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Volume No. 185, Montag den 15. September 1806

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue4.1806 (Public Domain)

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Nicht- politische 
Aus Berlin. 
^Iner Nachricht zufolge, welche die schätzbare Zeitschrift: der Preu 
ßische Hansfreund mittheilt, haben dir Städte Sprottau, Sagau, 
Grüneberg und andere, bei dem Ansmarsch ihrer Garnisonen 
freiwillig erklärt, die einst rückkehrcnden Krieger, die sich aus 
gezeichnet haben, zu belohnen, und die Wittwen und 
Waisen derjenigen, die aufdem Schlachtfelde blei 
ben, zu versorgen. ES sind zur Lifüllung dieses Versprechens 
Subscripiionen eröffnet worden, die schnell zu beträchtlichen Sum 
men anwuchsen. — Nicht blos als ein schöner Lichtstrahl des hoch 
lodernden Patriotismus ist dieser Zug wichtig. Er beweist , daß 
überhaupt daS Misverständniß aufhöre, in welchem die Krieger und 
die Bürger steh oft einander als fremd betrachteten. Die Bürger 
rufen durch dieses Benehme» ihren Beschützern zu: „Ihr gehöret zu 
uns; wir gehören zu Euch! Ihr vertheidigt unS ; wirerwerben 
für Euch. Eure Siege stnd unser Glück, lluser Erwerb sey di? Zu 
versicht Eures Alters. Und trifft u»S daS LooS, bei unsern friedli, 
chen Hütten einst selbst für'S Vaterland auftreten zu müssen , so 
werden wir zeigen, daß auch wir Mäuner sind, werth Eure Brü 
der zu sehn." 
Ueber die Kunstausstellung im Moskowiter-Saal 
zu Königsb. in Pr. 
Schreiben eines Reisenden. 
(Fortsetzung.) 
Von Hayn befanden sich hier einige sehr gute, copirte Zeichnun 
gen. Dieser junge Mann, auS dem ein vorzüglicher DecoraliouS- 
Mahler hätte werden können, har, wie mehrere gute Köpfe, durch 
eine zu frühe Niederlassung, feine Laufbahn beschränkt. Er mahlet 
sehr gut Zimmer und Verzierungen fürs Theater. 
Mit diesem Hahn beschließt im Verzeichnisse die Reihe der ein 
heimischen Künstler. JnÄönigSdergselbst ist aberdieAnzahl derer, die 
unter diese Rubrik rangirr werden könne» , weit größer. Hier lebt 
noch im Listen Jahre der ehemals rühmlich bekannte Maler Piguls- 
ky, dessen Tochter vereyl. mir dem Dankosekretaic Jerchel, den Un 
terricht ihres Vaters mit sehr glücklichem Erfolg genossen, und in 
Pastell viel geleistet; ferner die Ehegattin deS Professors Knorre, ei 
ne vortreffliche Vildnißmahlerin in Miniatur; die Mahler Wienz, 
Mäkelburg, Schulz und andere, so wie cs auch eine Menge geschick 
ter Lackirer hier giebt, wie die hier verfertigten Kutschen ui.d Blcch- 
gerärye beweise». Von letzter» waren auf der Kunstausstellung ei 
nige vorzügliche Stücke anzutreffen. 
Auf der siebenten Seite des Verzeichnisses kommen Sachen von 
jetzt lebenden auswärtigen Künstlern vor, welche Hr. Cvnflst. Mary 
Nicvlovius von Reisen mitgebracht, und auS Liberalität, nebst eini 
gen vortrefflichen Kupferstichen, zur Schau hergegeben. Der Eleve 
der Kunstschule Kirschbrrger, hat von diesen Sachen die Ansicht des 
Vesuvs No. 37. in Oel copirt, und der Versuch ist nicht mi-iungen. 
ES folgen Werke von verstorbenen Meistern. Zuerst drei große 
historische Gemälde von Bernhard Rode auS Berlin, in der ernsten 
kräftige» Manier des Künstlers gemahlet, und von ihm selbst, wie 
mehrere seiner vorzüglichsten Sachen , in Kupfer radict. Fast alle 
Rodensche Gemälde, wie Kenner bemerkt haben, scheinen eher äkhe- 
