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D e r Freimüthige
für alle Stände.
Reise durch Anhalt Dessau,
Freund, hier, schon bei flüchtiger Aufmerksamkeit,
wirst Du Dich überzeugen, daß auch ein kleines Land
durch seinen Fürsten glücklich seyn könne.
Die Meinung mehrerer großer Staatslehrcr: Daß
die Regierungen machtloser, daher abhängiger Fürsten
mangelhaft und kleinlich oder despotisch sey, hat allerdings
vieles für sich. Die Erziehung und Ausbildung eines
Prinzen zum Fürsten ist gewiß das wichtigste Unterneh
men für den Mann, welcher die Menschen - Natur kennt,
Gefühl hat für das Wohl des Landes, und die Gefahr,
selbst das oft nicht zu hindernde Elend voraussieht, worin
der träge, der thierisch, oder gar leidenschaftlichlebende
Regent sein Volk stürht. Und obgleich manchem Erb
prinzen , noch in den Zähren des Mannes, sein Oberhof-
meister zur Seite ging: sein fürstliches, oft von Hof-
sehrancen und Schmeichlern vergiftetes Blut blieb den
noch bis ins Greisenalter nur warm für sinnliche Vergnü
gungen; Pferde regieren, Zagden verordnen, Auflagen
an die thätigen Gewerbtreibenden Volkekasten befehlen
und den Vorzug seiner Geburt durch Grausamkeit gegen
Hunde, Pferde, Hirsche und Diener, durch Verschwen
dung der blutigen Opfer seiner zum Theil am Hunger-
tucde nagenden Unterthanen, durch glänzende, undurch-
dringbare Umgebungen, durch Fühllistgkeit und Verach
tung, durch Ungerechtigkeit und Raub gegen Menschen
von niederm Stande geltend, bemerkbar machen: nur
diese Früchte sahen wir von der Erziehung und Ausbil
dung so manchen Fürstensohns. Es ist denkbar, daß nicht
jeder Bildner und Hofmeister Saamen zu diesen Unglück,
Verderben undZammer durchs Land verbreitenden Früch
ten in das Herz des Prinzen legte. Allem nur selten
wurde der geschckteste, der beste Mensch zum Bildner
des Fürstensohns gewählt; und Menschenkenntniß lehret
und die Geschichte bestätiget die Wahrheit, daß der Kopf
und das Herz des unwürdigen, so wie des würdigsten
Fürsten, nach dem Gehirn und den Pulzschlägen der ihn
umgebenden Menschen sich bildere. Zst nun ein unwür
diger Fürst sechrr Regent, oder führt er das Saarsruder
seines kleinen Landes durch die Hände seiner Schranzen,
oder unwissender habsüchtiger Menschen — und, gewiß >.
nur selten wird der Fürst, selbst der Edelste eines klei
nen Landes, Männer gut von Kopf und Herzen an fein
Staalsrudcr finden — so waren und sind, nach den
sonst und jetzt noch geltenden Grundsätzen und Verfassun
gen teutscher Länder, die Znwohncr dieses Staats un
glücklicher als die Bewohner eines Reichs. In großen
Ländern fand man doch noch immer etliche weise und bie
dere Männer am Ruder des Staats, und die hier, ob
gleich selten hörbare, doch immer zu fürchtende Stimme
des Gelehrten gellt stets vor den Obren politischer Vice-
despoten und Staatsfiguranten. Hier kann zwar dem
Gemißhandelten nicht einfallen, im Auslande, bei einer
höhern Macht, Hilfe oder Ehrenrettung zu erhohlen,
was. wohl der beleidigte Staalsdiener, der Mann von
Würde und jeder Unterthan des kleinern Fürsten wagen
darf, allein selten nur wird der Letztere erlangen, was er
erwartet, selbst dann seinen Zustand nicht verbessert sehen.
Und da jedes Amt in einem weiten und volkreichen Staate
einen bedeurendern Werth hat, der Rarh eines mit Ma
jestätsrechten begabten Fürsten in ganz Europa gilt, und
sein Minister fürstliche Würde trägt: um so behutsamer
muß dieser Staaarsdiener sein Brot und seine äußere
Ehre vestzuhaltrn suchen.
Der Herzog von Anhalt Dessau ist ein-teutscher,
gerader, biederer Mann, ohne alle Anmaßung, ohne
allen Prunk. Er ist vielleicht der rechtschaffenste, bcst-
gesinnte und thätigste Mann in seinem Lande. Alle seine
Unterthanen froh und sein Land zu einem Tempe zu ma
chen: das sind seit dreißig Zähren seine Wünsche, seine
fürstliche Passionen. Selbst da, wo man nur den Für
sten erblickt, muß der Men'ch von Gefühl ihm danken.
Erreichet Dein Auge den Dessauer Boden: Du
springst dann aus vaterländschen Morästen, aus Dörfern
voll qrönländschcr Hütten, von hungrigen, schmutzigen,
grämlichen Sklaven bewohnt. Dein freudiges Ah!!
entlastet die Brust, gepreßt vom Ach! deiner Vaterlands
brüder. — Hie^ si hest Du Dich übe all in einem Gar
ten , Dein Auge verliert sich Stundenweit und ruhet auf