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Volume Nro. 203, Freitag den 10. October 1806

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue4.1806 (Public Domain)

— Ein Franzos. Dragoner, der sich in den Champs-Elysees 
ins Gras gesetzt ba'.re, pflückte einen Halm, und kauere ihn. Un- 
niitlelbar nachher fühlre ec eine Entzündung im Munde, die sich 
bald bis auf den HalS auSbreirere, und ihn, trotz allen ange 
wandten Mitteln, in zwei Tagen rödtete. Der Wundarzt Magnien 
machte bei dieser Gelegenheit bekannt , daß ein Offlcier vor einigen 
Jahren von einem gl ichfalls in der Nähe der Champs - Elysees 
gepflückten Blatte eine ähnliche Entzündung bekommen, daß er ihn 
aber bloß durch verdünnten, flüssigen Salmiak geheilt habe. Don 
welchen P/anzen dieser Halm und dieses Blatt gewesen, weiß man 
noch nicht. 
— Aus Bamberg meldet das Journal de Paris: Das Preußi 
sche Chor, das Sachsen überfallen (envahi) habe, sei nur 3oHooM. 
stark. Daö ist eine doppelte Unwahrheit. Die Preußen wurden in 
Sachsen mir Sehnsucht erwartet, mit solchem Enthusiasmus em 
pfangen , daß selbst Studenten von Len Sächsischen Universitäten 
sich zndrängen sollen, als Freiwillige zu dienen. — WaS die Stärke 
der Armee betrifft: die Sachsen allein, die zu den Preußen gestoßen 
sind, bestehn aus 30,000 entschlossenen, kühnen Patrioten. 
— Aus Neapel meldet man, daß auf dem Vorgebürge Japigio 
ein prächtiger, aller Tempel entdeckt worden. Unter diesem Dor- 
gebürge ist^ine große Grone , in die das Meer dringe. Oer Bi 
schof von Castro fuhr bis an das Ende derselben auf einer Barke, 
und fand dorr den Tempel , der von schönen Marmorsäulen ge 
tragen wird , und aus der besten Zeit der Griechische» Baukunst 
herzusiammest scheint. 
— Die Königin von Hetrurien hat verboten, die nachgelassenen 
Werke Alsicri's in Hetrurien zu drucken oder zu verkaufen. Alfieri 
war ein ernster, bittrer Feind der Lirannei. 
— Wie im Freim. vorder gesagt worden, suchen jetzt die Fran 
zösischen Blätter den Glauben zu verbreiten, Frankreich wolle Sach, 
sen gegen Preußen beschützen, wie im vorigen Jahre Baiern gegen 
Oestereich: aber diese Werdrehung ist lächerlich. — Auch weiß Eu>, 
ropa zu gut, wie sich Baiern bei dem aufgedrungenen Schutze 
befindet, als Laß man in Sachsen, odcr irgendwo sonst, einen sol 
chen wünschen könnte. 
— Der Publicisie vom asi. Sept. erzählt: der König von Preu 
ßen habe in Berlin alle Sachen von Werth wegnehmen (enlever) 
lassen , selbst das Silberzeug aus den Kirchen. Diese Albernheit 
kann in Berlin selbst nacherzählt werden , ohne mehr als ein ver 
achtendes Lachen zu erregen. 
— Der Argus behauptet, durch den Rheinische» Bund wären 
die Deutschen Fürsten aus der Dasallenschafr (gegen Oestreich) ge 
zogen und unabhängig gemacht worden. DaS Verhältniß der gro 
ßen Reichsfürsten zu den Kaisern, die sie erwählten, hatte nicht ein 
mal melsr den Namen der Dasallenschafr; aber ihre neue Unabhän 
gigkeit wird durch den bleibenden Aufenthalt der Franz. Truppen in 
ihren Ländern, durch einen Brief, worin der König v. Baiern nicht 
um irakiatenmäßige Hülse ersucht, sondern nur ihm höflichst an 
gedeutet wird, seine Truppen marschiren zu lassen, durch den 
Umstand ( Publicisie vom 2g. Sept. ), daß kein fremder Gesandter 
bei der Versammlung deS Rheinischen Bundes angenommen, daß 
der Rheinische Bund keinen Gesandten , sondern wie daS König 
reich Italien, nur einen Staatsiekrerair zu Paris halten, und die 
Couscription in allen Ländern desselben eingeführt werden soll , — 
