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Volume Nro. 24, Montag den 3. Februar 1806

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue4.1806 (Public Domain)

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gm Kaoonenkugel, auf Armen, Händen und Rücken, 
wohin sie solche mit vieler Geschicklichkeit zu werfen 
wissen. 
Auch selbst den unbehülflichen Thieren scheint 
der Indier seine Agilität mitzutheilen. So sahe ich 
einst folgende« Stück »on einem Stier. Der Gauk 
ler hatte 4 Stücke Holz in Ferm eine« großen Be 
cher« bei sich; er legte sich rücklings auf die Erde, 
sehte eins von jenen Holzstückea auf seinen Leib, und 
kvmmandirte sein Thier. Der Stier setzte darauf 
den einen Dvrderfuß auf da« eine becherförmige 
Stück Holz, dann den andern; nun den einen, end 
lich auch den zweiten Hinterfuß, und so balancirte 
er auf diesen becherartigen Maschinen zum Erstaunen 
der Zuschauer. Aber noch nicht genug, denn nun 
hielt der Gaukler auch den zweiten Becher über den 
ersten. Leis« setzte der Stier den einen Fuß darauf, 
und der Führer schob diesen zweiten Becher auf den 
erledigten Platz des ersten, und so stieg das Thier 
nach und uach mit allen 4 Füßen auf den zweiten 
Becher, so auf den dritten und auf den vierten, und 
balancirte mit einer Leichtigkeit zum Bewundern, 
während der Gaukler ohne scheinbare Mühe oder 
Schmerz, den balancirenden Stier auf seinem Bau 
che trug. — Auch lehrt man diese« Kunststück jenen 
Ziegenböcken, auf welchen die Affen umher geführt 
werden. — Wen soll man mehr bewundern» die 
Menschen oder da« Thier? 
Die Schlangenfänger ziehen mit ihrer Deute 
umher, und lassen dieselbe für Geld sehen. Dieft 
Schlangen, z. B. die Kobra Copella, — Drillen- 
Schlange, — Eebra Mannillha und andere, werden 
in runden flachen Körben, in welchen sie zusammen 
gewickelt liegen, aufbewahrt, von welchen der Schlan 
genfänger g und mehrere bei sich führt. Sobald der 
Deckel von einem dieser Körbe aufgehoben wird, 
fährt di« Schlange in dir Höhe; der Schlangenfüh 
rer fängt hirranf an auf einem dem Dudelsack ähnli 
chen Instrumente zu spielen. Alsbald wird die Schlange 
besänftiget, und neigt dem Kopf zu dem Takte der 
Musik, bi« sie am Ende einzuschlummern scheint- 
Um die Schlange wieder zu ermuntern, läßt der 
Gaukler die Musik schweigen, und schüttelt am 
Arm einen mit rothem Tuch umzogenen Ring, worauf 
die Schlange in Zorn geräth, und mit Heftigkeit zi 
schend nach diesem Ringe schießt; da ihr aber die 
Zahne und mit solchen da« Gift benommen sind, so 
kann sie keinen Schaden thun. 
Diese zur Schau aufbewahrten Schlangen wer 
den mit rin wenig Eydotter gefüttert, wodurch ihr 
Leben nur kärglich hingehalten wird. Sobald sie 
sterben oder zu matt werden, erseht der Gaukler ih 
ren Verlust, indem er andere einsängt. Die Art, 
wie solche gefangen werden, ist äußerst einfach. — 
Auch die Fakire — Mahomedanischr Mönche — 
ziehen mit großen schwarzen und kleinen braunen 
Scorpionen umher, verkaufen solche, oder lassen sie 
für Geld sehen, bieten auch Schlangensteine *) und 
andere Mittel wider den Biß und Stich giftiger 
Thiere feil. 
Affen, Bären, Tieger, Panther, Leoparden, 
Hyänen, Kaimann« oder Alligator« — eine Art 
Crocodille, — und andere wilde Thiere werden 
von den Indiern zur Schau umher geführt. Der 
kleine gemeine Affe spielt hiebei eine Hauptrol 
le; man sieht ihn täglich auf den Gaffen umher füh 
ren, und entweder auf einem Hunde oder Ziegen 
bocke reiten, wobei er seine Sprünge, Tänze und 
andere Kunststücke zeigen muß. 
Zwerge und Mißgeburten ziehen häufig umher, 
und setzen das schaulustige Publikum in Contribu- 
tion. So sah man einst zu Madras eine Mißge 
burt von Zwillingen, nehmlich einen Knaben von 11 
bis 12 Jahren, au« dessen Uneerlclde der untere 
Theil eines andern Knaben herabhing; man konnte 
die Beine, Lenden und einen Theil de« Leibes da 
von sehen. auch waren die Geschlechtstheile und so 
weiter, völlig ausgewachsen, und der Knabe konnte 
nach Gefallen unter ihnen zu den natürlicheu Dien 
sten wählen. 
’) Der gct'IiiH.KHftcln wird an« gebrannten Knochen ge 
macht; er ist porös, und sobald er auf die Wunde gelegt wird, 
die durch den Biß oder Stich verursacht ist, saugt er sich fest, 
und zieht da« Gist an sich, welches er wieder von sich gtcdk, 
sobald man ihn hernach in Wasser »der Milch »egt. 
Nicht-politische 
Au« Berlin, am Zisten Januar. 
»Irtiiütflje Stier de« Geburtstage« Friedrich« de« eimb 
gm, in der Königliche» Akademie der Wissenschaften, fiel in je: 
>et Rücksicht sehr glaniend au«. Die Bersammluug der Zuhö 
rer, nute« weschen sch „,Ie gürtet de« Königlichen Hause« 
befanden, war so zahlreich, tag der gr«ße Saal der Akademie 
fie mcht fassen konnte. Der ehrwürdige und berühmte Greis, 
Herr Direktor Mer,au, eröffnn! »j« Sitzung mit einer »weck- 
Zeitung. Nro. 24* 
mäßigen Französische« Kt Je, welcher die Aineige »ekgesügt wur 
de, baff die Akademie von Cr. Lreelienz dem Hrn. Ministe» 
Grasen vo» Rheden, eine von Porcelia»»Biseuit verfertigte 
ipüste 8ri.brich« ll. zun, Geschenk erhalten. Eie war auf dem 
Tische »er Akademie »u,gestellt, und wurde wegen ihrer außcr- 
»rdrnllichen Aehnlichkeir und Schönheit allgemein bewundert. 
Der Hr. Geheime oder -zinanzraih von Borgstede la« 
hierauf eine Abhandlung vor, die «inen „Umriß de» jetzigen 
Zustande« »er Preußische» Monarchie," enthielt, und deren ans
	        
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