette, und bewieß, daß, wenn es angeborne böse 
Neigungen giebt, doch Erzichung sie leicht unter 
drückt oder beherrscht. 
Bei dieser einförmigen Uebung aller Tugenden 
hatte Cecllie wieder so viele Kräfte gesammelt, daß 
sie den letzten Sturm, der ihrem Leben vorbehal 
ten war, standhaft ertragen konnte. Zn einer Zelle 
des Hospitals fand sie eines Morgens einen von der 
Landstraße herein gewankten Fieberkranken — es 
war ihr Gemahl! — Sie erkannte ihn auf den er 
sten Blick, trotz seiner veränderten Gestalt; sie stürzte 
auf ihre Kniee, und rief: Gott! gieb mir 
Kraft! laß mich bei Sinnen! erhalte mir 
das Leben nur so lange, bi« meine Sorge 
das feinige gefristet! — Der Unglückliche, den 
Mangel, Sehnsucht und Gewissen in sein Vaterland 
zurückgetrieben, und endlich an der Pforte des Ho 
spitals der Barmherzigen Schwestern niedergeworfen 
hatten, lag mehrere Wochen seiner Sinne beraubt, 
und rief unaufhörlich: Cerille! Cecilie! ohne zu 
ahnden, daß ihre Hand Arzenei und Erquickung 
ihm reichte. Al« endlich durch ihre Pflege die er 
sten Spuren der wiederkehrenden Vernunft sich zeig 
ten, wagte sie länger nicht, ihm unter die Augen zu 
treten, fürchtend, er werde ihren Anblick jetzt nicht 
ertragen. Aber nur seiner Tochter konnte sie die 
Vollendung seiner Genesung gönnen. 
Malchen — zum Erstenmal von ihrer Herkunft 
schonend unterrichtet — flog an ihre« Vater« Lager, 
und vollbrachte mit kindlicher Liebe, was Cecilie mit 
erhabener Tugend begonnen. — Kein Pinsel wagt 
sich an die Scene des ersten Widersehens und Er 
kennen«. Der ganze Himmel lag auf dem Genese 
nen, und drohte, ihn zu erdrücken — feine Tochter 
half ihn ttagen — Cecilie schwebte wie ein Engel 
über diesem Himmel, und lächelte selig herab. — 
Ihre Laufbahn war vollendet — jeden Dorn hatte 
sie selbst in eine Blume verwandelt — mit diesen 
Blumen geschmückt ging sie bald in ein« bessere 
Welt, nachdem sie zuvor das Kind, das sie schon 
so reich mit Tugenden ausgestattet, auch zur Erbin 
chres Vermögens ernannt hatte, 
Kohebue, 
N i ch t - p o l i- t i s ch e Z e i. t u n 
Au« Berlin. 
«Keslnf-r*affin«»«' 7°" bem verdienstvollen Hauytmann vo» 
Soldatenkind» 7n «-»7.!°^/ -"^!!./'? < * rmc 
b»j im bestimmen nS 300 Rthlr. gemacht, imb da- 
Jnstitf, führen soll. ' <mt d-n «amen Frirdrichs- 
3fit mit eS XÄÄ wÄ?*JsESi 
E dm 'vorzüglichsten 
Prachnverken des In- und Auslandes wetteifern dürste Die Zeich 
nungen der Stattn , Manzen. Krauter -c. dam werdm von 
dem bekannten talentvollen Blumenmahler Volker aemacht und 
die besten hiesigen Kupftrstech-r, wie Berger. B°lr° 
ger, Haas, Jiigrl, Meyer te., sind damit beschäftigt, sie in 
Kupier zu stechen. 
In dem Bemerkungen über die Verschiedenheit der 
«sarbenmuster in den neuesten englischenKattnn-oder 
Indienne-Druckereien, nebst einer Beschreibung de« 
Methode, solche «achzuahmen, macht der Herr Geheime- 
Rath Hermbstädt (m. s. Berlin, oder den Pr. Hausfreund, 
<sto. 6, v. I.) den Vorschlag, Gräser^ Moos« und dergleichen tu 
Alustern zu wählen. 
Der Herr CanonituS de l» Tour, bei dem Stifte zum hei 
ligen Kreutze in Hildesheim, hak schon vor mehreren Jahren, 
bloß zu seinem Vergnügen, mehrere glückliche Versuche gemacht, 
in die Kattunmuster größere Maitnigsaltigkeit zu bringen. Zu 
dlesem Ende har er die Ersindung gemacht, aus ein>elnen St»
	        
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