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Volume Nro. 143, Freitag den 18. Julius 1806

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue4.1806 (Public Domain)

56 — 
Nicht- politische 
Aus Berlin, vom 17cm Julius. 
Gestirn gab man hier »um erstenmale: Vas Dl »men mädchen, 
Singspiel von Rochletz, compoaitt von Fr. Beada. DaS Stück 
hak so ziemlich ganz die Fabel von dem alten Französischen Sing 
spiel I La Hosiere. Die Dearbeirung ist nicht pikanr; die Mnstk 
ist künstlich genug, aber läßt kalk, und har d n Fehler, daß fast im 
mer die Jnstrumer.rat-Begleitung den Gesang verdeckt. Bei der 
Darstellung zeichnete sich Herr Nnzelmann, als Schösser, durch 
seine große Bemühung au§, dem Stück wenigstens durch seine ko 
mische Laune Interesse zu geben. Herr Leidel, als Nachtwächter, 
unterstützte ihn dabei eifrig und glücklich. — Die junge liebenswür 
dige Sänge.in, die Röschens Rolle hatte, sang sehr brav, doch war 
ihr Spiel zu kalk; es sagte gar nichts. Auch ihr Cost,mt war »er 
griffen. Man hätte sage» sollen , ste habe schon vor Anfange des 
Stücks gewußt, daß man sie krönen würde, und habe stch dazu 
geputzt; so sonderbar stach ihre seidene Kleidung, die fast einer 
Maska-adentracht an Eleganz glich, von den einfachen, wollenen 
oder linnenen Kleidungen ihrer Gespielinnen ab. — 
Aus Leipzig, vom yten Zunius. 
(Fortsetzung.) 
81m znften Juni trat Madame B er ymann als Cepylfe in Scher» 
und Ernst auf. ES ist dies, wegen des schnellen Versehens aus eis 
n m Charakter In den andern, gar keine leichte Rolle, aber Mdme. 
Bethmann führte sie fast durchaus so durch, wir man von einer so 
großen Künstlerin erwarten konnte. Ich sage: fast, denn als Eh 
renpreis schien sie mir doch dem Cl arakrer, wie sie ihn einmal auf 
gefaßt hatt«, vorzüglich in Rücksicht auf Sprache, nicht ganz treu 
zu bleiben. Auch webre sie in dieses Spiel zweimal beim Abgehn 
einen Zlig ein, der sehr an das Gemeine gränzte, und een ich von 
ihr am wenigsten erwartet hätte. Bei einer Schauspielerin von ge 
ringerer Dorrrefsiichkeir als Mad. Beihman», würd' ich dies Letztere 
gar nicht rügen, aber diese sollte doch auch in solchen Kleinigkeiten 
behutsam seyn, um andern als vollkommneS Muster dienen zu kön 
nen, — — Hierauf wurde, wahrscheinlich um Mad. Beihmann sich 
erholen zu lassen, das niedliche Nachspiel: die beiden Billets, gege 
ben. Ich pürde daS nicht weiter erwähnen , hätte nicht Herr — 
— den Gürge dargestellt. Dieser muß wohl glauben , Naivetät 
werde durch Schreien, Kratzen im Kopf, und allenfalls ein wenig 
Hüpfen, am besten ausgedrückt; wen gstens hat er dies redlich ge 
than , aber weiter auch nichts; an nur einigermaßen feine Nuan 
cen war dabei gar nicht zu denken. Wenn doch Herr de- 
henken wollte: non omni» possmnu» omnt-.s. Für sein Haschen 
nach Rollen aller An, das er nun schon über einen Monat gerne- 
bell hat, hatte er die Entschuldigung, daß Hk. Opi! krank, und Hr. 
Schirmer im Bade war; allein diese Entschuldigung säur hier ganz 
weg. Der Meister in diesem Fach, Hr. Schi mer, war wieder zu 
gegen, zwar nur erst seit einigen ragen, aber bei seinem rühmlichen 
Fleiße würde er sich keineswegs geweigert haben, diese Rolle sogleich 
wieder I» übernehmen. Aber da btliebr's denn nun einmal dem 
Herrn — das Publikum zu qnälen, und das — muß stch'ö ja 
wohl gefallen lassen. Wie rrefsiich sp elte dagegen Hr. The ring 
