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1807.
Der Freimüthige
für a l l e S t ä n d e.
Etivas über Freudenmädchen in Bezug auf die
Aufsätze für und wider die Bordelle, ")
im Allgemeinen Anzeiger.
Weit entfernt, Freudenmädchen und Bordellen das
Wort reden zu wollen, erlauben wir uns blos dem Pu
blikum auch unsere Ansicht über diesen Gegenstand mitzu
theilen, nach welcher sie uns als «in nothwendiges
Uebel erscheinen, wodurch größerer Schaden vermieden
«erden kann.
Zuvörderst einige Anmerkungen über die Aufsähe in
No. 157 und ;c>z des A. A. *
- Durch Einführung öffentlicher Freudenhäuser würde
der Staat m so ferne gewinnen daß mehrere Männer,
welche in unsern Tagen nicht heyrarhen, und ihre sinnli
che Lüste in geheimen Schlupfwinkeln befriedigen, dem
S taate legitime **) Kinder erziehen würden. Diese Be
hauptung scheint paradox; wir müssen sie also weiter aus
einander sehen. Nach unserer Verfassung kann ein jun
ger Mann aus der gebildeten Klaffe nicht Heyrathen,»
wann er es wünscht, sondern er muß Amt und Brot
abwarten. Wie lange er da warten muß, ist jedem be
kannt, und es scheint in gewisser Hinsicht grausam, von
einem jungen blühenden Manne, dessen Blut rasch durch
die Adern rollte und welcher selbst durch die Vülle seiner.
Mannskrast nicht selten kränkliche Zufälle bekommt, 3»
verlangen, daß er den mächtigsten aller Triebe nicht be
friedigen soll, weil rr — noch kein Amt oder kein hin
längliches Vermögen oder Einkommen hat, um «ine Fa
milie ernähren zu können. Wa« thut nun rin sol
cher junger Mann? In den wenigsten Städten giebt rS
öffentliche Freudenmädchen, -und da wo eS deren giebt,
sind ihre AufenthaltSörter nicht privilegirt — sie wer
den wenigstens scheinbar verfolgt, und folglich geht
ein Mann, welchem seine Gesundheit lieb ist, ohne einen
Rausch zu haben, nicht in ein solches Haus; aber er
•) Dieser WKxwiUmg pabcn wir. in trauricher Rücksicht
aus unsere dcrmablen »och herrschende Welksiille und aus unsere
vokli gültigen de» tschen Staatsverfassungen, unsern Beifall nicht
«an; versagen diirffen.
*•) Die Verfasser sind wohk nicht Juristen.
sucht das, was er hier ohne Mühe zwar, aber mit Ge-
fahr seiner Gesundheit, finden würde, anderwärts, und
findet auch durch Gelb, Geschenke, oder Verführung,
Mädchen und Weiber, welche seine Wünsche befriedigen.
Gewinnt nun die Moralität hierbey?
Gäbe es Häuser, worin feit Befriedigung de« Grschlecht«,
triebeS ohne Gefahr der Gesundheit geschehen
könnte, so würden nicht so viele Mädchen verführt, nicht
der Friede mancher glücklichen Ehe gestört werden: denn
waS mit angestrengter Bemühung, mit tausend Ränken
und Raffinerien endlich mühsam oder vielleicht gar nicht
erlangt wird, daS wäre hier ohne alle Kunstgriffe auf
dem geradesten Wege zu erhalten. Nun ist es aber in
der Erfahrung gegründet, daß alles mühsam Errungene
für den Menschen einen höher» Reiz hat, und besonders
ist dies der Fall hier, wo der junge Mann immer mehr
Zeit und Geld anwendet, um seinen Zweck zu erreichen.
Es kann daher nicht fehlen daß so lange, als jener Trieb
nicht auf eine leichte der Gesundheit unschädliche Weise
befriedigt werde» kann , die Verführung und Unstttlichkeit
selbst die Unthätigkeit in allen Ständen immer mehr über
hand nehmen muß. Und war ist die Folge davon? Daß
unter 30 Mädchen wenigstens achtzehn in jwrydeutigem
Rufe stehen; und daß dann rin wirklich heyrathSlustiger
abgehalten wird einem Mädgen die Hand zu bieten, weil
er üble Folgen in der Ehe befürchtet; daher und au<
diesem Grunde bleibt Mancher unverheyrakhet, welcher
Familienvater werden sollte.
Auch Mädgen und Weiber würden mit ihren Gunst,
bezrugungcn nicht so verschwenderisch seyn, wenn rS üffent,
liche Häuser zur Befriedigung des GeschlechkStricbeS gäbe,
denn sie würden es unter ihrer Würde fühlen, mit
jenen Mädgen sich in den Augen ihrer Liebha«
ber in eine gewisse Parallele gesetzt zu fin
den. Und dann könnten auch, um Verführungen der
Mannspersonen entgegen zu arbeiten, sie beynahe unmög
lich zu machen, kräftige Mittel vom Staate gewählt wer
den : wovon wir hernach reden wollen.
Jetzt wollen wir noch einem Einwände begegne«
welcher uns gemacht werden könnte. Man mögt« viel,