Path:
Volume Nro. 171, Dienstag den 26. August 1806

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue4.1806 (Public Domain)

i66 
fühlen wir uns — ich möchte sagen — fremd: es 
ist eine Welt in der wir nicht leben, die über uns 
ist. Zn den Niederländischen Gemälden herrscht 
hingegen etwas, das sich uns mehr nähert, wir 
sind gleich mit ihnen vertrauter. Das Gefühl der 
Erhabenheit fällt freilich bei den meisten ganz weg, 
aber demungeachtet haben sie etwas, was uns an ih 
nen gefällt: der ungemeine Fleiß, die Neuigkeit, 
die Sauberkeit mit der sie ausgeführt find, erregen 
ein so angenehmes Gefühl, daß man gern länger 
bet ihrer Betrachtung verweilt- Freilich ist die 
Wahl der Gegenstände nicht immer >o, dag sic den 
Vorschriften der Dezenz ganz gemäß wäre, allein 
selbst bet dieser Wahl ist doch immer so etwas Nai, 
vcs, Komisches, daß man auf einige Augenblicke 
wohl das Unschickliche übersieht. — Diese vorhin 
erwähnte Nettigkeit, der aufgewandte Fleiß erstreckt 
sich nicht astein auf sogenannte GcseUschaftestücke, 
aus die das zuletzt Gesagte vorzüglich paßt, sondern 
auch auf Fruchtstücke und sogenannte Srilleben, 
die z. B- von einem Johann Bapliste Wec- 
ninx mit Meisterhand ausgeführt sind. Hier ist 
die Natur auf das täuschendste nachgeahmt, alle 
die Sorgfalt die man an ihren Geschöpfen bemerkt, 
ist treulich wiedergegeben, und die Gegenstände 
sind mit einer solchen Klugheit gewählt und ver 
bunden, daß das Ganze die lieblichste Zujanimen- 
stcllung bildet. 
So wie es bei Schriften zuweilen sehr ange 
nehm ist, etwas Näheres von ihren Urhebern zu 
wissen, so würde cs vielleicht anch inchr unange 
nehm seyn, etwas Näheres von den Urhebern unje- 
rer Niederländischen Darstellungen zu erfahren. 
Hr. Prof. Fiorillo in seiner vortrefflichen Ge- 
.schichte der Malerei ist noch nicht bis zur Nie 
derländischen Schule vorgerückt, und ob ich mich 
gleich in aller Rücksicht tief unter ihm fühle, jo 
glaube ich doch einige kleine Notizen über die Le 
bensläuse jener Künstler geben zu können, die noch 
nicht allgemein bekannt sind. Ich fange zü dem 
Ende mit einem Maler an, dessen Gemälde und 
Ruf überall gleich verbreitet siud, nehjnlich mit 
David Teniers. 
David Teniers (der jüngere). 
Er ist wohl zu unterscheiden von seinem Vater, 
David Teniers. Der jüngere ward i6ro zu Ant- 
• werpen geboren. Sein Vater unterrichtete ihn 
selbst und nach diesem Adrian Brouwer. — 
Er wurde von den vorzüglichsten Personen sei- 
nrS Zeitalters geliebt und geschaht. Der Erzherzog 
Leopold von Oestreich machte ihn zum Kammerjnn- 
ker, schenkte ihm eine goldene Kette mit seinem Bild 
nisse, und ernannte ihn zum Aufseher seiner Ge- 
mäldeqallerie. Hier copirte Teniers anfangs, malte 
dann aber nach eigenen Ideen, aber in der Drä 
nier der Maler, deren Gemälde dort befindlich wa 
ren. Diese Art von Gemälden, Franz, pastiones, 
ital. pasticci, waren so täuschend, daß man sie 
gar nicht von den Originalen unterscheiden konnte. 
Der König von Spanien Philipp iV. ließ 
eine eigene Gallerie für Teniers Gemälde bauen. 
Christine von Schweden schenkte dem Künstler ihr 
Bildnis, und der berühmte von Juan d’Austria, 
der Besiegerder Türken bei Lepanto, ward sein Schü 
ler und beständiger Freund. Nur Ludwig XIV. 
konnte seine Arbeiten nicht leiden. — Er that 
auch eine Reise nach England im Namen des Gra 
fen Fonscldomi, * *•) ) um dort Gemälde berühmter 
Italiänischer Meister zu sammeln. Er kehrte mit 
einer großen Menge derselben zurück, und empfing 
dafür vom Grafen eine ansehnliche Belohnung. 
Rubens selbst schätzte seine Gemälde hoch und gab 
ihm zuweilen guten Rarh, zumal da er der Lehrer 
seines Vaters gewesen war. 
Zuletzt zog sich Teniers in das Dorf Perch 
zurück zwilchen Antwerpen und Mechcln. Hier 
stuüirte er die Vergnügungen der Landleute, ihre 
Kirmjen u. j. w. und beobachtete sie in allen ihren 
Lustbarkeiten und im Laufe ihres häuslichen Lebens. 
Aber auch in seiner Ab -ezogenheit besuchten ihn 
seine fürstlichen Freunde, Don Juan und andere, 
und verlebten lange Zeit in seiner Nahe. Er 
starb zu Brüssel am sgsten April,1690; go Jahr 
alt. Er hatte sich zweinial verheirathet, und einen 
Sohn gezeugt, der in das Franziskancrkloster zu 
Mcchelu ging. 
Er hatte einen Bruder Abraham, der sehr 
gelchickt war. Seine vorzüglichsten Schüler waren 
Erl eb out, Abs Hoven, Helm on k und van 
Hont. 
Er malte vorzüglich kleine Landschaften mit 
Figuren, auch Trink- und Tischgesellschaften, Werk 
stesten von Chymisten, (ein bejonders von Nieder, 
ländern behandelter Gegenstand), Kirmsen und der 
gleichen Dorf-Lustbarkeiten. Von vorzüglichem 
Ausdruck sind seine Figuren, die außerordentlich 
geistreich ausgeführt sind. — Des Abends machte 
er kleine sehr ausführliche Stücke, die man seine 
apvds souper nennt. Sie sind gemeinhin sehr hell 
gehalten. 
In der Berliner Gallerie befinden sich von sei 
ner Hand Z Stücke: die Versuchung des heiligen 
Antonius, worin eine Menge der groteckcsten Teu 
felsgestalten angebracht sind; Teniers selbst mit sei 
ner Familie, die zujammen ein Concert macht, — 
und eine ländliche Gegend, wo vor einer Dorsschenke 
Landlente sitzen und trinken. 
R u b e n s. 
Petee Paul Rubens wurde am sgsten 
Zunius 1577 zu Kölln geboren. Sein Vater Io, 
Hann Rubens war von gutem Stande und Raths 
herr in der Stadt Antwerpen, sah sich aber wegen 
der innerlichen Unruhen genöthigt, Antwerpen zu 
verlassen und nach Kölln zu gehen. Hier erblickte 
nun Rubens das Licht der Welt. 
Rubens zeigte von Jugend an einen sehr leb 
haften Geist und eine große Begierde alles was 
ihm vorkam abzuzeichnen, so daß seine Mutter, 
nachdem sein Vater gestorben und die ganze Fami 
lie, des Krieges wegen, wieder nach Antwerpen 
zurückgegangen war, ihn zu Adam Oort '*) 
brachte, um dort die Anfangsgründc der Kunst zu 
lernen. Hierauf kam er zu Oetavio van Veen 
*) Nichr FiiknMSkgn-, wie 7 estamps uns D'Lrgenville schreien. 
*•) Nach andern jn Tobias Verhänge.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.