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Nro. 72.
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Freitag,
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Freimüthige
—i oder 3*-" den 11. April.
und Scherz.
-
Literatur.
Briefe zwischen Gleim, Wilhelm tzcinfe und Jo
hann von Müller. AuS Gleimö literarischem
Nachlasse; herausgegeben von Wilhelm Kdrte.
Zürich, bei Heinrich Geßner, 1806. Erster
Theil, 4Ü4 S. Zweiter Theil, 608 S.
in seltner Genuß erwartet hier die Leser. Diese
Sammlung hat weit interessantere Berührungs
punkte und manigfaltigercs Interesse,als die Briefe
der Schweizer, die den ersten Band dieser auch
noch mit einem besondern Titel als Fortsetzung der
Briefe Deutscher Gelehrten erschienenen
Sammlung ausmachen. Gleim tritt hier in einem
doppelten Verhältniß auf. mit dem jugendlich aufbrau
senden, gen'.alsschcn, aber selbst in seinen Verirrungen
noch liebenswürdigen Heinse, und mit dem ehrwürdi
gen Geichichtschrcirer der Schweiz, (der zur Heraus
gabe ieiner Briefe selbst die Einwilligung gab,) über
all derselbe und doch im wunderbaren Aneignen und
Ergreifen der ihm gegenüber stehenden, himmelweit
von einander unterschiedenen Freunde. Welche viel
umfassende, große, liebende Seele hatte Gleim! Hier
findet man den sprechendsten Eommentar zu jenem
herrlichen Zeugniß des Sängers des Messias von
seinem Gleim in jener berühmten Ode an ihn, wo
er zärtlich klagt, daß man ihn so wenig fasse, so
wenig kenne.
Seine» brennenden Durst, Freunden ein Freund ,n ft,o:
Wie er auf da» Verdienst des, der ihn liebet, stall,
Edel stall iS, von halbem,
Kaltem stabe beleidigt.
In welche Gluth tauchte der Verfasser des Ar-
dinghello oft seine Feder. Man lese die Briefe an
Gleim aus der Schweizan Jacob! aus Italien,
Auch mancherlei historische Thatsachen erfährt man
hier richtiger, als in manchem bändereichen Werke.
Man lese im zweiten Theil den Brief an Jacobi
über die Schändlichkeiten bei dem Nachgraben in Hev.
culamim, die allerdings in diesen Augenblick, wo
schon in Paris ein neues System für diese Scava-
zioni organif!rt wird, ein besopdercs, bezi'ehungsrei-
ches Interesse erhalten. Vor allen köstlich ist der
2zi Brief von Heinse an Gleim aus Rom im Jahr
1782 geschrieben. B.
(D«r Schluß folgt.)
Am Sarge eines talentvollen, wackern Man
nes, den eine unglückliche Stimmung hin
riß, fein Leben zu endigen. *)
Was sei« schöpferischer Seist der Welt gegebne,
Wie Sein heitrer Sin» verschönt der Freunde Lebe»,
Was Sein liebend Herj den Seinen tren gewährt,
Rein das wird nicht dnrch de« Tod jerstörr.
schweigen, düsteres beklommenes Schweigen, feiert
dieses Sarges Aufhebung am würdigsten! Aber
Ein Bedürfniß hat das Herz dabei, ein so dringen-
- •) Man sch« die »orige Nr. der nicht -.politischen Zeitung.