Nro. 147.
1806.
D e r
Donnerstag,
Ernst
i g e
den 24. Julius.
ch e r z.
Literatur.
Ignaz von Jalonsky oder die Liebenden in der
Tiefe der Weichsel. Eine wahre Geschichte
u. s. w. erzählt von Julius von Voß.
2 Theile. Berlin und Leipzig, bei Schmidt
und Mittler, 1306.
!^icser Roman — der Hr. Verfasser wird mir
schon verzeihen müssen, daß ich, trotz des Aus
drucks „wahre Geschichte" auf dem Titel, sein
Buch so nenne, — har einige Aehnlichkcit mit Ho
mers Werken: wie sie, umfaßt es, so zu sagen,
die ganze Welt und fast alle Arten des Seyns und
Wirkens. Der Held desselben ist ein Pole, nimmt
Antheil an der Polnischen Revolution, durchirrt
mit einer Menge von Abentheuern, zu wiederholten
Malen Deutschland, thut Kriegsdienste in Italien
mit der Französischen Armee, kommt ins Gefängniß,
geht dann nach Paris, wird nach St. Domingo ge
schickt, wo er den Anfang der Negerrevolution sieht,
und kehrt aus Wcstindien bereichert nach Europa,
endlich nach Warschau zurück. Er ist ein liebcnö,
würdiger Minneritter, ein einsichtsvoller, muthiger
Krieger, — aber sein höchste« Verdienst ist doch,
daß er die fast durchgehend sehr geistvollen Ansichten
und Betrachtungen des Verfassers, — pfychologt,
sche, militärische, politische, artistische u. s. w. —
vorträgt, ja, er scheint sich in manche Begeben,
heiten nur deshalb zu stürzen, um die Cntwicke,
lung der Gedanken des Hrn. von Voß zu veran
lassen.
Ernsthaft gesprochen: Der Verfasser hat hier
auf einem immer wechselnden Schauplatze eine
Reihe mannigfacher Abentheuer sich zutragen lassen,
eine Menge von üppigen und tragischen Scenen,
ohne Ordnung und ohne möglichen Kunstzwcck an
einander gereiht. So schreibt man in der Regel
nur ein schlechtes Buch, aber Hr. von Voß ist
ein geistreicher, durch bunte Schicksale in denen
er beobachtete, und bei denen er nachdachte, viel
seitig gebildeter Mann, und so — ward, was sei,
ner Anlqge nach hätte miöglücken sollen, ein sehr
interessantes Buch. Schade daß es einen so sonder
bar gesuchten Titel hat „Die Liebenden in der Tiefe
der Weichsel"! Was läßt sich dabei denken, als daß
es ein „Schaut, schaut in den Guckkasten!" seyn
soll. Uebrigens gründet sich der Titel darauf, daß
der Held und seine Geliebte einander für ertrunken
halten. G. M-
Die Künstlergesellschaft in Zürich. *)
Eine sehr interessante, und in mancher Rücksicht
nützliche Einrichtung ist die Künstlergesellschast in
Zürich. Ungefähr fünfzehn Künstler und Kunstlieb
haber dieser Stadt versammeln sich schon seit meh-
») ES «ersteht sich von selbst , daß dieser Aussatz weder «on einrm
Mirgiiede dieser Gesellschaft, noch überhaupt »on einem Zürcher
herrührt.