de» Schnaps! Und wie belustigend zügle ch, ohne doch nur einen 
einzige» Zug zu übertreiben. Dann folgte die Beichte von Kotzebuc, 
Zeitung. Nro. 143. 
unter dem Titel- das Geständnlß. Mad. Bethmann gab die Baro 
nin Amnier. 
Am oken Juli war Phädra. Daß Madame Beth man n als 
Phadra über alle hervorragte, «erste r sich von selbst Ihr ganzes 
Spi ( war edel und g halten, vorzüglich aber glänzten: die Scene, 
wo sie dem Hipp lyt ihre Liebe gesteht; die, in welcher sie Hippo 
lyts Liebe,» der Aricia entdeckt: — hier zeichnete sie Neid, Eifer 
sucht, die bis zur Wuth steigt, Stolz und Furcht vor dem Gräßli 
chen ihr s Verbrechens , von denen sie wechselseitig d stürmt wird, 
vorzüglich treffend, — und endlich Sie Skerbescene. Nur einigemal 
vergaß sie sich im Feuer ihrer Rede, und accenruirie falsch. 
Gleich nach Mad. Be:hn:a»n kann in Rücksicht auf Borkreff- 
lichkeir des Spiels, Dem. Christ d. ä. zuftehn. Sie sprach als Ari 
cia richtig und präcis, auch begleitete zedes ihrer Worte die dazu ge 
hörige Geberde. Nur war ihr Anzug — derselbe, den sie in: Er 
mengt sich in alles, trägt, — nichts weniger als antik. 
Hippolyt, Hr. Lemdert. Sein Hauptfehler, dieser nämlich, 
daß er sali alles durch Tiefe und Dauer betont, und auf Stärke 
und Schwäche wenig oder keine Rücksicht nimmt, war in dieser 
Rolle vorzüglich sichtbar und drückend, nuch muß ich liier noch eine 
andere übele Gewohnheit des Herr» Lemdert erwähnen. Er setzt 
nämlich unnö higerweise zu oft in der Rede ab, wodurch der Sinn 
— wenigstens für den Augenblick, was jedoch im Schauspiel bei« 
Fortgang der Rede und Handlung gar nicht unbedeu end ist — nicht 
selten verdunkelt, und alle Harmonie zerstört wird. Mau könnte 
sagen, dies sey Natu.fehler, und nicht Hrn. Lemdcct's Schuld, al 
lein es geschie: r doch zu oft, und in zu kurzen Intervallen, als baß 
ich's für Schwäche der Brust hal en könnte. 
(Die Fortsetzung folgt.) 
Aus Reval, vom Igten oder Zosten Zmiius. 
AaS Gerücht, als ob die Russische» Weitumsegler in China »nan> 
nehmiichkeite,, gehabt, oder wohl gar ins Gefängniß geworfen wor 
den, ist völlig ungegründcr. Es sind vor wenig Tage» zwei Briese 
vom Herrn von Krusenstern aus Canrvn angelangt. Do» Kamt 
schatka biS Makao hatte sei» Schiff Nadeschda «Ine zwar stürmi 
sche aber glück, che Fahrt, denn es legte dieselbe in vier Woche» zu 
rück. Hier erwarte» er das zweite Schiff, die Newa, welches 3 
Monat unterwegs war Der Nadeschda wollte man nicht ellau- 
hen, nach Canrvn heraufznsegeln, (die Itrsache ist nicht beigefügt; 
vermuthlich w u ste keine HandelSprodukre am Bord harre, oder 
Weil ste zu krieg risch aussah; ) Hr. v. Krusenstern ging daher am 
Bord der mit Pcizw.rk reich beladene» Newa, und nur derselben 
nach Canron, wo er sehr gut a»fgen»,»m,n wurde, „uch sogleich 
die Erlaubniß auswirkte, die Nadeschda nachkommen zu lassen. Die 
Geschäfte gehen schnell und gut von Statten, und im Anfange des 
MonalS September hofft er in Cronfiadr einzulaufen. — Einer 
großen Gefahr ist er entronnen , ohne ste einmal zii kennen. Auf 
dem W ge nach Makao nehmlich wurde er von IN hr als 3on Dö 
ren umringt, die er für Fischer hielt, und gegen die °r daher nlchv 
die gekiligsten Ai,stalten macht'. Ec erfuhr nachher, daß cS See 
räuber waren. Glücklich rweise trennte der Sturm ste von ihm, 
sonst würde sein Schiff in ihre Hände gefallen seyn. 
Kotzebue.
	        
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