in ein sehr belehrendes Licht gesetzt. 
— DerPublicist behauptet, daß disColonieen Sec$o(;än6 ev an» 
Spanier nur deshalb von den Engländern erobert worden, ^ej, sie 
keine Franzos. Besatzung gehabt hätten. Der Schluß ist leichx. um 
also die übrigen Eolonien zu sichern, muß man ihnen Franzögsg,, 
Besatzung geben. Eine rröstnche Aussicht für die — Alliieren 
Frankreichs. 
Neue Leipziger Büchermesse. 
An dem neuen, allgemeinen Vücherverz-ichniß der Michaelismeffe 
1306 zählt man dieseSmal 73 Seiten weniger, als in dem der Mich. 
Messe 1805; und eö sind, mit Inbegriff der Musikbüchcr und Musi 
kalien, so wie der Schriften in ausländischen Sprachen, nur rooZ 
Schriften erschienen. Hierunter besinden sich 77g Bücher in Deut 
scher und Lar. Sprache, LgRomane, 37 Lust- Schau- 11. Trauerspie 
le, 77 Musikbücher und Musikalien, und 86 Schriften in ausländi 
schen Sprachen. T heol 0 gi sche Schriften sind erschienen gZ. 
Eckermanns Erklärung aller dnukeln Stellen im N. D., und die 
Fortsetzung von SchröckhS Kirchengssthichte seit der Reformaeion 
dürsten hier leicht die vorzüglichsten seyn; — j urisi i sch - 25, me, 
dir Nische 5s, worunter sich Siesesmal nur eine über Galls Schä- 
dellehre besinder; philosophische 16, — pädagogische Schul, u. Sill, 
d-rschrifren Li. -Unter diesen verdienen die CampeschenKinder- und 
Jugendschriften — Ausgabe der letzten Hand, in Lg Duodezbänden, 
bemerkt zu werden. Geschichtsbücher 34. Schriften, die zur 
Geographie, Statistik, Länder- und Völkerkunde gehören ig. Rei 
sebeschreibungen ,4. Mathematische Schriften mit 
Inbegriff der Rechenbücher iZ. Schriften aus der Natur 
geschichte 37. Schriften aus der Griechischen und Römischen Lite 
ratur 2g, worunter sich VoZens Uebersetzung der Isias verbesserte 
Ausgabe b>sinder. Schriften über De »rsci, - Sv «»-d - ,-nv 
Literatur g. Oekonomischc Schriften cZ. Gedichte -z. Almanache, 
Taschen > Jahrbücher und malender 27. Zu den vorzüglichsten Schrif 
ten, welche IN dieser Messe erschienen sind, dürften vielleicht folgen 
de gezählt werden : Herders Schriften, 3ke Lieferung. Homer'S 
Ilias von Doß Verb. Ausg. Gölhe's Werke -r Theil. .Schillers 
Theater als Fortsetzung; Hubers hinterlassener Schriften, nebst sei 
ner Biographie; Humboldts Reise, die sämmtlich Cotta in Tübin 
gen verlegt har, der diesesinal mit Hin-ichs in Leipzig.die mehresien 
literarischen Artikel geliefert har. Ferner verdienen nochebemerkr 
zu werden: I. Paul Richters Levana oder Erziehungssehre, KanrS 
vermischte Schriften , fr Theil die Fortsetzung des Beckerschen 
Augusteum--, Fernows Römische Studien, -r Band. Auch wird 
für viele nicht uninteressant seyn : Blicke auf zukünftige Begeben 
heiten, aber keine Prophezeihung, geschrieben im April >8c», zum 
Theil erfüllt imJnnius i8»i-. Schade, daß diesesinal alle literarischen 
Artikel in dem Caralog fihlen, die be Göschen in Leipzig ecichienen 
find, der gewöhnlich jetzt mit Cotta die besten literarischen Produkte 
zur Messe bringt. Die Romanenerndte ist diese-mal karger als je 
mals ausgefallen. Wen» man Äoyebue's kleine Romane :c. zr u. 
c,r Band. Familienpapiere von Lafontaine, 2k Band, so wie dessen 
Gemäidesammiung zur Deredlung des Familienlebens, und gesam 
melte Erzählungen von Eberhard zr Band gelesen ha-, so hat man 
hier gewiß daS beste gelesen. Kotzebue'S neue Schauspiele, i3r Bd., 
uno Schillers Theater, zr Bd., verdienen unter den übrigen Schau 
spielen auch dieseömal die vorzüglichste Aufmerksamkeit. 
F.L-
	        
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