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„dir die Ruhe, nach der du schmachtetest, auf ei,
„nem freundlichern Wege zugeführt. — Wir wol-
„len nicht mit dir rechten, und fragen: warum
„haft du uns das gethan? Es war dein Unglück,
„daß du in einer schwarzen Stunde deiner Freun-
„de und ihrer Treue vergessen konntest! EL schmerzt
„uns, daß du unsere Liebe nicht auf eine Probe
„stelltest, in der wir würden bestanden seyn, die
„dein krankes Gemüth geheilt, Dich Dir und den
„Deinigen gerettet Hätte. Es schmerzt uns — aber
„wir zürnen dir nicht, wir bejammern dich! —
„Wir werden, wir können dich nicht vergessen, un-
„sere Treue bleibt Dir und den Deinigen. — Gro-
„ ßer Gott! was ist der Mensch!!<'
So feierten die edelsten Männer Riga's in
Wehmuth fein Andenken. (EckardtS eigne Worte
bestätigend:
Der liebe Bund wird sichen;
Wir kommen und wir gehen.
Doch was wir EuteS würken, bleibt.)
So feiern sie e6 noch jetzt, durch Rath und Hülfe
der Wittwe und den Waisen gespendet.
Za, des edlen Todten Vertrauen auf feine
Freunde hat ihn nicht getäuscht. Ein kleines Gut,
welches er besaß, rieth er seiner Gattin zu verkau
fen, weil sie es unmöglich erhalten könne. Aber es
wird ihr dennoch erhalten werden; Riga's biedere
Einwohner haben ihren gewohnten Edelsinn auch
hier nicht verläugnet. Schon sandte ein großmüthi
ger Mann einen Schuldbrief als getilgt zurück.
Diesem folgten, von ähnlich Denkenden, Quittun
gen über rückständige Interessen. Der edle Kauf
mann K l — (warum darf ich ihn nicht nennen!)
von dem man dergleichen Handlungen längst ge
wohnt ist, ließ der Wittwe sagen: sie solle wegen
Aufkündigung von Capitalien ganz außer Sorgen
seyn, ein jedes solches Capital werde er einlösen,
und überhaupt aushelfen wo es nöthig sey.
Endlich erschien auch unvermuthet ein Ukas un
sers vortrefflichen Kaisers, der leise hört, wo Un
glückliche seufzen: der Gebeugten ist die Hälfte von
dem Gehalt ihres Mannes als Pension zugesichert
worden.
Auch meiner hat der Entflohene in fei,
ner schwersten Stunde gedacht.' Auch mein Nahme
stand unter denen, dir er seiner Gattin als Freunde
nannte. Es war ein Ehren - Platz. Er wußte,
daß ich nicht vergessen könnte, was er einst für
meine gebeugte Familie that. Gern mkgte ich nun
auch mein Scherflein zu den reichern Gaben seiner
Freunde legen.
Mir hat man das ehrenvolle Geschäft übertra
gen, seinen handschriftlichen Nachlaß, seine zerstreu,
ten Aufsähe zu sammeln, und dem Druck zu über
geben. Proben seiner Muse, die ,ch schon öfter ge
liefert , überheben mich jeder weitern Empfehlung.
Aus den mir zugeschickten Papieren kömite ich leicht
mehrere Bände liefern; denn sie enthalten unter
andern über ein Dutzend Schauspiele, die zum Theil
schon vor 20 Zähren, in den Oestreichischen Staaten
gedruckt worden. Doch ich glaubte der Ehre mei
nes Freundes eine strenge Auswahl schuldig zu seyn.
Darum habe ich alle unreife Zugend-Arbeiten, und
alle diejenigen Aufsätze abgesondert, die nur locale
Beziehungen und keinen poetischen Werth halten.
Dadurch ist freilich der starke Vorrath bis auf ein
einziges Bändchen zusammengeschmolzen, allein die
ses Bändchen wird nichts enthalten, dessen der be
scheidene Mann, wenn er noch lebte, sich schämen
dürfte. Es soll unter dem Titel: hinterlajsene
Papiere eines Unglücklichen, so bald als mög
lich erscheinen, und zwar, zum Besten seiner Nach
gebliebenen, auf Pränumeration. Ein Thaler
ist die ganze Summe, die ich zu erbitten wage, für
ein Buch, durch welches jeder Leser von Gefühl sich
nicht allein süßen Genuß, sondern auch das Be
wußtseyn erkauft, zum Trost einer leidenden Fami
lie mitgewirkt zu haben. — Noch nie habe ich ei
nes meiner Werke auf Pränumeration ausgegeben,
darum wage ich diesen Schritt, zwar mit Schüch
ternheit zum Erstenmale, kehre mich aber nicht an
die Bedenklichkeiten eines erfahrnen Freundes, der
mir zurief: „so etwas sey nur in England ausführ-
„bar!" — Nein, ich habe mehr Vertrauen zu mei
nem Vatcrlande, und trete bittend, aber voll Hoff
nung, vor das Publicum. Man hat mich schon oft
durch die Versicherung erfreut, daß meine Schriften
manchen guten Menschen eine frohe Stunde ge»
macht haben. Wohlan! Zch fodre Jeden, der dieß
von sich bekannt, herzlich bittend auf: mir bei
dieser, hoffentlich nie wiederkehrenden Gelegenheit
sein Wohlwollen zu beweisen. Zeden, der diese Bitte
erfüllt, werde ich als meinen persönlichen Freund
betrachten; jeden Thaler, der in die Liste eingezeich
net wird, werde ich als mir geschenket ansehen. Zn
allen guten Buchhandlungen Deutschlands kann man
pränumeriren, und, wer es gern thue, wird es
bald thun. Die Namen der Unterzeichner werden,
sorgfältig gesammelt, dem Buche vorgedruckt, und
in mein Herz geschrieben.
Oft war ich stolz auf den Beifall des Publi-
cums, aber nie so stolz, als ich dießmal seyn würde,
wenn meine Hoffnung mich nicht täuschte.
Kotzebue.