Zeitung. Nro. i85- 
rischen Ursprungs , alö aus materiellem Stoff entstanden zu seyn, 
und darin besteht das Charakteristische deS Künstlers. In dieser ab 
strahieren Manier har Rhode sowohl seine mythologischen als histo 
rischen Figuren dargestellet. Der leichte Auftrag der Farbe» ist mir 
seiner Idee übereinstimmig. Vom Verbleichen derselben , wie dir 
hiesige Morgenzeikung meynk, ist in keinem Betracht die Rede. Ro 
de war Chymiker. und verstand, wie Rubens und seine im Colorik 
sich auszeichnende Schule, seinen Farben Dauer zu geben. DaS Ei 
genthümliche in seinen Werken , springt aber nicht auf den ersten 
Blick in die Angen; es ist die Folge einer tiefern Ansicht. 
Außer diesen größer» Eeschichrsmahlereien sahe ich auch eine» 
Engel mir dem Kelch, in halber Figur von natürlicher Größe, ohne 
Zweifel von einem der ersten Italiänischen Meister; ein Fragment, 
welches aus einem, wahrscheinlich durch Zufall zu Grunde gerich 
teten größer,» Bilde, Christus am Oelberg, gerettet wurde. Das 
Ueberirdische in der körperlichen Erscheinniig, der über jede mensch 
liche Leidenschaft erhabene Charakter eines höher» Geistes, ist darin 
trefflich, und die Engels - Figur im Ganzen mit so boher Schön 
heit geschildert, daß der Beschauer ungewiß bleibt, ob er die Gestalt 
für weiblich oder männlich nehme» soll ; in so sanften Umrissen 
scheine» beide Geschlechter in eins verschmolzen, und ans diesem 
Stoff der Boche des Himmels geformt zu seyn. Unter demselben 
hing Christus und das Samariranische Weib von Gmdo Reni, ein 
wirkliches Seslengemälde, voll Ausdruck und Grazie, ein Pan von 
JvrdaenS , und eine interessante Indianische Landschaft von Post, 
nach der Natur geschildert. Diese vier unvergleichliche Original 
stücke waren von dem hiesigen Ober-Jnspector Wernich, aus seiner 
Sammlung, auf Erslichen zur Kunstausstellung hergegeben. Auch 
fand man einige Dicrichschc Nachbilder nach berühmten Gemälden 
der Dresdner Gallcrie in kleinerem Format, auS dem FidclcommiS 
deS Grafen v. Kayserling, in dessen Hause der Künstler sich vormals 
mehrere Jahre aufgehalten. 
(Der Schluß folgt.) 
Aufklärung. 
!^er Reise, welche der Französische Senateur, Herr Gregoire, im 
vorigen Jahr durch Deutschland machte, wurde damals öffentlich 
die Absicht beigelegt. Schulen und ErziehungS - Anstalten zu besu 
chen. Bei diesem Zwecke fand man es hier in Berlin sonderbar, 
daß der Hr Senareur sich »m die Schulen wenig bckümmerte, und 
in denjenigen, welche er noch besuchte, nur kurze Z it verweilte. — 
Die Anfrage deS Hrn. T. in No. igt. dieser Zeitung, hat eine andre 
Erklärung jener Reise herbeigeführt. Ein Mitglied der hiesigen Jü 
dischen Colonie, das den Herr» Senator persönlich kennen gelernt, 
und ihn oft gesprochen har, behauptet nemlich in einem mir jiige- 
sandten Aufsatz, daß derselbe die Lag e d er Jü d i sch en Ge 
meinden in Deurschland habe genau kenne» lernen. 
AIS Legitimation schickte mir der Verfasser jenes Aufsatzes ein Bil 
let von der eignen Hand deS Hrn. SenateurS, worin er es ablehn 
te, die Schule der Jüdischen Colonie zu besuchen. — Nun kann 
man also auch mir Sicherheit vermuthen, waS ihn zu dem Hrn. 
Hof-Agenten Jakobson zu Vraunschweig führte, — dem Ver fas- 
sir der bekannten Bittschrift. 
D. Red.
	        
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