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Nicht- politische
Aus Berlin, vom 17cm Julius.
Gestirn gab man hier »um erstenmale: Vas Dl »men mädchen,
Singspiel von Rochletz, compoaitt von Fr. Beada. DaS Stück
hak so ziemlich ganz die Fabel von dem alten Französischen Sing
spiel I La Hosiere. Die Dearbeirung ist nicht pikanr; die Mnstk
ist künstlich genug, aber läßt kalk, und har d n Fehler, daß fast im
mer die Jnstrumer.rat-Begleitung den Gesang verdeckt. Bei der
Darstellung zeichnete sich Herr Nnzelmann, als Schösser, durch
seine große Bemühung au§, dem Stück wenigstens durch seine ko
mische Laune Interesse zu geben. Herr Leidel, als Nachtwächter,
unterstützte ihn dabei eifrig und glücklich. — Die junge liebenswür
dige Sänge.in, die Röschens Rolle hatte, sang sehr brav, doch war
ihr Spiel zu kalk; es sagte gar nichts. Auch ihr Cost,mt war »er
griffen. Man hätte sage» sollen , ste habe schon vor Anfange des
Stücks gewußt, daß man sie krönen würde, und habe stch dazu
geputzt; so sonderbar stach ihre seidene Kleidung, die fast einer
Maska-adentracht an Eleganz glich, von den einfachen, wollenen
oder linnenen Kleidungen ihrer Gespielinnen ab. —
Aus Leipzig, vom yten Zunius.
(Fortsetzung.)
81m znften Juni trat Madame B er ymann als Cepylfe in Scher»
und Ernst auf. ES ist dies, wegen des schnellen Versehens aus eis
n m Charakter In den andern, gar keine leichte Rolle, aber Mdme.
Bethmann führte sie fast durchaus so durch, wir man von einer so
großen Künstlerin erwarten konnte. Ich sage: fast, denn als Eh
renpreis schien sie mir doch dem Cl arakrer, wie sie ihn einmal auf
gefaßt hatt«, vorzüglich in Rücksicht auf Sprache, nicht ganz treu
zu bleiben. Auch webre sie in dieses Spiel zweimal beim Abgehn
einen Zlig ein, der sehr an das Gemeine gränzte, und een ich von
ihr am wenigsten erwartet hätte. Bei einer Schauspielerin von ge
ringerer Dorrrefsiichkeir als Mad. Beihman», würd' ich dies Letztere
gar nicht rügen, aber diese sollte doch auch in solchen Kleinigkeiten
behutsam seyn, um andern als vollkommneS Muster dienen zu kön
nen, — — Hierauf wurde, wahrscheinlich um Mad. Beihmann sich
erholen zu lassen, das niedliche Nachspiel: die beiden Billets, gege
ben. Ich pürde daS nicht weiter erwähnen , hätte nicht Herr —
— den Gürge dargestellt. Dieser muß wohl glauben , Naivetät
werde durch Schreien, Kratzen im Kopf, und allenfalls ein wenig
Hüpfen, am besten ausgedrückt; wen gstens hat er dies redlich ge
than , aber weiter auch nichts; an nur einigermaßen feine Nuan
cen war dabei gar nicht zu denken. Wenn doch Herr de-
henken wollte: non omni» possmnu» omnt-.s. Für sein Haschen
nach Rollen aller An, das er nun schon über einen Monat gerne-
bell hat, hatte er die Entschuldigung, daß Hk. Opi! krank, und Hr.
Schirmer im Bade war; allein diese Entschuldigung säur hier ganz
weg. Der Meister in diesem Fach, Hr. Schi mer, war wieder zu
gegen, zwar nur erst seit einigen ragen, aber bei seinem rühmlichen
Fleiße würde er sich keineswegs geweigert haben, diese Rolle sogleich
wieder I» übernehmen. Aber da btliebr's denn nun einmal dem
Herrn — das Publikum zu qnälen, und das — muß stch'ö ja
wohl gefallen lassen. Wie rrefsiich sp elte dagegen Hr. The ring
de» Schnaps! Und wie belustigend zügle ch, ohne doch nur einen
einzige» Zug zu übertreiben. Dann folgte die Beichte von Kotzebuc,
Zeitung. Nro. 143.
unter dem Titel- das Geständnlß. Mad. Bethmann gab die Baro
nin Amnier.
