ißo6.
No. igo.
Montag,
E r
Freimüthige
oder
den 22. September.
und Scherz.
Literatur.
Teutschtanb und Preußen, oder das Interesse
Teutschlands am Preußischen Staate. Von
einem Nicht-Preußen. Berlin, bei Ungcr.
i8»6.
Charakter einer guten, politischen Flug
schrift ist, daß auch der Gegner sie muß lesen kön
nen , ohne einen andern Verdruß dabei zu fühlen,
als den, sich unwiderstehlich überzeugt zu sehn. Das
scheint mir der Erfolg zu seyn, den diese treffliche
kleine Schrift hoffen darf, die gewichtvolle Gründe,
mit würdevoller Beredsamkeit für eine gute Sache
aufstellt, — für die einzige Sache, die jetzt jeden
Deutschen Patrioten beschäftigen muß. — „Preußen
ist der einzige Stützpunkt für Norddeutschland; nur
durch daö innige Anschließen an Preußen, kann Nord-
deutschland sich retten." Von der Wahrheit dieses
Satzes ist ohnehin längst jeder Denkende überzeugt:
'aber der Verfasser dieser Schrift erörtert ihn mit
einer vielumfassenden, scharfen Umsicht, durch die
eine lange Reihe wichtiger Gegenstände schön be
leuchtet werden. Vor allem verdient die allgemein
ste Beherzigung, was er über den Werth des Pro
testantismus und der Nationalbildung sagt, und S.
110 über den Widerwillen kleinerer Deutscher Staa
ten, Theile größerer Reiche zu werden. Nur darin,
hoffe ich, irrte er sich, daß er die Verschiedenheit
zwischen den Nord- und Süd-Deutschen sehr groß
annahm. Das ist sie gewiß nicht , — vorzüglich
nicht in den gebildeten Klassen, die denn am En
de doch den Gang der übrigen bestimmen.
Ich hoffe bald an einem andern Orte den Inhalt
dieser anständig, aber kraftvoll geschriebenen, inter
essanten Schrift, ausführlicher anzeigen zu können.
R. L.
Fragmente aus einer noch ungedruckten Be
schreibung einiger Städte und Gegenden
Kurlands.
(Fortsetzung.)
^as Schloß Allschwangen hat außer seiner Form
und seinen unterirdischen Gewölben, von denen ich
mehr sprechen werde, nichts von Alterthümern auf
bewahrt , desto interessanter ist die Sage von den
ehemaligen Besitzern dieser Güter, weiche hier allge
mein unter den Bewohnern dieser Grafschaft fortlebt,
und sich auf Traditionen noch vor wenig Jahren le
bender Greise gründen, denen ich jedoch auf einige
historische handschriftliche Nachrichten gestützt, wi
dersprechen muß. - Die Sage erzählt nämlich, der
letzte Zweig der Familie Schwerin, Johann Anton,
der zu Ende des i7ten Jahrhunderts, und im An
fange des igten die sämmtlichen Allschwangenschen
Güter besessen, habe wegen eines mit einem seiner
Nachbaren erhobenen Prozesses, dessen Gegenstand
der Vorrang im Kirchenstuhl gewesen, eine Reise
nach Warschau gemacht, und habe dort die Tochter