Ein Mcnnoni't fragte den andern: was ist Con-
curs? „Ein Gastmahl," erwiederte der Befragte,
„vom Vermögen des Schuldners ausgerichtet. Die
Herren vom Gerichte sitzen am Tisch mit großen
Löffeln, und essen so viel sie wollen und können.
Die Gläubiger aber stehen lauernd mit kleinen Löf
feln in der Ferne, und erhalten hernach, was die
Herren vom Gastmahl übrig gelassen haben."
Ein Landmann saß zwischen zwei jungen Leuten,
die ihn aufzogen. „Meine Herren," sagte er, „Sie
scheinen mich zum besten haben zu wollen; ich muß
Zhnen daher eine Zdee von meinem Charakter bei
bringen. Zch bin nicht ganz ein Pinsel, und auch
eben kein Geck, aber so zwischen beiden."
Ein Großer ward auf seinem Todbette von sei
nen beiden Sachwaltern besucht. „Kommen Sie,
meine Herren!" sagte der Sterbende, „und stellen
Sie sich auf die rechte und linke Seite meines Bet
tes, damit ich, wie mein Heiland, zwischen zwei
Schächern sterbe-"
Wanderung über das Riesengebürge.
An den Portrait-Mahler Schöner zu Uverdon.
(ForN'Wung.)
Als ich mich ruhig geschaut hatte, lagerte ich mich,
nach der schönsten Gegend hin, auf Veilchenflein.
Als die Sonne weniger blendete, sah ich am Hori
zont ein blaueres Gewölk, das immer festeren Um
riß bekam; da nannte wir Finger den Zopten-,
berg. O wie begrüßte ich ihn mit lautem Herz
klopfen! Mit welcher Sehnsucht durchschwärmte ich
den Raum zwischen dem ZoptFn berge.und der
hohen Eule, und hing. mein Auge träumend an ein
lichtes Wölkchen, das, roscngefäumt, gerade über
der geliebten Gegend schwebte. — Die Sonne sank
früh hinter einen Purpur-Schleier; cs verdichteten
sich die Düfte der Ebenen und Fernen, und ich sah
den Zoptcnberg zum letztenmale, nachdem auch
bas Wölkchen sich in den Abend des östlichen Hori
zonts getaucht hatte. Viele Minuten lang sank die
Sonne sichtbar hinter dem Nebel-Meer, bald glü
hend, bald stammend. Das Abcndroth floh aus den
Thälern, von einer Höhe zur andern. O es war
mir wunderbar wohl und weh, als das stille Dun
kel sich über die ganze Gegend gelagert hatte, allen
fernen Geliebten die schöne Abendröcht schon erloschen
war, und ich allein noch, in einsamer Feier, dem
letzten glühenden Sonnen-Blicke nachsah! Ich fühlte-
mich überglücklich in meinem Gemüth,, und so war
dieser letzte Blick, mir, Seegeus-Verheißung von und
für jeden Geliebten. Scegnet nicht in der Natur
alles das glückliche Gemüth! — Das Leblose, wie
das Lebendige, der Vogel mit dem Gesang, der
Baum mit dem Gesausel, der Fels mit der schatti
gen Kühle,, das Wasser mit der Hellen, plätschernden
Woge, der Hinimel mit Wolken und Sternen; al
les giebt, deutet und weckt dem fröhlich-reinen Ge
müth den himmlischen Gruß der Liebe! — Zn
nächtlicher Dämmerung erst ging ich nach der Ham-
pelS-Baude zum Nachtlager hinab.
Dienstag, de» saften.
Die erste Morgenröthe fand mich unter
dem größten Felsen, auf der Höhe hinter Hampels-
Baude. Die Erde erwachte heiter wie eine Ge
liebte. — Die Koppe erglühte dem Morgen zuerst,
später zerstreueten sich den wannen Strahlen die
Nebel im Schmiedeberger Thal! Der Morgen
wehte, lau und linde, einige Wölkchen, wie Träume,
vor sich her, und spielte mit den weißlichen Nebeln,
die malerisch um die gcrötheten Gipfel der Felsen
schwammen. Wie Liebes-Eilande sahen bald diese,
bald ;ene Gedürge, über die Nebel-Seeen hinaus,
die Sonne mit Verlangen grüßend.
Mit vier jungen Leipzigern bereitete ich mich
zu einer großen Tagereise über den ganzen Riesen-
kämm. — Wir gingen, oberhalb der beiden Tei
che, den Dreystein und Einstein vorbei, und
mußten uns fast immer durch das widerspenstige
Knieeholz durchdrängen, was, wegen der darun
ter verborgenen Felsstücke, höchst beschwerlich, ja
selbst gefährlich ist. Das Knieeholz kriecht mit sei
nem Gezweige immer auf der Erde hin, und wird
so dick, wie zwei tüchtige Manns-Arme zusammen
genommen; seine Nadeln gleichen denen des Lerchen-
daums, nur sind sie stärker und rauher. Es ver
strickt sich mit seinen Aesten so häufig, und ist dabei
so elastisch, daß man nur mit der größten Anstren
gung hindurchdringt. — Wir erkletterten noch den
Wirtrag stein und die kleine Sturmhaube,
ehe wir zur Krausenbaude und zur ersehnten
Mittagsruhe kamen. — Dieser Weg über den Rie
fenkamm ist höchst ermüdend, weil man beständig
von Felsen auf Felsen- Trümmern klettern und sprin
gen muß. Die Sonnenhitze war zwar drückend,
aber sie weckte uns auch den vollen Duft des Vei l-
chcnsteins, der hier die Felsen mit Purpur-Blü
the bedeckt, und in der Hitze den süßesten Veilchen-
Duft haucht. — Nachmittags bestiegen wir die
große Sturmhaube, und das große Rad,
und hatten auf diesem ganzen Wege auf dem Kam
me hin zur Rechten immer die heiteren Ebenen
NiedcrlchlesienS, zur Linken Böhmens große Ge-
burgs-Massen. O quam juvat ire jugis, quam
juvat juga superareL
Um vier Uhr kamen wir an die großen
Sch nee gruben, die alles übertteffen, was ich
bis jetzt von grausig wilder Nacur gesehen. Zn ei
nem ungeheuern Halbzirkel bilden sechs schroff vor
tretende , über tausend Fuß hinabgehende, Felsen-
Wände , vielfach gezackt und verwittert, sieben
schreckliche Schlüssen, worin sich der Schnee zu
migeheuern Massen aufsammelt.. Zeder Ton der
Stimme, oder eines herabrollenden Felsstücks, tönt
hier vielleicht wieder stärker und schwächer, je nach
dem ihn der Luftstrom an die Felsenwände treibt.
Die Beleuchtung war. unübertrefflich. Die Sonne