Am oken Juli war Phädra. Daß Madame Beth man n als
Phadra über alle hervorragte, «erste r sich von selbst Ihr ganzes
Spi ( war edel und g halten, vorzüglich aber glänzten: die Scene,
wo sie dem Hipp lyt ihre Liebe gesteht; die, in welcher sie Hippo
lyts Liebe,» der Aricia entdeckt: — hier zeichnete sie Neid, Eifer
sucht, die bis zur Wuth steigt, Stolz und Furcht vor dem Gräßli
chen ihr s Verbrechens , von denen sie wechselseitig d stürmt wird,
vorzüglich treffend, — und endlich Sie Skerbescene. Nur einigemal
vergaß sie sich im Feuer ihrer Rede, und accenruirie falsch.
Gleich nach Mad. Be:hn:a»n kann in Rücksicht auf Borkreff-
lichkeir des Spiels, Dem. Christ d. ä. zuftehn. Sie sprach als Ari
cia richtig und präcis, auch begleitete zedes ihrer Worte die dazu ge
hörige Geberde. Nur war ihr Anzug — derselbe, den sie in: Er
mengt sich in alles, trägt, — nichts weniger als antik.
Hippolyt, Hr. Lemdert. Sein Hauptfehler, dieser nämlich,
daß er sali alles durch Tiefe und Dauer betont, und auf Stärke
und Schwäche wenig oder keine Rücksicht nimmt, war in dieser
Rolle vorzüglich sichtbar und drückend, nuch muß ich liier noch eine
andere übele Gewohnheit des Herr» Lemdert erwähnen. Er setzt
nämlich unnö higerweise zu oft in der Rede ab, wodurch der Sinn
— wenigstens für den Augenblick, was jedoch im Schauspiel bei«
Fortgang der Rede und Handlung gar nicht unbedeu end ist — nicht
selten verdunkelt, und alle Harmonie zerstört wird. Mau könnte
sagen, dies sey Natu.fehler, und nicht Hrn. Lemdcct's Schuld, al
lein es geschie: r doch zu oft, und in zu kurzen Intervallen, als baß
ich's für Schwäche der Brust hal en könnte.
(Die Fortsetzung folgt.)
Aus Reval, vom Igten oder Zosten Zmiius.
AaS Gerücht, als ob die Russische» Weitumsegler in China »nan>
nehmiichkeite,, gehabt, oder wohl gar ins Gefängniß geworfen wor
den, ist völlig ungegründcr. Es sind vor wenig Tage» zwei Briese
vom Herrn von Krusenstern aus Canrvn angelangt. Do» Kamt
schatka biS Makao hatte sei» Schiff Nadeschda «Ine zwar stürmi
sche aber glück, che Fahrt, denn es legte dieselbe in vier Woche» zu
rück. Hier erwarte» er das zweite Schiff, die Newa, welches 3
Monat unterwegs war Der Nadeschda wollte man nicht ellau-
hen, nach Canrvn heraufznsegeln, (die Itrsache ist nicht beigefügt;
vermuthlich w u ste keine HandelSprodukre am Bord harre, oder
Weil ste zu krieg risch aussah; ) Hr. v. Krusenstern ging daher am
Bord der mit Pcizw.rk reich beladene» Newa, und nur derselben
nach Canron, wo er sehr gut a»fgen»,»m,n wurde, „uch sogleich
die Erlaubniß auswirkte, die Nadeschda nachkommen zu lassen. Die
Geschäfte gehen schnell und gut von Statten, und im Anfange des
MonalS September hofft er in Cronfiadr einzulaufen. — Einer
großen Gefahr ist er entronnen , ohne ste einmal zii kennen. Auf
dem W ge nach Makao nehmlich wurde er von IN hr als 3on Dö
ren umringt, die er für Fischer hielt, und gegen die °r daher nlchv
die gekiligsten Ai,stalten macht'. Ec erfuhr nachher, daß cS See
räuber waren. Glücklich rweise trennte der Sturm ste von ihm,
sonst würde sein Schiff in ihre Hände gefallen seyn.
Kotzebue.