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Nro. 15.
D e r
Sonnabend,
r n st
» g e
dm 18. Januar.
und Scherz.
Literatur.
Taschenbuch zum geselligen Vergnügen. Sechs-
zehnter Jahrgang, 1826. Herausgegeben von
W. G. Becker. Leipzig, bei tzempel.
Ein treffliches Büchlein, dessen Erscheinung man
jeden Herbst mit inniger Freude entgegensieht. Auch
die« Jahr bewährt e« seinen alten, verdienten
Ruhm. — „Der glänzende Saal und die dunkle
Grotte," ein Mährchen von Eberhard, eröffnet
r». Diesmal ist der Verfasser glücklicher gewesen,
als bei dem Mährchen, das er im vorigen Jahr
gange dieses Taschenbuchs abdrucken ließ, und dem
man, wohl nicht mit Unrecht, etwas Leere vor
warf. — Das Mährchen, mit dem Herr Eber
hard uns dies Jahr beschenkt, ist aber dafür auch
mit so viel Zartheit und so reicher Phantasie behan
delt, daß es jeden geschmackvollen Leser befriedigen
muß.
Die Arabeske von Kretfchmann, „der Ka
lif und der Schneider," ist mit viel Laune geschrie
ben, und ihres mit Recht geachteten Verfassers wür
dig. Nur wünschte Recensent Ausdrücke, wie: „spiz
kriegen" — und: „dasKraut fett machen,"
weg. Sie sind etwas trivial.
Zu der ernstern Erzählung: „die hohe Liebe,"
vom Hofrath Becker, scheint eine Volkssage den
Stoff hergegeben zu haben. Man liestt die Ge
schichte Hermanns und Hedwigs mit warmer Theil
nahme, und sie unterhält um so angenehmer, da
der Verfasser die, an einigen seiner frühern Erzäh
lungen gerügte Weitschweisigkeit glücklich vermieden
hat. — Der lehte prosaische Aufsah: „Vorlesung
am Sylvester-Abende," von Arthur vom Nord
stern, ist weniger interessant.
Den poetischen Theil dieses Taschenbuchs br.
ginnt eine Herolde von Tiebge: Abälard an He-
loise. Dir Zartheit des Gefühls, di« sanfte Schwär
merei, die rein-poetische, bilderreiche Sprache, und
der höchst harmonische Versbau, wodurch Tiedgen
früher so zahlreiche Freunde gewann, sind auch die
Vorzüge dieses trefflichen Gedichts. Da die ganze
Heroide, die eilf Blätter füllt, zu lang ist, um den
Lesern des Freimüthigen hier mitgetheilt zu werden,
so schreibe ich nur folgende Stelle ab, die mir be
sonder» gelungen schien, und als Einladung zur Lek
türe des Ganzen hier stehen mag.
Ach! Sin Abend nennt (i* mir noch immer,
Den ich ewig, ewig feiern will <
3n ten Nach«,auch goß sich M«ndenschimmer,
und mein Her, war wie die Gegend still.
Zwischen mir nnd der Entfernten zogen
Nedeidiifie durch dm matten Schein;
In die Ferne schmiegt' ein Friedensdogen,
Wie ein Laubgewölbe, sich hinein.
Streckte einen Arm na» Heioisen,
Und den andem nach dem Gatten auf.
Plötzlich, wie aus fernen Paradiesen,
tönt- es in die Dunkelbeit hinan«.
Wechseln» v»n zwei Kiofterhugein fchwebtm