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Volume Nro. 138, Freitag den 11. Julius 1806

Full text: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz (Public Domain) Issue4.1806 (Public Domain)

nathe, die er hier mit seiner würdigen Frau Mut, 
tcr zubringt, die sich noch bei den Freuden der Ju 
gend mit freuet, tragen viel zum Leben der kleinen 
Zirkel bet. 
Von dem Gouverneur, dem Generallieutenant 
von Blücher, sind alle fremde Militairpcrsonen sehr 
gut aufgenommen, auch giebt er zuweilen sehr gro 
ße gemischte Gesellschaften, wozu das schöne Loeale 
des Schlosses die beste Gelegenheit darbiethet. Bei 
solchen Anläßen breisert er und die Generaiin sich, 
es an keiner Aufmerksamkeit gegm ihre Gäste feh 
len zu lassen. 
Schauspiel war den Winter durch nicht. Die 
Truppe, oder nur ein Theil der Neineckschen Trup 
pe kam erst im Frühjahr, ohne ihre besten Subjek, 
te, so daß das Schauspiel nicht viel besucht wur 
de. Auch war das Personale nur sehr mittelmä 
ßig; ich nehme Madame Karli aus, die keine Rolle 
verdirbt; schade nur, daß gute Aktricen, die immer 
auf der Bühne, bei Armuth an Subjekte», erscheinen, 
stumpf werden müssen. 
Ueber die hiesigen sehr gut besetzten Koncerte 
läßt sich nichte mehr zum Lobe sagen, als daß der 
Vater der Berliner Rombergs, Direkteur davon 
ist. Seine Tochter (Professor Schlüters Frau) er 
freuet das Publikum noch zuweilen durch ihre so 
schöne als kullivirte Stimme; auch ihre Cousine, 
eine Demois. Romberg, hat eine Altstimme, wie 
ich sie selten gehört. Es sind sehr viele Liebhaber 
der Musik hier, die mit Kenntniß und Geschmack 
vortragen. Warum vereinigen sie sich nicht im Win 
ter zu kleinen Koncerten? — 
Ach hoffe nicht, daß man in diesen Bemerkun 
gen Bitterkeit finden wird, denn ich habe keine 
Ursache dazu. Mein Aufenthalt war angenehm in 
Münster; aber gerade darum bin ich aufrichtig und 
wünsche, daß man noch vergnügter dort lebe, da 
man es kann, wenn Einigkeit herrscht, mancher 
Misbrauch eingestellt und ein thörichter Luxus ein 
geschränkt wird. Gute Beispiele müssen aber von 
Oben gegeben werden, diese stiften inehr Gutes als 
alles Moralisiern. Mein herzlicher Wunsch dazu, 
zum Schluß. 
Am Grabe eines unglücklichen Freundes. 
Als ich neulich die in Riga gedruckten Lieder für 
die dortige Unterstützungs - Gesellschaft im Frei 
müthigen anzeigte, da ähnele ich nicht, daß gera 
de an dem Tage, an dem ich die Anzeige schrieb, 
der Dichter jener lieblichen Lieder freiwillig aus der 
Welt gieng, und so die von ihm selbst gesungenen 
Worte: 
Sn dichtem Vietel mnFtn » 
Wir zwischen Wieg' und Grad, 
Und fiilitt in tiefer Stille 
De§ Schicksals Eisenftab. — 
auf eine fürchterliche Weise bestätigte. Als ich das 
Gerücht von seinem Tode, und von einem solchen 
Tode erfuhr, lächelte ich, hielt die That für un 
möglich, und schrieb ihm einen scherzhaften Brief 
darüber. Ach! er ruhte dann schon im Grabe! 
Der Mann war es werth, daß auch Leser bet 
seinem Andenken verweilen, die ihn nicht kannten, 
nie von ihm hörten; denn auch er verweilte gern 
bei jedem Leidenden, wenn er ihn gleich nicht kann 
te, und nie zuvor von ihm gehört hatte. Man 
bleibt ja wohl mitleidig stehn, wenn man einen 
Weinenden am Wege liegen sieht, und fragt ihn 
auch wohl: warum weinst du? — so darf auch ich 
hoffen, ein Häuflein gefühlvoller Menschen um mich 
zu sammeln, die mir zurufen werden: warum 
weinst Du? 
Friedrich Eckardt war ein Berliner von 
Geburt, theils in Klosterbergen, theils in der Re- 
alschule zu Berlin erzogen, und zum Geistlichen be 
stimmt. Aber seine allzurege Phantasie riß ihn schon 
damals fort; er trat in Oestreichische Dienste als ge 
meiner Soldat, und zog im Bayerschen Erbfolge, 
kriege mit zu Felde. — Einen Mann von Genie 
mag man hinstellen wohin man will, er wird sich 
durch und hervor arbeiten. Eckardt lag zu Wien 
in Garnison. Die Wiener Hoftheacer - Direktion 
sehte damals Preise auf die besten Lustspiele, nnd 
als man bei einem der ersten, welches von ihr ge 
krönt wurde, nach dem Verfasser fragte, erfuhr 
man mit Erstaunen: ein junger ncunzchnjähriger 
Soldat habe es verfertigt. 
Wie leicht die biedern Wiener in Enthusiasmus 
für das Gute zu versehen sind, ist bekannt genug; 
was Wunder daß jetzt Alle, und unter ihnen Män 
ner wie Sonnenfelö, sich für ihn interessirten. 
Man machte ihn bald von den zu rasch geknüpften 
Banden los, und der Jüngling halte die Freude, 
mehrere seiner dramatischen Arbeiten auf Deutschen 
Bühnen mit Beifall aufgenommen zu sehn. Auch 
Gedichte in ältern Almanachen und Sammlun 
gen, durch die Unterschrift von einem Solda, 
ten kennbar, zeugten von seinem Talent. Er gieng 
nun als Theaterdichter vor 22 Zähren nach Riga, 
trat aber bald in Staatsdienste, und lieferte auf 
dieser Laufbahn einen neuen Beweis von der Nich 
tigkeit des Vorurtheilk: daß Dichter keine brauch, 
bare Geschäftsmänner seyn könnten; denn in den 
letzten Zähren verwaltete er sogar die wichtige Stelle 
eines Regierungs-Secretairs. Seine nächsten Vor
	        
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